ARBEITSKREIS VERKEHRSSACHVERSTÄNDIGE. Richtlinie 1. Grundlagen für die Anordnung eines Schutzweges

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Transkript:

ARBEITSKREIS VERKEHRSSACHVERSTÄNDIGE Richtlinie 1 Grundlagen für die Anordnung eines Schutzweges (ohne Signalregelung) In der Fassung 2011

Verletzungsrisiko in Prozent Präambel Um die Errichtung eines Schutzweges rechtfertigen zu können, sind sowohl bei den querenden Fußgängern als auch bei den Fahrzeugen gewisse Mindestfrequenzen erforderlich. Für die richtige Situierung eines Schutzweges ist es notwendig, im Zuge der Frequenzzählung der Fußgänger auch deren optimale Wunschlinie zu ermitteln. Umfangreiche Untersuchungen bzw. Studien haben gezeigt, dass a.) das Tötungsrisiko direkt mit der Aufprallgeschwindigkeit in Zusammenhang steht und b.) die Anhaltebereitschaft bei zunehmender Geschwindigkeit abnimmt. 100 90 Verletzungsrisiko von Fußgängern nach Anprallgeschwindigkeit 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Anprallgeschwindigkeit in km/h Tödliche Unfälle Schwere Verletzungen Leichte Verletzungen Abbildung 1: Verletzungsrisiko von Fußgängern Aus diesem Grund ist das tatsächliche Geschwindigkeitsverhalten unabhängig von der laut Straßenverkehrsordnung zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu ermitteln. Als Maßzahl wird hier die v 85 herangezogen. Es handelt sich dabei um jene Geschwindigkeit, die von 85% der Fahrzeuglenker nicht überschritten wird.

1. Voraussetzung: Für die Beurteilung, ob ein Schutzweg zu errichten ist, müssen daher folgende Unterlagen vorhanden sein: a.) Zählung der Fußgängerfrequenz und Ermittlung der tatsächlichen Wunschlinie b.) Zählung der Fahrzeugfrequenz c.) Geschwindigkeitsmessung (wenn Schutzwege in Kreuzungsbereichen geplant sind und der Fahrzeuglenker aufgrund eines Nachranges seine Geschwindigkeit reduzieren bzw. anhalten muss, ist eine Geschwindigkeitsmessung nicht erforderlich). d.) Sichtweiten e.) Anzahl der Fahrtstreifen 2. Einsatzkriterien: Die nachstehend angeführten Kriterien müssen gegeben sein. 2.1 Fußgängerfrequenz mindestens 25 Fußgänger in der Spitzenstunde oder mindestens 60 Fußgänger in 4 aufeinanderfolgenden Stunden Ausnahme: Bei Kindern unter 12 Jahren bzw. alten oder gebrechlichen Menschen kann von einer Fußgängermindestfrequenz von 15 Fußgängern pro Stunde ausgegangen werden. Die Einsatzgrenzen für signalgeregelte und nicht signalgeregelte Schutzwege sind der RVS 03.02.12 Fußgängerverkehr zu entnehmen. 2.2 Fahrzeugfrequenz mindestens 200 Pkw-Einheiten bezogen auf die Spitzenstunde der querenden Fußgänger oder mindestens 800 Pkw-Einheiten in 4 aufeinanderfolgenden Stunden Diese Mindestfrequenz beruht auf der Überlegung, dass bei einer Fahrzeugfrequenz von unter 200 Fahrzeugen im Regelfall ausreichende Zeitlücken zum Queren einer Straße zur Verfügung stehen. PKW-Einheiten nach RVS 03.05.11:

2.3 Geschwindigkeiten v 85 60 km/h (ermittelt für jede Fahrtrichtung) Ist die gefahrene Geschwindigkeit höher als vorgesehen, sind vor Errichtung eines Schutzweges geeignete Maßnahmen zu treffen um die Geschwindigkeit zu reduzieren. 2.4 Sichtweiten Die Grundlagen für die Ermittlung der tatsächlichen Sichtweiten (s) bildet die gemessene v 85. Sollte die ermittelte v 85 unter der zulässigen Höchstgeschwindigkeit liegen, ist für die Berechnung die zulässige Höchstgeschwindigkeit heranzuziehen. Das Sichtfeld reicht bis zur Fahrbahnoberkannte und ist 24h am Tag frei zu halten. Die Erkennbarkeit des Schutzweges für den Fahrzeugverkehr muss in ausreichender Entfernung gewährleistet sein. V (km/h) 20 30 40 50 60 l (m) 10 20 30 45 60 Tabelle 2: Schenkellängen l der Sichtfelder in Abhängigkeit von der 85% Kfz-Geschwindigkeit (v 85) Die Vorbremszeit ist mit 0,8 s und a= -3 m/s² angenommen. Abbildung 2: Erforderliche Sichtfelder an Schutzwegen 2.5 Gleisanlagen (Straßenbahnen) Die Errichtung eines Schutzweges über eine Gleisanlage ist ohne Lichtsignalanlage unzulässig. Schienenfahrzeuge müssen gemäß 9 Absatz 2 StVO nicht anhalten. 2.6 Zwei Fahrstreifen Die Errichtung eines Schutzweges über zwei Fahrstreifen (auch Abbiegestreifen) pro Fahrrichtung ist ohne Lichtsignalanlage unzulässig (dh.: die Errichtung eines Schutzweges darf nur über einen Fahrstreifen je Fahrtrichtung erfolgen). 2.7 30 km/h Abschnitte Im Regelfall (Ausnahme: zb. Schulen) ist in 30 km/h Abschnitten kein Schutzweg erforderlich.

3. Kennzeichnung und Kundmachung Die Kennzeichnung von Schutzwegen erfolgt durch das Hinweiszeichen 53 /2a STVO die Kundmachung durch die Bodenmarkierung (Breite mind. 3m). 4. Bauliche Ausstattung Bei der Errichtung von Schutzwegen sind folgende bauliche Mindestausstattungen zu gewährleisten: Aufstandsflächen beidseitig gemäß RVS 03.02.12 Absenker, taktile Leitsysteme und dgl. gemäß RVS 02.02.36 Sichtfelder freihalten gemäß RVS 03.02.12 Gehweg- bzw. Gehsteiganbindungen Ausreichende Schutzwegbeleuchtung nach ÖNorm O 1051; Schmalbandige Schutzwegleuchten oder Verbesserung der Straßenbeleuchtung Die Sonderaustattung zbsp. mit Lanelights, gelbhinterlegten Zusatztafeln oder farbige Bodenmarkierungen ist nicht sinnvoll, da eine Gleichbehandlung aller Schutzwege zu erfolgen hat. Beleuchtung Siehe Beleuchtung Steiermark - Grundlage Juni 2009 Link:http://www.verkehr.steiermark.at/cms/dokumente/10554022_15914779/7ed3c1e3/Beleuch tungsrichtlinie.pdf Auf dem Schutzweg muss die vertikale Beleuchungsstärke (gemessen 1 m über dem Niveau) mindestens 40 Lux und im Bereich der Aufstandsflächen mindestens 5 Lux betragen.

Beispielhafte Schutzwegbeleuchtung bei Tag und Nacht: