STEUERBERATER - PRÜFUNG 2017 / Abgabenordnung 9. Das Korrektursystem der AO

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1 Steuerfachschule SteuerG 800 STEUERBERATER - PRÜFUNG 2017 / 2018 Abgabenordnung 9 Das Korrektursystem der AO Verfasser: Gerd Kaehne Dozent an der Norddeutschen Akademie für Finanzen und Steuerrecht Hamburg Es ist den Kursteilnehmern oder Dritten nicht gestattet, die Lehrbriefe oder sonstiges Unterrichtsmaterial zu vervielfältigen, zu verleihen oder zu veräußern. Stand

2 Das Korrektursystem der AO 1. Allgemeines Die Fehlerberichtigung nach 129 AO Tatbestand Offenbare Unrichtigkeit Fehler des Finanzamts Rechtsfolgen, Ermessen Zeitliche Grenze Rücknahme von VA nach 130 AO Belastende VA Begünstigende VA Widerruf von VA nach 131 AO Belastende VA Begünstigende VA Änderung materiell rechtlich nicht bestandkräftiger Steuerbescheide nach 164 und 165 AO Änderung materiell bestandskräftiger Steuerbescheide nach 172 AO Allgemeines Anwendungsmöglichkeiten Antrags- und Änderungsmöglichkeiten gem. 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO Abgrenzungen Unterschiede zum Einspruch Sonstige Korrekturmöglichkeiten nach 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide wegen neuer Tatsachen nach 173 AO Allgemeines Die Tatbestandsmerkmale im Einzelnen Tatsachen Beweismittel Nachträgliches Bekanntwerden Höhere und niedrigere Steuer Sperrwirkung des groben Verschuldens Unerheblichkeit des groben Verschuldens Abgrenzung eine/mehrere Tatsachen Änderung wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen nach 174 AO Allgemeines Widerstreit zuungunsten des Stpfl. (Abs. 1) Tatbestand Widerstreit zugunsten des Stpfl. (Abs. 2) Tatbestand Negativer Widerstreit (Abs. 3) Tatbestand Durch Einspruch oder Antrag ausgelöster Widerstreit (Abs. 4 und 5) Tatbestand Kaehne Abgabenordnung 1

3 9. Anpassung von Folgebescheiden an Grundlagenbescheide nach 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO Sinn und Zweck Systematische Darstellung Grundlagenbescheid und Folgebescheid Anpassungspflicht Festsetzungsfrist Änderung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses gem. 175 Abs. 1 Nr. 2 AO Allgemeines Tatbestandsmerkmale Ereignis Eintritt des Ereignisses Steuerliche Wirkung Wirkung für die Vergangenheit Besondere Festsetzungsfrist Anwendungsfälle aus der Rechtsprechung Grenzen der Anwendung Umsetzung von Verständigungsverfahren nach 175a AO Vertrauensschutz bei der Aufhebung oder Änderung nach 176 AO Berichtigung von materiellen Fehlern Allgemeines Wirkungsweise Berechnungsbeispiele Neue Korrekturvorschriften seit a b 33 2 Abgabenordnung Kaehne

4 Abkürzungsverzeichnis A Abs. Abschn. AdV AEAO AEBewAntBV AEBewGV Alt. Anl. AO Ap Art. Absatz Abschnitt Aussetzung der Vollziehung Anwendungserlass zur AO Anwendungserlass zur Umsetzung des ErbStRefG Anteilsbewertung Betriebsvermögen Anwendungserlass zur Umsetzung des ErbStRefG Bewertung des Grundvermögens v Alternative Anlage Abgabenordnung Außenprüfung Artikel B BDSG BewG BFH BFH/NV BGBl BGH BMF Bp BpO BStBl Buchst. BVerfG Bundesdatenschutzgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesministerium der Finanzen Betriebsprüfung Betriebsprüfungsordnung Bundessteuerblatt Buchstabe Bundesverfassungsgericht D d.h. das heißt E EG EigZulG ErbStG ErbStR ESt EStG EuGH EUSt Europäische Gemeinschaft Eigenheimzulagegesetz Erbschaftsteuergesetz Erbschaftsteuer-Richtlinien Einkommensteuer Einkommensteuergesetz Europäischer Gerichtshof Einfuhrumsatzsteuer Kaehne Abgabenordnung 3

5 F f./ff. FA FGO FVG folgende/fortfolgende Finanzamt Finanzgerichtsordnung Finanzverwaltungsgesetz G gem. GewSt GewStG GG ggf. GmbH GrEStG GrS gemäß Gewerbesteuer Gewerbesteuergesetz Grundsätze gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Grunderwerbsteuergesetz Großer Senat H H Hinweis h. M. herrschende Meinung HFR Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung HGB Handelsgesetzbuch HmbKiStG Hamburgisches Kirchensteuergesetz I i. d. R. in der Regel i. H. v. in Höhe von i. S. v. im Sinne von Insb. Insbesondere K KESt Kfz KG KiSt Kj. KSt Kapitalertragsteuer Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft Kirchensteuer Kalenderjahr Körperschaftsteuer L LSt lt. Lohnsteuer laut N Nr. Nummer 4 Abgabenordnung Kaehne

6 O o. a. oben angegebene OG Obergeschoss OHG offene Handelsgesellschaft OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten R R Rdn. S sog. Soli StB StBerG StGB StModernG Stpfl. StPO T Tz. Richtlinie Randnummer sogenannte Solidaritätszuschlag Steuerberater Steuerberatungsgesetz Strafgesetzbuch Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Steuerpflichtiger Strafprozessordnung Textziffer U u. a. unter anderem USt Umsatzsteuer UStDV Umsatzsteuer Durchführungsverordnung UStG Umsatzsteuergesetz USt-IdNr. Umsatzsteuer Identifikationsnummer UStR Umsatzsteuer Richtlinien V VA vgl. VwVfG VwZG VZ W Wj. WoPG Verwaltungsakt vergleiche Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Veranlagungszeitraum Wirtschaftsjahr Wohnungsbauprämiengesetz Z z. B. zum Beispiel ZerlG Zerlegungsgesetz ZPO Zivilprozessordnung Kaehne Abgabenordnung 5

7 1. Allgemeines Kein einheitliches Korrektursystem: Tz. 128 Die AO kennt kein einheitliches, für alle Verwaltungsakte gleichermaßen geltendes Korrektursystem. Bei der Neufassung des Gesetzes wurden sowohl Klassische Korrekturvorschriften (z.b. 172 AO) aus der Reichsabgabenordnung übernommen als auch völlig neue Normen (z.b. 164 AO) konzipiert. Schließlich haben noch Gedanken des Verwaltungsverfahrensgesetzes ( 130, 131 AO) Eingang in die AO gefunden. Entscheidend dafür, welche Korrekturnorm in Betracht kommt, ist der jeweilige rechtliche Status des zu korrigierenden Verwaltungsakts. Hiernach wiederum richtet sich die anzuwendende begriffliche Terminologie der Korrektur. Korrekturmöglichkeiten: Der Anwendungsbereich der für bestimmte Fallgruppen von Verwaltungsakten in Betracht kommenden Korrekturnormen stellt sich wie folgt dar: Fehlerberichtigung nach 129 AO (Geltungsbereich: alle VA) Rücknahme rechtswidriger VA nach 130 AO (Geltungsbereich: VA außer Steuerbescheiden und gleichgestellten Bescheiden) Widerruf rechtmäßiger VA nach 131 AO (Geltungsbereich wie vor) Aufhebung und Änderung materiell nicht bestandskräftiger VA nach den 164 und 165 AO (Geltungsbereich: Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide) Aufhebung und Änderung materiell bestandskräftiger VA (Geltungsbereich wie vor) 2. Die Fehlerberichtigung nach 129 AO Offenbare Unrichtigkeiten: Tz AO erlaubt die Berichtigung von offenkundigen Fehlern des Finanzamts, d.h. von Fehlern, die nicht bei der Rechtsanwendung unterlaufen sind. Diese Norm ist bei allen VA anwendbar und zwar unabhängig davon, ob es sich um Steuerbescheide oder andere VA handelt. Berichtigt werden können aber nur die jeweiligen Unrichtigkeiten, nach neuerer Rechtsprechung kommt auch die Aufhebung des VA in Betracht. 6 Abgabenordnung Kaehne

