November 2012 Artenschutzbeitrag zu den Fledermausvorkommen im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 391 Haus Ortlohn, Stadt Iserlohn Im Auftrag von Grünplan Büro für Landschaftsplanung, Dortmund Büro für angewandte Ökologie und Landschaftsplanung Dense & Lorenz GbR Kollegienwall 12d 49074 Osnabrück fon 0541 / 27233 fax 0541 / 260902 mail@dense-lorenz.de
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Aufgabenstellung...1 2 Untersuchungsgebiet...2 3 Erfassungsmethoden...3 3.1 Kartierung der Fledermäuse mittels Ultraschalldetektor und Sichtbeobachtung...3 3.2 Horchkisten...4 3.3 Fang mit Netzen...4 3.4 Suche nach Baumhöhlen...5 4 Ergebnisse...5 4.1 Detektor und Sichtbeobachtung...5 4.2 Horchkisten...6 4.3 Fang mit Netzen...7 4.4 Gesamtartenspektrum und Gesamtbewertung...7 5 Auswirkungsprognose und artenschutzrechtliche Einschätzung...9 5.1 Vorbemerkung...9 5.2 Auswirkungsprognose und artenschutzrechtliche Einschätzung...9 6 Zusammenfassung...11 7 Literatur...13 Anhang Karte 1: Bestand Fledermäuse Tabellenverzeichnis Tab. 1: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Art,. 6 Untersuchungsnacht und Standort Tab. 2: Gesamtartenliste der nachgewiesenen Fledermausarten mit Gefährdungs-.. 7 und Schutzstatus Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abgrenzung von Geltungsbereich (rote Linie) und Untersuchungsgebiet 2 (schwarze Linie) sowie Lage der Flächen im Raum Bearbeitung: B.- Eng. Thaisen Schwering Dipl.- Biol. Regina Klüppel-Hellmann Dipl.-Biol. Carsten Dense
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 1 1 Einleitung und Aufgabenstellung Die Stadt Iserlohn plant die Aufstellung des Bebauungsplanes für das Gelände der ehemalige Tagungs- und Bildungsstätte Haus Ortlohn. Die aktuellen Planungen sehen die Festsetzung 25 zweigeschossige Reihenhäuser sowie ein Altenheim mit 33 Pflegeplätzen vor. Von den geplanten Baumaßnahmen betroffen sind neben Teilbereichen einer Parkanlage mit zahlreichen alten Laubbäumen einige leer stehende Gebäude, die im Zuge der Planung abgerissen werden sollen. Im Geltungsbereich erschienen sowohl die leer stehenden Gebäude als auch der alte Baumbestand für Fledermäuse als Quartierstandort geeignet. Weiterhin bestand die Möglichkeit, dass sich in der Parkanlage bedeutende Jagdhabitate verschiedener Fledermausarten befinden. Bei den Planungen sind die Bestimmungen des BNatSchG insbesondere zu den streng geschützten Arten zu beachten. Sämtliche Fledermausarten sind in den Anhang IV der FFH- Richtlinie aufgenommen worden und zählen deshalb nach 7 BNatSchG zu den streng geschützten Arten. Zudem stehen fast alle Arten auf der Roten Liste der in Nordrhein- Westfalen gefährdeten Säugetierarten (MEINIG et. al 2010). Um zu klären, inwieweit artenschutzrechtlich relevante Fledermausarten von den Planungen betroffen sind, wurden im April 2012 eine fledermauskundliche Untersuchung des B-Plan- Bereiches sowie die Erarbeitung einer Artenschutzprüfung beauftragt. Die Erfassung diente insgesamt der Feststellung der Fledermausaktivitäten und einer möglichen Quartierfunktion der Parkbäume und der Gebäude im Frühjahrs- bzw. Spätsommer- und Herbstaspekt (Jagdgebiete, Flugstraßen, Quartiere). Laut LANUV kommt die streng geschützte Haselmaus auf der Fläche des Messtischblatts 4612, in dem das Parkgelände liegt, vor. Ein Vorkommen im Geltungsbereich des B-Plans konnte aber wegen dessen isolierter Lage zwischen Siedlung und Hauptverkehrsstraßen sowie ungeeigneter Vegetationsstrukturen (lichter Baumbestand, Strauchschicht weitgehend fehlend) und fehlender Nahrungsgrundlage (Hasel, Beerensträucher) ausgeschlossen werden, sodass auf eine Untersuchung verzichtet werden konnte.