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3 Folgen und Stetigkeit 3.1 Folgen Eine Folge ist eine durchnummerierte Zusammenfassung von reellen Zahlen. Sie wird geschrieben als (a 1, a 2, a 3,...) = (a n ) n N. Es ist also a n R. Der Index n gibt an, an welcher Stelle in der Folge die Zahl a n steht. Beispiel 3.1 1. Mit a n = n 2 ist (a n ) n N = (1, 4, 9, 16,...) die Folge der Quadratzahlen in N. 1

2. Mit b n = 1 n ist (b n ) n N = (1, 1 2, 1 3, 1 4,...) die Folge der sogenannten Hauptbrüche in Q. 3. Mit c n = ( 1) n ist 4. Mit d n = 2 n ist (c n ) n N = ( 1, 1, 1, 1, 1,...). (d n ) n N = (2, 4, 8, 16, 32, 64, 128,...) die Folge der Zweierpotenzen. 5. Mit y n = ( 1 3) n ist (y n ) n N = ( 1 3, 1 9, 1 27, 1 81, 1 243,... ). 2

6. Ist x n = (1 + 1 n )n, dann ist (x n ) n N = ( 2, 9 4, 64 27, 625 256,... ) Einige weitere Folgenglieder sind in der folgenden Tabelle angegeben: n 1 10 100 1000 x n 2 2.59374 2.70481 2.71692 n 10000 100000 1000000 x n 2.71814 2.71826 2.71828 3

7. Die sogenannte Fibonacci-Folge ist die Folge (a n ) n N mit a 1 = a 2 = 1 und a n = a n 1 + a n 2 für n 3. Die ersten Folgenglieder sind (a) n N = (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34,...). Die Zahl a n heißt die n-te Fibonaccizahl. Die Fibonacci-Folge heißt rekursiv definiert, da man zur Berechnung eines Folgenglieds a n die vorherigen Folgenglieder benötigt (und Anfangswerte). Die anderen Folgen hingegen sind explizit definiert, da sich jedes a n direkt aus dem Index n berechnen lässt. Man kann auch für die Fibonacci-Folge eine explizite Formel angeben. Man kann zeigen, dass die n-te Fibonacci-Zahl ( ) n ( a n = 1+ 5 2 4 1 ) n 5 2 5.

Folgen lassen sich auch als Abbildungen auffassen: Eine Folge ist eine Abbildung a : N R mit Definitionsbereich N. Für den Wert a(n) an der Stelle n schreibt man üblicherweise a n. Der Wert a n heißt n-tes Folgenglied von a. Wir können eine Folge a = (a n ) n N graphisch veranschaulichen, indem wir die Punkte mit den Koordinaten (n, a n ) für einige Werte von n in ein Koordinatensystem zeichnen. Wir tun dies hier für die ersten sechs Beispiele. 400 Beispiel 3.1.1 1 Beispiel 3.1.2 0.8 300 0.6 200 0.4 100 0.2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 0 5 10 15 20 25 30 x x 5

Beispiel 3.1.4 1 Beispiel 3.1.3 1000 800 0.5 600 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 x 400 0.5 200 1 0 2 4 6 8 10 x 2.7 Beispiel 3.1.6 fuer n<100 Beispiel 3.1.6 fuer n<20 2.6 2.6 2.5 2.5 2.4 2.4 2.3 2.3 2.2 2.2 2.1 2.1 2 0 20 40 60 80 100 x 2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 x 6

Für uns in dieser Vorlesung sind die geometrischen Folgen sehr wichtig: Eine Folge (a n ) n N mit a n 0 für alle n N heißt geometrisch, wenn der Quotient aufeinanderfolgender Glieder konstant ist, wenn es also eine Zahl q R gibt, so dass gilt a n+1 a n = q für alle n N. Beispiel 3.2 denn Die Folge aus Beispiel 3.1.4 ist geometrisch, d n+1 = 2n+1 = 2 für alle n N. d n 2n Ebenso ist jede Folge mit der Vorschrift d n = q n für ein festes q R geometrisch. 7