8 2.1 Tatbestand Offenbare Unrichtigkeit Mechanische Fehler: Tz. 130 Neben Schreib- und Rechenfehlern, die nach dem Gesetzeswortlaut bereits als offenbare Unrichtigkeit definiert sind, kommen auch Fehler, die derartigen Fehlern ähnlich sind, als korrekturfähig in Betracht. Hierbei muss es sich um sog. mechanische Versehen handeln. Das bedeutet, dass der Fehler nach Abschluss der Willensbildung des zuständigen Beamten unterlaufen sein muss, nämlich bei der Willensäußerung. Mechanische Versehen sind regelmäßig Übertragungsfehler, das Übersehen erklärter Besteuerungsgrundlagen oder EDV Versehen bei der maschinellen Veranlagung. Besteht bei realistischer Betrachtungsweise die Möglichkeit eines Rechtsanwendungsfehlers, kommt 129 AO nicht in Betracht. Hinweis: Fehlerhafte Rechtsanwendung schließt die Anwendung des 129 AO aus. Im Gegensatz zu Schreib- und Rechenfehlern müssen ähnliche Unrichtigkeiten offenbar sein. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sie für den betroffenen Stpfl. erkennbar sind, entscheidend ist, ob ein unvoreingenommener Dritter sie als mechanische Fehler erkennen würde. Im Rahmen der Veranlagung eines Konzerns, der der Anschluss Betriebsprüfung unterliegt, unterläuft dem Sachbearbeiter des FA insofern ein Fehler, als er bei einer Gesellschaft vergisst, den maschinellen Schlüssel für den VdN einzugeben. Es ergeht demgemäß ein Bescheid ohne diesen Vorbehalt. Da aufgrund des gesamten Akteninhalts für einen sachkundigen Beurteiler kein Zweifel daran besteht, dass hier tatsächlich ein Bescheid mit VdN gewollt war und der Fehler eindeutig bei der Willensäußerung unterlaufen ist, kann das FA diesen Fehler gem. 129 AO in der Weise berichtigen, dass es den VdN nachholt. Diese Fehlerberichtigung kann mit einem Änderungsbescheid auf der Grundlage des 164 Abs. 2 AO verbunden werden (vgl. BFH, Urteil v I R 125/04, BSt- BI 2006 II 400). Kaehne Abgabenordnung 7

9 2.1.2 Fehler des Finanzamts Tz. 131 Der Fehler muss beim Erlass des VA unterlaufen sein, d.h. es sind nach dem Gesetzeswortlaut nur Fehler des FA korrigierbar. Fehler, die dem Stpfl. in seinem Bereich, d.h. insbesondere bei Erstellung der Steuererklärung oder der Gewinnermittlung, unterlaufen, fallen grundsätzlich nicht hierunter. Besteht für das FA allerdings die Möglichkeit, im Rahmen der Bearbeitung solche Fehler zu erkennen und erkennt es sie tatsächlich nicht, so macht es sich diese Fehler zu Eigen. Hinweis: Offenbare Unrichtigkeiten können vom FA übernommen werden. Ein Stpfl., der seinen Gewinn nach 4 Abs. 3 EStG ermittelt, weist in seiner Gewinnermittlung für die Veräußerung eines Kfz einen Veräußerungserlös aus. Er vergisst, den aus dem Steuererklärung beiliegenden Inventarverzeichnis ersichtlichen Restbuchwert des Kfz als BA geltend zu machen. Das FA veranlagt den Stpfl. ohne den Fehler zu bemerken nach Erklärung. Es handelt sich hierbei aus der Sicht eines unvoreingenommenen Dritten um eine offenbare Unrichtigkeit, weil nach den Vorschriften des EStG die Ausbuchung des Restbuchwerts als BA zwingend und damit ein Rechtsanwendungsfehler mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Bei sorgfältiger Arbeitsweise hätte das FA im Rahmen der Veranlagung aber den Fehler erkennen können. Es hat ihn damit übernommen. Die Veranlagung ist nach 129 AO zu berichtigen (vgl. BFH, Urteil v IV R 255/84, BStBI 1987 II 762). Wiederholung von Fehlern: Wird ein Fehler zunächst nicht bemerkt und in einem Änderungsbescheid wiederholt, so bleibt er ein Fehler i.s.d. 129 AO. Dieselbe offenbare Unrichtigkeit kann also auch verschiedenen Sachbearbeitern immer wieder neu unterlaufen (vgl. BFH, Urteil v VI R 140/81, BStBI 1985 II 569). 2.2 Rechtsfolgen, Ermessen Ermessen ist eingeschränkt: Tz. 132 Nach dem Gesetzeswortlaut ist 129 AO eine Ermessensvorschrift. Nach Satz 2 der Norm besteht allerdings kein Ermessen für Fehler die zuungunsten des Stpfl. wirken, denn insoweit hat der Stpfl. stets ein berechtigtes Interesse an der Korrektur. Wirkt der Fehler zugunsten des Stpfl. wird ein Ermessenspielraum nur bei sonstigen VA, nicht jedoch bei Steuerbescheiden oder gleichgestellten Bescheiden bestehen. Diese Bescheide unterliegen als sog. gebundene VA in besonderer Weise den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, so dass hier das Ermessen regelmäßig auf 0 reduziert ist. 8 Abgabenordnung Kaehne

10 2.3 Zeitliche Grenze Verjährung: Tz. 133 Offenbare Unrichtigkeit können nach der Gesetzesformulierung jederzeit berichtigt werden. Eine zeitliche Begrenzung besteht allerdings gleichwohl durch die Regelungen zur Verjährung (vgl. hierzu Abschn. 10). Im Rahmen der Festsetzungsverjährung besteht auch eine besondere Ablaufhemmung nach 171 Abs. 2 AO, nach der die Berichtigung innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des fehlerhaften Bescheids gewährleistet wird (vgl. Tz. 183). 3. Rücknahme von VA nach 130 AO Nur sonstige VA: 130 AO lässt die Rücknahme rechtswidriger VA zu. Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er Regelungen enthält, die nicht dem Gesetz entsprechen. Dabei ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des VA abzustellen. Da Rechtswidrigkeit auch partiell gegeben sein kann, kommt auch eine Teilrücknahme in Betracht. Zu beachten ist jedoch, dass die Anwendung des 130 AO auf Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide nach 172 Abs. 1 Nr. 2d AO zugeschlossen ist. 3.1 Belastende VA Tz. 135 Rechtswidrige VA können grundsätzlich nach Abs. 1 zurückgenommen werden. Nach dem Gesetzesaufbau gilt dies im Ergebnis aber nur für belastende VA, weil Abs. 2 für begünstigende VA eine Ausnahmeregelung enthält. Belastende VA sind alle VA, die für den Stpfl. Pflichten oder Nachteile begründen, Rechte aufheben oder nachteilig verändern oder aus der Sicht des Stpfl. Rechte oder Vorteile ablehnen (vgl. Frotscher in Schwarz Praxiskommentar AO, Rdn. 18 zu 130 AO). Festsetzung von Verspätungszuschlägen, Durchsetzungsmaßnahmen zur Erfüllung der Mitwirkungspflichten, Ablehnung von Billigkeitsmaßnahmen, Pfändungen und andere Maßnahmen im Vollstreckungsverfahren, Prüfungsanordnungen, Ablehnung einer Stundung. Kaehne Abgabenordnung 9

