Einführung in das private Baurecht
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- Jacob Kajetan Vogel
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1 Einführung in das private Baurecht Dres. iur. Thomas Ender und Erich Rüegg Rechtsanwälte und Notare Einführung in das private Baurecht 1
2 Was bedeutet «Baurecht»? Baurecht ist kein definierter Begriff Baurecht ist kein eigenes Gesetz Baurecht ist kein definiertes Rechtsgebiet Baurecht umfasst jene Normen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten, welche das Bauen betreffen. Viele Rechtsgebiete Viele Normen Nicht aufeinander abgestimmt Einführung in das private Baurecht 2
3 «Baurecht»: Versuch einer Kategorisierung Bestimmungen, welche umschreiben, was man wo bauen darf. Bestimmungen, welche vorschreiben, wie man bauen muss, wenn man baut. Während dem Bauen Am erstellten Objekt Bestimmungen, welche ganz bestimmte Rechtsgüter schützen, und sich dabei auch an die Bauen beteiligten Parteien richten Bestimmungen, welche die Verfahren zwischen den am Bauen beteiligten Parteien regeln Bestimmungen, welche die Rechtsverhältnisse zwischen den am Bauen beteiligten Parteien regeln Einführung in das private Baurecht 3
4 Was darf man wo bauen? Primär im öffentlichen Baurecht geregelt Rahmengesetz des Bundes: Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) Kantonale Baugesetze (BauG): enthalten kantonale Bestimmungen über das Bauen, und setzen im Minimum das RPG in den Kantonen um Kommunale Baugesetze: Bau- und Nutzungsordnungen, Bau- und Zonenordnungen: setzen die kantonalen Baugesetze um Einführung in das private Baurecht 4
5 Wie darf man (während dem Bauen) bauen? Bestimmungen des öffentlichen Baurechts: konkretisiert in der Baubewilligung Bestimmungen über die Arbeitssicherheit Bestimmungen des Arbeitsgesetzes (Arbeitszeiten) Umweltschutzgesetzgebung (Lärmschutz, Gewässerschutz, Luftreinhaltung) Anerkannte Regeln der Baukunde Einführung in das private Baurecht 5
6 Wie darf man bauen? Bestimmungen des öffentlichen Baurechts: in der Regel in den kommunalen Bau- und Nutzungsordnungen geregelt; konkretisiert in der Baubewilligung Höhe Grenzabstände Gebäudeabstände Ausnützungsziffern Anerkannte Regeln der Baukunde Öffentlichrechtliche Vorschriften (z.b. Energiegesetzgebung, Umweltschutzgesetzgebung) Privatrechtliche Vereinbarungen Einführung in das private Baurecht 6
7 Schutz bestimmter Rechtsgüter Persönlichkeitsschutz (Schutz von Leib und Leben) Umweltschutz Lärmschutz Luftreinhaltung Abfälle Gewässerschutz Einführung in das private Baurecht 7
8 Verfahrensregeln Regeln das Verfahren zwischen den Privaten und den Behörden Baubewilligungsverfahren Rechtsmittelverfahren Baugesetze und Verordnungen Spezielle Verfahrensgesetze über das Verwaltungs- und das Verwaltungsgerichtsverfahren Einführung in das private Baurecht 8
9 Rechtsverhältnisse zwischen den am Bauen beteiligten privaten Parteien Werden im wesentlichen vom privaten Baurecht erfasst. Sind nicht auf Bauverhältnisse beschränkt, kommen aber beim Bauen zur Anwendung. Alle Normen des privaten Rechts, welche mit Bauen zu tun haben Einführung in das private Baurecht 9
10 Abgrenzung öffentliches / privates Baurecht Das private Baurecht regelt die privatrechtlichen Verhältnisse zwischen den Baubeteiligten basiert in der Regel auf Vereinbarungen zwischen den Baubeteiligten Das öffentliche Baurecht Regelt die Verhältnisse zwischen dem Gemeinwesen (wenn es hoheitlich auftritt) und den Baubeteiligten Kommt unabhängig von einer Vereinbarung zur Anwendung Kann in der Regel nicht durch Vereinbarung zwischen dem Gemeinwesen und dem Baubeteiligten geändert werden Einführung in das private Baurecht 10