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 2 2 Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet (UG) befindet sich am nordwestlichen Stadtrand von Iserlohn und umfasst eine Fläche von etwa 7 ha, wobei auf den Geltungsbereich des Bebauungsplans etwa 3,2 ha entfallen (vgl. Abb. 1). Neben dem Geltungsbereich des Bebauungsplans wurden die südlich angrenzenden Flächen in die Untersuchung miteinbezogen, da es sich um ein zusammenhängendes Parkgelände handelt. Die Umgebung ist urban geprägt. Das UG wird im Norden durch die Theodor-Fleitmann- Straße, im Westen durch Wohnbebauung und im Süden und Osten durch die BAB 46 und die Baarstraße (L 680) begrenzt. Im Geltungsbereich des B-Plans befindet sich das leer stehende, ehemalige Tagungshaus im Westen, an das sich nach Osten der Park mit den eingestreuten Gästehäusern anschließt. Der nordwestliche Bereich wird zum größten Teil von versiegelten Parkplatzflächen eingenommen. Im Osten des Geltungsbereichs geht die Parkanlage in eine Brachfläche mit extensiv gepflegten Wiesenelementen, Büschen und eingestreuten Obstbäumen über. Der an den Geltungsbereich angrenzende Teil des Park besitzt ebenfalls einen sehr alten, höhlenreichen Baumbestand mit eingestreuten Rasenflächen. Im Zentrum befindet sich ein kleiner Teich. Der gesamte Park ist von einem gut ausgebauten Wegenetz durchzogen. Abb. 1: Abgrenzung von Geltungsbereich (rote Linie) und Untersuchungsgebiet (schwarze Linie) sowie Lage der Flächen im Raum (unmaßstäblich)
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 3 3 Erfassungsmethoden Um die Funktion des UG als Quartierstandort für Fledermäuse und die Intensität der Raumnutzung im Gebiet zu erfassen, kamen an insgesamt sechs Terminen zwischen Mai und November 2012 verschiedene Methoden zum Einsatz, die im Folgenden näher erläutert werden. 3.1 Kartierung der Fledermäuse mittels Ultraschalldetektor und Sichtbeobachtung Begehungen mit dem Detektor erfolgten an fünf Terminen (10./11.05., 21./22.05., 12./13.06., 07./08.08. und 28./29.08.2012), wobei an den ersten beiden Terminen jeweils nur Beobachtungen von Einflugsverhalten erfolgten, da in den Abendstunden und in der Nacht Fänge mit Netzen durchgeführt wurden. Ein Schwerpunkt der Untersuchung lag auf der Beobachtung von eventuell aus den Bäumen und Gebäuden in dem Geltungsbereich, sowie dem Altbaumbestand im südlich angrenzenden Parkabschnitt aus- bzw. in den Morgenstunden einfliegenden Fledermäusen. Weiterhin wurden die Jagdaktivitäten im gesamten Untersuchungsgebiet erfasst sowie die Baumreihen und Wegestrukturen auf eine mögliche Funktion als Leitstruktur (Flugstraße) überprüft. Zur Erfassung der Fledermausarten, die an ihren spezifischen Ultraschall-Ortungslauten gut zu unterscheiden sind, wurden Detektoren des Typs Pettersson D200 sowie Ciel electronique CDB 103 R3 verwendet. Hauptsächlich bei den Arten, die quasi-konstant-frequente (qcf-) Anteile im Ruf aufweisen, sind sichere Artbestimmungen im Gelände möglich. Dies gilt für den Großen Abendsegler (Nyctalus noctula), den Kleinen Abendsegler (Nyctalus leisleri), die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) sowie die Zwerg- (Pipistrellus pipistrellus), Mücken- (Pipistrellus pygmaeus) und Rauhhautfledermaus (Pipistrellus nathusii). Von den Arten der Gattungen Myotis und Plecotus, die fast ausschließlich rein frequenzmodulierte (fm-) Laute ausstoßen, sind nicht alle eindeutig bestimmbar (AHLÉN 1981, WEID 1988, LIMPENS & ROSCHEN 1996, SKIBA 2003). Als nicht mittels Detektor unterscheidbar sind die Kleine Bartfledermaus (Myotis mystacinus) und die Große Bartfledermaus (Myotis brandtii), sowie die Langohrfledermäuse (Plecotus auritus/ austriacus) anzusehen. Die