11 Bedeutung der Bestandskraft: Tz. 136 Belastende VA können auch noch nach Unanfechtbarkeit zurückgenommen werden. Dies bedeutet aber nicht, dass insoweit die Bestandskraft solcher Bescheide ohne Belang ist. Der Stpfl. muss sich auch bei den VA, für die 130 AO gilt, grundsätzlich die Unanfechtbarkeit eines VA entgegen halten lassen und kann insbesondere keine neue Ermessensausübung verlieren (BFH, Urteil v VII R 15/89, BStBI 1991 II 552). Anders ist es nur dann, wenn sich nachträglich die Sach- und Rechtslage geändert hat (BFH, Urteil v V R 69/77, BStBI 1979 II 641). Gegen einen Stpfl. ist wegen Nichtabgabe der ESt-Erklärung bestandskräftig ein Verspätungszuschlag festgesetzt worden. Nach Abgabe der Steuererklärung stellt sich heraus, dass der Stpfl. eine ESt tatsächlich nicht schuldet und deswegen die Steuerschuld auf 0 festgesetzt werden muss. Da nach der Rechtssystematik des 152 AO für die Bemessung eines Verspätungszuschlags die endgültig festgesetzte Steuer maßgeblich ist, ist insoweit eine neue Sachlage entstanden, nach der die Festsetzung des Verspätungszuschlags rechtswidrig ist. Der Verspätungszuschlag ist nach 130 Abs. 1 AO zurück zu nehmen. Hinweis: Ändert sich bei einem Ermessensverwaltungsakt nach Bestandskraft die Sach- und Rechtslage, besteht ein Anspruch auf Überprüfung des ausgeübten Ermessens. 3.2 Begünstigende VA Vertrauensschutz: Tz. 137 Begünstigende VA unterliegen einem Vertrauensschutz. Ihre Rücknahme im Fall der Rechtswidrigkeit kommt nur unter den besonderen Bedingungen des 130 Abs. 2 AO in Betracht. Rücknahmegründe sind hierbei insbesondere das Erwirken eines VA aufgrund arglistiger Täuschung, Bestechung oder wesentlich falscher Angaben. Ein begünstigender VA ist ein VA, der ein Recht oder einen rechtlichen Vorteil begründet oder bestätigt (vgl. Frotscher in Schwarz Praxiskommentar AO, Rdn. 33 zu 130 AO). Gewährung einer Stundung oder eines Erlasses, Befreiung von der Buchführungspflicht, Aussetzung der Vollziehung. 10 Abgabenordnung Kaehne

12 Unter den Aspekt des Vertrauensschutzes kann aber auch ein an sich belastender VA fallen, nämlich dann, wenn das Finanzamt beabsichtigt, an seine Stelle einen noch belastenderen VA zu setzen (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, AO Rdn. 11 zu 130 AO). Das FA hat einen Verspätungszuschlag nach der sich aufgrund der Steuererklärung ergebenden Steuer festgesetzt. Aufgrund einer Außenprüfung ergibt sich, dass die tatsächliche Steuer wesentlich höher ist. Ihr Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse hätte das FA den Zuschlag entsprechend höher bemessen und erwägt jetzt eine Korrektur zuungunsten des Stpfl. Diese Korrektur wäre nur zulässig unter den Voraussetzungen des 130 Abs. 2 AO, wobei davon ausgegangen wird, dass der zunächst festgesetzte Zuschlag zugunsten des Stpfl. rechtswidrig war. 4. Widerruf von VA nach 131 AO Widerruf nur für die Zukunft: Tz AO lässt auch den Widerruf rechtmäßiger VA zu. Ein rechtmäßig, wenn er dem Gesetz entspricht. Die Vorschrift trägt dem Gedanken Rechnung, dass der VA im Zeitpunkt seines Erlassens sachgerecht war, er jedoch künftig wegen einer Änderung der Verhältnisse keinen Bestand mehr haben soll. Deshalb sieht 131 AO im Gegensatz zu 130 AO auch nur einen Widerruf für die Zukunft vor. Anwendbar ist die Vorschrift deshalb im Besonderen bei sog. Dauersachverhalten. Wie auch bei 130 AO ist die Anwendung des 131 AO für Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide nach 172 Abs. 1 Nr. 2d AO ausgeschlossen. 4.1 Belastende VA Tz. 139 Nach 131 Abs. 1 AO können belastende rechtmäßige VA auch nach Unanfechtbarkeit für die Zukunft ganz oder teilweise widerrufen werden. Für Dauersachverhalte spielt diese Vorschrift in der Praxis allerdings keine Rolle, weil derartige Sachverhalte im Steuerrecht praktisch nicht vorkommen. Allerdings hält der BFH 131 Abs. 1 AO auch auf solche Verwaltungsakte für anwendbar, die noch nicht vollzogen sind (vgl. BFH, Urteil v VII R 66/90, BStBI 1991 II 545). Danach könnte also auch ein rechtmäßig festgesetzter Verspätungszuschlag widerrufen werden, sofern er noch nicht gezahlt wurde. Kaehne Abgabenordnung 11

13 4.2 Begünstigende VA Vertrauensschutz: Tz. 140 Für den Widerruf von begünstigenden rechtmäßigen VA gelten wie im Falle des 130 Abs. 2 AO die Grundsätze des Vertrauensschutzes, so dass ein Widerruf nur unter den einschränkenden Regelungen der Nr. 1 3 zulässig sind. Dies ist im Wesentlichen dann der Fall, wenn ein Widerruf gesetzlich oder im VA selbst vorbehalten ist, vom Stpfl. eine Auflage nicht erfüllt wird oder nachträglich Tatsachen bekannt werden, aufgrund derer das FA berechtigt wäre, den VA nicht zu erlassen. Das FA stundet einem Stpfl. unter Widerrufsvorbehalt eine Steuerschuld mit der Auflage, die offenen Beträge in Raten abzutragen. Dieser Verpflichtung kommt der Stpfl. nicht nach. Das FA kann die Stundung für die Zukunft widerrufen. Es kann den Widerruf mit der Nichterfüllung der Auflage begründen, es kann aber auch von seinem Widerrufsvorbehalt Gebrauch machen. Sofern der Stpfl. allerdings seinen Verpflichtungen nachkommt, wäre ein Widerruf allein aufgrund des Widerrufsvorbehalts regelmäßig ermessensfehlerhaft. Für diesen Fall müsste ein sachlicher Grund die Ausübung des Vorbehalts rechtfertigen (vgl. hierzu Frotscher in Schwarz Praxiskommentar, Rdn. 10 zu 131 AO). 5. Änderung materiell rechtlich nicht bestandkräftiger Steuerbescheide nach 164 und 165 AO Tz. 141 Die Änderungsmöglichkeiten sind in Lehrbrief 8 umfassend dargestellt worden. 6. Änderung materiell bestandskräftiger Steuerbescheide nach 172 AO 6.1 Allgemeines Tz AO gilt als Grundnorm für die Aufhebung oder Änderung materiell bestandskräftiger Steuerbescheide und gleichgestellter Bescheide. Soweit Beide unter VdN ( 164 AO) oder vorläufig ( 165 AO) ergangen sind, finden weder die Regelungen des 172 AO selbst, noch die unter die Verweisung des 172 Abs. 1 Nr. 2d AO fallenden Vorschriften, Anwendung. 172 AO ist grundsätzlich Ermessensnorm. Da der Regelungsbereich jedoch ausschließlich sog. gebundene Verwaltungsakte betrifft, ist der Ermessensrahmen im Hinblick auf 85 AO eingeschränkt. 12 Abgabenordnung Kaehne