Die anderen Folgen in Beispiel 3.1 sind nicht geometrisch. So ist etwa für die Folge mit b n = 1 n b 3 b 2 = 2 3, aber b 4 b 3 = 3 4. Beispiel 3.3 Ein Anfangskapital K 0 wird zum Zinssatz von p = 0.05 (also 5%) jährlich verzinst. Dann ist nach n Jahren das Kapital angewachsen auf den Wert K n, der sich wie folgt berechnet (Zinseszins!); und allgemein K 1 = K 0 + pk 0 = (1 + p)k 0, K 2 = K 1 + pk 1 = (1 + p)k 1 = (1 + p) 2 K 0, K 3 = K 2 + pk 2 = (1 + p)k 2 = (1 + p) 3 K 0, K n = (1 + p) n K 0. Die Folge der jährlichen Kapitalmenge (K n ) n N ist also geometrisch, da K n+1 K n = 1 + p für alle n N. 8

Für eine geometrische Folge mit dem konstanten Quotienten a n+1 a n = q gilt a n+1 = qa n und daher a 2 = qa 1, a 3 = qa 2 = q 2 a 1, a 4 = qa 3 = q 3 a 1 und allgemein a n = a 1 q n 1 oder a n = a 0 q n wobei a 0 := a 1 q. Wir können a 0 als das nullte Folgenglied auffassen. Eine geometrische Folge ist also vollständig durch den Quotienten q und einen Anfangswert a 0 (oder a 1 ) bestimmt. 9

Arithmetische Folgen: Eine Folge (a n ) n N heißt arithmetisch, wenn die Differenz aufeinanderfolgender Glieder konstant ist, wenn es also eine Zahl d R gibt, so dass gilt a n+1 a n = d für alle n N. Beispiel 3.4 Die Folge (a n ) n N mit a n = 3n 7 ist arithmetisch, denn a n+1 a n = 3(n + 1) 7 ( 3n 7 ) = 3 für alle n N. Die ersten Folgenglieder sind 4, 1, 2, 5, 8,.... 10

Ist eine Folge (a n ) n N arithmetisch mit der konstanten Differenz a n+1 a n = d für alle n N, dann gilt a n+1 = d + a n und die einzelnen Folgenglieder ergeben sich durch a 2 = d + a 1, a 3 = d + a 2 = d + d + a 1 = 2d + a 1, a 4 = d + a 3 = 3d + a 1 und allgemein a n = (n 1)d + a 1 oder a n = nd + a 0 wobei a 0 = a 1 d wie bei der geometrischen Folge als nulltes Folgenglied interpretiert werden kann. Eine arithmetische Folge ist also vollständig durch die Differenz d und einen Anfangswert a 0 (oder a 1 ) bestimmt. 11

Ähnlich wie für Abbildungen wollen wir nun die Begriffe Monotonie und Beschränktheit für Folgen erklären. Zusätzlich gibt es noch den Begriff der alternierenden Folge (machen Sie sich klar, dass die Begriffe Monotonie und Beschränktheit sowohl für Folgen als auch reelle Funktionen sinnvoll sind, alternierend aber für Abbildungen auf R nicht sinnvoll definiert werden kann). Eine Folge (a n ) n N heißt konstant, falls a n+1 = a n für alle n N gilt. Eine Folge (a n ) n N heißt monoton wachsend bzw. streng monoton wachsend, falls a n+1 a n bzw. a n+1 > a n für alle n N. Eine Folge (a n ) n N heißt monoton fallend bzw. streng monoton fallend, falls a n+1 a n bzw. a n+1 < a n für alle n N. 12

Eine Folge heißt alternierend, falls a n+1 > 0 ist wenn a n < 0 ist und a n+1 < 0 wenn a n > 0 ist. Anders gesagt: a n+1 a n < 0 für alle n N (die Folgenglieder wechseln also in jedem Schritt das Vorzeichen). Beispiel 3.5 Betrachte die Folgen aus Beispiel 3.1. Die Folgen (a n ) n N und (d n ) n N mit a n = n 2 und d n = 2 n sowie die Fibonacci-Folge sind streng monoton wachsend. Die Folge (b n ) n N mit b n = 1 n ist streng monoton fallend. Die Folge (c n ) N mit c n = ( 1) n ist weder monoton wachsend noch monoton fallend. Sie ist alternierend. 13

