Gesundheitskompetenz & patientenzentrierte Gesprächsführung als Beitrag zum Komplexitätsmanagement bei Multimorbidität Peter Nowak 5. April 2017, Advanced Nursing Practice Kongress Komplexität managen, Linz
Komplexität im Gesundheitssystem und Pflege Reale Behandlungsnetzwerke Multimorbidität & Polypharmazie Quelle: Dorda et al. 2013 Nowak 2017 2
Komplexitätsmanagement bei multimorbid erkrankten Personen eine Herausforderung» vielfältige Akteure erbringen» vielfältige Versorgungsleistungen,» über lange Phasen» (nicht) abgestimmt mit dem individuellen Bedarf» (nicht) abgestimmt auf das individuelle Lebensumfeld» erfordert hohen Anteil an Selbstmanagement durch die Betroffenen und ihre Angehörigen Betroffene sind oft auf sich selbst gestellt Betroffene erhalten widersprüchliche Informationen von unterschiedlichen GDA es fehlen häufig einfache Versorgungsprozesse und evidenzbasierte, leicht verständliche Gesundheitsinformation Nowak 2017 3
Wie entsteht Gesundheit? Salutogenese Gesundheitskompetenz und Gesprächsführung» Was brauchen Menschen, um gesund leben bzw. gesunden zu können? ( Salutogenese Antonovsky 1987, 1996)» Verstehbarkeit die eigene Gesundheit/Versorgung verstehen» Handhabbarkeit Gesundheit/Versorgung selbstbestimmt handhaben» Bedeutsamkeit Gesundheit/Versorgung als sinnvoll im eigenem Leben erfahren Gesundheitskompetenz und patientenzentrierte Gesprächsführung sind zentrale Grundlagen für Gesundheit und Gesundung Nowak 2017 4
Gesundheitskompetenz im Alltag unter Bedingungen der Multimorbidität Wo erhalte ich Informationen über Gesundheit und Krankheit, die ich verstehe? Wie gut kann ich im Akutfall meine Symptome beschreiben? Welche Medikamente soll ich einnehmen? Ist es mir möglich, pflegerischen Empfehlungen zu folgen? Finde ich mich in einem Krankenhaus zurecht? Nowak 2017 5
Gesundheitskompetenz als Verhältnis zwischen Person und Umwelt Person System/Umwelt Motivation, Fähigkeiten Gesundheitskompetenz Anforderungen, Komplexität Menschen unterstützen Versorgung gestalten Nowak 2017 6
Definition von Gesundheitskompetenz (Sörensen et al. 2012 / ÖPGK 2016) Gesundheitskompetenz gründet auf allgemeiner Bildung und umfasst das Wissen, Verstehbarkeit die Motivation und Bedeutsamkeit die Fähigkeiten Handhabbarkeit von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Nowak 2017 7
Gesundheitskompetenz in Österreich ist im internationalen Vergleich schlecht Nowak 2017 Quelle: Dietscher et al. 2015 8
Wahrscheinlichkeit chronisch krank zu sein Wer weniger Gesundheitskompetenz hat, wird im Alter eher chronisch krank! Erweitere Österreichstichprobe (N=1800) Quelle: Pelikan 2013 Nowak 2017 9
ÖSTERREICHISCHE PLATTFORM GESUNDHEITSKOMPETENZ (ÖPGK) http://oepgk.at/ Nowak 2017 10
ÖPGK: Überblick» Zweck: Unterstützung der Umsetzung des Gesundheitsziels 3 Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken» Wirkungsbereich: bundesweit, die gesamte Bevölkerung Österreichs» Laufzeit: 2015 2032 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030» Auftrag: Bundesgesundheitskommission 2032» Finanzierung: dzt. Fonds Gesundes Österreich Nowak 2017 11
Aktuelle Aktivitäten der ÖPGK» Darstellung von Maßnahmen und Informationen von Mitgliedern» Zwei Schwerpunkte:» Gute Gesprächsführung in der Krankenversorgung» Gute, evidenzbasierte schriftliche Gesundheitsinformation» Aufbau Wissenscenter inkl. Modelle guter Praxis» Website: oepgk.at» Newsletter» jährliche Konferenz: Nächste Konferenz: 29.11.2017, Linz Nowak 2017 12