Myotis-Arten Großes Mausohr, Teichfledermaus und Wasserfledermaus sind unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Detektor bestimmbar. Die sichere Bestimmung der übrigen Myotis-Arten ist mit dieser Methode in der Regel nicht möglich. Zusätzlich zum Verhören der Rufe können Sichtbeobachtungen (Größe, Flugbild) bei der Bestimmung herangezogen werden. Auch die Raumnutzung (Jagdgebiete, Flugrouten) und somit für Fledermäuse wichtige Strukturen werden über Sichtbeobachtungen ermittelt. Insbesondere Zwerg- und Breitflügelfledermäuse sowie die beiden Abendsegler-Arten sind auf diese Weise gut zu erfassen, da deren Aktivitätsschwerpunkt am Abend und in der frühen Nacht liegt.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 4 3.2 Horchkisten Mögliche Jagdgebietsfunktionen und Quartierstandorte wurden an unterschiedlichen Strukturen des UG durch automatische Ultraschallaufzeichnungsgeräte, sogenannte Horchkisten, ermittelt. Die Geräte dienten der kontinuierlichen Erfassung von Fledermausaktivitäten an einem Ort. Es handelt sich um einen Ultraschall-Detektor (CIEL Typ CDB-101box bzw. CDP 102 R3), der in Kombination mit einem ereignisgesteuerten Aufzeichnungsgerät (MP3- Rekorder, Typ TrekStor i.beat organix 2.0) in einem Gehäuse untergebracht ist. Sämtliche erfassten Ereignisse werden mitsamt Zeitstempel gespeichert. Je nach im Detektor voreingestellten Frequenzfenster und dessen Bandbreite ist eine akustische Artdifferenzierung bzw. eine Eingrenzung auf Gattungsniveau möglich. Eine sichere Bestimmung auf Artniveau ist anhand der aufgezeichneten Laute nur bei wenigen Arten möglich (Großer Abendsegler und Breitflügelfledermaus, z. T. Zwergfledermaus und Kleiner Abendsegler), doch erlaubt der Einsatz dieser Geräte im Gegensatz zu der bisher dargestellten Methode die automatisierte Ermittlung von Aktivitätsdichten und bedingt auch von Flugrichtungen am Aufstellungsort. Eine kontinuierliche Überwachung mit Horchkisten ermöglicht es, eine unregelmäßig über die Nacht verteilte Rufaktivität und entsprechende Flugaktivität zu erfassen, während dies bei einer stichprobenartigen Begehung mit dem Detektor einen gewissen Zufallscharakter hat. Bei der Auswertung kann neben der reinen Zählung der Lautsequenzen noch notiert werden, ob es sich um lange Sequenzen handelt und feeding-buzzes enthalten sind (charakteristische Rufsequenz, die unmittelbar vor Beutefang abgegeben wird) und ob mehrere Individuen gleichzeitig flogen. Ein Nachteil der Horchkisten besteht darin, dass sie die Aktivität nur in einem relativ kleinen Umfeld des Aufstellungsortes erfassen. Große Abendsegler können über eine Distanz von ca. 100 m registriert werden, Braune Langohren unter Umständen nur über wenige Meter. Die vergleichsweise leise rufenden Fledermausarten der Gattungen Myotis und Plecotus sind daher in den Aufzeichnungen tendenziell unterrepräsentiert. In der vorliegenden Untersuchung wurden drei Horchkisten an allen fünf Untersuchungsterminen aufgestellt. Die Frequenzeinstellungen wurden mit 25 und 45 khz so gewählt, dass sie das gesamte Frequenzspektrum der vorkommenden Arten erfassten. Während der Paarungszeit der Fledermäuse im August wurde eine niedrigere Frequenzeinstellung gewählt, um die Balzlaute, die Hinweise auf Paarungsquartiere geben, optimal erfassen zu können. Die genauen Positionen der Horchkisten lassen sich anhand von Karte 1 nachvollziehen. 3.3 Fang mit Netzen An den ersten beiden Terminen wurde ein Teil der Untersuchungszeit für den Fang mit Netzen verwendet. Über die Artbestimmung hinaus lässt diese Methode Aussagen über das Geschlecht und den Fortpflanzungsstatus (ggf. Nachweis der Reproduktion über den Fang von trächtigen bzw. laktierenden Weibchen oder von Jungtieren) zu.