Die Folge (x n ) n N mit x n = (1+ 1 n )n ist streng monoton wachsend. Das wird zumindest durch den Graphen angedeutet und es lässt sich auch nachrechnen. Außerdem ist auch die Folge der Kapitalmengen in Beispiel 3.3 bei konstanter jährlicher Verzinsung streng monoton wachsend. (Das sollte natürlich auch so sein!) 14

Für die geometrischen Folgen ist das Monotonieverhalten wie folgt: Sei a 0 > 0. Die geometrische Folge mit a n = a 0 q n ist streng monoton wachsend, wenn q > 1 ist, streng monoton fallend, wenn 0 < q < 1 ist, konstant, wenn q = 0 oder q = 1, alternierend, wenn q < 0. Sei a 0 < 0. Die geometrische Folge a mit a n = a 0 q n ist streng monoton fallend, wenn q > 1 ist, streng monoton wachsend, wenn 0 < q < 1 ist, konstant, wenn q = 0 oder q = 1, alternierend, wenn q < 0. 15

Beispiel 3.6 Die Folge mit a n = 5 ( 1 2) n ist streng monoton fallend. Die ersten Folgenglieder sind a 0 = 5 und a 1 = 5 2, a 2 = 5 4, a 3 = 5 8, a 4 = 5 16,..., a 10 = 5 1024. Für a n = 5 ( 1 2) n erhalten wir a0 = 5 und a 1 = 5 2, a 2 = 5 4, a 3 = 5 8, a 4 = 5 16, a 5 = 5 32.... Die Folge ist alternierend. Wir halten fest, dass die Folge ( a n ) der Beträge von a n monoton fallend ist. 16

Eine Folge (a n ) n N heißt beschränkt, falls es eine Konstante M R gibt, so dass a n M für alle n N, d. h. alle Folgenglieder liegen im Intervall [ M, M]. Beispiel 3.7 Betrachte die Folgen aus Beispiel 3.1. Die Folgen (a n ) und (d n ) mit a n = n 2 und d n = 2 n sowie die Fibonacci-Folge sind nicht beschränkt. Die Folge (b n ) mit b n = 1 n ist beschränkt, denn 1 n < 1 für alle n N. Die Folge (c n ) mit c n = ( 1) n ist beschränkt: ( 1) n = 1 für alle n N. Die Kapitalzuwachsfolge aus Beispiel 3.3 ist unbeschränkt. (Wenn man nur lange genug wartet, wird das Kapital beliebig groß.) 17

Eine geometrische Folge mit a n = a 0 q n ist unbeschränkt, wenn q > 1 ist und beschränkt, wenn q [ 1, 1] ist. Zur Beschreibung des Verhaltens einer Folge bei wachsendem Index wird der Begriff Konvergenz eingeführt. Zunächst einige anschauliche Beispiele von Konvergenz. Beispiel 3.8 Die Folgenglieder aus Beispiel 3.1.1, 3.1.4 werden für wachsende n immer größer. Anders gesagt: sie gehen nach +. 400 Beispiel 3.1.1 300 200 100 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 x 18

Die Folgenglieder aus Beispiel 3.1.2 kommen für wachsende n immer näher an die x-achse, anders: die Werte kommen der Null immer näher. 1 Beispiel 3.1.2 0.8 0.6 0.4 0.2 0 5 10 15 20 25 30 x 19

In der Folge aus Beispiel 3.1.3 wechseln sich die Werte 1 und 1 ab. Die Folge kommt weder dem Wert 1 noch dem Wert 1 beliebig nahe, weil immer wieder der jeweils andere Wert angenommen wird. 1 Beispiel 3.1.3 0.5 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 x 0.5 1 Die Folgenglieder aus Beispiel 3.1.5 wechseln sich mit dem Vorzeichen ab, aber wie in Beispiel 2 kommen die Werte der Null, also der x-achse, immer näher. 20