14 6.2 Anwendungsmöglichkeiten Tz. 143 Die Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus folgender Grafik: Der zu korrigierende Bescheid betrifft Verbrauchsteuern andere Steuern Uneingeschränkte Änderbarkeit Abs. 1 Nr. 1 Antrag oder Zustimmung des Stpfl. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a Erlass durch sachlich unzuständige Behörde Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2b steuerliche Auswirkung Erwirkung durch unlautere Mittel Abs. 1 Satz 1 Nr. 2c zuungunsten des Stpfl. zugunsten des Stpfl. Änderbarkeit soweit gesetzlich zugelassen Abs. 1 Satz 1 Nr. 2d Antrag oder Zustimmung des Stpfl. ist auch außerhalb der Einspruchsfrist möglich. Antrag oder Zustimmung des Stpfl. muss innerhalb der Einspruchsfrist oder innerhalb der Klagefrist erfolgen. Beispiele: 173, 174, 175 AO 35b GwStG, 10d EStG Der Änderungsbescheid Kann außerhalb der Einspruchsfrist ergehen. Der Antrag ist formfrei! Hinsichtlich der Verjährung gilt die Ablaufhemmung des 171 Abs. 3 AO. Mit einer antragsgemäßen Änderung erledigt sich auch ein Einspruchsverfahren (folgt aus 367 Abs. 2 Satz 3) AO Kaehne Abgabenordnung 13

15 6.3 Antrags- und Änderungsmöglichkeiten gem. 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO Einspruchs- und Klagefristen: Tz. 144 Der Antrag auf eine Änderung zugunsten des Stpfl. nach 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO ist grundsätzlich innerhalb der Rechtsbehelfsfrist zu stellen, die aufgrund des Bescheids, der geändert werden soll, läuft Lehnt das FA diesen Antrag ab, so löst diese Ablehnung erneut die Einspruchsfrist aus. Legt der Stpfl. innerhalb dieser Frist Einspruch ein, so muss das FA entscheiden, ob es diesem Einspruch abhelfen oder eine Einspruchsentscheidung erlassen will. Hilft das FA ab, so erledigt sich das Antragsverfahren. Erlässt das FA eine Einspruchsentscheidung, so hat der Stpfl. die Wahl, ob er innerhalb der jetzt laufenden Klagefrist tatsächlich klagt, oder ob er von der Möglichkeit Gebrauch macht, gem. 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 AO erneut einen Antrag nach 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a zu stellen. Dieser Antrag löst das Antragsverfahren nach 172 AO erneut aus. Die Besteuerungsgrundlagen eines Stpfl. sind wegen der Nichtgabe der Steuererklärungen ohne VdN geschätzt worden. Er legt gegen den Schätzungseinspruch Einspruch ein, ohne diesen durch Abgabe der Steuererklärung zu begründen. Das FA weist den Einspruch daraufhin als unbegründet zurück. Der Stpfl. hat nun Möglichkeit, mit Kostenrisiko zu klagen, oder innerhalb der Klagefrist unter Beifügung der Steuererklärung einen Änderungsantrag beim FA zu stellen. Tut er Letzteres, zwingt er das FA dazu, erneut die Sache zu entscheiden und läuft hierbei kein Kostenrisiko. Die Möglichkeit, gerichtlichen Rechtsschutz gegen erneut ablehnende Entscheidungen des FA zu erhalten, bleibt ihm aber gleichwohl erhalten. Hinweis: Es kann vorteilhaft sein, anstelle einer Klage einen Antrag nach 172 AO zu stellen! Antrag wirkt punktuell: Im Gegensatz zum Einspruch wirkt der Antrag allerdings nur punktuell, d.h. in dem Umfang, der sich bei Auslegung des Antrags in steuerlicher Hinsicht ergibt. Im Übrigen wird der Bescheid, gegen den sich der Antrag richtet, unanfechtbar. Es kann allerdings nach 172 Abs. 2 AO auch die vollständige Aufhebung eines Steuerbescheids beantragt werden. Dann bleibt die volle Steuerfestsetzung offen. Dies gilt auch dann, wenn ein beantragter Steuerbescheid abgelehnt wird. Der Stpfl. A will sich gegen den Bescheid über den Solidaritätszuschlag wenden, weil er diesen für verfassungswidrig hält. Er kann dies unmittelbar im Einspruchsverfahren tun, er kann aber auch mit dem gleichen Ziel einen Antrag stellen, der im Ergebnis den gleichen Rechtsschutz vermittelt. 14 Abgabenordnung Kaehne

16 6.4 Abgrenzungen Schlichter Antrag: Tz. 145 Der in der Literatur auch als schlichter Antrag bezeichnete Antrag nach 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO kann zwar formlos gestellt werden, es muss aber eine Willenserklärung vorliegen, die erkennen lässt, dass der Stpfl. eine Änderung der Steuerfestsetzung wünscht. Die bloße Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung ist regelmäßig kein Antrag auf Steuerfestsetzung (BFH, Urteil v VI B 87/03, BFH/NV 2004, 9). Dies gilt auch für die Abgabe einer Berichtigung der Erklärung nach 153 AO oder einer Selbstanzeige nach 371 AO (vgl. AEAO zu 172 Nr. 3). Bestehen Zweifel, ob der Stpfl. einen Antrag stellen oder einen Einspruch einlegen wollte, ist zugunsten des Stpfl. i.d.r. ein Einspruch anzunehmen. Allerdings ist Angehörigen der steuerberatenden Berufe zuzumuten, dass sie das auch ausdrücken, was sie tatsächlich gewollt haben (vgl. Tipke in Tipke/Kruse, AO, Rdn. 6 zu 357 AO). 6.5 Unterschiede zum Einspruch Tz. 146 Die verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen schlichtem Antrag und Einspruch ergeben sich aus folgender Aufstellung: Antrag Einspruch Form Formfrei Schriftform, 357 Abs. 1 AO Frist Beachtung der Einspruchs- Einspruchsfrist, 355 oder Klagefrist Wiedereinsetzung Lt. h. M. möglich Möglich, 110 AO Bestandskraft VA bleibt offen nur soweit der Antrag reicht VA bleibt vollen Umfangs offen Überprüfung Prüfung nur des Antrags Gesamtfallprüfung, 367 Abs. 2 AO Weitere Anträge Nach Fristablauf ausgeschlossen Bis Entscheidung möglich Verböserung Nicht möglich, aber 177 AO Möglich im Rahmen 367 Abs. 2 Satz 2 AO AdV Nicht möglich, ggf. Stundung Möglich, 361 AO Abhilfe Abhilfebescheid 172 AO Abhilfebescheid 172 Ablehnung Ablehnungsbescheid, Einspruch möglich Einspruchsentscheidung, Klage möglich Kaehne Abgabenordnung 15

