EISEN, EPOETIN, B12: wie und wann? Etzel Gysling Ärztekongress Arosa 2013 23. März 2013 Infomed 2013 1
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HEPCIDIN 3
Hepcidin? Dirigiert den Eisenmetabolismus Ein in der Leber gebildetes Peptid aus 25 Aminosäuren, das sich an Ferroportin bindet Hemmt den Eisentransport durch die Darmmukosa und die Freisetzung von Eisen aus Makrophagen Antimykotisch, möglicherweise auch antimikrobiell aktiv 4
Wieviel Eisen pro Tag? Kinder & Jugendliche 12-15 mg Erwachsene 10-15 mg Schwangere/Stillende 20-30 mg NB: Vitamin C, Zitronensäure, Fleisch, Fisch, Geflügel begünstigen Aufnahme; Tannine, Phytate, Oxalate, Kalzium-Verbindungen hemmen Aufnahme 5
Welches Nahrungsmittel hat den höchsten Eisengehalt? (mg/100 g) Nüsslisalat Rindfleisch Mandeln Ölsardinen Spinat Linsen 6
Eisen in Nahrungsmitteln Fleisch (1 bis 3 mg/100 g) Ei (1,8 mg in 2 Eiern) Brot/Teigwaren (1 bis 3 mg/100 g) Hülsenfrüchte (5 bis 8 mg/100 g) Grüne Gemüse (1 bis 3 mg/100 g) Nüsse & Trockenfrüchte (2 bis 5 mg/100 g) Aus: Eisenplattform, iron.medline.ch 7
Ferritin: was stimmt? Bei einem Ferritinwert zwischen 30 und 50 mcg/l besteht ein Eisenmangel Ein Nutzen von iv verabreichten Eisenpräparaten ist nur bei Personen mit einem Ferritin 100 mcg/l nachgewiesen Intravenöse Eisenverabreichung führt zu einem rascheren und stärkeren Anstieg der Ferritinspiegel als orale Gabe 8
Normale Ferritinwerte Weltweit gelten 15 mcg/l als untere Normgrenze (WHO: depleted iron stores) In der Schweiz werden oft untere Normgrenzen von 30 bis 50 mcg/l propagiert Gemäss iron.medline.ch 15-30 mcg/l knapp 30-50 mcg/l Grauzone 9
Oral oder intravenöses Eisen? Trotz gastro-intestinaler Nebenwirkungen wird orales Eisen meistens gut vertragen, erfordert allerdings Geduld (Compliance) Schwere Reaktionen auf iv Eisen sind selten, stellen aber dennoch ein Risiko dar, das für orale Präparate nicht existiert Orale Präparate sind vielleicht weniger «effizient», aber viel billiger 10
Ferinject oder Venofer? Ferinject Venofer Chemie Fe +++ -Carboxymaltose Fe +++ -Sucrose Zulassung Nicht in den USA USA ok Maximale Einzeldosis 200 mg (Infusion: bis 1000 mg, während mind 15 min) 200 mg (Infusion bis 500 mg, während mind 210 min) Bei Kindern? Nicht zugelassen Ab 3 Jahren Schwangerschaft? Nebenwirkungen Im 1. Trimenon kontraindiziert Hautreaktionen, Hypophosphatämie, schwere Reaktionen selten Im 1. Trimenon kontraindiziert Blutdruckabfall bei hoher Dosierung, schwere Reaktionen selten Dokumentation spärlich umfangreicher 11
Ferinject oder Venofer: Bilanz Ferinject ist zur Zeit eindeutig das weniger gut dokumentierte Präparat, insbesondere auch für die Anwendung in der Schwanger-schaft Ferinject ist «praktischer», d.h. die nötige Eisenmenge kann rascher/einfacher verabreicht werden Ferinject kostet zwar mehr (CHF 177.40 für 500 mg Fe), Venofer verursacht aber eventuell grössere 12
Schwangerschaft: was stimmt? Die intravenöse Eisenzufuhr im ersten Trimester kontraindiziert Dank oralen Eisensupplementen weniger untergewichtige Neugeborene Eisen-Carboxymaltose (Ferinject) besser dokumentiert als Eisen- Sucrose (Venofer) Eisen soll mit Folsäure zusammen supplementiert werden 13
Eisen in der Schwangerschaft Frauen, die orale Eisensupplemente nehmen, haben seltener untergewichtige Kinder, sind seltener anämisch, haben aber z.t. Nebenwirkungen, manchmal auch ein zu hohes Hämoglobin. Cochrane Database Syst Rev 2012; 12: CD004736 Es gibt zu wenig gute Studien! 14
Eisen iv in der Schwangerschaft Im ersten Trimester kontraindiziert, später nur ganz ausnahmsweise indiziert Venofer offensichtlich besser dokumentiert als Ferinject Warum problematisch? Auswirkungen sehr hoher Eisen- bzw. Ferritin-spiegel auf Kind unklar Schwere allergische Reaktionen könnten sich in der Schwangerschaft deletär 15
Müdigkeit: was stimmt? Bei Frauen mit einem Ferritin unter 50 mcg/l, die über Müdigkeit klagen, führt Ferinject (1000 mg, infundiert) zu einer signifikanten Abnahme der Müdigkeit Frauen (mit Ferritin 50 mcg/l) waren nach 12 Wochen Eiseneinnahme (80 mg Fe-Sulfat täglich) signifikant weniger müde Venofer (800 mg Fe) beeinflusste bei 16
