Gliederung 02. Juli 2002

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Transkript:

Übung Wettbewerbstheorie und -politik (SS 2002) Ort/Zeit: Hörsaal A2, Dienstag 8.30-10.00 Uhr Jens Großer Sprechstunde: Ort/Zeit: Raum 47a, Dienstag 14.00-16.00 Uhr Telefon: 470 4483 E-mail: jensgrosser@hotmail.com (grosser@fee.uva.nl) Gliederung 02. Juli 2002 beherrschung 2) Aufgaben zu Substitutionsketten 3) Klausuraufgabe zur nächsten Stunde beherrschung Mißbrauch 19 ( GWB: die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung ist verboten beherrschung durch Einzelunternehmung nach 19 (2) Satz 1 und 2 GWB, wenn es (a) keine Wettbewerber hat ( Monopol) oder (b) keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder (c) eine überragende stellung trotz bestehender Konkurrenz hat ( auslegungsbedürftig) überragende stellung einer Unternehmung durch z.b. anteil Kundenbeziehungen (z.b. Deutsche Telekom) Finanzkraft kollektive beherrschung durch mehrere Unternehmungen nach 19 (2) Satz 2 GWB, wenn und (a) sie in ihrer Gesamtheit keinem oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind (b) zwischen ihnen kein wesentlicher Wettbewerb besteht ( Absprachen) Vermutungstatbestände für beherrschung 19 (3) GWB: Anzahl der Anbieter anteil 1 1/3 3 1/2 5 2/3 anteil ist wesentliches justitiables Kriterium bei der Beurteilung von beherrschung tragen die betroffene(n) Unternehmung(en) keine überzeugenden Argumente gegen beherrschung vor, so kann die Kartellbehörde allein aufgrund eines hohen anteils eine marktbeherrschende Stellung ableiten extreme anteile (z.b. 5% oder 90%) führen zu relativ eindeutigen Beurteilungen anteile im Zwischenbereich sind dagegen relativ schwierig zu beurteilen, da die ökonomische Wissenschaft keine optimale kritische Schwelle feststellen kann Hinzuziehung zusätzlicher Faktoren 1

beherrschung im EGV Artikel 82: Mit dem Gemeinsamen unvereinbar und verboten ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen. (...) Bedeutung einer Legaldefinition beherrschung ( Mißbrauchsaufsicht: gesetzliche Handhabe gegen wettbewerbswidrige Handlungen durch Unternehmungen mit marktbeherrschender Stellung [siehe 19 (4)] Ausbeutungsmißbrauch (vertikal: auf vor- und nachgelagerten Wirtschaftsstufen) Behinderungsmißbrauch (horizontal: auf gleicher Wirtschaftsstufe) Möglichkeit der Untersagung bzw. Bestrafung (2) Fusionskontrolle: Kriterium für Ablehnung oder Genehmigung eines Zusammenschlusses dann ablehnen, wenn marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, denn Mißbrauch ist zu erwarten Wettbewerb beherrschung Mißbrauchsaufsicht Fusionskontrolle keine kein wesentl. überragende Wettbewerber Wettbewerb Markstellung 19 (2) - Satz 1 GWB 19 (2) - Satz 1 GWB 19 (2) - Satz 2 GWB Voraussetzungen für praktische Anwendung oder ( konkrete Vorlage eines Mißbrauchsvorwurfes (2) Anstehen einer bedeutenden Fusion reaktives Verhalten der Kartellbehörde: erst wenn ( oder (2) erfüllt ist, untersucht Kartellbehörde ob beherrschung vorliegt [reaktives Verhalten ist üblich für staatliche Eingriffe: Staat greift i.d.r. nicht vor, sondern wird nur bei konkretem Anlaß aktiv] Schema: Mißbrauchsfeststellung marktbeherrschender Unternehmungen durch Mißbrauchsaufsicht 1.? 2. marktbeherrschende Stellung? Einstellung des JA 3. Mißbrauch? Behinderungsmißbrauch? Ausbeutungsmißbrauch? NEIN Verfahrens 2

Abgrenzung des relevanten es Voraussetzung für Ermittlung des anteils Beantwortung der Frage: Welche Unternehmungen stehen mit der betrachteten Unternehmung überhaupt im Wettbewerb? Ermittlung der Intensität der Konkurrenzbeziehung zwischen betrachteter und konkurrierenden Unternehmungen Kriterium dafür: wie leicht ist das betreffende Produkt substituierbar? Unterscheidung nach Substituierbarkeit 1a) aus Sicht des Kunden 1b) aus Sicht des Herstellers 2a) sachlich 2b) geographisch zu 1a): Substituierbarkeit aus Kundensicht wenn zwei Güter aus Sicht eines repräsentativen Kunden gut substituierbar sind, dann zeigt der Kunde bei Preiserhöhung des einen Gutes eine hohe Bereitschaft auf das andere Gut auszuweichen (hohe Kreuzpreiselastizität) beide Güter zählen daher zum selben relevanten 2 Beispiele zur Verdeutlichung der Bedeutung und Schwierigkeit bei der Abgrenzung des relevanten es: Beispiel 1: DuPont-Fall (1956) Fusionsfall Frage: Bildet Zellophan ( einen eigenen relevanten oder gehört es (2) dem wesentlich größeren relevanten aller flexiblen Verpackungsmaterialien an? falls ( 100% anteil von DuPont aufgrund damals bestehender Patentrechte falls (2) 5-10% anteil Entscheidung des Supreme Court: zugunsten DuPonts Begründung: es gäbe zwar bestimmte Anwendungsbereiche in denen Zellophan nicht substituiert werden könne (z.b. Umhüllung von Zigarettenschachteln), aber es bestehe ein nicht unbedeutender Bereich, in dem DuPont mit seinem noch jungen Produkt Zellophan in intensivem Wettbewerb mit den Herstellern etablierter Verpackungsmaterialien stehe Beispiel 2: Hugin-Fall (1975) Mißbrauchsfall Hugin (schwedischer Regristierkassenhersteller) hatte auf dem europäischen einen Anteil von 12% für den in Großbritannien beschloß Hugin, den Wartungsvertrag mit der bisher beauftragten lokalen Firma Lipton zu kündigen, vertikal zu integrieren und den ehemaligen Vertragspartner nicht mehr mit Hugin- Ersatzteilen zu beliefern Beurteilung der EU-Kommission: Mißbrauch von beherrschung, da Hugin auf dem für Hugin-Ersatzteile einen anteil von 100% besaß 3

Beurteilung des Europäischen Gerichtshofs: folgte der Kommission in der Bewertung des relevanten es, entschied aber letztlich für Hugin, aufgrund schlecht geleisteter Arbeit von Lipton ( kein Mißbrauch durch Hugin) Beurteilung aus ökonomischer Sicht: es liegt keine markbeherrschende Stellung auf dem Ersatzteilmarkt vor, da als eigentlich der für Registrierkassen anzusehen ist Durchsetzung überhöhter Preise auf dem Ersatzteilmarkt ist nicht möglich, da Produktservice ein Teil des Wettbewerbs um das Produkt selbst darstellt erwartete Reparaturkosten und -qualität werden von den Kunden bereits bei ihren Kaufentscheidungen berücksichtigt bezüglich des Ersatzteilmarktes hatte Hugin tatsächlich gute Gründe negative externe Effekte auf seine Reputation durch minderwertige Serviceleistungen zu vermeiden, die vertikale Integration ist durchaus gerechtfertigt und nicht als Mißbrauch anzusehen zu 1b): Substituierbarkeit aus Herstellersicht Angebotsumstellungsflexibilität der Hersteller Beispiel: während aus Kundensicht Schuhe verschiedener Größen absolut nicht substituierbar sind, gehören sie dennoch klarerweise zum selben relevanten kein Hersteller ist auf Produktion einer einzigen Schuhgröße spezialisiert Hersteller können Schuhgröße entsprechend der Nachfrage anpassen, so daß keiner von ihnen für eine bestimmte Schuhgröße überhöhte Preise durchsetzen kann Zu 2a): sachliche Substituierbarkeit z.b. frische Milch und Milchpulver sind gut substituierbar als Kaffeezusatz z.b. Videos für verschiedene Systeme (USA vs. Europa) sind nicht substituierbar zu 2b): geographische Substituierbarkeit Abgrenzung durch Transaktionskosten falls Transaktionskosten in Form von z.b. Transportkosten eine Rolle spielen, agieren weit entfernt liegende Hersteller bzw. Kunden nicht auf demselben relevanten je höher die Transportkosten bei gleichen Herstellungskosten, desto begrenzter der relevante Problem mit dem Konzept : Substitutionsketten Stichwort: Aristotelische Klassifikation transitive Beziehung: z.b. A>B und B>C A>C bei Betrachtung der Vorgehensweise der Kartellbehörde zur Abgrenzung des geographischen es stellt sich heraus: Beziehung ( gehört zum gleichen relevanten wie ) ist gerade nicht transitiv! Grund: Substitutionsketten Tankstellen A, B und C A B C Tankstellen verschiedener Unternehmungen auf Standorten A, B und C Nachfrager am Standort A: Fahrtkosten zu B sind vernachläßigbar, aber zu C prohibitiv hoch (zu hohe Distanz) Nachfrager A kaufen auch auf B aber nicht auf C 4

Nachfrager am Standort C: Fahrtkosten zu B sind vernachläßigbar, aber zu A prohibitiv hoch (zu hohe Distanz) Nachfrager C kaufen auch auf B aber nicht auf A Nachfrager am Standort B: Fahrtkosten sowohl zu A als auch C sind vernachläßigbar Nachfrager B kaufen auch auf A und C Beispiel: Teilstreckensystem im Verkehr, Nachfrager B wohnen an der Grenze zweier Teilstreckengebiete ähnlich kann auch aus der Sicht der Hersteller mit Transportkosten argumentiert werden (ausprobieren!) wird bei Abgrenzung des relvanten es nur die direkte Austauschbarkeit zugrunde gelegt (wie bisher bei den Behörden), ergibt sich folgendes Paradox: A B und B C A C fehlende Transitivität es können keine klar abgrenzbaren Teilmengen, die relevante Märkte darstellen, gebildet werden vielmehr sind verschiedene relevante Märkte miteinander verflochten und überlappen sich (im Prinzip ein großer mit komplizierten, detalierteren Beziehungen) es bestehen nicht nur direkte sondern auch indirekte Austauschbeziehungen D4 D3 C3 D5 D2 C2 B2 C4 D6 D1 C1 B1 A B3 C5 D7 D12 C8 B4 C6 D8 D11 C7 D9 D10 [Anmerkung: hier wird nun aus Herstellersicht argumentiert und vereinfachend angenommen, daß Nachfrager nur auf ihrem eigenen Standort einkaufen] Ausgangspunkt: Standort A, wo sich die betrachtete Unternehmung A befindet Annahme 1: Transportkosten spielen eine große Rolle (wie z.b. bei Zement, Baustoffen, Stahl, aber auch im Einzelhandel wie z.b. Lebensmitteleinzelhandel, Tankstellen, Bankstellen) direkte Austauschbeziehungen: der Einzugsbereich von A begrenzt sich auf die 4 direkt angrenzenden Standorte B1, B2, B3 und B4 (siehe Abbildung) Annahme 2: Gütertransport findet ausschließlich auf dem Straßen-Gitter statt (sieh Abbildung), es existieren keine diagonalen Transportwege und somit keine direkten Austauschbeziehungen zwischen A und z.b. C-Standorten indirekte Austauschbeziehungen: aufgrund von Substitutionsketten bestehen allerdings zusätzliche Austauschbeziehungen zwischen A und weiter entfernt liegenden C-, D- Standorten Annahme 3: indirekt wird weniger Wettbewerbsdruck ausgeübt als direkt (empirisch begründet) Beispiel indirekte Austauschbeziehungen: C1 senkt Preis (etwa um höhere Auslastung seiner Kapazitäten nach exogenem Nachfragerückgang zu erreichen) B1 senkt ebenfalls Preis, um im Wettbewerb bestehen zu können A senkt Preis als Reaktion auf Preissenkung von B1 Standort C1 übt also indirekt über den Standort B1 einen Wettbewerbsdruck auf A aus! 5