17 6.6 Sonstige Korrekturmöglichkeiten nach 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO Tz. 147 Die Korrekturmöglichkeit nach Buchst. b (sachlich unzuständige Behörde) spielt praktisch kaum eine Rolle. Nach Buchst. c (Erwirkung eines Steuerbescheids durch unlautere Mittel) kommt eine Korrektur von Steuerfestsetzungen, denen Straftaten zugrunde liegen in Betracht. Diese Möglichkeiten bestehen dann ggf. neben der Korrekturmöglichkeit nach 173 AO oder auch darüber hinaus. Buchstabe d hat lediglich rechtstheoretische Bedeutung, denn der Verweis auf die Änderbarkeit aufgrund anderer Rechtsnormen, eröffnet selbstständig keinen eigenständigen Korrekturtatbestand. 7. Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide wegen neuer Tatsache nach 173 AO 7.1 Allgemeines 164 f. vorrangig: Tz AO eröffnet die Möglichkeit der Durchbrechung der materiellen Bestandskraft bei Vorliegen bestimmter Tatbestandsmerkmale (neuer Tatsachen). Die Vorschrift ist deshalb nur anwendbar auf materiell bestandskräftige Steuerbescheide sowie auf entsprechende gleichgestellte Bescheide. Soweit die materielle Bestandskraft nach 164 und 165 AO eingeschränkt ist, kommt 173 nicht in Betracht (vgl. 172 Abs. 1 AO). Tatsachen zugunsten und zuungunsten: Tz. 149 Systematisch gesehen enthält 173 AO zwei Korrekturnormen, die zwar beide an das nachträgliche Bekanntwerden von steuererheblichen Tatsachen oder Beweismitteln geknüpft sind, sich aber darin unterscheiden, dass im Falle des Abs. 1 Nr. 1 sich eine steuerliche Auswirkung zulasten des Stpfl. und im Fall des Abs. 1 Nr. 2 zu dessen Gunsten ergibt. Die Besonderheit bei Korrekturen zugunsten des Stpfl. besteht darin, dass ihm am Bekanntwerden der Tatsachen kein grobes Verschulden vorzuwerfen sein darf. Liegen neue Tatsachen sowohl zugunsten wie auch zuungunsten vor, ist ein grobes Verschulden wiederum unbeachtlich, wenn zwischen beiden Tatsachen ein unmittelbarer oder mittelbarer Zusammenhang besteht ( 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO). 16 Abgabenordnung Kaehne

18 Änderungssperre nach Ap: Tz. 150 Beruht der zu ändernde Bescheid auf einer Ap, sind Korrekturen nach Abs. 2 grundsätzlich sowohl zuungunsten wie auch zugunsten des Stpfl. ausgeschlossen. Diese Änderungssperre auch erhöhte Bestandskraft genannt dient dem Rechtsfrieden und basiert auf dem Vertrauensschutzgedanken. Sie gilt deshalb nicht, wenn das nachträgliche Bekanntwerden auf einer Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung beruht. 7.2 Die Tatbestandsmerkmale im Einzelnen Tatsachen Tz. 151 Tatsache ist jeder Lebensvorgang, der insgesamt oder teilweise den gesetzlichen Steuertatbestand oder ein einzelnes Merkmal dieses Tatbestands erfüllt (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO, Rdn. 2 zu 173 AO). Schlussfolgerungen, Wertungen und steuerliche Rechtsfolgen sind keine Tatsachen in diesem Sinne. Tatsachen sind hiernach z.b. Einnahmen, Ausgaben, Forderungen, Verbindlichkeiten, Mitgliedschaft in der Kirche, Aufgabe eines Betriebs, Typ und Bauweise eines Kfz oder auch sog. innere Tatsachen, wie Gewinnerzielungsabsicht eines Stpfl. Keine Tatsachen sind der Wert eines Gegenstands, die juristische Subsumtion einer Tatsache sowie die Schätzung. Die Grundlagen der Schätzung können allerdings Tatsachen sein. Keine Tatsache ist auch die Bilanz selbst. Allerdings sind Tatsachen die konkreten Lebenssachverhalte, die zu einer bestimmten Bilanzierung führen. Auch Verfahrenshandlungen, z.b. die Ausübung von Wahlrechten, sind selbst keine Tatsachen, Tatsachen können aber die zugrunde liegenden Lebenssachverhalte sein Beweismittel Tz. 152 Beweismittel ist jedes Erkenntnismittel, das geeignet ist, das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen (vgl. BFH, Urteil v VIII R 121/83, BStBI 1989 II 585). Zu den Beweismitteln können auch sog. Hilfstatsachen gehören. Dies sind Umstände, die zwar nicht zum Steuertatbestand gehören, aber die Beweisführung stützen. Kaehne Abgabenordnung 17

19 Beweismittel sind z.b. Urkunden, Zeugenaussagen, und amtliche Bescheinigungen. Auch Gutachten können Beweismittel sein, allerdings nur dann, wenn sie die Erkenntnis neuer Tatsachen vermitteln. Kommt ein Gutachten nur zu anderen Schlussfolgerungen, liegt insoweit kein Beweismittel vor (vgl. BFH, Urteil v VIII R 41/82, BStBI 1993 II 569). Beweismittel ist auch der amtlich vorgeschriebene Vordruck über den Bewirtungsaufwand. Hilfstatsachen können z.b. äußere Indizien sein, aufgrund derer auf eine innere Tatsache, z.b. die Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden kann (vgl. BFH, Urteil v IX R 11/91, BStBI 1995 II 192) Nachträgliches Bekanntwerden Wem ist etwas bekannt: Tz. 153 Eine Tatsache ist dem Finanzamt dann bekannt, wenn die zur Bearbeitung des Steuerfalls berufenen Personen, nämlich der Vorsteher, der Sachgebietsleiter oder der Sachbearbeiter von der Tatsache Kenntnis erlangt haben. Hat eine dieser Personen Kenntnis erlangt, kommt es auf die Kenntnis der anderen Personen nicht mehr an. Hierbei ist grundsätzlich auf die zuständige Veranlagungsstelle abzustellen, Kenntnisse anderer Dienststellen des FA, z.b. der Vollstreckungsstelle, sind nicht bekannt. Auch die Kenntnis der Betriebsprüfer, macht eine Tatsache nicht bekannt, es sei denn es handelt sich um einen Betriebsprüfer, dem auch die Veranlagungsaufgaben übertragen sind (veranlagende Bp). Auch die Kenntnisse der Rechtsbehelfstelle sind der Veranlagungsstelle zuzurechnen (vgl. BFH, Urteil v I R 182/82, BStBI 1983 II 548). War eine Tatsache bereits bekannt, wird sie etwa deswegen wieder unbekannt, weil die Sachbearbeiter oder die örtliche Zuständigkeit wechseln oder die Akten archiviert werden. Wann ist etwas bekannt: Tz. 154 Für die zeitliche Abgrenzung ist entscheidend, ob die steuererhebliche Tatsache oder das Beweismittel im Zeitpunkt der abschließenden Willensbildung für die Steuerfestsetzung, d.h. grundsätzlich bei Zeichnung des Berechnungsbogens oder der Freigabe zur maschinellen Verarbeitung einem der o.a. angeführten Personen bekannt war. Findet aufgrund einer maschinellen Hinweismitteilung eine erneute Sachprüfung statt, so ist dies nur dann von Bedeutung, wenn die ursprüngliche Willensbildung vollständig durch eine neue ersetzt wird. 18 Abgabenordnung Kaehne

