Potenziale zur Energieeinsparung durch Vermeidung von Lebensmittelverschwendung

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Transkript:

Zwischenbericht Potenziale zur Energieeinsparung durch Vermeidung von Lebensmittelverschwendung Projektleiter: Irma Häberle; Christine Röger; Dr. Malte Rubach Institut: Kompetenzzentrum für Ernährung Kern Kooperationspartner: Universität Stuttgart Gerold Hafner, Dominik Leverenz TH Deggendorf Prof. Dr. Diane Ahrens Fraunhofer IVV Dr.-Ing. Peter Muranyi Projektzeitraum: 01.01.14 31.12.16 Berichtszeitraum: 01.01.14 31.01.16 KErn Am Gereuth 4 85354 Freising Hofer Straße 20 95326 Kulmbach E-Mail poststelle@kern.bayern.de Internet www.kern.bayern.de Kompetenzzentrum für Ernährung an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft Seite 1 von 16

Inhaltsverzeichnis 1. Aufgabenstellung, Durchführung und Ziele des Projektes... 4 2. Arbeitspaket mit Ergebnissen... 6 Universität Stuttgart... 6 Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV)... 10 Technische Hochschule Deggendorf / Technologiecampus Grafenau... 13 3. Zusammenfassung... 16 Seite 2 von 16

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 Abbildung 2 Abbildung 3 Darstellung von Energieverschwendung durch vermeidbare/teilweise vermeidbare Lebensmittelabfälle Projektskizze der Arbeitspakete des Projekts Potenziale zur Energieeinsparung durch Vermeidung von Lebensmittelverschwendung Lebensmittel- und Energieverluste in der Wertschöpfungskette Abbildung 4: Lebensmittelverluste und primärenergetische Einsparpotenziale in Bayern - Bezugsjahr 2011 Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Primärenergetisches Einsparpotenzial pro Kilogramm Lebensmittel Lebensmittelverluste und primärenergetische Einsparpotenziale in der bayerischen Lebensmittelverarbeitung - Bezugsjahr 2011 Fotodokumentation von Kochschinken Sensorische Bewertung der Merkmale Aussehen, Geruch und Geschmack der Kochschinkenproben Fotodokumentation von Champignons Die Filialleiter-App Lebensmittelverluste in Abhängigkeit vom MHD Seite 3 von 16

Gering Hoch 1. Aufgabenstellung, Durchführung und Ziele des Projektes Die Produktion von Lebensmitteln betrifft die gesamte Wertschöpfungskette von der Erzeugung bis zum Endverbraucher und ist mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Sobald das Lebensmittel beim Endverbraucher nicht seine beabsichtigte Verwendung findet oder auf einer der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ausscheidet, geht nicht nur das Lebensmittel verlustig, sondern auch der gesamte Energieeintrag, der in das Lebensmittel bereits geflossen ist. Lebensmittelverschwendung = Energieverschwendung Gesamtenergieeinsatz nimmt zu (Landwirtschaft, Verarbeitung, Logistik, Zubereitung, etc.) Erzeugung Weiterverarbeitende Produktion Einzelhandel/Großhandel Privathaushalte Großhaushalte Vermeidbare/teilweise vermeidbare Lebensmittelabfälle Energieverlust Abbildung 1: Darstellung von Energieverschwendung durch vermeidbare/teilweise vermeidbare Lebensmittelabfälle Im Rahmen des vorangegangenen Projektes zur Ermittlung von Lebensmittelabfällen in Bayern wurden durch das Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart in Kooperation mit dem KErn Grundlagen für Strategien zur Vermeidung und Wertschätzung von Lebensmitteln geschaffen. Ziel dieser Studie ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um die mit Lebensmittelabfällen verbundenen Energieverluste zu reduzieren. Daraus ergeben sich verschiedene Arbeitspakete für die beteiligten Projektpartner. Seite 4 von 16

Arbeitspaket 1 (Universität Stuttgart): Analyse und Bewertung des akkumulierten Energieaufwandes einzelner Lebensmittel/- kategorien entlang der gesamten Wertschöpfungskette Vergleich des energetischen Fußabdrucks zwischen regionalen Produkten ( Geprüfte Qualität Bayern ) und konventionellen Lebensmitteln Arbeitspaket 2 (Fraunhofer IVV): Entwicklung und Test aktiver Verpackungen zur Haltbarkeitsverlängerung von Kochschinken und Champignons Arbeitspaket 3 (TH Deggendorf): Bewertung des Einflusses von MHD-verlängernden Maßnahmen auf die Dispositionspraxis im Lebensmitteleinzelhandel Abbildung 2: Projektskizze der Arbeitspakete des Projekts Potenziale zur Energieeinsparung durch Vermeidung von Lebensmittelverschwendung Seite 5 von 16

2. Arbeitspaket mit Ergebnissen Universität Stuttgart Ziel dieses Arbeitspakets ist die energetische Bewertung der vermeidbaren Lebensmittelverluste im Freistaat Bayern. Hieraus soll das primärenergetische Einsparpotenzial für den Freistaat Bayern ermittelt werden, welches durch Vermeidung von Lebensmittelverlusten erzielt werden kann. Der Bilanzraum umfasst hierbei die gesamte bayerische Wertschöpfungskette für Lebensmittel, bestehend aus den Bereichen Landwirtschaft, Verarbeitung, Handel, Außer- Haus-Verpflegung und Haushalte. Die Ergebnisse sollen Bereiche in der Wertschöpfungskette mit besonders hohen Energieeinsparpotenzialen identifizieren, um aus diesen Erkenntnissen geeignete Ansatzpunkte für spätere Einsparmaßnahmen zu entwickeln. In diesem Zusammenhang wird zusätzlich eine Energiebilanz für die Herstellung ausgewählter, regionaler Lebensmittel mit dem Gütesiegel Geprüfte Qualität-Bayern erstellt und deren Einfluss auf den kumulierten Energieaufwand ermittelt. Die Bereitstellung von Lebensmitteln für den Konsum durchläuft mehrere Stufen der Wertschöpfungskette, angefangen bei der Erzeugung bis hin zum Endverbraucher und ist jeweils mit dem Einsatz an Ressourcen und Rohstoffen verbunden. Der Energieeinsatz, bzw. der Energierucksack nimmt auf jeder neuen Stufe der Wertschöpfungskette zu. Sofern das Lebensmittel beim Endverbraucher nicht seine beabsichtigte Verwendung findet oder auf einer der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ausscheidet, werden nicht nur Lebensmittelverluste, sondern auch Energieverluste verursacht. Abbildung 3: Lebensmittel- und Energieverluste in der Wertschöpfungskette [Quelle: Hafner et al] Seite 6 von 16

Vermeidbare Lebensmittelverluste [Mg/a] Primärenergetisches Einsparpotenzial [TJ/a] In Bayern betragen die vermeidbaren Lebensmittelverluste und Lebensmittelabfälle entlang der Wertschöpfungskette von Lebensmitteln rund 1,3 Millionen Tonnen jährlich. Damit korreliert ein primärenergetisches Einsparpotenzial von ca. 13.856 TJ pro Jahr. Der größte Anteil daran wird durch vermeidbare Lebensmittelabfälle in Haushalten hervorgerufen (ca. 6.465 TJ/a), gefolgt von vermeidbaren Lebensmittelabfällen in der Außer-Haus-Verpflegung mit rund 3.708 TJ/a. Das primärenergetische Einsparpotenzial durch vermeidbare Lebensmittelverluste beträgt in der Landwirtschaft ca. 952 TJ/a, der Lebensmittelverarbeitung ca. 2.084 TJ/a und dem Lebensmittelhandel ca. 647 TJ/a. Primärenergetisches Einsparpotenzial durch vermeidbare Lebensmittelverluste entlang der Wertschöpfungskette in Bayern 600.000 7.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 Landwirtschaft Lebensmittelverarbeitung Lebensmittelhandel Haushalte Außer-Haus Verpflegung 0 Vermeidbare Lebensmittelverluste 2011 [Mg/a] Primärenergetisches Einsparpotenzial durch Vermeidung von Lebensmittelverlusten 2011 [TJ/a] Abbildung 4: Lebensmittelverluste und primärenergetische Einsparpotenziale in Bayern - Bezugsjahr 2011 [Quelle: Hafner et al] Demnach entfallen rund 73,4 % der primärenergetischen Verluste auf die Konsumebene, bestehend aus Haushalten und der Außer-Haus-Verpflegung. Seite 7 von 16

Das Primärenergetische Einsparpotenzial in Einrichtungen der Außer-Haus-Verpflegung verursacht mit 22 MJ pro Kilogramm Lebensmittelverlust die größten spezifischen Verluste. Das liegt daran, dass in der Außer-Haus-Verpflegung viele Speisen erst nach dem Kochvorgang entsorgt werden. Buffetreste verzeichnen hierbei besonders hohe Energieeinträge, da diese in der Regel noch zusätzlich warm gehalten werden. Hinzu kommt ein oftmals hoher Fleischanteil im Speisenangebot, bzw. in den entsorgten Lebensmittelmengen. Primärenergetisches Einsparpotenzial pro Kilogramm Lebensmittelverlust [MJ/kg] Außer-Haus-Verpflegung 22 Haushalte 12 Lebensmittelhandel 10 Lebensmittelverarbeitung 9 Landwirtschaft 3 0 5 10 15 20 25 Primärenergetisches Einsparpotenzial [MJ/kg] Abbildung 5: Primärenergetisches Einsparpotenzial pro Kilogramm Lebensmittel [Quelle: Hafner et al] Seite 8 von 16

Das hohe primärenergetische Einsparpotenzial bei der Herstellung von Backwaren (WZ 10.7 in Abbildung 6) wird vor allem durch die große Menge retournierter Backwaren hervorgerufen. Dieser Umstand ist zumindest teilweiße einer Ausnahmestellung der Backwarenherstellung zuzuschreiben. Die aus dem Verkauf retournierten Backwaren werden in der Regel als Lebensmittelverlust auf Stufe der Lebensmittelverarbeitung erfasst. Primärenergetisches Einsparpotenzial durch vermeidbare Lebensmittelverluste in der bayerischen Lebensmittelverarbeitung WZ 11 WZ 10.8 WZ 10.7 WZ 10.6 WZ 10.5 WZ 10.4 WZ 10.3 WZ 10.1 Primärenergetisches Einsparpotenzial [TJ/a] 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 1.600 0 20.000 40.000 60.000 80.000 100.000 120.000 140.000 160.000 Vermeidbare Lebensmittelverluste [Mg/a] Primärenergetisches Einsparpotenzial durch Vermeidung von Lebensmittelverlusten 2011 [TJ/a] Vermeidbare Lebensmittelverluste 2011 [Mg/a] Abbildung 6: Lebensmittelverluste und primärenergetische Einsparpotenziale in der bayerischen Lebensmittelverarbeitung - Bezugsjahr 2011 [Quelle: Hafner et al] WZ 11 Getränkeherstellung WZ 10.8 Herstellung sonstiger Nahrungsmittel WZ 10.7 Herstellung von Back- und Teigwaren WZ 10.6 Herstllung von Stärke/-erzeugnissen, Mahl und Schälmühlen WZ 10.5 Milchverarbeitung WZ 10.4 Herstellung von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten WZ 10.3 Obst- und Gemüseverarbeitung WZ 10.1 Schlachten und Fleischverarbeitung Die Konsumebene, bestehend aus Haushalten und der Außer-Haus-Verpflegung, repräsentiert somit denjenigen Bereich der Wertschöpfungskette mit dem größten energetischen Rucksack. Im Speziellen sind neben Speiseresten und Fleisch auf Konsumebene, auch Backwaren auf Herstellungs- bzw. Handelsebene als Bereiche mit besonders hohen Energieeinsparpotenzialen zu nennen. Seite 9 von 16

Produkte des regionalen Gütesiegels Geprüfte Qualität-Bayern beeinflussen den energetischen Fußabdruck von Lebensmitteln insbesondere durch kurze Transportentfernungen und haben somit Vorteile gegenüber Lebensmitteln, die über weite Entfernungen transportiert, bzw. importiert werden müssen. Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) Bei vielen Lebensmitteln werden die Qualität und die Haltbarkeit durch chemische, physikalische oder biologische Verderbsprozesse negativ beeinflusst. Sie führen bei unzureichendem Produktschutz zu Verlusten im Einzelhandel bzw. beim Verbraucher und damit zu einer Zunahme der Lebensmittelabfälle. So können zum Beispiel Licht und Sauerstoff bei umgeröteten Wurstwaren eine rasche Farbveränderung (Vergrauung) hervorrufen oder Kondenswasserbildung bei abgepackten pflanzlichen Lebensmitteln in der Kühlkette das mikrobielle Wachstum fördern. Aktive Verpackungsmaterialien bieten die Möglichkeit, die Haltbarkeit verpackter Lebensmittel zu verlängern oder ihre Qualität zu erhalten. Die durchgeführten Untersuchungen mit abgepackten Kochschinken haben gezeigt, dass der Einsatz eines Sauerstoff-Absorbers, in Kombination mit einer sog. Karenzzeit (Dunkellagerzeit) von drei Tagen, zum Qualitätserhalt beiträgt. Im Vergleich zu konventionellen Verpackungen mit Schutzbegasung, konnte bei den Analysen vor allem eine Stabilisierung der roten Farbe des Kochschinkens erzielt werden. Erst ab einer Lagerdauer von 22 Tagen zeigte sich eine leichte Vergrauung bei den Kochschinken, welche mit Sauerstoff-Absorber gelagert wurden. Im Vergleich zum MHD des Herstellers von 18 Tagen, konnte durch den Einsatz des Sauerstoff-Absorbers eine signifikante Veränderung der Produktqualität um 4 Tage (ca. 20%) hinausgezögert werden. Zu beachten ist, dass durch einen leistungsfähigeren Sauerstoff-Absorber die Karenzzeit auf weniger als 1 Tag reduziert werden kann. Seite 10 von 16

Abbildung 7: Fotodokumentation von Kochschinken, welcher bei 5 C für 18 Tage gelagert wurde; oben/links: dunkel, ohne Sauerstoff-Absorber; oben/rechts: belichtet, ohne Sauerstoff-Absorber; unten/links: dunkel, mit Sauerstoff-Absorber; unten/rechts: belichtet mit Sauerstoff-Absorber [Quelle: Fraunhofer IVV] Seite 11 von 16

Im Rahmen der Untersuchungen wurde der Kochschinken unter anderem einer sensorischen Beurteilung gemäß DIN 10967-1 unterzogen. Die Bewertung der Merkmale Aussehen, Geruch und Geschmack nach zwei Wochen sind in der Abbildung 8 dargestellt. Dem Diagramm kann entnommen werden, dass der belichtete Kochschinken ohne Sauerstoff-Absorber (OS_belichtet) in allen drei Merkmalen am schlechtesten bewertet wurde. Die belichteten Proben mit Sauerstoff-Absorber (MS_belichtet) wurden vom Panel durchgehend besser bewertet, als die belichteten Proben ohne aktive Verpackung. Abbildung 8: Sensorische Bewertung der Merkmale Aussehen, Geruch und Geschmack der Kochschinkenproben gemäß DIN 10967-1 nach einer Lagerung von zwei Wochen bei einer Temperatur von 5 C; OS: ohne Sauerstoff- Absorber, MS: mit Sauerstoff-Absorber[Quelle: Fraunhofer IVV] Insgesamt konnte durch den Einsatz eisenbasierter Sauerstoff-Absorber bei Kochschinken eine signifikante Veränderung der Produktqualität um 4 Tage (etwa 20 % bezogen auf das MHD des Herstellers) hinausgezögert werden. Versuchsreihen mit Champignons in feuchteregulierenden Schalen (mit Salz) sowie in Referenzschalen ergaben, dass die feuchteregulierende Verpackung einer Kondenswasserbildung entgegenwirkt. Zudem konnte gezeigt werden, dass bei Lagerung der Champignons in feuchteregulierenden Schalen die farblichen Veränderungen etwa 2 Tage später auftraten. Aufgrund der kurzen Haltbarkeit der Pilze bedeuten 2 Tage längere Produktstabilität einen deutlichen Logistik- und Verkaufsvorteil. Allerdings ist zu beachten, dass die Champignons an der Oberfläche leicht austrocknen. Dieser Effekt kann mikrobielles Wachstum reduzieren, muss jedoch unter Umständen bei der Füllmengenangabe beachtet werden. Seite 12 von 16

Bei Betrachtung der Abbildung 9 wird deutlich, dass Champignons, die in feuchteregulierenden Schalen (mit Salz) gelagert wurden, ein besseres Erscheinungsbild aufweisen. Im Gegensatz zu den Pilzen in der Referenzschale (ohne Salz), waren die Pilze in der aktiven Verpackung deutlich weißer. Abbildung 9: Fotodokumentation von Champignons, gelagert für 7 Tage bei 8 C in Schalen ohne Salz (links) sowie in Schalen mit Salz (rechts) [Quelle: Fraunhofer IVV] Technische Hochschule Deggendorf / Technologiecampus Grafenau Das Ziel dieses Arbeitspakets ist die Ermittlung der Energieeinsparung durch Reduzierung der Lebensmittelverschwendung im Handel mittels Einsatz eines intelligenten Prognose- und Dispositionssystems (ipds). Mit Hilfe dieses am TC Grafenau entwickelten Systems, das dem Handel in Form einer Filialleiter-App zur Verfügung gestellt wurde, konnte für bestimmte Produkte im Bereich der Frischwaren eine deutlich verbesserte Bestellung beobachtet werden, was zu einer Verringerung der Wegwerfware führte. Zur Ermittlung der Lebensmittelverluste der ausgewählten Produkte mussten historische Bestell- und Abverkaufsdaten der vergangenen Jahre herangezogen werden. Hierfür wurden exemplarisch fünf typische Einzelhandels-Testfilialen eines Discounters in Niederbayern ausgewählt. Das bestehende Bestellverfahren wurde zunächst je Filiale analysiert. Für viele Frischeprodukte, so auch für die 20 ausgewählten, ist eine tägliche Bestellung morgens und Lieferung am Folgetag möglich. Bezogen auf das Energieeinsparpotential erfolgte nach Absprache mit den Projektpartnern eine detailliertere Betrachtung, insbesondere der für die Disposition und Prognose relevanten Eckdaten, der Produkte Kochschinken und Champignons. Seite 13 von 16

In einem vorangegangenen Forschungsprojekt wurde am TC Grafenau bereits ein optimiertes Prognose- und Dispositionssystem entwickelt, das nun auf die ausgewählten Produkte angepasst wurde, um zu bestimmen, wie stark der Lebensmittelverlust unabhängig von der Verpackung bereits durch die Disposition reduziert werden kann. Die Software kam als Filialleiter-App zum Einsatz. Bei Eingabe der vorhandenen Restmengen schlägt das System, unter Berücksichtigung von Gebindegrößen, Bestell- und Lieferrhythmen, die optimale Bestellmenge vor. Abbildung 10: Die Filialleiter-App [Quelle: Prof. Dr. Diane Ahrens] Die App wurde in einer vierwöchigen Pilotphase im März 2015 in allen 5 Filialen getestet. Während der Pilotphase konnte durch den Einsatz der Filialleiter-App eine Reduzierung der relativen Verluste an Champignons um durchschnittlich 3,2 Prozentpunkte bzw. 62,4 % im Vergleich zu einem repräsentativen Monat erreicht werden. Allein durch bessere Disposition lässt sich die Lebensmittelverschwendung nicht völlig vermeiden, da aufgrund fester Gebindegrößen (z.b. 8 Packungen je Karton) nicht exakt bestellt werden kann, was benötigt wird. 3,2 Prozentpunkte entsprechen durchschnittlich einer jährlichen Einsparung an Champignonverlusten von ca. 35,5 kg je untersuchter Filiale. Bei diesem Ergebnis handelt es sich um filialspezifische Werte bezogen auf die fünf untersuchten Discounter-Filialen in Niederbayern. Die vom Fraunhofer IVV entwickelte aktive Verpackung für Champignons führt zu einer Verbesserung der Haltbarkeit. Per Simulationsrechnung ergibt sich theoretisch eine Verminderung der Lebensmittelabfälle für Champignons von mehr als 60 %, falls sich das Mindesthaltbarkeitsdatum um einen Tag verlängert (vgl. Abbildung 11). Damit wäre die durch Einsatz innovativer Verpackungen realisierbare Food-Waste-Reduzierung ungefähr so hoch wie bei Einsatz eines optimierten Dispositionssystems. Das Potential beider Maßnahmen in Kombination entspricht allerdings nicht der Kumulation der gezeigten Ergebnisse und müsste erst noch erhoben werden. Abbildung 11 zeigt die im Rahmen einer Simulationsstudie ermittelte Entwick- Seite 14 von 16

