Alterseffekte im Erstspracherwerb Hörbeeinträchtigte Kinder mit Cochlea-Implantat
Inhalt Gisela Szagun Das Cochlea-Implantat 1. Studie (2001) 2. Studie (2008) Zusammenfassung Aktivierung
Gisela Szagun Wissenschaftliche Assistentin, Institut für Psychologie, TU Berlin (1978-1983) Professorin für Entwicklungspsychologie, Institut für Psychologie, Abteilung Kognition, Universität Oldenburg (1984-2006)
Forschung Spracherwerb bei Kindern Spracherwerb bei Kindern mit Cochlea- Implantat reifungsbedingte, kognitive und soziale Einflüsse auf den individuell sehr unterschiedlichen Spracherwerb
Cochlea-Implantat
1. Studie (2001) Langzeitstudie (4 Jahre), 22 Kinder mit CI Durchschnittsalter bei Implantation: 2,5 Jahre Vergleichsgruppe: 22 normal hörende Kinder Sprechen in zweistündiger Situation aufgenommen Aufnahmen in regelmäßigen Abständen wiederholt 1. Aufnahme: 6 Monate nach Implantation
Ergebnisse 45% der Kinder mit CI: mit normal hörenden Kindern vergleichbare (oder sogar schnellere) Sprachentwicklung 55% der Kinder mit CI: der normalen Sprachentwicklung nicht ähnlich
Ergebnisse: Sprachentwicklung Sprachentwicklung 1. schnell 2. langsam, aber vergleichbar mit normal hörenden Kindern 3. deutlich verlangsamt
Ergebnisse: Sprachentwicklung Normal hörende Kinder Kinder mit CI, deutlich langsame SE
Ergebnisse CI-Kinder - vokalisieren mehr - haben stärker abweichende Aussprache - ahmen mehr nach - unterscheiden sich in ihrer SE untereinander sehr stark Woher kommen diese Unterschiede?
Ursachen für Unterschiede: Das Implantationsalter? Unumstritten: the younger the better Implantationsalter bei prälingual ertaubten Kindern: 6-47 Monate Umstritten: Implantation im ersten Lebensjahr?
Ursachen für Unterschiede: Das Implantationsalter? Problem bisher: Studien betrachteten IA als isolierten Faktor vermengen oft Einfluss des Lebensalters mit dem der Zeit für sprachliches Lernen (Zeit nach Implantation) Fälschlicherweise wird das Lebensalter normal hörender Kinder und CI-Kindern verglichen, nicht die Zeit SEIT Implantation!
Ursachen für Unteschiede Studie Szagun: drei weitere Faktoren 1) Qualität des prä-operativen Hörens mit Hörgeräten 2) Bildungsstand der Eltern 3) Sprache der Eltern Die vier Faktoren wirken unterschiedlich stark, zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
2. Studie (2008) Unterschied zur 1. Studie: möglichst viele Kinder, die Implantat während ersten Lebensjahr erhalten haben Antwort, die es zu finden gilt: Gewinnt der Faktor IA an Bedeutung, wenn die Untersuchung viele Kinder umfasst, bei denen die Implantation während des ersten Lebensjahres stattfand?
2. Studie Längsprobe: 26 Kinder IA 6-12 Monate: 8 Kinder IA 13-24 Monate: 10 Kinder IA 25-42 Monate: 8 Kinder Querschnittsprobe : 41 Kinder IA 6-12 Monate: 11 Kinder IA 13-24 Monate: 14 Kinder IA 25-47 Monate: 16 Kinder
2. Studie Datenerfassung 12, 18, 24, und 30 Monate nach Operation Elternfragebögen (Wortschatz, Flexionsmorphologie, Satzkomplexität) Längsprobe zusätzlich einstündiges spontanes Sprechen (MLU, Anzahl der Worttypen), + Sprache der Eltern (MLU, Dialogeigenschaften)
Ergebnisse: 1. Wortschatz- und Grammatikentwicklung Große Varianz in allen Gebieten, besonders bei Grammatik One-way ANOVA kein signifikanter Effekt des IA-Faktors Keine Unterschiede in Wortschatz- und Grammatikentwicklung, die abhängig von IA sind
Ergebnisse: 2. AI Sozialer Stand - Sprachentwicklung Sozialer Stand (gemessen an Bildungsgrad der Mutter) immer Einfluss auf Sprachentwicklung Dazu zählt auch Aufklärungsstand bezüglich Implantat und Rehabilitation Einfluss bedeutend stärker als der des IA
Ergebnisse: 3. Adult Input - Sprachentwicklung Gemeinsame Betrachtung der Faktoren Social Class & Adult Input: Mütterlicher MLU einziger signifikanter Einfluss auf Sprachentwicklung
Ergebnisse: Präoperatives Hören Ergebnisse vorheriger Studien: Qualität des prä-operativen Hörens mit Hörgeräten stärkerer Einfluss auf Fortschritte in der Sprachentwicklung als AI Wenn vorher bereits von Hörgeräten profitiert wurde: schnellere Sprachentwicklung, besonders bei Grammatik
Ergebnisse: Implantationsalter Unterschiede in Sprachentwicklung nicht nachweislich auf AI zurückzuführen Grammatische & Lexikalische Entwicklung nicht abhängig von Implantation im 1./2./3./4. Lebensjahr Vorteil des ersten gegenüber des zweiten Lebensjahrs nicht belegt Im Gegenteil: Leichte Tendenz: Besseres Abschneiden bei Implantation im 2. Lebensjahr
Zusammenfassung Tiefgreifende Unterschiede in der Sprachentwicklung bei Kindern mit CI, auch wenn das Implantationsalter zwischen 6 und 47 Monaten liegt Diese Unterschiede nicht einzig und allein abhängig vom IA Einfluss Social Class > Einfluss AI Kinder mit AI<12 nicht besser als Kinder mit AI 13-24, eher gegenteilige Tendenz!
Zusammenfassung Unterschied zu vorherigen Studien: Implantationsalter UND empirische Faktoren zusammen betrachtet Einfluss empirische Faktoren > Einfluss AI social class & language input machen zum großen Teil die großen Unterschiede in der SE aus Einfluss Mütterlicher MLU > Einfluss social class
Zusammenfassung Längerer mütterlicher MLU größerer input schnellere Sprachentwicklung neben dem IA-Faktor müssen unbedingt kognitive und empirische Variablen mit einbezogen werden!
Aktivierung 1. Am Ende die Frage: The younger the better? 2. Stichwort parental language input: wie könnte Test zur Einstufung der Qualität des Inputs aussehen?
Quellen Szagun, G. (2008). The younger the better? Variability in language development of young German-speaking children with cochlear implants. In Marinis, Th., Papangeli, A. & Stojanovik, V. (Eds.), Proceedings of the Child Language Seminar 2007 30th Aniversary, (pp. 183-194). Szagun, G. (2010). Sprachentwicklung bei Kindern mit Cochlea-Implantat: ein Elternratgeber (Überarbeitung der Broschüre von 2006). http://www.cochlear.com/de/entwickelt-fuereinzigartige-hoerleistung