I. Vorsatzanfechtung



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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 20. Dezember 2007 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Transkript:

4. Mannheimer Insolvenzrechtstag Vortrag am 20. Juni 2008 Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Insolvenzrecht Dr. Gero Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a. D. 1. Kenntnis der Bank I. Vorsatzanfechtung Der Schuldner betrieb ein Fitness-Studio, die Bank räumte ihm einen Kontokorrentkredit ein. Sie erhielt vom Schuldner diverse Sicherheiten. Im Jahre 1997 verschlechterten sich die finanziellen Verhältnisse des Schuldners deutlich. Mehrere Gläubiger pfändeten die dem Schuldner aus dem Kontokorrentvertrag zustehenden Ansprüche. Die Bank kündigte am 17. April 1997 die gewährten Kredite und forderte den Schuldner auf, bis zum 30. April 1997 590.000 DM zu zahlen. Auf Bitten des Schuldners erklärte sich die Bank im Oktober 1997 damit einverstanden, auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu verzichten, sofern ab dem 1. Dezember 1997 monatliche Raten von 3.000 DM gezahlt würden. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 2

I. Vorsatzanfechtung Der Schuldner geriet mit den vereinbarten Raten wiederholt in Rückstand. Die Beklagte mahnte ihn jeweils und drohte mit der Zwangsvollstreckung; schließlich forderte sie ihn auf, höhere Raten zu leisten. Insgesamt lagen die Ratenzahlungen deutlich unter dem, was die Bank verlangt hatte. Im Juni 2002 stellte der Schuldner Insolvenzantrag. Nach Eröffnung des Verfahrens verlangt der Insolvenzverwalter von der Bank Rückzahlung aller vom Schuldner seit dem 2. Mai 1997 geleisteten Zahlungen. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 3 I. Vorsatzanfechtung des Urteils Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kann auch dadurch beseitigt werden, dass der Gläubiger ohne Vereinbarung einer Stundung erklärt, er werde vorläufig stillhalten, wenn der Schuldner bestimmte Ratenzahlungen erbringt. Der Schuldner erlangt die zwischenzeitlich verlorene Zahlungsfähigkeit nur zurück, wenn er die Raten im Wesentlichen vereinbarungsgemäß erbringt und die Zahlungen auf die Forderungen anderer Gläubiger wieder aufnimmt. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 4

I. Vorsatzanfechtung Zahlt der Schuldner die Raten nur unregelmäßig und sind der Bank weitere ernsthaft eingeforderte Forderungen bekannt, die nicht erfüllt werden, so begründet dies die Vermutung des 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. BGH, Urt. v. 20.12.2007 IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 5 I. Vorsatzanfechtung 2. Anfechtung im Drei-Personen-Verhältnis (Zwei Anfechtungsgegner) S. erbrachte Bewachungsleistungen für B. Am 1. Juli 2004 ging der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des S. ein. Am 31. Juli 2004 übersandte S. der B. eine Rechnung über 10.000 für erbrachte Leistungen. Am 20. August 2004 zahlte B. auf Anweisung von S. diesen Betrag an U., der eine fällige Forderung in dieser Höhe gegen S. hatte. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlangt der Insolvenzverwalter von B. Zahlung von 10.000 im Wege der Insolvenzanfechtung. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 6

I. Vorsatzanfechtung des Urteils Veranlasst der Insolvenzschuldner seinen Schuldner, unmittelbar an einen Dritten zu zahlen, richtet sich der Anfechtungsanspruch in der Regel nur gegen den Dritten. Erteilt der Insolvenzschuldner die Anweisung mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, kommt auch die Vorsatzanfechtung gegen den Angewiesenen in Betracht. Die Anfechtungsansprüche gegen den Angewiesenen und den Zuwendungsempfänger stehen im Verhältnis der Gesamtschuld zueinander. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 7 I. Vorsatzanfechtung Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann im Valuta- und im Deckungsverhältnis nur einheitlich bestimmt werden. Die Kenntnis des Angewiesenen von der Inkongruenz der Deckung im Valutaverhältnis begründet kein Beweisanzeichen für die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. BGH, Urt. v. 29.11.2007 IX ZR 121/06, ZIP 2008, 190. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 8