20 Bei einer freigegebenen ESt-Veranlagung wird eine maschinelle Hinweismitteilung erstellt, nach der ein Missverhältnis zwischen den veranlagten Arbeitslöhnen und den hierauf entfallenden Lohnsteuern festgestellt wird. Der Sachbearbeiter prüft den Fall insoweit, stellt keinen Fehler fest und stoppt das Verfahren nicht. Er bemerkt nicht, dass nach der ursprünglichen Freigabe durch Eingang einer Kontrollmitteilung bisher nicht erfasste Einnahmen bekannt worden sind. Diese Einnahmen sind nachträglich bekannt geworden, weil der Bescheid aufgrund der ursprünglichen Willensbildung ergangen ist (vgl. BFH, Urteil v VIII R 226/83, BStBI 1989 II 259). Hätte der Sachbearbeiter den Fall storniert und im Rahmen eines neuen Datensatzes erneut freigegeben, wäre dieser Zeitpunkt maßgeblich und die übersehenen Einnahmen wären keine neuen Tatsachen mehr. Treu und Glauben: Tz. 155 Sind Tatsachen, die zuungunsten des Stpfl. wirken, nur deshalb dem FA nicht tatsächlich bekannt geworden, weil das FA seine Ermittlungspflicht verletzt hat, kann bei nachträglichem Bekanntwerden dieser Tatsachen das FA nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert sein, eine Korrektur nach 173 Abs. 1 Nr. 1 vorzunehmen, denn das FA darf sich nicht auf eigener Ermittlungsfehler berufen. Ein Hinderungsgrund besteht allerdings nur dann, wenn der Stpfl. seinerseits seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen ist Höhere und niedrigere Steuer Rechtserheblichkeit: Tz. 156 Tatsachen sind nach 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nur rechtserheblich, wenn sie zu einer höheren als der festgesetzten Steuer führen und nach 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nur rechtserheblich, wenn sie zu einer niedrigeren als der festgesetzten Steuer führen. Rechtserheblichkeit in diesem Sinne bedeutet nach h. M., dass das FA bei Kenntnis der ihm unbekannt gebliebene Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung zu einem anderen steuerlichen Ergebnis gelangt wäre. Der notwendige Vergleich ist für jede Steuerart und jeden Steuerabschnitt gesondert anzustellen. Dabei sind auch Tatsachen mit Doppelwirkung möglich. So kann eine im Jahre 01 falsch erfasste Einnahme in diesem Jahr steuermindernd wirken und im zutreffenden Jahr 02 zu einer Steuererhöhung führen. Kaehne Abgabenordnung 19

21 7.2.5 Sperrwirkung des groben Verschuldens Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: Tz. 157 Nach 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist die Korrektur zugunsten des Stpfl. ausgeschlossen, wenn diesen ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden trifft. Grobes Verschulden ist hierbei Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Ob grobes Verschulden vorliegt, ist Einzelfallentscheidung und wird in der Rechtsprechung häufig kasuistisch entschieden. Regelmäßig liegt grobes Verschulden aber dann vor, wenn der Stpfl. keine Steuererklärungen abgibt, im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen nicht beantwortet oder Hinweise in den Vordrucken oder Merkblättern nicht beachtet. Fehler, die üblicherweise vorkommen, wie Irrtümer oder bloße Nachlässigkeiten, begründen kein grobes Verschulden. Hierzu gehören auch Missverständnisse beim Ausfüllen von Formularen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO, Rdn. 78 zu 173). Ein Arbeitsnehmer, der die Voraussetzungen für die Entfernungspauschale erfüllt, gibt die hierzu in der Steuererklärung geforderten Angaben nicht an. Hierdurch kommt es zu einer hohen, aber bestandskräftigen ESt Festsetzung. Sein nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gestellter Antrag auf Korrektur gem. 173 AO kann keinen Erfolg haben, weil dem FA zwar neue Tatsachen bekannt geworden sind, dies aber darauf zurückzuführen ist, dass der Stpfl. grob fahrlässig die erforderlichen Angaben nicht in der Erklärung gemacht hat (vgl. BFH, Urteil v III R 24/87, BStBI 1992 II 65). Ein Kfz Sachverständiger macht in seiner Steuererklärung nach den steuerlichen Vorschriften abziehbare Aufwendungen für ein Arbeitszimmer nicht geltend. Nach Bestandskraft des ESt-Bescheids erhält er von der Abzugsfähigkeit Kenntnis und beantragt die Korrektur des Bescheids. Auch in diesem Fall werden dem FA neue Tatsachen bekannt. Da der Erklärungsvordruck zum Arbeitszimmer aber keine Fragestellung enthielt und aus dem beigefügten Merkblatt keine für einen Laien verständlichen Hinweise zum Arbeitszimmer enthalten waren, hat der Stpfl. nicht grob fahrlässig gehandelt, denn Rechtsunkenntnis kann ihm insoweit nicht vorgeworfen werden. Die Steuerfestsetzung ist nach 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu korrigieren (vgl. BFH, Urteil v VI R 17/91, BStBI 1993 II 80). 20 Abgabenordnung Kaehne

22 7.2.6 Unerheblichkeit des groben Verschuldens Tz. 158 Das grobe Verschulden ist dann unbeachtlich, wenn neue Tatsachen, die zugunsten des Stpfl. wirken, in Zusammenhang stehen mit Tatsachen, die zuungunsten des Stpfl. wirken. Hierbei sieht 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO allerdings keine betragsmäßige Begrenzung hinsichtlich der steuerlichen Auswirkung vor, so dass in diesem Zusammenhang die zugunsten wirkenden Tatsachen zu einer höheren Steuerminderung führen können als die Steuererhöhung ausmacht. Eine hierdurch insgesamt entstehende saldierte Minderung ist danach möglich. Ein Gastwirt hat Betriebseinnahmen, die zu einer Steuererhöhung von geführt hätten, nicht erklärt. Gleichzeitig hat er auch anteilige Betriebsausgaben nicht erklärt, die zu einer Steuerminderung von geführt hätten. Dies wird im Rahmen von Ermittlungen der Steuerfahndung nach bestandskräftiger Veranlagung festgestellt. Die festgesetzte Steuer ist nach 173 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO zu ändern, obwohl sich hierdurch eine Steuerminderung von ergibt Abgrenzung eine/mehrere Tatsachen Tz. 159 Aufgrund des dargestellten Effekts ist die Abgrenzung wichtig, ob nachträglich bekannt werdende Lebenssachverhalte eine oder mehrere Tatsachen begründen, denn wenn diese Sachverhalte insgesamt nur eine Tatsache bilden, stellt sich die Problematik des Zusammenhangs nicht. Erwerbsgrundlagen: Nach Auffassung des BFH ist zunächst darauf abzustellen, von welchen Tatsachen die Besteuerung vor Bekanntwerden der neuen Tatsachen ausgegangen ist. Es kommt dann entscheidend darauf an, ob zu dem bereits bekannten Lebenssachverhalt einzelne Besteuerungsgrundlagen, wie z.b. Einnahmen oder Aufwendungen, hinzutreten oder ob ein in sich abgeschlossener Lebenssachverhalt nachträglich bekannt wird. Derartige abgeschlossene Lebenssachverhalte sind bei der Einkommensteuer die Ergebnisse einzelner Erwerbsgrundlagen, z.b. ein Betrieb, ein Dienstverhältnis oder ein Mietobjekt (vgl. BFH, Urteil v IX R 14/47, BFH/NV 1999, 743). Ein Vermieter bezieht Einkünfte aus 5 verschiedenen Mietobjekten. In der ESt- Erklärung vergisst er, Einnahmen und Werbungskosten, die insgesamt zu einem Verlust führen, aus einem dieser Objekte anzugeben. Entsprechend wird die Veranlagung vom FA durchgeführt. Da im Rahmen dieser ursprünglichen Veranlagung die Erwerbsgrundlage fünfte Wohnung nicht erfasst wurde, stellt ihr nachträgliches Bekanntwerden nur eine Tatsachen dar, die in diesem Fall steuermindernd wirkt, so dass das grobe Verschulden zu prüfen ist. Kaehne Abgabenordnung 21

