Zahlungsdienstevertrag (1) Beispiel: An einem Geldausgabeautomaten werden 1.500 Euro vom Konto des K abgehoben. Seiner Bank B gegenüber behauptet K, er habe kurze Zeit vorher seine ec-karte verloren und konnte dies nicht mehr rechtzeitig melden. 3 Erklärungsmöglichkeiten: 1. K hat das Geld selbst abgehoben = Erteilung einer Autorisierung nach 675 Abs. 1 Satz 1 BGB. Folge: Aufwendungsersatzanspruch nach 675c Abs. 1, 670 BGB (vgl. 675 u) 2. K hat die PIN gemeinsam mit der ec-karte aufbewahrt: Schadensersatz nach 675v Abs. 2 Nr. 1 ivm. 675l Satz 1 BGB. 3. K hat den Verlust der Karte zu spät gemeldet, so dass der Dieb die PIN aus dem Magnetstreifen allein ausrechnen konnte. Hier greift eine tatsächliche Vermutung: Die PIN ist so gut verschlüsselt, dass sie nicht innerhalb von Stunden aus dem Magnetstreifen der Karte ausgelesen werden kann. => Schadensersatz nach 675v Abs. 2 Nr. 1 ivm. 675l S. 2 BGB 1
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Ergebnis: Zahlungsdienstevertrag (2) Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Aufwendungsersatzanspruch nach 675c, 670 BGB entsteht (Alternative: wirksame Autorisierung) oder ein Schadensersatzanspruch nach 675v Abs. 2 Nr. 1 ivm. 675l BGB! Konto des Kunden kann mit dem abgehobenen Betrag belastet werden. Zentrale Erkenntnis: Ohne Autorisierung nach 675j Abs. 1 Satz 1 BGB hat die Bank keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz ( 675u Satz 1 BGB). Geht zurück auf die Zahlungsdiensterichtlinie 1 (2007/64/EG); Änderung durch ZDR 2 steht unmittelbar bevor. 3
Fall 8 (1) (BGH, 16.6.2015 XI ZR 243/13, BB 2015, 2065, Rn. 17 ff.): Victoria (V) hat Kerstin (K) einen Gebrauchwagen verkauft. Vereinbart ist ein Kaufpreis ihv. 10.000 aus 433 Abs. 2 BGB. K mindert den Kaufpreis wegen eines angeblichen Mangels nach 437 Nr. 2, 441 BGB auf 5.000. V bestreitet hingegen das Vorliegen eines Mangels und die Berechtigung der Minderung. K weist ihre Bank (B1) an, 5.000 auf das von V angegebene Konto bei der Bank B2 zu überweisen und dies V mitzuteilen. B1 erledigt den Auftrag noch am selben Tag und teilt dies V telefonisch mit. Bei B2 führt man die Zahlung allerdings nicht aus. Denn das angegebene Konto lautet nicht auf V, die im Überweisungsvordruck als Zahlungsempfängerin ausgewiesen ist, sondern auf eine Hans Altmeyer GmbH. B2 meldet dies B1 und B1 benachrichtigt darauf K. K und B1 vereinbaren daraufhin, dass die Überweisung nicht ausgeführt werden soll. K überweist vielmehr den Betrag i.h.v. 5.000 auf ein andere Konto der V im Wege des Online-Banking. Vor Eingang des Betrages ruft V jedoch bei B1 an und fragt, wo die avisierten 5.000 blieben, über deren Überweisung B1 der V Mitteilung gemacht habe. V spricht mit einem anderen Mitarbeiter der 4
Fall 8 (2) B1, der auf das Problem mit der Kontoinhaberschaft hinweist, aber von der Absprache mit K über das Nichtausführen der Überweisung nichts weiß. V erklärt, dass sie selbst Inhaberin der Firma Altmeyer sei. Nach einem Blick ins elektronische Handelsregister stellt der Mitarbeiter fest, dass dies richtig ist und führt die liegen gebliebene Überweisung nun aus. So gehen bei V zweimal 5.000 ein: einmal über K direkt und einmal über B1. B1 fordert die von ihr weitergeleiteten 5.000 von V heraus. Zu Recht? 5
Fall 8 (3) B1 B2 Zweite 5.000 Euro K Erste 5.000 Euro V 6