Der Graph der Folge aus Beispiel 3.1.6 deutet an, dass die Folgenglieder zwar stets anwachsen, aber nicht beliebig groß werden, sondern sich einem Wert nähern. Was ist der genaue Wert? Diesen Wert nennen wir den Grenzwert der Folge. 2.7 Beispiel 3.1.6 fuer n<100 Beispiel 3.1.6 fuer n<20 2.6 2.6 2.5 2.5 2.4 2.4 2.3 2.3 2.2 2.2 2.1 2.1 2 0 20 40 60 80 100 x 2 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 x 21

Grenzwert (Limes) von Folgen Eine reelle Zahl a heißt Grenzwert oder Limes einer Folge (a n ) n N, wenn es zu jedem vorgegebenen ɛ > 0 einen von ɛ abhängigen Index n(ɛ) N gibt, so dass a n a ɛ für alle n n(ɛ). Eine Folge (a n ) n N heißt konvergent wenn sie einen Grenzwert a R besitzt. In diesem Fall schreiben wir: lim a n = a oder a n a für n. n Sprechweise: Limes n gegen unendlich von a n ist gleich a, oder: a n konvergiert gegen a für n gegen unendlich. Ist der Grenzwert a = 0, so heißt die Folge eine Nullfolge. 22

Man kann sich die Konvergenz gegen a auch folgendermaßen klar machen: Eine Folge (a n ) n N konvergiert gegen ein a R genau dann, wenn für alle ɛ > 0 nur endlich viele Folgenglieder nicht im Intervall [a ɛ, a+ɛ] liegen; ein solches Intervall heißt auch eine ɛ-umgebung von a. Alternative Sprechweise: fast alle Folgenglieder (d.h. mit Ausnahme von höchstens endlich vielen) liegen im Intervall [a ɛ, a + ɛ]. 23

Ist eine Folge nicht konvergent, so heißt sie divergent. Man sagt auch die Folge divergiert. Wir können auch noch verschiedene Arten der Divergenz unterscheiden. Die Folge a n = n verhält sich sicherlich anders als die Folge ( 1) n n oder ( 1) n. Eine Folge (a n ) n N heißt bestimmt divergent nach, falls es zu jedem M ein n 0 so gibt, dass a n M für alle n n 0, gilt, d.h. die Folgenglieder werden beliebig groß. Entsprechend wird bestimmte Divergenz nach erklärt. Schreibweise: lim n a n =, bzw. lim n a n =. 24

Achtung: Wir sagen nicht, dass die Folge gegen konvergiert. Wenn wir von Konvergenz sprechen, meinen wir stets Konvergenz gegen eine reelle Zahl, nie gegen ±! Beispiel 3.9 Die Folge a mit a n = n 2 aus Beispiel 3.1.1 ist divergent (bestimmte Divergenz nach ). Die Folge b mit b n = 1 n ist eine Nullfolge. Die Folge c mit c n = ( 1) n ist divergent. Die Folge d mit d n = 2 n ist bestimmt divergent nach. Die Folge y mit y n = ( 1 3) n ist eine Nullfolge. 25

Die Folge x mit x n = (1 + 1 n )n ist konvergent, ihr Grenzwert ist die Eulersche Zahl e, also ( 1) n e := lim 1 + 2.7182818 n n Wir gehen darauf später noch genauer ein. Die Fibonacci-Folge ist bestimmt divergent gegen. Aus der Definition der Konvergenz folgt sofort Jede konvergente Folge ist beschränkt. 26

Wir wollen im nächsten Beispiel das Konvergenzverhalten der arithmetischen und geometrischen Folgen sowie der Folgen 1 ( 1)n n und n zusammenfassen. Beispiel 3.10 ( 1) n n a n a + nd aq n 1 (a > 0) n monoton steigend d 0 q 1 nein nein streng monoton steigend d > 0 q > 1 nein nein monoton fallend d 0 0 q 1 ja nein streng monoton fallend d < 0 0 < q < 1 ja nein beschränkt d = 0 1 q 1 ja ja konvergent d = 0 1 < q < 1 q = 1 ja ja Limes a 0 a 0 0 Wir geben jeweils an, für welche Werte von a, d, q die Folgen die entsprechende Eigenschaft haben. 27

