Vor welchen Herausforderungen steht die Landwirtschaft nach 2020? 18. Jahrestagung Thüringer Landwirtschaft Erfurt, 19. Oktober 2017 Jens Schaps Director Agrarmärkte und Marktbeobachtungstelle Generaldirektion Landwirtschaft und Ländliche Entwicklung Europäische Kommission
Rindfleich Schafe und Ziegen Gemischtbetriebe Ackerbau Gemischte Teirhalter Gemischter Ackerbau Milch Oliven Mixed crops Dauerkulturen Veredelung Obst Wein Gemüse 92% Anteil der Direktzahlungen am Betriebseinkommen (FNVA) nach Betriebsformen (2007-2013) 61% 57% 56% 48% 42% 42% 35% 31% 25% 24% 14% 8% 4%
Einige Grundsatzfragen Die Einkommenssicherung ist notwendig Ohne Einkommensstützung wären die meisten Betriebe wirtschaftlich nicht erfolgreich Die Verteilung zwischen den Betrieben und Betriebstypen bleibt umstritten Stärkere Anbindung an Bedingungen und Restriktionen cross compliance, gute ldw Praxis Greening und zusätzliche Umwelt-, Tierschutz- und Klimaschutzauflagen Die Anforderungen an die Betriebsleiter steigen Produktionstechnik, Betriebsmanagement, Investitions- und Finanzierungsbedarf Die Bedeutung der Kontrollen und die Notwendigkeit zur Vereinfachung Fehlerraten sind relativ und benötigen eine Referenz Die niedrigste mögliche Fehlerrate ist nicht in allen Fällen und überall gleich Die Agrarstützung wird sich weiter weg entwickeln vom Ausgleich individueller Ansprüche hin zur Anerkennung der Leistung bei der Erbringung öffentlicher Güter
Die großen Agrarmärkte des Landes Die wichtigen Agrarprodukte in Deutschland Getreide und Ölsaaten Milch und Milchprodukte Rind- und Schweinefleisch und Geflügel Für all diese Sektoren kann man grob zusammenfassen In West Europa sind die Märkte gesättigt Verbrauchszuwächse lassen sich nur in einigen Nischen realisieren dies trifft vor allem für die konventionelle Ldw zu bei Bio-Produkten gibt es Zuwachs Die Gesundheitsdiskussion trifft vor allem Zucker, Milchprodukte und Fleisch wir erwarten hier zumindest in D Rückgang des Pro-Kopf Verbrauchs Zusätzliche Absatzmöglichkeiten ergeben sich in Osteuropa und auf Drittlandsmärkten insbesondere aber für unsere regionalen Spezialitäten mit spezifischen Herkunftsbezeichnungen
Handel mit Agrarprodukten 2005-15 150.000 million Euro 100.000 Export 50.000 0 50.000 100.000 150.000 Import 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 1 Commodities 2 Other primary 3 Processed (incl. wine) 4 Food preparations 5 Beverages 6 Non-edible Balance Source: COMEXT
Die großen Unbekannten Welches Ldw Modell wird sich durchsetzen Kurze Wege, regional Erzeugung und Bio Produkte liegen voll im Trend Herkunftsbezeichnung, artgerechte Tierhaltung und Qualitätserzeugung finden leicht Absatz Welche Preiszuschläge lassen sich langfristig durchsetzten und wird es einen Standard geben Am Ende aber gilt: sind die Modelle wirtschaftlich erfolgreich das Ergebnis ist entscheidend Der Verbraucher bestimmt, was am Markt verkauft wird Die Demographie beeinflusst die Verbrauchsgewohnheiten nachhaltig Gesundheitsbewusste Ernährung aber auch fleischlose und vegane Ernährung steigen Lifestyle und neue Produkte gewinnen an Bedeutung Innovation und Flexibilität Was bedeutet das für die Landwirte Produkte mit kurzen Transportwegen haben Vorteile das spricht für Ihren Standort Innovation und Kreation neuer Produkte unter Ausnutzung der Wertschöpfungskette sind ganz wesentlich auch dieser Punkt spricht für Thüringen
Die wichtigen Zukunftsfragen (1) Wie können wir die Widerstandskraft der LDW gegen Marktschwankungen stärken Reichen die bestehenden Instrumente zur Marktstabilisierung aus Können wir sie schnell genug einsetzten, wirken sie gezielt genug und wie bewerten wir die Ergebnisse im Lichte der jüngsten Marktkrisen Wie lässt sich das individuelle Risikomanagement auf den Betrieben verbessern die negativen Auswirkungen von Preisschwankungen auf die Einkommen stehen dabei im Mittelpunk Sind Erzeuger und Ernährungswirtschaft flexibel genug, um auf veränderte Marktsituationen zu reagieren