11 Grundlagen des privaten Baurechts I Das Obligationenrecht (OR) Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Zweite Abteilung: Die einzelnen Vertragsverhältnisse Der Werkvertrag (Art OR) Der Auftrag (Art OR) Einführung in das private Baurecht 11
12 Grundlagen des privaten Baurechts II (Vertrags-)-Inhaltsfreiheit, solange der Inhalt nicht widerrechtlich ist: Verstoss gegen öffentlich-rechtliche Vorschrift (z.b. Asbestverbot) Verstoss gegen unabänderliche Vorschrift des Privatrechts: In den meisten Fällen durch Auslegung zu ermitteln (z.b. zwingendes Kündigungsrecht beim Auftrag) Das Bundesprivatrecht ist weitestgehend dispositives («nachgiebiges») Recht Grundsatz der Formfreiheit. Wichtige Ausnahmen im privaten Baurecht: Grundstückkaufvertrag (öffentliche Beurkundung) Vertraglich vorbehaltene Form (Schriftlichkeitsvorbehalt) Massgebend ist der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien (Art. 18 Abs. 1 OR) Einführung in das private Baurecht 12
13 Grundlagen des privaten Baurechts III Die Rechtsprechung Theoretisch: Keine primäre Rechtsquelle Faktisch: Was das Bundesgericht sagt, gilt! Bespiele: Zwingender Charakter von Art. 404 OR Planervertrag ist als sog. «Gesamtauftrag» ein gemischtes Vertragsverhältnis (Auftrag/Werkvertrag) Rügefrist Einführung in das private Baurecht 13
14 SIA-Normen und Normen anderer Verbände Sehr grosse Bedeutung in der Praxis SIA-Norm 118 «Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten» SIA-Ordnungen für Planer (sog. LHO) 102 ff. Sie gelten über weite Strecken als ausgewogen und akzeptiert Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine «regelbildende Übung» Sie sind daher grundsätzlich nur verbindlich, wenn sie von den Parteien vertraglich übernommen wurden. Es handelt sich um Allgemeine Vertragsbedingungen (AGB; sog. «Kleingedrucktes») Einführung in das private Baurecht 14
15 Parteien im privaten Baurecht Der Bauherr Rechtlich undefinierter Begriff Oft, aber nicht unbedingt der Grundeigentümer Besteller (beim Werkvertrag) Auftraggeber (beim Auftrag) Einführung in das private Baurecht 15
16 Parteien im privaten Baurecht Der Unternehmer Als Unternehmer (Teilunternehmer) Als Generalunternehmer Als Totalunternehmer Als Subunternehmer Als Nebenunternehmer Einführung in das private Baurecht 16
17 Parteien im privaten Baurecht Der Unternehmer (Teilunternehmer) Rechtlich undefinierter Begriff beteiligt sich neben zahlreichen anderen Bauunternehmen an der Errichtung eines grösseren Gesamtwerkes erbringt eine Einzelleistung Baumeister, Maler, Gipser, Bodenleger, Elektriker Der Vertrag zwischen Unternehmer und Bauherrn ist ein Werkvertrag Einführung in das private Baurecht 17
18 Parteien im privaten Baurecht Der Generalunternehmer Rechtlich undefinierter Begriff Erbringt alle (oder mehrere) werkvertraglichen Leistungen zur Erstellung eines Objektes aus einer Hand Umfasst in der Regel bloss die Ausführungsplanung Umfasst in der Regel die Bauleitung Der Generalunternehmervertrag ist ein Werkvertrag Einführung in das private Baurecht 18
19 Parteien im privaten Baurecht Der Totalunternehmer Erbringt alle werkvertraglichen Leistungen zur Erstellung eines Objektes aus einer Hand Erbringt alle Planungsleistungen Der Totalunternehmervertrag ist ein Werkvertrag Einführung in das private Baurecht 19
20 Parteien im privaten Baurecht Der Subunternehmer Vertragspartner des Unternehmers, welcher Werkleistungen für das dem Bauherrn geschuldete Werk erbringt erstellt aufgrund eines eigenen Werkvertrages mit dem Unternehmer für das gleiche Bauwerk eine Arbeit Einführung in das private Baurecht 20