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 5 Zum Fang kamen Haarnetze aus ostdeutscher Produktion mit Breiten von 3 bis 9 m bei Höhen von 2,5 bis 5 m zum Einsatz. Je Fangnacht wurden drei bzw. vier Netze aufgebaut. Beim Fang wurde ein Gerät (Autobat) eingesetzt, welches Soziallaute verschiedener Fledermausarten über einen Ultraschall-Lautsprecher abstrahlt und über eine damit verbundene Lockwirkung den Fangerfolg erhöhen kann. Eine Fernwirkung ist durch dieses Gerät aufgrund der geringen Reichweite hochfrequenter Töne nicht zu erzielen und auch nicht beabsichtigt. Der Standort des Autobat wurde jeweils im Verlauf einer Nacht zwischen den Netzen variiert. Die gefangenen Fledermäuse erhielten eine Kurzzeitmarkierung durch Färben der Daumenkrallen und/ oder Zehennägel mit Nagellack, um eine Erkennung von Wiederfängen zu ermöglichen. 3.4 Suche nach Baumhöhlen Während der ersten Begehung des UG am 10.05.2012 wurde nach Baumhöhlen gesucht. Wegen der Belaubung waren Stämme und Kronenbereiche vielfach nicht vollständig kontrollierbar. Es erfolgte daher am 06.11.2012 eine weitere Kontrolle, nachdem das Laub weitgehend abgefallen war. Die Bäume im Geltungsbereich wurden dabei mit einem Fernglas auf Spalten und Hohlräume abgesucht, die als Fledermausquartier geeignet erschienen. 4 Ergebnisse 4.1 Detektor und Sichtbeobachtung Die häufigste mit dem Detektor erfasste Art war die Zwergfledermaus. Die Tiere jagten ausdauernd und häufig mit mehreren Exemplaren flächendeckend im gesamten UG. An allen Untersuchungsterminen konnte diese Art sehr früh am Abend beobachtet werden, was Rückschlüsse auf ein Quartier in der näheren Umgebung zulässt. Flugstraßen, die über eine Rückverfolgung möglicherweise zu einem nahen Quartier geführt hätten, wurden allerdings nicht nachgewiesen. Am 08.08. jagten drei Exemplare noch um 6 Uhr morgens während des Sonnenaufgangs über dem Teich. Zu diesem Zeitpunkt war es schon vollständig hell. An den späteren Untersuchungsterminen konnten zahlreiche Balzreviere von Zwergfledermäusen kartiert werden. Dabei ergab sich eine deutliche Konzentration im Bereich der Gebäude im Geltungsbereich. Während der balzintensiven Zeit im August konnten nur noch selten jagende Zwergfledermäuse beobachtet werden. Die Jagdaktivitäten konzentrierten sich auf die frühen Morgenstunden. Die Ergebnisse der Detektorkartierungen und Sichtbeobachtungen von Zwergfledermäusen lassen sich anhand von Karte 1 nachvollziehen. Als weitere beobachtete Arten ist nur noch die Wasserfledermaus zu nennen, die an einigen der Untersuchungstermine, aber nicht regelmäßig, über dem Teich jagte. Aus der Gruppe der Nyctaloiden konnte nur einmal ein weit entfernt fliegender Großer Abendsegler verhört werden.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 6 4.2 Horchkisten Einen Überblick über die mit Hilfe der Horchkisten nachgewiesenen Fledermausaktivitäten gibt Tabelle 1. Die Horchkistenaufzeichnungen bestätigen die Ergebnisse der Detektor gestützten Kartierungen. Abgesehen von sehr wenigen kurzen Sequenzen von Abendseglern und einer Art der Gattung/en Myotis / Plecotus wurden nur Zwergfledermäuse registriert. Während an den Untersuchungsterminen von Mai bis Juli überwiegend Jagdaktivitäten aufgezeichnet wurden, überwogen bei den Aufzeichnungen im August Balzaktivitäten. Dies gilt insbesondere für die Horchkiste im Bereich des zentralen Gebäudes der ehemaligen Tagungsstätte Haus Ortlohn (Horchkiste 1). Dort wurden am 28./29.08. während des gesamten Nachtverlaufs ununterbrochen Balzrufe aufgezeichnet. Tab. 1: Anzahl der von den Horchkisten registrierten Rufsequenzen je Untersuchungsnacht, Standort und Art Datum 2012 Ort/HK Abendsegler Breitflügelflm. Nyctaloid Pipistrellus Myotis / Plecotus? Summe 10./11:05. 