Frauengesundheit: ein Blick durch die Genderbrille
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- Otto Arnold
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1 Frauengesundheit: ein Blick durch die Genderbrille Frauenspezifische Aspekte der psychischen Gesundheit Kantonale Fachtagung von gesundheit schwyz 23. Januar 2013 in Rothenthurm Marie-Louise Ernst, Psychologin FSP lic.phil.i
2 Darf er das? Darf sie das?
3 Gesundheitsdeterminanten Überblick zum Referat Einflussfaktor Gender: Begrifflichkeit und erste Definition Geschlecht und Gesundheit Frauen und psychische Gesundheit Einflussfaktoren (Verhaltensweisen, soziales Umfeld, Lebens- und Arbeitsbedingungen, ökonomische, kulturelle und physische Umweltbedingungen) Drei Gründe für gendersensible Gesundheitsförderung und Prävention Best Practice Konzept von Gesundheitsförderung Schweiz Keine Wahl zum Schluss
4 Gesundheitsdeterminanten Nach Dahlgren und Whitehead (1991)
5 Einflussfaktor Gender Gender meint in Abgrenzung zum biologischen (sex) das soziale Geschlecht, d.h. die sozial und kulturell bedingten Eigenschaften, Verhaltensweisen und Identitäten von Frauen und Männern sowie das Verhältnis zwischen den Geschlechtern.
6 Herkunft des Begriffs Gender - Eingeführt zu Beginn der 1950er Jahre im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung von Inter- und Transsexualität - In den 1970er Jahren aufgegriffen von feministischen Forscherinnen - Heute in den Sozial- und Humanwissenschaften etabliert Gender ist eine soziale Konstruktion: - abhängig von der Umwelt - beeinflusst durch andere soziale Bindungen (Alter, Schicht, Ethnie) - veränderbar und verändert sich in Zusammenhang mit wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen - widerspiegelt sich in allen Institutionen einer Gesellschaft
7 Geschlecht und Gesundheit Frauengesundheitsforschung erst seit ca. 30 Jahren Vorher: - Frauen kommen in der Forschung nicht vor. Biologie des Mannes ist unhinterfragte Norm. - Frauen werden in die Forschung mit eingeschlossen. Biologie des Mannes ist normal, Biologie der Frau ist eine Abweichung. - Erkenntnis, dass Gesundheit der Frauen nicht an der Biologie des Mannes gemessen werden kann, jedoch keine angemessene Erklärung dafür. - Fokus auf Frauengesundheitsforschung - Entwicklung einer gendersensiblen Männergesundheitsforschung
8 Frauen und psychische Gesundheit Einflussfaktoren in Bezug auf: Die Verhaltens- und Lebensweisen Die Unterstützung und Beeinflussung durch das soziale Umfeld Die Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Zugang zu Einrichtungen und Diensten Die ökonomischen, kulturellen und physischen Umweltbedingungen
9 Einflussfaktor Verhaltens- und Lebensweisen Autoaggressives Verhalten und Selbstverletzung zeigen überwiegend Mädchen und junge Frauen Von Essstörungen sind zu 90% Mädchen und Frauen betroffen Frauen (18-59-jährig) konsumieren signifikant mehr Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittel Zwei Drittel der Suizidversuche werden von Frauen verübt Stresserleben eher im Beziehungs- als im Arbeitsbereich, eher emotionales Copingverhalten Internalisiertes Risikoverhalten
10 Selbsteinschätzung psychische Gesundheit Frauen schätzen ihr psychisches Wohlbefinden schlechter ein als Männer (z.b. Optimismus, Kontrollüberzeugung, psychische Belastung) 19% der Frauen geben schwache depressive Symptome an (Männer 13%) Migrantinnen sind in Bezug auf psychische Belastung und mittel bis gravierende depressive Symptome noch stärker belastet.