lung der Verluste für Champignons bei Verlängerung der Haltbarkeit in der Filiale um jeweils einen Tag. Die Filialrestlaufzeit ungekühlter Champignons ohne aktive Verpackung liegt derzeit bei ein bis zwei Tagen. Bei nur eintägiger Verkaufsfähigkeit lägen die Verluste bei über 13 % in den betrachteten Filialen, bei zwei Tagen sinken diese schon auf knapp über 4%. Abbildung 11: Lebensmittelverluste in Abhängigkeit vom MHD [Quelle: Prof. Dr. Diane Ahrens] Bei Kochschinken konnten auch ohne optimierte Disposition aufgrund der ohnehin längeren Haltbarkeit keine signifikanten Verluste festgestellt werden. Eine Erhöhung der Haltbarkeit hätte entsprechend keinen Effekt. Verluste können allerdings auch vor Ablauf der Haltbarkeit durch Verfärbung des Kochschinkens infolge von Sauerstoffeinfluss entstehen. Betroffene Packungen werden dann ggf. aus dem Verkauf genommen und vernichtet. Allerdings existieren darüber handelsseitig keine Aufschreibungen. Auch traten diese Fälle nicht während der Testphase auf, so dass ein Einfluss einer innovativen Verpackung diesbezüglich nicht erhoben werden konnte. Mit Hilfe des Kumulierten Energieaufwandes (KEA), der von der ISWA Stuttgart als Indikator herangezogen und untersucht wurde, lassen sich die Einsparungen an Lebensmittelverschwendung durch Einsatz des ipds in Energieäquivalente umrechnen. Geht man von einem KEA von 0,08 kwh pro Kilogramm Gemüse aus, entsprechen vermeidbare Lebensmittelverluste in Höhe von 177 Kilogramm jährlich in den fünf betrachteten Filialen einer Energieverschwendung von 14,16 kwh. Durch optimierte Disposition lässt sich folglich der kumulierte Energieaufwand um 14,16 kwh reduzieren. Eine Hochrechnung auf den gesamten Lebensmitteleinzelhandel erfordert genauere Kenntnis und Berücksichtigung der Unterschiede in den Verlustmengen zwischen Discountern, Vollsortimentern und weiteren Marktteilnehmern sowie der Champignonumsätze. Eine naive Hoch- Seite 15 von 16

rechnung auf 41.000 Einzelhandelsfilialen in Deutschland ungeachtet dieser Unterschiede ergäbe eine Einsparung von rund 1.450 Tonnen Lebensmittelverlusten pro Jahr, entsprechend gut 116 MWh an Energieverschwendung. Diese Zahlen beziehen sich jedoch lediglich auf Champignons und basieren auf den Daten der betrachteten fünf Filialen. Eine solide Verallgemeinerung der Werte kann erst nach weiteren Tests erfolgen. 3. Zusammenfassung Die höchsten Energieeinträge über die gesamte Wertschöpfungskette sind erwartungsgemäß im Konsumbereich anzusiedeln. Es zeigt sich auch, dass in der Außer-Haus-Verpflegung der Energieeintrag pro Tonne Lebensmittelverluste durchschnittlich den höchsten Wert aufweist. Auch wenn die Lebensmittelverschwendung in diesem Bereich nur ein Viertel der Gesamtverluste im Konsumsektor ausmachen (Abb. 4; S.7), so ist das Einsparpotenzial durch den hohen Energieeintrag vergleichsweise hoch. Die Außer-Haus-Verpflegung wird demnach als vielversprechender Ansatzpunkt zur Reduzierung von Energieverlusten gesehen. Der zweitaussichtsreichste Ansatz zeigt sich in der Herstellung von Back- und Teigwaren. Die dort entstehenden Lebensmittelverluste sind mit durchschnittlich 10 % mit Abstand am höchsten in der gesamten Lebensmittelproduktion. Entsprechend optimistisch können Einsparmaßnahmen in Bezug auf reduzierte Lebensmittelverluste und dem entsprechenden Energieeinsparpotenzial gesehen werden. Lebensmittelverluste können auch durch konkrete Maßnahmen wie aktiver Verpackung reduziert werden. Dies ist vor allem im Frischwarenbereich der Fall. Produktspezifische Lösungen führen dabei zu sehr unterschiedlichen Haltbarkeitsverlängerungen. Ein anderer Ansatz ist die Optimierung im Dispositions- und Bestellwesen des Einzelhandels. Vielversprechende Ergebnisse wurden hierbei in fünf Testfilialen in Niederbayern beobachtet. Durch gezieltes Programmieren einer Filialleiter-App konnte im Frischwarenbereich ein deutlicher Rückgang der Lebensmittelverluste erreicht werden. Am Beispiel von Champignons betrug die Reduktion in der Testphase über 60%. Seite 16 von 16