II. Konkurrenz der Anfechtungskläger S. 1 und S. 2 sind Schwestergesellschaften innerhalb eines Konzerns. Am 16. Mai 2006 war schon die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S. 1 beantragt. An diesem Tage überwies S. 2 den Betrag von 30.000 zur Tilgung fälliger Sozialversicherungsbeiträge, die S. 1 schuldete, an die AOK. Dabei handelte es sich um Mittel, die ursprünglich aus dem Vermögen der S. 1 stammten. Später wurde das Insolvenzverfahren auch über das Vermögen der S. 2 eröffnet. Beide Insolvenzverwalter wollen die AOK auf Rückzahlung in Anspruch nehmen. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 9 II. Konkurrenz der Anfechtungskläger des Urteils Grundsätzlich greift die Insolvenzanfechtung aus 134 InsO zu Gunsten der Masse durch, aus der die Zahlung unmittelbar erbracht wurde. Ob die Gesellschaft im Innenverhältnis zur Leistung verpflichtet war ("Cash-Pool") oder mit der Zahlung ein eigenes Interesse verfolgt hat, ist unerheblich. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt auch dann vor, wenn die durch Zahlung verwandten Mittel aus dem Vermögen der Schwestergesellschaft stammen. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 10

II. Konkurrenz der Anfechtungskläger Ist im Verhältnis von S. 1 zur AOK eine Deckungsanfechtung, im Verhältnis von S. 2 zur AOK eine Schenkungsanfechtung begründet, sind beide Insolvenzmassen gleichwohl weder Gesamt- noch Teilgläubiger. Es liegen konkurrierende, auf denselben Gegenstand gerichtete Anfechtungsansprüche vor. Werden beide Ansprüche geltend gemacht, gilt folgendes: Grundsätzlich hat die Anfechtung aus 134 InsO Vorrang. Beruht jedoch die Leistung auf einer mittelbaren Zuwendung durch Vermögen, das S. 2 von S. 1 zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurde, geht die Deckungsanfechtung vor. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 11 II. Konkurrenz der Anfechtungskläger Der Anfechtungsbeklagte, der die Aktivlegitimation des klagenden Insolvenzverwalters wegen konkurrierender Anfechtungsansprüche bestreitet, hat diesen Einwand zu beweisen. BGH, Urt. v. 16.11.2007 IX ZR 194/04, ZIP 2008, 125 Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 12

III. Sicherung eines Drittdarlehens durch die Grundschuld Die Schuldnerin bestellte der Sparkasse M. für die Gewährung eines Gewerbedarlehens von 120.000 eine Grundschuld in Höhe von 200.000 an der ihr gehörenden Eigentumswohnung. Die Grundschuld sicherte "alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Sparkasse gegen die Schuldnerin aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung." Später schloss die Schuldnerin mit der Bank B. einen weiteren Darlehensvertrag über 50.000. Die Darlehensurkunde benennt als Sicherungsmittel dieselbe Grundschuld. Weiter heißt es: "Die Grundschuld dient zur Sicherung des Darlehens der Sparkasse M. Die Grundschuld sowie etwa der Sparkasse abgetretene Rückgewähransprüche dienen auch zur Sicherung der Ansprüche der B.-Bank aus diesem Darlehen. Die Sparkasse darf die Sicherheiten ganz oder teilweise auf die B.-Bank übertragen." Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 13 III. Sicherung eines Drittdarlehens durch die Grundschuld Die Sparkasse hat dieser Sicherungszweckerklärung zugestimmt. Im Jahr 2005 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Beide Banken kündigten die gewährten Kredite. Die Sparkasse trat einen nachrangigen Teil der Grundschuld von 50.000 an die B.-Bank ab. Die Eigentumswohnung wurde veräußert. Die B.-Bank erhielt aus dem Erlös 30.000 gegen Löschung der Grundschuld. Der klagende Insolvenzverwalter verlangt von der B.-Bank die Auszahlung dieses Betrages. Er hält die Abtretung der Grundschuld für unwirksam, jedenfalls für anfechtbar. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 14

III. Sicherung eines Drittdarlehens durch die Grundschuld des Urteils Die Erweiterung bestehender Rechte kann nach 91 Abs. 1 InsO unwirksam sein; die bloße Zession solcher Rechte beeinträchtigt die Gläubigergesamtheit in der Regel nicht. Der Verlust der Einrede der Nichtvalutierung fällt in den von 91 Abs. 1 InsO geschützten Bereich. Die Erweiterung der ursprünglichen Zweckerklärung auf einen zusätzlichen Gläubiger ist formfrei wirksam. Außerhalb der Insolvenz kann die Schuldnerin den Einwand der Nichtvalutierung nicht vor Tilgung des Darlehens der zusätzlichen Gläubigerin erheben. Die gesicherte Rechtsstellung ist außerhalb der Krise anfechtungsfrei erworben worden. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 15 III. Sicherung eines Drittdarlehens durch die Grundschuld Leitsätze a) Ist der Schuldner Eigentümer eines mit einer Sicherungsgrundschuld belasteten Grundstücks, kann die Masseschmälerung in dem Verlust der Nichtvalutierungseinrede durch Abtretung der Grundschuld an einen bis dahin ungesicherten Gläubiger liegen. b) Eine unwirksame Unterdeckungnahme liegt nicht vor, wenn die das schuldnerische Grundstück belastende Sicherungsgrundschuld nach der mit dem Zedenten insolvenzfest getroffenen Sicherungsvereinbarung auch das Darlehen eines Dritten sichert und die Grundschuld nach Verfahrenseröffnung in dieser Höhe an ihn abgetreten wird. BGH, Urt. v. 21.02.2008 IX ZR 255/06, WM 2008, 602 Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 16