11 Zweite Definition von Gender Gender ist ein System/Organisationsprinzip des Machtverhältnisses zwischen den beiden Geschlechtern, in dem Männer und Frauen nicht nur unterschiedliche, sondern auch ungleiche Positionen besetzen. (Bourdieu 1988/2005)
12 Einflussfaktor Soziales Umfeld Hausarbeit: 75% der Frauen in Paarhaushalten mit Kindern unter 15 Jahren tragen die Hauptverantwortung für die Hausarbeit alleine Gewalterfahrungen: von häuslicher Gewalt Betroffene sind zu ca. 80% Frauen Stärkere Belastung durch Kindererziehung und Übernahme der Pflege von Angehörigen Geschlechtsspezifisch geprägte Berufswahl
13 Einflussfaktor Lebens- und Arbeitsbedingungen Lohnunterschiede: Frauen verdienen 18.4% weniger als Männer - Frauen in Berufen mit tiefem Lohnniveau überproportional vertreten, geringeres Ausbildungsniveau von älteren Frauen - Frauen beziehen auch bei gleichem Anforderungsniveau ein niedrigeres Gehalt und das Lohngefälle wird mit zunehmendem Anforderungsniveau ausgeprägter. 57.8% der Frauen arbeiten Teilzeit (gegenüber 13.5% der Männer) Die Erwerbslosenquote ist bei den Frauen systematisch höher als bei den Männern, über die Hälfte der Frauen meldet sich nicht bei einem RAV (bei RAV registriert: 39.5% Frauen, 52.6% Männer) Frauen sind häufiger in prekären Arbeitsbedingungen zu finden (Arbeit auf Abruf, mehrere Jobs etc.) Mangelnde Genderkompetenz in Einrichtungen und Diensten
14 Einflussfaktor Ökonomische, kulturelle und physische Umweltbedingungen Frauen sind deutlich weniger häufig in leitender Funktion (2011: 24%) als Männer (2011: 42%) Frauen sind auch in der Politik untervertreten, sowohl auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene Es gibt auch heute noch zu wenig familienexterne Kinderbetreuungsplätze Zu wenig Teilzeitstellen für Männer Dilemma zwischen Berufs- und Familienarbeit Karriere oder Kinder Frauen sind stärker von Armut betroffen als Männer
15 aber auch Ressourcen I Frauen verhalten sich insgesamt gesundheitsförderlicher (in Bezug auf Konsum und Missbrauch von Alkohol, Tabak, illegalen Substanzen, Ernährung) Frauen nehmen Früherkennungsuntersuchungen häufiger wahr als Männer Frauen zeigen mehr Bereitschaft zur aktiven Ansprache von Belastungen und zum Reflektieren
16 aber auch Ressourcen II Frauen beanspruchen deutlich häufiger Hilfe und Unterstützung: - Mädchen äussern Bedarf an Hilfe im Falle von Deprimiertheit, bei psychosozialen und Beziehungsproblemen (34% zu 19% der Jungen) - Mädchen fragen bei psychischen Problemen sehr viel häufiger bei ihren Freundinnen, PartnerInnen um Hilfe als Jungen - Zwei Drittel der Mitglieder von Selbsthilfegruppen in der Deutschschweiz sind Frauen - Auch professionelle Hilfe wird sowohl von Mädchen wie von Frauen deutlich häufiger in Anspruch genommen
17 Drei Gründe für gendersensible Gesundheitsförderung und Prävention Forschung zu Gender und (psychischer) Gesundheit (vergl. vorgestellte Beispiele) Chancengleichheit Wirksamkeit
18 Chancengleichheit Der Zugang zu den Angeboten der Prävention und der Hilfe muss für beide Geschlechter gleichermassen gewährleistet sein Da, wo Frauen und Männer die gleichen Bedürfnisse haben, sollen sie das gleiche Angebot erhalten, und da, wo Frauen und Männer unterschiedliche Bedürfnisse haben, brauchen sie differenzierte Angebote
19 Wirksamkeit Beispiel aus dem Suchtbereich Gendersensibles Arbeiten begünstigt das Erreichen der Zielgruppe, schafft bessere Bedingungen für Veränderungsprozesse, unterstützt dadurch Verhaltens- und Einstellungsveränderungen und fördert die Zufriedenheit der Klientinnen und Klienten. BAG (Hrsg.) (2010): Schlussbericht Metaevaluation zur Wirksamkeit gendersensibler Suchtarbeit. Bern
20 Das Best Practice Konzept von Gesundheitsförderung Schweiz Das Best-Practice Konzept beruht auf drei Säulen: Werte Wissen Kontext
21 Best Practice Konzept Werte Empowerment, Partizipation, Chancengleichheit, Berücksichtigung sozialer Vielfalt Wissen Gesundheitsdeterminanten und deren Zusammenspiel, Verteilung von Gesundheit auf Bevölkerung, Wirksamkeit von Interventionen, systematisch aufgearbeitetes Praxiswissen Kontext Rahmenbedingungen (Strukturen, Professionalisierungsgrad etc.) und politische, gesetzliche, soziale, ökonomische und soziokulturelle Faktoren
22 Keine Wahl zum Schluss Wir haben keine Wahl, als unsere Eingebundenheit in das, was Geschlecht für uns bedeutet, was es heisst, in der heutigen Gesellschaft eine Frau / ein Mann zu sein, zu gestalten oder uns gestalten zu lassen.
23 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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