21./22.05. 12./13.06. 07./08.08 28./29.08 1 1 1 103+# 105 2 2 2 3 248 248 Ges. 1 1 353 355 1 1 1 13 15 2 5 5 3 1 Ges. 1 1 18 20 1 53# 2 55 2 31# 31 3 7# 7 Ges. 91 2 93 1 2 87*+# 2 91 2 1 3 4 4 Ges. 2 91 2 95 1 200# 200 2 65 65 3 103 103 Ges. 368 368 Gesamtsumme 2 4 903 2 2 913 HK = Horchkistenstandort? = unbestimmbar * = lange Rufsequenzen # = Jagdflug + = mehrere Individuen gleichzeitig = Balzrufe/Soziallaute der Zwergfledermaus 1 technischer Defekt
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 7 4.3 Fang mit Netzen An den beiden Fangterminen wurden insgesamt nur drei Zwergfledermäuse gefangen. Es handelte sich in allen Fällen um männliche Tiere. Durch den Fang ergab sich daher kein Hinweis auf eine Wochenstubenkolonie im näheren Umfeld. 4.4 Gesamtartenspektrum und Gesamtbewertung Artenspektrum Einen Überblick über das Gesamtartenspektrum gibt Tabelle 2. Insgesamt wurden im Untersuchungsgebiet nur zwei Fledermausarten sicher nachgewiesenen, die einen funktionalen Bezug zu den vorgefundenen Strukturen aufweisen. Von dem Großen Abendsegler waren nur wenige Sequenzen weit entfernt zu hören, so dass davon auszugehen ist, dass es sich um ein überfliegendes Tier ohne Bindung an das Untersuchungsgebiet handelte. Gemessen an dem vorhandenen optimalen Quartierpotential durch den höhlenreichen Altbaumbestand erstaunt das Fehlen der beiden Abendseglerarten und weiterer Baumhöhlen bewohnender Arten der Gattungen Myotis/Plecotus, da eine Nutzung der vorhandenen Baumhöhlen als Quartierstandorte angenommen werden konnte. Weiterhin wäre im Spätsommer und Herbst mit durchziehenden Rauhautfledermäusen zu rechnen gewesen. Tab. 2: Gesamtartenliste der nachgewiesenen Fledermausarten mit Gefährdungs- und Schutzstatus 1 2 3 Artname 1 Pipistrellus pipistrellus Zwergfledermaus Myotis daubentonii Wasserfledermaus Nyctalus spec. Abendsegler Lebensraumfunktionen Jagdgebiet Sommerquartier Balzquartier Gefährdungs-/ Schutzstatus FFH- RL BRD/NRW Anhang X - X - / - IV X - - - / G IV - - - IV 1 Rote Liste der in der BRD (MEINIG et al. 2009), bzw. NRW (MEINIG et al. 2010) gefährdeten Säugetiere Gefährdungskategorien: G = Gefährdung anzunehmen - = nicht gefährdet = streng geschützt nach 7 (2) BNatSchG, Fassung vom 29.07.2009
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 8 Jagdgebiete Das gesamte UG besitzt eine Bedeutung als Jagdgebiet für die Zwergfledermaus. Ausdauernder Jagdflug der Wasserfledermaus wurde an drei Terminen nur über dem Teich beobachtet. Jagende Zwergfledermäuse konzentrierten sich auf die an den Teich angrenzende Freifläche sowie die Baumreihen entlang der Wege. Auffallend waren die intensive Jagd mehrerer Zwergfledermäuse am Morgen des 08.08. und des 29.08. über dem Teich bei vollständiger Helligkeit. Tagesschlaf- und Balzquartiere Die Baumkontrolle im November zeigte, dass zahlreiche Höhlen vorhanden sind. Überwiegend handelt es sich um ausgefaulte Astlöcher. Sie sind als Quartier für Einzeltiere, in Ausnahmefällen evtl. auch als Sommerquartier für Kolonien geeignet. Das Volumen der Höhlen konnte vom Boden aus in vielen Fällen nicht eingeschätzt werden. Da die meisten Höhlen wahrscheinlich ein geringes Volumen hatten und sich in dünneren Ästen befanden, konnte eine Eignung als Winterquartier ausgeschlossen werden. Lediglich an drei Bäumen sind Stammhöhlen bzw. Höhlen in starken Seitenästen vorhanden, die möglicherweise ein größeres Volumen aufweisen und damit als Winterquartier geeignet sein könnten. Nur zwei von diesen Bäumen, die im Bestandsplan Biotoptypen zum Umweltbericht (Büro Grünplan) die Nr. 34 und 75 