Zahlenbeispiel 1: Substitutionskette im eindimensionalem (partiellem) Raum: horizontal D1 A 1. Absatzrückgang von D1 um 1.000 t (z.b. durch exogenen Nachfrageschock) 2. D1 senkt Preis um Kunden von C1 zu gewinnen Absatzanstieg um 500 t für D1 und Absatzrückgang um 500 t für C1 3. C1 senkt Preis um Kunden von B1 zu gewinnen Absatzanstieg um 250 t für C1 und Absatzrückgang um 250 t für B1 4. B1 senkt Preis um Kunden von A zu gewinnen Absatzanstieg um 125 t für B1 und Absatzrückgang um 125 t für A Terminologie: B1 A: direkte Austauschbeziehung C1 A: indirekte Austauschbeziehung 1. Ordnung D1 A: indirekte Austauschbeziehung 2. Ordnung Wettbewerbsdruck bei indirekter Austauschbarkeit 2. Ordnung ist also 1/4 so groß (125 t), bei indirekter Austauschbarkeit 1. Ordnung 1/2 so groß (250 t) wie der bei direkter Austauschbarkeit (500 t) Zahlenbeispiel 2: Substitutionsketten im zweidimensionaler Raum (horizontal und vertikal) betrachteter Standort A besitzt 4 direkte Nachbarn (alle B-Standorte) 8 indirekte Nachbarn 1. Ordn. (alle C-Standorte) 12 indirekte Nachbarn 2. Ordn. (alle D-Standorte) Annahme wie im Zahlenbeispiel 1: Wettbewerbsintensität nimmt mit jedem Grad der Indirektheit um 50% ab Gewichte Gesamt- Gewicht gewicht direkte Austauschbez.: 1 4 indirekte Austauchbez. 1. Ordn.:.5 4 indirekte Austauchbez. 2. Ordn.:.25 3 indirekte Austauchbez. 3. Ordn.:.125 2 Ordn. [Anmerkung: in der Abbildung nur bis indirekt 2.Ordn.] bei Austauschbeziehungen bis indirekter Austauschbarkeit - Ordnung ist das Gesamtgewicht aller Austauschbeziehungen insgesamt 4 mal, aller indirekten Austauschbeziehungen insgesamt 3 mal größer als das Gesamtgewicht der direkten Austauschbeziehungen in Höhe von 4 (4 + 4 ) = i W = 16 16 / 4 = 4 i i = 0 2 beherrschung beherrschung theoretisch korrekte Lösung: Verzicht auf das bisherige Konzept des relevanten es (neues Konzept muß allerdings erst noch entwickelt werden) Nichtberücksichtigung indirekter Austauschbeziehungen kann zur fehlerhaften Einschätzung von Fusions- bzw. Markbeherrschungsfällen führen = (4 + 4i) W indirekt i = 12 12 / 4 = 3 i= 1 2 wobei i= 0.(direkt), 1., 2.,, Ordnung 6

beherrschung beherrschung pragmatischer Lösungsvorschlag zur Abgrenzung des relevanten es (zur Vermeidung fehlerhafter Einschätzung und Beibehaltung der Praktikabilität): indirekte Austauschbez. 1. Ordn. Einzelgewicht 1 indirekte Austauschbez. > 1. Ordn. Einzelgewicht 0 d.h. auch indirekte Austauschbeziehungen werden in vereinfachter Form berücksichtigt Umsätze aller A-, B- und C-Standorte gehen demnach vollständig, die Umsätze aller anderen Standorte überhaupt nicht in die Berechnungen des volumens ein beherrschung beherrschung gemäß des pragmatischen Ansatzes beträgt das Gesamtgewicht 12 gegenüber dem tatsächlichen Gesamtgewicht von 16 Problem des pragmatischen Ansatzes Fehler 1: indirekte Austauschbeziehungen 1. Ordn. werden zu hoch gewichtet Fehler 2: indirekte Austauschbeziehungen > 1. Ordn. werden zu gering (genau Null) gewichtet gegenläufige Fehler 1 (+ 4) und Fehler 2 ( 8) kompensieren sich jedoch teilweise beherrschung beherrschung beherrschung beherrschung Vorteile des pragmatischen Ansatzes Standorte sind in der Realität nicht zwingend regelmäßig verteilt, tatsächliche Struktur und Beziehungen sind dann umso schwieriger festzustellen im ungünstigsten Fall (zumindest im Beispiel) werden beide Fehler gerade kompensiert: im Extremfall einer eindimensionalen unendlichen Ausdehnung von West nach Ost (Endpunkt: Standort A), würde in der Realität das Gesamtgewicht aller indirekten Austauschbeziehungen genau 1 betragen (gegeben o.g. Gewichte) Gesamtgewicht aller indirekten Austauschbeziehungen entspräche somit dem Gesamtgewicht aller direkten Austauschbeziehungen entspricht dem erwartetem Ergebnis beim pragmatischen Lösungsansatz, gegeben o.g. Gewichte 3) 3) Klausuraufgabe Klausuraufgabe Zur nächsten Stunde: Klausurfrage: Anfang der 80er Jahre verkaufte die Volkswagen AG nur an diejenigen Autoreperaturwerkstätten VW Ersatzteile, die sich vertraglich verpflichteten, ausschließlich diese Original-Teile zur Reparatur von Autos der Marke VW zu verwenden. Werkstätten dagegen, die auch die von anderen Herstellern angebotenen billigeren Ersatzteile verwendeten, wurden nicht beliefert. Nehmen Sie Stellung! 7