Maschinenrichtlinie 2006/42/EG - Anwendung in verfahrenstechnischen Anlagen HYPOS-Dialog Wasserstoffsicherheit 27. Juni 2018, Halle Folie 1
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Gültig seit dem 29. Dezember 2009 Definiert im Anwendungsbereich nicht nur Maschine im klassischen Sinn Regelt den Zusammenhang zu weiteren EU - Richtlinien Gilt für die erstmalige Bereitstellung auf dem EU Markt Regelt im Anhang I die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen auch für Eigenhersteller gültig (Betreiber übernimmt die Rolle des Herstellers) Regelt die CE Kennzeichnung TÜV SÜD Industrie Service GmbH 27.06.2018 HYPOS-Dialog Folie 2
Rechtslage Übernahme EU Richtlinie in deutsches Recht MRL 2006/42/EG Anh. I, Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen Der Hersteller einer Maschine oder sein Bevollmächtigter hat dafür zu sorgen, dass eine Risikobeurteilung vorgenommen wird, um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung konstruiert und gebaut werden. 9. ProdSichV 3 Voraussetzungen für die Bereitstellung von Maschinen auf dem Markt oder die Inbetriebnahme von Maschinen (1) Der Hersteller oder sein Bevollmächtigter darf Maschinen nur in den Verkehr bringen oder in Betrieb nehmen, wenn sie bei ordnungsgemäßer Installation und Wartung und bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung die Sicherheit und die Gesundheit von Personen und die Sicherheit von Haustieren und Gütern und, soweit anwendbar, die Umwelt nicht gefährden. (2) Der Hersteller oder sein Bevollmächtigter muss vor dem Inverkehrbringen oder vor der Inbetriebnahme einer Maschine 1. sicherstellen, dass die Maschine den in Anhang I der Richtlinie 2006/42/EG aufgeführten, für sie geltenden grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entspricht, 2. TÜV SÜD Industrie Service GmbH 27.06.2018 HYPOS-Dialog Folie 3
Abgrenzung Gesamtheit von Maschinen verfahrenstechnische Anlage Eine MASCHINE ist im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG auch eine Gesamtheit von Maschinen, die, damit sie zusammenwirken, so angeordnet sind und betätigt werden, dass sie als Gesamtheit funktionieren. GESAMTHEIT von Maschinen liegt nur vor, wenn ein produktionstechnischer und sicherheitstechnischer Zusammenhang besteht oftmals nicht für die gesamte Anlage gegeben Damit: Verfahrenstechnische Anlagen unterliegen in ihrer Gesamtheit nicht der Maschinenrichtlinie Jedoch: Zusammenhängende einen eigenständigen Funktionszweck darstellende Einheit einer verfahrenstechnischen Anlage, sollten zweckmäßiger Weise wie eine Gesamtheit von Maschinen behandelt werden und mit einer CE Kennzeichnung versehen werden. (BG Chemie) Folie 4
Wann spricht man von einer Maschinenanlage? Gesamtheit von Maschinen (Verkettung) Definition gemäß MaschRL Artikel 2 a vierter Anstrich: Maschinen eine Gesamtheit von Maschinen im Sinne des ersten, zweiten und dritten Gedankenstrichs oder von unvollständigen Maschinen im Sinne des Buchstabens g, die, damit sie zusammenwirken, so angeordnet sind und betätigt werden, dass sie als Gesamtheit funktionieren, (siehe auch: MaschRL 2006/42/EG Anhang I Nr. 1.2.4.4) Problem: Die in den europäischen und nationalen Rechtsvorschriften vorhandenen Angaben sind nicht praxisgerecht ausgeführt Lösung: Leitfaden zur Anwendung der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG 0150 38 Interpretationspapier zum Thema Gesamtheit von Maschinen (Bek. des BMAS, vom 5.5.2011, IIIb5-39607-3) Folie 5
3 Kriterien für Maschinenanlagen Gesamtheit von Maschinen (Maschinenanlagen) 1. 2. 3. die einzelnen Einheiten werden zusammengebaut, um eine gemeinsame Aufgabe ausführen zu können, beispielsweise die Fertigung eines bestimmten Produkts und die einzelnen Einheiten verfügen über ein gemeinsames Steuerungssystem und die einzelnen Einheiten sind funktional so miteinander verbunden, dass der Betrieb jeder einzelnen Einheit unmittelbar den Betrieb anderer Einheiten oder der Anlage als Ganzes beeinflusst, so dass eine Risikobeurteilung für die gesamte Anlage erforderlich ist Funktionale Verknüpfung Steuerungstechnische Verknüpfung Sicherheitstechnische Verknüpfung Folie 6
Konsequenzen für den Hersteller (Betreiber) Gesamtheit von Maschinen (Maschinenanlagen) Pflichten: Abarbeitung aller Schritte zur Erlangung des CE-Kennzeichens Durchführung einer Risikobeurteilung für die Gesamtheit der Maschinen (Anlage) Konformitätserklärung und CE-Kennzeichen für die Maschinenanlage Folie 7
CE Richtlinien Gesamtheit von Maschinen (Maschinenanlagen) Fragen: Welcher Art muss die Verbindung der einzelnen Komponenten sein? (z. B. Rohrleitung, Fördertechnik, Roboter) Welcher Art sind die Komponenten selbst und welchen Richtlinien unterliegen diese? (z. B. MRL, ATEX-RL, NiederspRL, EMV-RL, Druckgeräte-RL) hierzu regelt insbesondere Artikel 3 der Maschinenrichtlinie das "Miteinander" der verschiedenen EG-Richtlinien, die im Rahmen der Anwendung der Maschinenrichtlinie zusätzlich zu beachten sind Das neue Anlageninterpretationspapier von Bund und Ländern stellt klar, dass bei Maschinenanlagen genauso wie bei verfahrenstechnischen Anlagen immer alle einschlägigen Richtlinien einzuhalten sind. (Interpretationspapier zum Thema Gesamtheit von Maschinen, Bek. des BMAS vom 5.5.2011 IIIb5 39607 3) Fazit: wenn Maschinen / unvollständige Maschinen in Maschinenanlagen oder Verfahrenstechnischen Anlagen enthalten sind, gilt immer die Maschinenrichtlinie sowie alle zutreffenden CE-Richtlinien Folie 8