Ein neuer strategischer Gesamtrahmen für Gesprächsqualität Nowak 2017 13
Warum ist gute Gesprächsqualität wichtig? Outcomes 1. Verbesserter Gesundheitszustand (z.b. Brown et al. 2001; Loh et al. 2007; Benner et al. 2008; Rakel et al. 2011; Del Canale et al. 2012) 2. Verbessertes Gesundheitsverhalten (z.b. Stewart et al. 2000; Loh et al. 2007; Thompson/McCabe 2012) 3. Höhere Zufriedenheit (z.b. Zandbelt et al. 2007; Lelorain et al. 2012; Street Jr et al. 2012) 4. Höhere Patientensicherheit (z.b. Gandhi 2005; Chen et al. 2008) 5. Weniger Klagen wegen Behandlungsfehlern (Tamblyn et al. 2007) 6. Verbesserte Gesundheit und Arbeitszufriedenheit der Gesundheitsdienste-Anbieter/innen (z.b. Ramirez et al. 1996; Graham et al. 2002; Travado et al. 2005) 7. Gesundheitsökonomische Auswirkungen (Felder-Puig et al. 2006; Thorne et al. 2005) Nowak 2017 14
Outcomes: Beispiel Zufriedenheit (Stahl/Nadj-Kittler 2013; N=111.835 KH-PatientInnen) Prozentualer Erklärungsbeitrag des beta-koeffizienten Nowak 2017 15
Was ist gute Gesprächsqualität? Wissen, Fähigkeiten/ Fertigkeiten und Haltungen auf» sprachlich-interaktiver Ebene ( gute Gesprächsführung ),» inhaltlicher Ebene ( gute Fachinhalte ),» psychosozialer Ebene ( gute Beziehung ),» auf der Ebene des Gesprächssettings ( gutes Umfeld ). (Sator et al. 2015) Nowak 2017 16
Maßnahmen unterstützen verbessert Wirkkette zur Verbesserung der Gesprächsqualität Input Prozesse Output Outcomes Strategie- und Kulturentwicklung Evidenzbasierte Qualitätsentwicklung Aus-/Weiter- /Fortbildung Gesprächs -qualität Gesund- heits- Outcomes Organisationsentwicklung Nowak 2017 17
Was tun? 4 Module für eine Best Practice Einrichtung 1. Basismodul» Unterstützte Selbstbewertung Wie gesundheitskompetent ist unsere Einrichtung? und Evaluation 2. Lokale Organisations- und Prozessentwicklung» Lokale Analyse kommunikativer Herausforderungen» Optimierung der Kommunikationsprozesse im Routinebetrieb 3. Mitarbeiter-Empowerment» Qualitätsgesicherte Basistrainings in Gesprächsführung» Kommunikation mit vulnerablen Zielgruppen» Interprofessionelle, -disziplinäre und -sektorale Kommunikation 4. Patienten- und Angehörigen-Empowerment» Aktivierung von Patientenfragen (z.b. Kampagne)» Adressatengerechte PatientInnen- und Angehörigeninformationen» Patienten- und Angehörigenschulungen, Info-veranstaltungen Nowak 2017 18
Thesen zum Komplexitätsmanagement aus Sicht der Gesundheitskompetenz 1. Ausrichtung: Individualisierte, patientenzentrierte Betreuung mit Fokus auf Stärkung der aktiven Rolle der Betroffenen 2. Gesundheitsprofis brauchen selbst mehr Systemkompetenz» Aufbau von Systemkompetenz und interprofessionelle Kommunikation durch Aus- und Fortbildung 3. Kernkompetenz der Gesundheitsprofis ist Gesprächsführung» Aufbau von Gesprächskompetenz durch Trainings in den Einrichtungen» Neue finanzielle Anreize für gute Gespräche 4. Anleitung (multimorbider) PatientInnen und deren Angehörige ist zentrale Aufgabe aller Gesundheitsprofis» Kompetenzprofile und Finanzierung anpassen 5. Integrierte Informationsversorgung : Wer sagt wem was? Nowak 2017 19
Natürlich könnte ich Ihnen Ihre Situation auch in einfachen Worten erklären. Aber dann wüssten Sie, wie krank Sie sind und was Sie tun könnten. Nowak 2017 20
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! peter.nowak@goeg.at http://oepgk.at/ Nowak 2017 21