Ein sehr wichtiges Konvergenzkriterium ist das folgende: Jede beschränkte und monotone Folge (a n ) n N konvergiert, d.h. es gibt ein a R, so dass lim n a n = a. 3 Beispiel 3.11 Die Folge (n+1) ist monoton (fallend) und beschränkt, also konvergent, und der Grenzwert ist 0. Die Folge ( 1)n2 7n ist nicht monoton (aber beschränkt). Diese Folge ist auch konvergent (ihr Grenzwert ist ebenfalls 0). Es kann also durchaus nicht monotone Folgen geben, die konvergieren. Unbeschränkt kann eine konvergente Folge aber nicht sein! 28

Rechenregeln für Grenzwerte Seien (a n ) n N, (b n ) n N konvergente Folgen mit Dann gilt: lim a n = a und lim b n = b. n n 1. (a n ± b n ) n N ist konvergent mit lim (a n ± b n ) = a ± b. n 2. (a n b n ) n N ist konvergent mit lim (a n b n ) = a b. n 29

3. Sei b 0. Dann gibt ( es ein ) n 0 N mit b n 0 für alle an n n 0, und die Folge ist konvergent mit b n n n 0 lim n a n b n = a b. 4. Sei λ R. Dann ist auch die Folge (λa n ) n N konvergent mit lim (λa n) = λa. n Wir geben gleich eine Menge an Beispielen an, wie wir die oben angegebenen Sachverhalte ausnutzen können. Wir müssen, grob gesagt, den algebraischen Ausdruck, der die Folgenglieder a n definiert, in Teilausdrücke zerlegen, von denen wir dann jeweils die Grenzwerte kennen. 30

Bevor wir zu den Beispielen kommen, hier ein weiteres wichtiges Konvergenzkriterium: Ausquetschen Seien (a n), (a n) konvergente Folgen mit Ist (a n ) eine Folge mit lim n a n = a = lim a n. n a n a n a n für alle n, dann gilt auch lim a n = a. n Als Spezialfall erhalten wir für Nullfolgen: Sei (a n) eine Nullfolge. Ist (a n ) eine Folge mit a n a n für alle n dann ist auch (a n ) eine Nullfolge. 31

Beispiel 3.12 (1) Für k N ist (2) lim n 3n 2 + 1 n 2 lim n 1 n k = 0. = lim (3 + 1 n n2) = lim 3 + lim n n 1 n 2 = 3. (3) Für a R mit a < 1 ist lim n an = 0. 32

(4) Sei a n = n + 1 n, n N. Bei dieser Folge hilft ein Umformungstrick weiter: und daher ist n + 1 n = ( n+1 n)( n+1+ n) n+1+ n = n+1 n n+1+ n = 1 n+1+ n lim ( n + 1 n) = 0. n Warnung: Bei einem Grenzwert lim n n + 1 n versuchen viele Anfänger etwa wie folgt zu argumentieren: lim ( n + 1 n) = lim n + 1 lim n = = 0. n n n Das geht aber so nicht, weil der Grenzwert der Summe zweier Folgen nur dann die Summe der Grenzwerte dieser beiden Folgen ist, wenn 33

die beiden Grenzwerte existieren. Das ist aber in unserem Beispiel nicht der Fall.Außerdem macht ein Ausdruck der Form keinen Sinn! Die oben angegebene Umformung ist somit falsch!!! Überlegen Sie sich bitte, dass man mit so einem Argument zeigen könnte lim n ((n + 1) n) = lim n (n + 1) lim n (n) = 0, obwohl natürlich lim (n + 1 n) = lim (1) = 1 n n gilt. 34