Lösung Fall 8 (1) Anspruch B1 gegenüber V aus 812 Abs. 1 Satz 1 zweiter Fall BGB (Nichtleistungskondiktion, Abschöpfungskondiktion). 1. Erlangtes Etwas V hat zunächst 5.000 Euro durch die zweite Zahlung erlangt. 2. Nicht durch Leistung Bewusste zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens.! Zweckrichtung nimmt auf 366 Abs. 1 BGB (Tilgungsbestimmung) Bezug.! Lehre vom objektiven Empfängerhorizont nach 133, 157 BGB a) Leistung B1 an V ob wird vorliegend erkennen, dass zwischen B1 und V kein Schuldverhältnis bestand und deshalb keine Schuld durch Abgabe einer Willenserklärung zu erfüllen war. Eine Leistung von B1 an V kommt nicht in Betracht (-) 7
Lösung Fall 8 (2) b) Leistung K an V aa) Lehre vom objektiven Empfängerhorizont oe erkennt: (1) Zwischen V und K war eine Kaufpreisschuld nach 433 Abs. 2 BGB i.h.v. 10.000 begründet worden. (2) Streit über die Voraussetzungen einer möglichen Minderung nach 437 Nr. 2, 441 Abs. 1 BGB: Zahlung der vollen Summe als Einlenken von K im Streit um die Minderung. (3) Dass zwei Tranchen bei V eingehen ist nicht unüblich, wenn der Absender ein Laie ist. => Aus Sicht des oe stellt sich der Eingang der zweiten 5.000 daher als Leistung des K an V dar. bb) Veranlassungsprinzip Zurechnung gegenüber K? Veranlassung: durch selbstbestimmte Handlung muss die Gefahr eines Missverständnisses bei V in spezifischer Weise erhöht worden sein, und diese Gefahr müsste sich schließlich im Fehlverständnis des V niedergeschlagen haben. 8
Lösung Fall 8 (3) Veranlassung (Fortsetzung) Problem Fall der fehlerhaften Anweisung? Der Anweisende erteilt die Anweisung zunächst und versucht sie nachträglich zu beseitigen. Bislang h.m.: (1) Durch die ursprüngliche Anweisung hat der Anweisende die drei Personen zu einem Leistungsdreieck vereint. (2) Dadurch hat er die Gefahr von Fehlverständnissen beim Anweisungsempfänger in spezifischer Weise erhöht. (3) Kann er diese Gefahr nachträglich nicht mehr ausräumen, ist er verantwortlich. 9
Fall 8 (4) BGH vorliegend (Rn. 23 ff.): Diese Lehre kann nicht mehr aufrechterhalten werden, -) wenn es sich um einen Fall der Autorisierung nach 675j Abs. 1 Satz 1 BGB handelt. -) Denn fehlt eine Autorisierung, ist der Zahler nicht gebunden. Dem Zahlungsdienstleister steht etwa kein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu ( 675u Satz 1 BGB). -) Dieses Prinzip geht auf die Zahlungsdiensterichtlinie 1 (Richtlinie 2006/60/EG) zurück und ist auch für das Bereicherungsrecht bindend. Soweit eine Autorisierung fehlt, liegt europarechtlich keine wirksame Anweisung vor. Der Fall entspricht dem der fehlenden Anweisung (BGH Rn. 18). Fehlt eine Anweisung ganz, muss der vermeintlich Angewiesene (hier B1) den Betrag unmittelbar vom Anweisungsempfänger (hier: V) zurückverlangen. cc) Ergebnis Die zweite Zahlung ist K daher nicht zurechenbar. Eine Leistung von K an V liegt nicht vor. 10
Fall 8 (5) 3. Leistung auf Kosten der B1 (Unmittelbarkeitsprinzip) Ja, weil B1 die 5.000 dem K nach 675u Satz 2 BGB ersetzen muss. Wirtschaftlich betrachtet, müssen die an V geflossenen 5.000 von B1 getragen werden. V ist daher auf Kosten der B1 bereichert. 4. Rechtsgrund Ein Rechtsgrund für den Vermögensabfluss ist nicht in Sicht. 5. Ergebnis Der Anspruch besteht 11
OHG Klausur I. Anspruch Dritter gegen die OHG 1. OHG gegründet ( 105 Abs. 1 HGB) und entstanden ( 123 HGB). a) Gründung nach 105 HGB: Vereinbarung zu einem gemeinsamen Zweck = Betrieb eines Handelsgewerbes (Abs. 1) oder Eintragung in das Handelsregister (Abs. 2). b) Entstehung nach 123 HGB - Eintragung in das Handelsregister (Abs. 1) - Geschäftsaufnahme Abs. 2 = Zustimmung aller Gesellschafter. 2. Vertretung nach 125 ff. HGB. II. Haftung des Gesellschafters 1. Erwerb des Gesellschafterstatuts? 2. Haftung a) 128 Satz 1 HGB = Regelfall b) 130 HGB = Haftung für Altschulden c) 160 HGB = Haftung bei Ausscheiden 12
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