21 Parteien im privaten Baurecht Der Nebenunternehmer erstellt aufgrund eines eigenen Werkvertrages mit dem Bauherrn für das gleiche Bauwerk eine Arbeit (Art 30 SIA-Norm 118). Jeder Teilunternehmer ist Nebenunternehmer der anderen Unternehmer Einführung in das private Baurecht 21
22 Parteien im privaten Baurecht Der Lieferant Liefert Material an den Bauherrn an den Unternehmer oder Subunternehmer Das Vertragsverhältnis mit dem Lieferanten ist meistens ein Kauf Einführung in das private Baurecht 22
23 Parteien im privaten Baurecht Der Planer Rechtlich undefinierter Begriff Weit gefasster Begriff Architekt Ingenieur Bauleiter Fachplaner Einführung in das private Baurecht 23
24 Parteien im privaten Baurecht Der Generalplaner Erbringt aus einer Hand alle Planungsleistungen oder mehrere Planungsleistungen Einführung in das private Baurecht 24
25 Schema 1: Vertragsverhältnisse im «klassischen» Bauverhältnis Einführung in das private Baurecht 25
26 Schema 2: Vertragsverhältnisse im GU-Vertrag Einführung in das private Baurecht 26
27 Schema 3: Vertragsverhältnisse im TU-Vertrag Einführung in das private Baurecht 27
28 Schema 4: Vertragsverhältnisse im GU- Vertrag, mit Generalplaner Einführung in das private Baurecht 28
29 Die wichtigsten Bauverträge Der Bauwerkvertrag (Werkvertrag) Der Planervertrag Der Versicherungsvertrag Einführung in das private Baurecht 29
30 Wie wird ein Vertrag abgeschlossen? Durch übereinstimmende gegenseitige Willenserklärung (Antrag und Annahme) Unter Anwesenden Unter Abwesenden Beispiel: Schriftliche Offerte des Unternehmers Beispiel: Der Besteller (Bauherr) verlangt andere Konditionen Konkludente Annahme der Offerte Bedeutung der Vertragsurkunde Einführung in das private Baurecht 30
31 Der Bauwerkvertrag (I) Ist Kernstück des privaten Baurechts Ist ein Werkvertrag: «Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung» (Art. 363 OR) Typische Leistung des Werkvertrages: Herstellung eines Werkes Körperliches Werk Unkörperliches Werk Typische Leistung des Bauwerkvertrages: Herstellung eines körperlichen Werkes Einführung in das private Baurecht 31
32 Der Bauwerkvertrag (II) Parteien: Bauherr als Besteller Unternehmer Einführung in das private Baurecht 32
33 Der Planervertrag (I) Rechtlich undefinierter Begriff Vertrag zwischen Planer und Vertragspartner Zweck: Erbringung einer baubezogenen Planerleistung Erstellung von Plänen Erstellung eines Kostenvoranschlages Bauleitung Beschränkt sich nicht auf die Erstellung von Plänen Einführung in das private Baurecht 33
34 Der Planervertrag (II) - Erscheinungsformen Architektenvertrag / Architekturvertrag Vertrag über Ingenieurleistungen (Bau, Elektro, usw.) Gesamtvertrag: Der Planer übernimmt sämtliche Planerleistungen im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben Vertrag beschränkt auf Teilleistungen, z.b. Projektierungsvertrag Reiner Planungsvertrag Bauleitungsvertrag Vertrag über die Erstellung eines Kostenvoranschlags Vertrag über die Durchführung der Kostenkontrolle Einführung in das private Baurecht 34
35 Der Planervertrag (III) Reiner Planungsvertrag / Erstellung von Plänen als Werkvertrag Vertrag über die Erstellung eines Kostenvoranschlags als Auftrag Vertrag über die Vergabe von Aufträgen als Auftrag Bauleitungsvertrag als Auftrag Gesamtvertrag als gemischtes Vertragsverhältnis Werkvertrag / Auftrag mit Spaltung der Rechtsfolgen Einführung in das private Baurecht 35
36 Zur Qualifikation der Bauverträge Die Bezeichnung / der Titel eines Vertrages ist nicht massgeblich! Der Inhalt entscheidet über die Qualifikation eines Vertrages Die Parteien eines Vertrages sind für dessen Qualifikation nicht massgeblich. Massgeblich ist allein die umschriebene Leistung Einführung in das private Baurecht 36
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