Beispiel 3.13 Als einen etwas komplizierteren Grenzwert wollen wir hier zeigen n n = 1 lim n Dazu benötigen wir den binomischen Lehrsatz (a + b) n = n i=0 ( ) n a i b n i i Hier ist (gelesen: n über i), wobei ( ) n i = n! i!(n i)! m! = m (m 1) (m 2)... 2 1 die Fakultät von m ist (das ist das Produkt aller natürlichen Zahlen 35

m). Machen wir uns dies an einem Beispiel klar: (a + b) 3 = (a + b) 2 (a + b) = (a 2 + 2ab + b 2 )(a + b) = = a 3 + 3a 2 b + 3ab 2 + b 3 Der binomische Lehrsatz verallgemeinert also die binomischen Formeln (Spezialfall n = 2). Wir wollen etwas über die Konvergenz von a n = n n aussagen. Dazu definieren wir b n = a n 1 und berechnen (b n + 1) n mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes: n n = (b n + 1) n = n i=0 ( ) n b i i n1 n i = weil ja b n + 1 = n n. Die Gleichung (3.1) zeigt ( ) n bn 2 n, 2 36 i=0 ( ) n b i i n, (3.1)

weil b n 0 (beachte: a n 1), also n(n 1) b 2 n n, also b n 2 Wegen b n 0 erhalten wir somit 2 n 1. 0 b n und deshalb ( Ausquetschen ) 2 n 1 lim b n = 0, also lim (b n + 1) = lim n n = 1. n n n 37

Wir haben bereits ein Beispiel einer Folge gesehen, die die Entwicklung eines Anfangskapitals K 0 bei einer p prozentigen Verzinsung beschreibt. Wenn x = p/100 ist, gilt für das Kapital nach m Jahren K m = (1 + x) m K 0 nach einem Jahr also (1 + x)k 0. Nun könnte man es doch als fair empfinden, wenn man statt einmal jährlich p Prozent Zinsen zu bekommen, monatlich p/12 Prozent gutgeschrieben bekommt. Dann wäre das Kapital nach einem Jahr ( 1 + x 12) 12 K0. Bei einer täglichen Verzinsung ist das schon ( 1 + x ) 365 K0. 365 Vergleichen wir, wie stark sich das Kapital bei den diversen Verzinsungssmodellen und x = 0.05, d.h. bei einer 5 prozentigen Verzin- 38

sung, vergrößert: ( 1 + x 1 + x ) 12 ( 1 + x 12 365 1.05 1.05116 1.05127 Genauere Untersuchungen zeigen: ) 365 ( lim 1 + 1 n = e 2.71828... n n) und deswegen lim (1 + x ) n = e x n n Die Zahl e heißt Eulersche Zahl. Die unterschiedlichen Modelle können sich nach mehreren Jahren schon bemerkbar machen, wenn auch nicht sehr dramatisch. 39

Wir können die Exponentialfunktion e x oder, wenn es um das Wachstum in m Jahren geht, die Funktion e mx = (e x ) m als eine Grenzfunktion interpretieren, die das Wachstum bei einer kontinuierlichen oder stetigen Verzinsung beschreibt. Wir setzen wieder x = 0.05: (1 + x) m ( 1 + x 12) 12m e mx m = 1 1.05 1.0512 1.0513 m = 2 1.1025 1.1049 1.1052 m = 5 1.2763 1.2834 1.2840 m = 10 1.6289 1.6470 1.6487 m = 20 2.6533 2.7126 2.7183 m = 30 4.3219 4.4677 4.4817 40

3.2 Stetigkeit und Grenzwerte Anschaulich gesprochen ist eine Funktion stetig, wenn ihr Graph sich zeichnen lässt, ohne den Stift abzusetzen. Das ist natürlich keine präzise mathematische Definition und auch nicht immer eine brauchbare Beschreibung. Zunächst einige einfache Beispiele. Beispiel 3.14 Der Graph der Funktion f : [0, 5] [0, 5], f(x) = { x, falls x [0, 2], 3, falls x (2, 5] ist gegeben durch 41

3 ο 2.5 2 1.5 1 0.5 0 1 2 3 4 5 x Offensichtlich hat die Funktion f an der Stelle 2 eine Sprungstelle. Die nächsten Beispiele sollten Ihnen aus dem Abschnitt über rationale Funktionen vertraut sein. Beispiel 3.15 Wir betrachten die Funktion f : R R, f(x) = x x 3 = x 3 + 3 x 3 42 = 1 + 3 x 3.