haben, stehen im überplanten Bereich. Im UG wurden zahlreiche Balzreviere von Zwergfledermäusen nachgewiesen. Diese konzentrierten sich vor allem auf die Gebäude im Geltungsbereich mit einem Hotspot an dem zentralen Hauptgebäude, der Tagungsstätte. Da Balzaktivitäten von Zwergfledermäusen auch im Umfeld von alten Bäumen bzw. der zahlreich aufgehängten Vogelnistkästen beobachtet wurden, ist davon auszugehen, dass sich dort ebenfalls besetzte Paarungsquartiere befunden haben. Wochenstubenquartiere konnten weder an den Gebäuden noch in den Bäumen nachgewiesen werden. Tagesschlafquartiere einzelner Individuen sind aufgrund der Gebäudestrukturen sowie der Vogelnistkästen und der Ausstattung des Baumbestandes mit Höhlen, Stammrissen und Spalten zu vermuten.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 9 5 Auswirkungsprognose und artenschutzrechtliche Einschätzung In den folgenden Kapiteln wird die Betroffenheit der nachgewiesenen Fledermausarten durch die geplante Umnutzung der Fläche vor dem Hintergrund der artenschutzrechtlichen Bestimmungen diskutiert und eine Konfliktanalyse durchgeführt. 5.1 Vorbemerkung Nach 44 (1) BNatSchG ist es verboten: 1) wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. 2) wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. 3) Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Weiterhin findet einschränkend 44 (5) BNatSchG Anwendung, nach dem ein Verbotstatbestand des 44 (1) Nr. 3 BNatSchG (und in dessen Folge bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen ggf. auch des 44 (1) Nr. 1 BNatSchG) nur dann vorliegt, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang nicht mehr erfüllt wird und dies auch nicht durch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) erreicht werden kann. Sollten einer oder mehrere Verbotstatbestände erfüllt werden, so ist eine Ausnahmeprüfung nach 45 (7) BNatSchG erforderlich. 5.2 Auswirkungsprognose und artenschutzrechtliche Einschätzung Verbot einer Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten 44 (1) Nr. 3 BNatSchG verbietet die Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungsund Ruhestätten, es sei denn, ihre ökologische Funktion bleibt gemäß 44 (5) BNatSchG im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt. An dem ehemaligen Tagungshaus sowie den leer stehenden Wohngebäuden befinden sich wahrscheinlich mehrere Paarungsquartiere von Zwergfledermäusen. Bei dem Abriss dieser Gebäude erfolgt daher eine Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Gleiches gilt sehr wahrscheinlich auch, wenn in dem Geltungsbereich Altbäume entfernt werden, die Höhlen, Spalten oder Risse aufweisen. Bei Zwergfledermäusen kann allerdings aufgrund ihrer Flexibilität hinsichtlich der Quartierwahl und der bekanntermaßen hohen Quartierwechselfrequenz davon ausgegangen werden, dass ein vom Quartierverlust betroffenes Individuum in seinem weiteren Aktionsraum
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 10 vergleichbare Ausweichquartiere kennt oder erschließen wird, sodass die ökologische Funktion des von den Planungen betroffenen Quartiers im räumlichen Zusammenhang erhalten bleiben wird. Im vorliegenden Fall gehen aber zahlreiche Quartiere verloren. Zwar dürften im Baumbestand im südlichen Teil des Parks und in der angrenzenden Wohnbebauung im Osten und Norden Ausweichquartiere bestehen, möglicherweise aber nicht im ausreichenden Umfang. Als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme muss deshalb das Quartierangebot erhöht werden. Dies kann gezielt durch den Einbau von speziellen Fassadensteinen und das Anbringen von speziellen Kästen oder Fledermausbrettern an den geplanten Gebäuden geschehen. Zur Überbrückung