IV. Vergütung für die Löschung einer wertlosen Grundschuld Über das Vermögen der S. ist das Insolvenzverfahren eröffnet. K. ist zum Insolvenzverwalter bestellt. Er möchte das Betriebsgrundstück der S. an I. veräußern, der einen Kaufpreis von 500.000 bietet. Das Grundstück ist belastet mit zwei vollvalutierten Grundschulden: an 1. Rangstelle zu Gunsten des A. i.h.v. 1 Mio., an 2. Rangstelle zu Gunsten der B. i.h.v. 200.000. B. ist nur zur Erteilung der Löschungsbewilligung gegen Zahlung von 25.000 bereit. Nach Abwicklung des Kaufvertrages verlangt K. diesen Betrag von B. zurück. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 17 IV. Vergütung für die Löschung einer wertlosen Grundschuld des Beschlusses Verfügungen des Insolvenzverwalters, die dem Insolvenzzweck gleichmäßiger Gläubigerbefriedigung widersprechen, sind unwirksam, wenn der Geschäftspartner die Insolvenzzweckwidrigkeit erkennt oder grob fahrlässig verkennt. Erstattet der Insolvenzverwalter dem Gläubiger die Löschungskosten, ist dies insolvenzrechtlich unbedenklich. Verspricht der Verwalter dem durch eine offensichtlich wertlose Grundschuld gesicherten Gläubiger eine zusätzliche Geldleistung, ist diese Vereinbarung wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig. BGH, Beschl. v. 20.03.2008 IX ZR 68/06, WM 2008, 937 Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 18

V. Übertragung des vorbehaltenen Eigentums an die den Kaufpreis finanzierende Bank Die H. GmbH war Vertragshändlerin der A. Automobil AG. Sie finanzierte die Einkäufe über die B.-Bank, die zum Konzern der A. AG gehört. Die Lieferung der Automobile erfolgte unter Eigentumsvorbehalt. Mit der Bank hatte die Automobilherstellerin vereinbart, dass deren Zahlungen nicht zur Tilgung, sondern zur Ablösung der Kaufpreisforderungen erfolgten und diese sowie das vorbehaltene Eigentum Zug um Zug gegen Zahlung auf die Bank übertragen wurden. Die Händlerin fiel in die Insolvenz. Die Fahrzeuge wurden verwertet. Insolvenzverwalter und B.-Bank streiten darum, wem der Erlös zusteht. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 19 V. Übertragung des vorbehaltenen Eigentums an die den Kaufpreis finanzierende Bank des Urteils Auf Grund der Bindung durch ein vorausgegangenes Revisionsverfahren war davon auszugehen, dass die Kaufpreisforderungen nicht erloschen, sondern von der Bank durch Ablösung erworben worden sind. Der Vorbehaltsverkäufer kann das vorbehaltene Eigentum durch Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs übertragen. Der Käufer hat gegenüber dem Rechtsnachfolger des Verkäufers den Einwand aus 986 Abs. 2 BGB. Der Rechtserwerber, der keine Vertragsübernahme vereinbart hat, kann nicht vom Kaufvertrag zurücktreten. Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 20

V. Übertragung des vorbehaltenen Eigentums an die den Kaufpreis finanzierende Bank Das auf den Kaufpreisfinanzierer übergegangene Vorbehaltseigentum dient ausschließlich dazu, den Kreditrückzahlungsanspruch zu sichern. Der eingetretene Bedeutungswandel hat zur Folge, dass dem Sicherungsnehmer in der Insolvenz des Schuldners aus dem Vorbehaltseigentum nur ein Absonderungsrecht zusteht. Das an die Bank abgetretene Vorbehaltseigentum steht daher in der Insolvenz des Schuldners dem Sicherungseigentum ( 51 Nr. 1 InsO) gleich. BGH, Urt. v. 27.03.2008 IX ZR 220/05, WM 2008, 821 Dr. Gero Fischer 20. Juni 2008 21