Da f(x) für x = 3 nicht definiert ist, ist der maximale Definitionsbereich D(f) = R\{3}. Der Graph von f hat die folgende Gestalt 15 10 5 0 2 3 4 5 x 5 10 15 Bei Annäherung der Argumente x von links gegen 3 werden die Funktionswerte beliebig klein, bei Annäherung von rechts beliebig groß. 43

Beispiel 3.16 Die Funktion f : R R, f(x) = (x 1)2 (x + 2) (x 1) 2 hat den Definitionsbereich D(f) = R\{1} und den Graphen 5 4 3 ο 2 1 3 2 1 1 2 3 1 x Die Funktion ist zwar an der Stelle x 0 = 1 nicht definiert, aber offensichtlich kann durch Hinzunahme des Punktes (1, 3) der Graph 44

geschlossen werden. Es gibt also eine schöne Ersatzfunktion g(x) = x + 2, die nach Hinzunahme des Punktes (1, 3) entsteht. Wir wollen nun den Begriff der Stetigkeit formal sauber erklären. Dazu müssen wir den Begriff des Grenzwerts einer Folge etwas verallgemeinern. Sei f : R R eine Funktion mit Definitionsbereich D. Ferner sei x 0 R und a R. Dann heißt a linksseitiger Grenzwert von f an der Stelle x 0, falls es für alle ε > 0 ein δ > 0 gibt, so dass aus x D (x 0 δ, x 0 ) stets f(x) a < ε folgt. Wir schreiben dann lim f(x) = a. x x 0 45

Analog definiert man rechtsseitigen Grenzwert, indem man (x 0 δ, x 0 ) durch (x 0, x 0 + δ) ersetzt. In dem Fall, dass a rechtsseitiger Grenzwert an der Stelle x 0 ist, schreibt man lim f(x) = a. x x 0 Besonders wichtig ist der Fall, dass rechts- und linksseitiger Grenzwert existieren und gleich sind: a heißt Grenzwert an der Stelle x 0, wenn a links- und rechtsseitiger Grenzwert an x 0 ist, Schreibweise: lim f(x) = a. x x 0 Anschaulich bedeutet lim x x0 f(x) = a, dass die Funktionswerte f(x) dem Wert a beliebig nahe kommen, wenn die x-werte aus der Nähe von x 0 kommen (aber x 0 sind). 46

Es kann vorkommen, dass eine Funktion gar keinen rechtsseitigen Grenzwert an der Stelle x 0 hat, aber einen linksseitigen oder umgekehrt. Sie kann auch weder einen rechtsseitigen noch einen linksseitigen Grenzwert an x 0 haben. Beispiel 3.17 Die Funktion in Beispiel 3.14 f : [0, 5] [0, 5], f(x) = { x, falls x [0, 2], 3, falls x (2, 5] hat an der Stelle x 0 = 2 den linksseitigen Grenzwert 2 und den rechtsseitigen Grenzwert 3, also: lim f(x) = 2 und lim f(x) = x 2 x 2 3. Der linksseitige Grenzwert stimmt mit dem Funktionswert f(2) überein. 47

Die Funktion in Beispiel 3.15 f : R R, f(x) = x x 3 = x 3 + 3 x 3 = 1 + 3 x 3. hat an der Stelle x 0 = 3 weder einen linksseitigen noch einen rechtsseitigen Grenzwert. Die Funktion in Beispiel 3.16 f : R R, f(x) = (x 1)2 (x + 2) (x 1) 2 hat an der Stelle x 0 = 1 den Grenzwert 3, also lim x 1 f(x) = 3. 48