des Zeitraums zwischen Abriss/Fällung und der Fertigstellung der neuen Gebäude mit Ersatzquartieren sollte das Quartierangebot im Park durch das Aufhängen spezieller Fledermauskästen erhöht werden. Wenn den Zwergfledermäusen zeitnah Ersatzquartiere zur Verfügung gestellt werden, ist ein Verbotstatbestand nach 44(1) Nr. 3 BNatSchG auszuschließen. Tötungsverbot Ein Verstoß gegen 44 (1) Nr. 1 BNatSchG ist für Fledermäuse nur zu erwarten, sofern besetzte Quartiere beseitigt werden sollen. Im Spätsommer und Herbst befinden sich Fortpflanzungsquartiere von Zwergfledermäusen an den Gebäuden. Weiterhin ist zu vermuten, dass einzelne Männchen auch im Frühjahr und Frühsommer an diesen Strukturen ihre Tagesschlafquartiere beziehen. Zwergfledermäuse können Winterschlafgesellschaften mit mehreren 100 Individuen in Gebäuden ausbilden. Die Nutzung der Gebäude im Geltungsbereich durch eine solche große Winterschlafgesellschaft kann allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, da bekannt ist, dass vor diesen Massenquartieren ab Mitte August während der Nacht viele Individuen um die potentielle Einflugsöffnung schwärmen. Derartige Ansammlungen von Fledermäusen konnten aber an den Gebäuden nicht beobachtet werden. Nach Erfahrungswerten ist allerdings die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass in Gebäuden mit Fortpflanzungsquartieren im Spätsommer und Herbst auch einzelne Individuen überwintern. Da zu jeder Jahreszeit mit der Anwesenheit von einzelnen Individuen in den Gebäuden zu rechnen ist, muss davon ausgegangen werden, dass bei einem Abriss der Gebäude unabhängig von der Jahreszeit der Verbotstatbestand der Tötung erfüllt werden kann. Um das Tötungsrisiko weitestgehend zu minimieren, wird eine ökologische Baubegleitung empfohlen. Im Rahmen dieser ökologischen Baubegleitung sind vor dem geplanten Abriss sämtliche Außenverkleidungen, unter denen sich die Fledermäuse aufhalten könnten, im Beisein einer fachkundigen Person zu entfernen. Für den Fall, dass Fledermäuse gefunden werden, wird durch den Fachmann sichergestellt, dass die Bergung und Umsiedlung der Tiere fachgerecht verläuft. Theoretisch ist es auch trotz intensiver Kontrolle immer noch möglich, dass sich winterschlafende Individuen in nicht einsehbaren Bereichen befinden. Dieses Restrisiko ist nie vollständig auszuschließen und führt daher nicht zu einem Verbotstatbestand. Auch wenn die Untersuchungsergebnisse keine Hinweise darauf ergaben, besteht trotzdem die Möglichkeit, dass die größeren Baumhöhlen von Winterschlafgesellschaften des Großen Abendseglers aufgesucht werden. Daher sind die beiden überplanten, als potentielle Winterquartiere eingeschätzten Bäume im Geltungsbereich unmittelbar vor der geplanten Fäl-
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 11 lung auf Fledermausbesatz zu kontrollieren. Bei positivem Befund ist die Maßnahme gegebenenfalls auszusetzen und zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen. Bei Beachtung der genannten Vermeidungsmaßnahmen können Verbotstatbestände nach 44 (1) Nr. 1 BNatSchG ausgeschlossen werden. Störungsverbot Voraussetzung für eine erhebliche Störung im Sinne von 44 (1) Nr. 2 BNatSchG ist die Betroffenheit eines essentiellen Habitatbestandteils. Im näheren Umfeld des Geltungsbereichs des B-Plans wurden keine bedeutenden Jagdgebiete festgestellt, noch sind störungsempfindliche Quartiere (z. B. von Wochenstuben) vorhanden. Die während des Baus und nach Fertigstellung von der B-Planfläche ausgehenden potentiellen Störreize (u. a. Lärm und Lichtimmission) können daher keine erhebliche Störung im Sinne des 44 (1) Nr. 2 BNatSchG verursachen. Verbotstatbestände gemäß 44 (1) Nr. 2 BNatSchG werden somit nicht erfüllt. 