Eisen und Müdigkeit Bemerkenswert schlecht dokumentiert! Zur intravenösen Gabe (Venofer) nur eine einzige gute Studie: 90 müde Frauen mit einem Hb von min 12, aber einem Ferritin 50 mcg/l Bei 56 dieser Frauen, die initial ein Ferritin zwischen 15 und 50 hatten, ergab sich keine signifikante Verbesserung der Müdigkeit Krayenbühl PA et al. Blood 2011; 118: 3222-7 17
Entzündliche Darmkrankheiten In der Schweiz werden Kranke mit einer entzündlichen Darmkrankheit immer häufiger mit iv Eisen behandelt Vavricka SR et al. Inflamm Bowel Dis 2013; 19: 840-6 Dies entspricht dem internationalen Trend, da iv Eisen besser vertragen wird und zu einem stärkeren Ferritin- Anstieg führt als orales Eisen. Lee TW et al. J Crohns Colitis 2012; 6: 267-75 18
Eisen: ein weites Indikationsfeld Blutverluste aller Art Postoperative Anämien Gynäkologisch-geburtshilflich bedingte Anämien NB: In den meisten Fällen genügt die orale Eisengabe 19
Eisen bei Herzinsuffizienz: was stimmt? Eine Herzinsuffizienz ist oft von einer Anämie begleitet Eine Anämie bei Herzinsuffizienz wird am besten mit Epoetin behandelt Wenn bei Herzinsuffizienz eine Anämie besteht, so ist diese primär durch die begleitende Niereninsuffizienz verursacht Eisengabe kann wirksam sein, auch wenn kein Eisenmangel nachweisbar 20
Eisen bei Herzinsuffizienz Eine gleichzeitig bestehende Anämie verschlechtert die Prognose einer Herzinsuffizienz In einer einzigen Studie fand sich eine Verbesserung des Wohlbefindens nach iv Eisen (200 mg Ferinject wöchentlich, bis zur Sättigung nach Ganzoni) Die Resultate dieser Studie lassen aber zu viele Fragen offen 21
Eisen und Niereninsuffizienz: was stimmt? Bei der Behandlung der Anämie von Dialyse-Patienten hat sich die intravenöse Eisengabe als wirksamer als eine orale Behandlung erwiesen Die Verabreichung hoher Eisendosen erlaubt, die Epoetindosis einzuschränken Mehrere Studien haben gezeigt, dass hohe Eisendosen eine erhöhte Mortalität zur Folge haben 22
Eisen und Niereninsuffizienz Intravenöse Eisengaben führen zu höheren Ferritin- und Transferrin- Sättigungsspiegeln und einem etwas besseren Hb als orales Fe Cochrane Database Syst Rev 2012; 1: CD007857 Mit iv Eisen (Venofer) kann der Epoetin-Bedarf bei Dialysepatienten eingeschränkt werden Schiesser D et al. Nephrol Dial Transplant 2006; 21: 2841-5 «Canonical Hospital of Walenstadt» 23
Wem nützen Erythropoesestimulierende Medikamente (ESA)? Krebskranken, die wegen einer Chemotherapie anämisch sind Nicht-dialysepflichtige Nierenkranke Personen mit einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz 24
ESA: Epoetin und Konsorten Allgemein anerkannte Indikation = Anämie bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz Aber: auf Grund von 24 Studien lässt sich schliessen, dass dabei Hb- Zielwerte um 13 g/dl (gegenüber nur 10 g/dl) signifikant mit einer erhöhten Mortalität, mehr Hirnschlägen und stärkeren Hypertonie assoziiert sind Jing Z et al. PLoS One 2012; 7: e43655 25
ESA: andere Indikationen Bei Chemotherapien bieten ESA die Möglichkeit, Bluttransfusionen zu sparen. Aber auch hier verkürzen ESA im Mittel das Leben. Möglichst kleine ESA-Dosen, möglichst niedrige Hb- Zielwerte! ESA bei Herzinsuffizienz: bisher kein überzeugender Nutzen nachgewiesen 26
Muss man an einen Vitamin-B 12 - Mangel denken? Vegane Diät Status nach bariatrischer Operation Diabetes Status nach Magenresektion Chronische Einnahme von Säureblockern Übersicht in: Stabler SP. N Engl J Med 2013; 368: 149-60 27
B 12 -Mangel: Diagnose Es gibt einen «Graubereich», in dem sich nicht ganz sicher auf ein Defizit schliessen lässt. Im Zweifelsfall: Homocystein oder Methylmalonsäure bestimmen. Erhöhte Werte deuten auf einen B 12 -Mangel hin 28
B 12 -Mangel: Therapie Es gibt wahrscheinlich keinen relevanten Unterschied zwischen Cyanocobalamin und Hydroxocobalamin, obwohl dies immer wieder behauptet wird Bei nachgewiesenem Mangel ist eine lebenslange Therapie notwendig Orale Präparate (in der CH nicht in adäquater Dosis erhältlich) wären ebenso wirksam wie die Injektion 29
Memo Zur Eisenzufuhr mit dem Essen aufmuntern Intravenöses Eisen zurückhaltend einsetzen Schwangerschaft: Supplemente sinnvoll (oral) Intravenöse Gabe am ehesten bei Niereninsuffizienz und entzündlichen Darmkrankheiten Müdigkeit: Eisen nützt nur, wenn Ferritin 15 mcg/l Bei Herzinsuffizienz kein überzeugender Nutzen ESA erhöhen in vielen Situationen die Mortalität Bei der Behandlung mit Metformin an B 12 denken 30