23 Die Besteuerungsgrundlagen eines Gewerbetreibenden sind wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen geschätzt wurden. Dabei wurde ein Gewinn aus Gewerbebetrieb geschätzt. Nach Bestandskraft des ESt-Bescheids erklärt der Stpfl. einen Überschuss der Betriebsausgaben über die Betriebseinnahmen. Auch hier liegt nur eine Tatsache, die steuermindernd wirkt vor, weil eine Erwerbsgrundlage (Gewinn aus Gewerbebetrieb) im ursprünglichen Bescheid nur als Ergebnis (Schätzung) berücksichtigt wurde (vgl. auch BFH, Urteil v XI R 28/89, BStBI 1991 II 743). USt- und Vorsteuer: Tz. 160 Im Gegensatz zur einkommensteuerlichen Betrachtungsweise sind bei der USt die tatsächlichen Umsätze und die Vorsteuern jeweils stets eigenständige Tatsachen. Bei der Korrektur eines Schätzungsbescheids ist deshalb zu prüfen, inwieweit sich bei den tatsächlichen Beträgen, die nachträglich bekannt werden, im Einzelfall neue Tatsachen zuungunsten und zugunsten ergeben und inwieweit hier ein Zusammenhang besteht. Die Grundsätze für diese Betrachtung ergeben sich aus den Urteilen des BFH, Urteil v V R 60/92, BStBI 1996 II 149 und BFH, Urteil v V R 26/02, BStBI 2003 II Änderung wegen widerstreitender Steuerfestsetzungen nach 174 AO 8.1 Allgemeines Widerstreit: Tz AO schafft Korrekturmöglichkeiten für Steuerfestsetzungen in verschiedenen Steuerbescheiden, die miteinander kollidieren oder deshalb in sich widersprüchlich sind, weil nur eine der festgesetzten Rechtsfolgen zutreffen kann. Der Widerstreit kann in einer Mehrfachberücksichtigung oder einer Nichtberücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts liegen. Dabei werden 5 Tatbestände unterschieden (Abs. 1 5). Da 174 AO für materiell bestandskräftige Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide gilt, kann der Widerstreit auch zwischen einem Steuerbescheid und einem Feststellungsbescheid bestehen. Systematisch gesehen lassen sich die Regelungen des 174 AO in drei Fallgruppen unterteilen. Die Abs. 1 und 2 knüpfen an eine Mehrfachberücksichtigung eines Sachverhalts in verschiedenen Bescheiden an. Dies führt zu einem positiven Widerstreit, der im Fall des Abs. 1 zulasten des Stpfl. und im Fall des Abs. 2 zugunsten des Stpfl. wirkt. In Abs. 3 werden prinzipiell die gleichen Kollisionsfälle erfasst, allerdings besteht hier ein negativer Widerstreit, weil die Sachverhalte in keinem Bescheid erfasst wurden, obwohl sie in einem hätten erfasst werden müssen. Die dritte Fallgruppe findet sich in den Abs. 4 und 5. Hier wird positiver oder negativer Widerstreit durch Anträge oder Einsprüche des Stpfl. ausgelöst. 22 Abgabenordnung Kaehne

24 8.2 Widerstreit zuungunsten des Stpfl. (Abs. 1) Tatbestand Tz. 162 Ein bestimmter Sachverhalt hätte Nur einmal berücksichtigt werden dürfen ist aber mehrfach berücksichtig worden zulasten Ein bestimmter Sachverhalt Rechtsfolge: Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheids. Form: Antrag des Stpfl. auf Aufhebung oder Änderung ist erforderlich. Frist: Antragstellung innerhalb der Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf innerhalb eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des letzten betroffenen Bescheids. Bei dem Stpfl. A werden bestimmte Einnahmen im ESt - Bescheid und im Schenkungsteuerbescheid erfasst, wobei nur die Erfassung im ESt-Bescheid zutreffend ist. Der Schenkungsteuerbescheid ist auf Antrag gem. 174 Abs. 1 AO zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres nach Unanfechtbarkeit von einem der beiden Bescheide gestellt werden. Kollidieren zwei verschiedene Steuerarten miteinander, spricht man auch von Objektkollision. Eine Einnahme wird in den ESt Bescheiden von B und C erfasst, obwohl nur die Zurechnung bei B richtig ist. C kann innerhalb der maßgeblichen Frist die Korrektur nach 174 Abs. 1 AO beantragen. Hier handelt es sich um eine sog. Subjektkollision. Kaehne Abgabenordnung 23

25 Bei dem Unternehmer D wird ein Entgelt in den Jahren 01 und 02 umsatzsteuerlich erfasst, obwohl nur die Zurechnung zu 02 zutreffend ist. Auch hier kann die USt für 01 nach 174 Abs. 1 AO geändert werden. Es handelt sich um eine Periodenkollision. Der Stpfl. E wird für 01 sowohl in Hamburg als auch in München zur ESt veranlagt, obwohl nur das FA in Hamburg zuständig ist. Die Veranlagung in München ist gem. 174 Abs. 1 AO aufzuheben, weil hier eine Zuständigkeitskollision vorliegt. 8.3 Widerstreit zugunsten des Stpfl. (Abs. 2) Tatbestand Tz. 163 Ein bestimmter Sachverhalt wird aufgrund eines Antrags oder einer Erklärung des Stpfl. in unvereinbarer Weise mehrfach berücksichtigt zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger Rechtsfolge: Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheids. Form: Kein Antrag, aber Ursächlich der unrichtigen Erklärung. Frist: Korrektur innerhalb der Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf innerhalb eines Jahres nach Unanfechtbarkeit des letzten betroffenen Bescheids. 24 Abgabenordnung Kaehne