Wer trägt die Verantwortung Gesamtheit von Maschinen (Maschinenanlagen) Wer trägt die Gesamtverantwortung? Hier bedarf es (am Besten im Voraus) der Bestimmung eines Generalunternehmers, der für die MRL-Konformität der Gesamtanlage (Integrationsleistung) verantwortlich zeichnet. Wird die Frage der Gesamtverantwortung nicht geregelt, ist im Zweifelsfalle der Maschinenbetreiber verantwortlich. Betreiber Hersteller Unterschiedlicher Stand der Technik? CE-konforme Maschinen früherer Jahre gelten als sicher (Nachrüstpflicht beachten!) Altmaschinen vor MRL gelten als sicher, wenn sie Anh.I der BetrSichV und UVV per 31.12.92 entsprechen Das Zusammenfügen ab Schnittstelle hat unter Bezugnahme auf den aktuellen Stand der MRL zu erfolgen Folie 9
MRL Anhang I Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE 1. Der Hersteller einer Maschine oder sein Bevollmächtigter hat dafür zu sorgen, dass eine Risikobeurteilung vorgenommen wird, um die für die Maschine geltenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu ermitteln. Die Maschine muss dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Risikobeurteilung konstruiert und gebaut werden. Bei den vorgenannten iterativen Verfahren der Risikobeurteilung und Risikominderung hat der Hersteller oder sein Bevollmächtigter die Grenzen der Maschine zu bestimmen, was ihre bestimmungsgemäße Verwendung und jede vernünftigerweise vorhersehbare Fehlanwendung einschließt; die Gefährdungen, die von der Maschine ausgehen können, und die damit verbundenen Gefährdungssituationen zu ermitteln; die Risiken abzuschätzen unter Berücksichtigung der Schwere möglicher Verletzungen oder Gesundheitsschäden und der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens; die Risiken zu bewerten, um zu ermitteln, ob eine Risikominderung gemäß dem Ziel dieser Richtlinie erforderlich ist; die Gefährdungen auszuschalten oder durch Anwendung von Schutzmaßnahmen die mit diesen Gefährdungen verbundenen Risiken in der in Nummer 1.1.2 Buchstabe b festgelegten Rangfolge zu mindern Folie 10
Risikobewertung und -minderung Prozess nach DIN EN 12100 Prozess der Risikobewertung auf Grundlage der DIN EN ISO 12100 Prozess für den Entwurf einer Sicherheitsfunktion auf Grundlage der DIN EN 13849-1 Quelle: DIN EN 13849-1 Bild 1 Folie 11
Indentifizierung der Gefährdungen Identifizierung der Gefährdungen erfolgt unter Berücksichtigung aller Phasen der Lebensdauer der Maschine Transport, Zusammenbau und Installation Inbetriebnahme Verwendung Außerbetriebnahme, Demontage und Entsorgung und unter Berücksichtigung der Aufgaben, die beim Umgang mit der Maschine erfüllt werden müssen Einrichten, Prüfen, Umrüsten, Anlauf, Maschinenbeschickung, Stillsetzen der Maschine, Reinigung, Instandhaltung, Entnahme des Produktes aus der Maschine, Wiederherstellung des Betriebs nach Blockierung, Fehlersuche und -beseitigung, Einrichten (Teachen), Programmieren... Folie 12
Gefahrenkatalog Gefährdungen, die bei der Konstruktion von Maschinen zu berücksichtigen sind mechanische, elektrische und thermische Gefährdungen Gefährdung durch Lärm Gefährdungen durch Schwingungen, Strahlung, Materialien und Substanzen Gefährdungen durch Vernachlässigung ergonomischer Grundsätze bei der Konstruktion Gefährdungen durch Ausrutschen, Stolpern und Stürzen Gefährdungskombinationen Gefährdungen in Zusammenhang mit der Einsatzumgebung der Maschine... Folie 13
Risikoeinschätzung Für jede Gefährdungssituation muss eine Risikoeinschätzung durchgeführt werden. Das Risiko hängt von folgenden Elementen ab: Schadensausmaß Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Schadens als Funktion - der Gefährdungsexposition einer Person - des Eintritts eines Gefährdungsereignisses - der Möglichkeit zur Vermeidung oder Begrenzung des Schadens Folie 14
Inverkehrbringen & Inbetriebnahme Der Hersteller muss vor Inverkehrbringen oder Inbetriebnahme a) Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen Anhang I erfüllen; b) die technischen Unterlagen Anhang VII Teil A erstellen; c) erforderliche Informationen (Betriebsanleitung) zur Verfügung stellen; d) zutreffendes Konformitätsbewertungsverfahren durchführen; e) die EG-Konformitätserklärung ausstellen und beilegen; f) die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 16 anbringen. Folie 15
Mehr Wert. Mehr Sicherheit. Gruppe Risiko & Zuverlässigkeit TÜV SÜD Industrie Service GmbH Matthias Herold Bahnhofstraße 20 09111 Chemnitz Telefon: +49 (0) 371 26 737 25 E-Mail: matthias.herold@tuev-sued.de Folie 16