Die wichtigen Zukunftsfragen (2) Ist die ldw Erzeugung ausreichend an den Prinzipen der Nachhaltigkeit orientiert Die wachsende Weltbevölkerung benötigt mehr Nahrungsmittel bei geringerem Ressourcenverbrauch Mehr mit Weniger Wasserqualität, Klimaschutz, Biodiversität und Tierschutz sind zentrale Herausforderungen für die moderne EU Ldw All dies ist nur umzusetzen, wenn die Landwirte mitmachen: sie bewirtschaften die Flächen und dazu brauchen sie moderne Produktionsverfahren, finanziellen Ausgleich für höhere Bewirtschaftungskosten und jede Hilfestellung bei der Umsetzung
Die wichtigen Zukunftsfragen (3) Tun wir genug, den Generationswechsel zu fördern Nur 6 Prozent der fast 11 Mio Landwirte in der EU sind jünger als 35 Jahre die jetzt wirtschaftenden Betriebsleiter sind zu 55 Prozent älter als 55 Jahre Für Innovation und Professionalisierung brauchen wir die neue Generation Aus- und Weiterbildung sind das Kernstück einer zukunftsorientierten GAP all das bedeutet Investitionen in die Bildungsstrukturen und die ländliche IT Infrastruktur Finanzhilfen und spezifische Förderinstrument zur Existenzgründung und Modernisierung bestehender Betriebe im Generationswandel sind von entscheidender Bedeutung
Ausnutzung des Exportpotentials Volumenwachstum der Agrarwirtschaft gibt es auf den Märkten der Drittstaaten Hier in erster Linie in den klassischen Industrie- und aufstrebenden Schwellenländer Die Produktionskosten für Rohprodukte sind in Europa hoch diese werden importiert und dienen anschließend als Rohstoffe in der Veredelung Die Produkte aus Europäischer Agra-Exportwirtschaft sind in erster Linie Verarbeitungsprodukte: Fleisch- und Molkereiprodukte, Spirituosen, Wein, Süßwaren Sie haben einen hohen Wertschöpfungsanteil, der im ländlichen Raum entsteht und diesen stärkt Trotzdem: 90 Prozent unserer Agrarproduktion wird in der EU verkauft der Binnenmarkt ist die weitaus stärkste Säule der heimischen Landwirtschaft Exporte können immer nur einen Teilausgleich leisten Konzentration auf einige wenige Märkte schafft andere Probleme (Russland, China)
Ein Ausblick Die ldw Flächen gehen global und lokal zurück Die Flächenproduktivität muss deshalb steigen, wenn wir die globalen Erntemengen halten wollen Investitionen in die Betriebstechnik und die Ausbildung sind ein MUSS Stichwort "Smart Farming" Die Intensität der Tierischen Produktion hat in einigen Regionen die Grenzen des Vertretbaren überschritten hier sehen wir Anpassungen Die EU hat komparative Produktionsvorteile bei vielen Produkten: Milch, Wein, Brotgetreide und den vielen Verarbeitungsprodukten diese Vorteile sollten wir offensiv nutzen Die Bio-Produktion wird weiter wachsen wer bereit ist, sich darauf einzulassen, sollte dies tun Die Nahrungsmittelindustrie hat eine Schlüsselstellung: ohne leistungsfähige Verarbeitung kann die Rohproduktion sich nicht entwickeln wir sehen das schmerzlich bei der Milch Vertragliche Bindungen und faire Lieferbedingungen zwischen Verarbeitern, Handel, Verbrauchern und Erzeugern sind unerlässlich wir arbeiten daran Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung gehen Hand in Hand mit der landwirtschaftlichen Rohproduktion wir haben Verbündete im ländlichen Raum und in den urbanen Zentren: diese müssen wir stärker ansprechen
Einige web links: http://ec.europa.eu/agriculture/index_en.htm http://ec.europa.eu/agriculture/markets-and-prices/index_en.htm http://ec.europa.eu/agriculture/policy-perspectives/index_en.htm http://ec.europa.eu/agriculture/trade-analysis/index_en.htm Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!