6 Zusammenfassung Im Rahmen der Änderung des Bebauungsplanes Nr. 391 Haus Ortlohn in Iserlohn erfolgten sowohl die Erfassung der streng geschützten Fledermausarten als auch eine artenschutzrechtliche Bewertung der Betroffenheit. Vorkommen der streng geschützten Haselmaus konnten vorab ausgeschlossen werden. Im Zeitraum von Mai bis August 2012 wurden im Gesamtuntersuchungsgebiet an fünf Terminen durch Begehungen mit dem Detektor, Fang und den Einsatz von Horchkisten drei Fledermausarten sicher nachgewiesen. Bei einer Baumkontrolle im November wurden zahlreiche Baumhöhlen gefunden, von denen mehrere als Sommerquartier zumindest für Einzeltiere geeignet erschienen. Zwei Baumhöhlen haben evtl. auch eine Eignung als Winterquartier. Im Geltungsbereich wurden mehrere Balzreviere von Zwergfledermäusen nachgewiesen. Sowohl an den Gebäuden, als auch im Baumbestand / in Nistkästen befanden sich wahrscheinlich Paarungsquartiere der Zwergfledermaus. Um ein Eintreten des Verbotstatbestands der Tötung mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, sind vor dem Abriss der Gebäude sämtliche Außenverkleidungen, hinter denen die Fledermäuse bevorzugt Quartier beziehen, im Beisein einer fachkundigen Person zu entfernen und auf Fledermausbesatz zu überprüfen. Bei dem Auffinden von Fledermäusen sind diese fachgerecht zu versorgen und in geeignete Ersatzquartiere umzusiedeln. Vor der Fällung von Bäumen im Winterhalbjahr sind zwei Baumhöhlen im Geltungsbereich von einem Fachmann auf Fledermausbesatz zu kontrollieren. Bei positivem Befund ist die Maßnahme gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen. Für den Quartierverlust sind vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. Als unmittelbar wirksame Maßnahme ist das Quartierangebot durch das Aufhängen von speziellen Fledermauskästen zu erhöhen. An den Neubauten sind Ersatzquartiere in Form von speziellen Fassadensteinen, Kästen oder Fledermausbrettern vorzusehen.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 12 Bei Beachtung der angeführten vorgezogenen Ausgleichs- und Vermeidungsmaßnahmen können Verbotstatbestände nach 44 (1) Nr. 1-3 BNatSchG weitest möglich ausgeschlossen werden.
Artenschutzbeitrag Fledermäuse, B-Plan Nr. 391 Haus Ortlohn, Iserlohn 13 7 Literatur AHLÉN, I. (1981): Identification of Scandinavian bats by their sounds. - Department of Wildlife Ecology, 51. LIMPENS, H. & A. ROSCHEN (1996): Bausteine einer systematischen Fledermauserfassung Teil 1 - Grundlagen. - Nyctalus 6(1): 52-60. MEINIG, H., BOYE, P. & R. HUTTERER (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands. Band 1: Wirbeltiere. In: Naturschutz und Biologische Vielfalt, 70 (1):115-153. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). Landwirtschaftsverlag, Münster. MEINIG, H., H. VIERHAUS, C. TRAPPMANN & R. HUTTERER (2010): Rote Liste und Artenverzeichnis der Säugetiere Mammalia- in Nordrhein-Westfalen. http://www.lanuv.nrw.de/natur/arten rote_liste/ pdf/rl-nw10-saeugetiere.pdf SKIBA, R. (2003): Europäische Fledermäuse. Neue Brehm Bücherei 648. WEID, R. (1988): Bestimmungshilfe für das Erkennen europäischer Fledermäuse - insbesondere anhand der Ortungsrufe. - Schriftenreihe des Bayerischen Landesamt für Umweltschutz 81: 63-71.
Karte 1 Bestand - Fledermäuse Punktuelle Nachweise Großer Abendsegler ") 1 $1 $1 Ahorn Nr. 34 Platane Nr. 75 ") 3 Myotis spec. Zwergfledermaus Jagdgebiete Zwergfledermaus Wasserfledermaus Balzquartiere Zwergfledermaus $1 Kastanie ") 2 sonstige Information $1 Baum mit Winterquartierpotenzial (mit Bezeichnung) Fangplatz ") 2 Horchkisten (mit Bezeichnung) Geltungsbereich (B-Plan 391) Untersuchungsgebiet Maßstab 1:2.500 m 0 25 50 100