26 Die Stpfl. F hat Aufwendungen für Krankheitskosten sowohl im Jahr der Entstehung (01) als auch im Jahr der Zahlung (02) als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Dies war für das FA aus den Akten auch ersichtlich. Der Fehler wird erst nach Bestandskraft beider Bescheide bemerkt. Das FA kann den Bescheid für 01 gem. 174 Abs. 2 AO ändern, weil der Fehler auf einen Antrag der F beruht. Dass das FA den Fehler hätte bemerken können, ist für die Anwendung des Abs. 2 ohne Bedeutung. 8.4 Negativer Widerstreit (Abs. 3) Tatbestand Tz. 164 Ein bestimmter Sachverhalt wird In unzutreffender Weise nicht berücksichtigt wobei die Absicht erkennbar ist, Ihn in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen Rechtsfolge: Korrektur des fehlerhaften Bescheids hinsichtlich des Sachverhalts. Frist: Festsetzungsfrist des Bescheids, in dem die Berücksichtigung erfolgen sollte. In einem Telefonat weist der Sachbearbeiter des FA den Stpfl. G darauf hin, dass bestimmte Sonderausgaben nicht im Jahre 01, sondern erst im Jahre 02 berücksichtigt werden können. Entsprechend erfolgt die Veranlagung 01 ohne Berücksichtigung im Jahre 01 zutreffend gewesen wäre. Es liegt ein Sachverhalt vor, der grundsätzlich den Tatbestand des 174 Abs. 3 AO erfüllt. Problematisch könnte allerdings in Anbetracht der Beweislage sein, ob die Absicht, die Aufwendungen in 02 zu berücksichtigen erkennbar ist. Bei Korrekturfällen zugunsten des Stpfl. soll es allerdings auf die Erkennbarkeit, der ein Vertrauensschutzgedanke für Änderungen zuungunsten des Stpfl. zugrunde liegt, nicht ankommen (vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO, Rdn. 34 zu 174 AO). Kaehne Abgabenordnung 25

27 8.5 Durch Einspruch oder Antrag ausgelöster Widerstreit (Abs. 4 und 5) Tatbestand Tz. 165 Ein bestimmter Sachverhalt wird in einem Steuerbescheid irrig beurteilt Auf Antrag oder Einspruch erfolgt Aufhebung oder Änderung zugunsten des Stpfl. Rechtsfolge: Die richtigen Rechtsfolgen können in einem anderen Bescheid gezogen werden. Frist: Innerhalb der Festsetzungsfrist, nach deren Ablauf innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Bescheids. Zuziehung: Besonderheit des Abs. 5: Die Rechtsfolgen des Abs. 4 können auch Dritten gegenüber gezogen werden, wenn er zum Verfahren zur Änderung des Bescheids hinzugezogen worden ist. Der Stpfl. H wendet im Einspruchsverfahren gegen seinen ESt-Bescheid 02 erfolgreich ein, hierin erfasste Einnahmen seien im Veranlagungszeitraum 01 zu erfassen. Das FA kann den ESt-Bescheid 01 gem. 174 Abs. 4 AO ändern, auch wenn dieser bereits bestandskräftig ist. Ist die Festsetzungsfrist für 01 bereits abgelaufen, muss es die Korrektur innerhalb eines Jahres nach Änderung des Bescheids 02 vornehmen. Wendet H im Einspruchsverfahren erfolgreich ein, die Einnahmen seien nicht ihm, sondern seinem Bruder I zuzurechnen, gilt grundsätzlich die entsprechende Rechtsfolge. Allerdings muss das FA I zum Einspruchsverfahren des H nach 174 Abs. 5 AO hinzugezogen haben. 26 Abgabenordnung Kaehne

28 9. Anpassung von Folgebescheiden an Grundlagenbescheide nach 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 9.1 Sinn und Zweck Bindungswirkung führt zu Anpassung: Tz Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO überträgt das sich aus 182 Abs. 1 AO ergebende Prinzip der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids für den Folgebescheid in das Korrekturverfahren. Folgebescheide sind demzufolge zu erlassen (erstmalig), aufzuheben oder zu ändern, wenn ein Grundlagenbescheid erlassen, aufgehoben oder geändert wird, wird die Norm des 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO auch als Anpassungsvorschrift bezeichnet. Sie gilt für Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide, d.h. dass Folgebescheid auch ein Feststellungsbescheid sein kann, der wiederum Grundlagenbescheid für einen weiteren Folgebescheid ist. 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gilt allerdings über 172 Abs. 1 AO nicht für Folgebescheide, soweit deren materielle Bestandskraft nach 164 und 165 AO eingeschränkt ist. 9.2 Systematische Darstellung Tz. 167 Grundlagenbescheid Folgebescheid hat Bindungswirkung für: z.b. Feststellungsbescheid z.b. Steuerbescheid Änderung des Bescheids z.b. 172, 173 AO Änderung nach 175 Abs. 1 Nr. 1 AO Grundlage des Besteuerungsverfahrens ist nun der geänderte Grundlagenbescheid Dieser hat wiederum Bindungswirkung für: geänderten (angepassten) Folgebescheid Kaehne Abgabenordnung 27

29 9.3 Grundlagenbescheid und Folgebescheid Tz. 168 In der Regel kommen als Grundlagenbescheide die in Abschn. 7 unter III. genannten gleichgestellten Bescheide in Betracht. Grundlagenbescheide können aber auch Steuerbescheide sein, z.b. der ESt - Bescheid im Hinblick auf den Solidaritätszuschlagsbescheid oder den Verlustfeststellungsbescheid nach 10d EStG. Auch außersteuerliche Bescheide, z.b. Bescheide des Versorgungsamts über die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit, können Grundlagenbescheid z.b. für den ESt Bescheid sein (vgl. BFH, Urteil v III R 204/81, BStBI 1986 II 245). Folgebescheide sind i.d.r. Steuerbescheide. Da 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO aber für Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide gilt, kann Folgebescheid auch ein Feststellungsbescheid sein kann, der wiederum Grundlagenbescheid für einen weiteren Folgebescheid ist. 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gilt allerdings für über 172 Abs. 1 AO nicht für Folgebescheide, soweit deren materielle Bestandskraft nach 164 und 165 AO eingeschränkt ist. 9.4 Anpassungspflicht Tz. 169 Das FA hat kein Ermessen, ob es eine Anpassung vornimmt oder nicht. Auch wenn irrtümlich in einem Folgebescheid die Anpassung übersehen wird, wirkt diese Anpassungspflicht fort und kann jederzeit innerhalb der Festsetzungsfrist nachgeholt werden, ohne dass es einer weiteren Korrekturvorschrift bedarf. A ist an einer Personengesellschaft beteiligt. Bei der Veranlagung für das Jahr 01 wertet sein Wohnsitzfinanzamt einen Feststellungsbescheid insofern fehlerhaft aus, als einen festgestellten Veräußerungsgewinn zu niedrig ansetzt. Der Fehler wird bemerkt im Zuge der Auswertung einer geänderten Feststellung für die gleiche Gesellschaft. Das FA korrigiert nunmehr den Fehler im Rahmen der Änderung des ESt Bescheids nach 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Hiergegen wendet sich A. Er hält den Änderungsanspruch für verbraucht. Entgegen der Auffassung des A ist die Anpassung rechtmäßig erfolgt. Weder der Wortlaut, noch der Gesetzeszweck rechtfertigen eine andere Auffassung (vgl. BFH, Urteil v X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749). 9.5 Festsetzungsfrist Tz. 170 Änderungen nach 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind innerhalb der Festsetzungsfrist möglich. Nach Ablauf wirkt aber die zweijährige Ablaufhemmung des 171 Abs. 10 AO. Ist die Feststellungsfrist beim Grundlagenbescheid abgelaufen, kann nach 181 Abs. 5 AO gleichwohl noch eine Feststellung durchzuführen sein, wenn die Festsetzungsfrist beim Folgebescheid noch läuft (vgl. hierzu Abschn. 10). 28 Abgabenordnung Kaehne

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