Stetigkeit lässt sich mit Hilfe von Grenzwerten definieren. Eine Funktion f : R R ist stetig an der Stelle x 0 D(f), wenn f an der Stelle x 0 einen linksseitigen und einen rechtsseitgen Grenzwert hat und diese beide mit dem Funktionswert f(x 0 ) übereinstimmen, wenn also gilt: lim f(x) = lim f(x) = lim f(x) = f(x 0 ). x x 0 x x0 x x0 Wir nennen eine Funktion stetig auf ihrem Definitionsbereich, wenn die Funktion in allen Punkten des Definitionsbereiches stetig ist. 49

Es gibt folgenden nützlichen Zusammenhang zwischen dem Grenzwert einer Folge und dem Grenzwert einer Funktion f, sofern f stetig ist: Sei f eine auf (a, b) stetige Funktion. Ferner sei x (a, b) und x n eine Folge reeller Zahlen mit x n (a, b) für alle n. Wenn dann lim n x n = x gilt, so ist lim f(x n) = f(x). n Es genügt hier sogar, x n (a, b) nur für alle n > n 0 für eine Zahl n 0 N zu verlangen. Dieser Satz hat z.b. wegen der Stetigkeit der Wurzelfunktion folgende Konsequenz: Ist a n 0 für alle n N und lim n a n = a, dann ist lim n an = a. 50

Hier sind noch einige Sprechweisen für Spezialfälle: Wenn x 0 D(f) ist und lim f(x) und lim f(x) beide existieren, aber verschieden sind, dann heißt x 0 Sprungstelle x x0 x x0 von f. Wenn x 0 D(f) ist und lim f(x) existiert (also lim x x0 und lim f(x) beide existieren und übereinstimmen) aber von x x0 f(x 0 ) verschieden ist, heißt x 0 eine hebbare Unstetigkeitsstelle. x x0 f(x) Ist x 0 D(f) und lim x x0 f(x) existiert, so heißt x 0 eine hebbare Definitionslücke. 51

Beispiel 3.18 Für die Funktion f : R R, f(x) = { 2x + 7, x 4, 13, x = 4 mit dem Graphen 18 16 ο 14 12 2 3 4 5 6 x ist x 0 = 4 eine hebbare Unstetigkeitsstelle. 52

Rechenregeln für Grenzwerte Wenn lim x x0 f(x) und lim x x0 g(x) existieren, dann existieren auch lim (f(x) ± g(x)) und lim (f(x) g(x)), x x 0 x x0 und es ist lim (f(x) + g(x)) = lim f(x) + lim x x 0 x x0 lim (f(x) g(x)) = lim f(x) lim x x 0 x x0 lim (f(x) g(x)) = lim f(x) lim g(x). x x 0 x x0 x x0 x x0 g(x) x x0 g(x) Ist außerdem lim g(x) 0, dann existiert auch lim x x0 ist f(x) lim x x 0 g(x) = lim x x 0 f(x) lim x x0 g(x) 53 x x0 f(x), und es g(x)

Entsprechende Aussagen gelten für einseitige Grenzwerte. Rechenregeln zur Stetigkeit Seien f, g : R R Funktionen, die beide in x 0 D(f) D(g) stetig sind. Dann sind auch die Funktionen f ± g : R R, f g : R R, λf : R R (für alle λ R) stetig in x 0. Ist zudem g(x 0 ) 0, dann ist auch die Funktion f g : R R stetig in x 0. Seien f : R R und g : R R Funktionen mit W (f) D(g). Ist f in x 0 stetig, und ist g in f(x 0 ) stetig, dann ist auch die zusammengesetzte Funktion g f : R R in x 0 stetig. 54

Stetige Funktionen haben sehr schöne und anschauliche Eigenschaften. Satz 3.1 Sei f : R R eine auf [a, b] D(f) stetige Funktion. Dann ist f beschränkt, und es gibt x min, x max [a, b], so dass gilt: f(x min ) f(x) f(x max ) für alle x [a, b]. (Eine stetige Funktion nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall ihr Minimum und Maximum an.) 55

Satz 3.2 (Zwischenwertsatz) Sei f : R R eine auf [a, b] D(f) stetige Funktion. Dann gibt es zu jedem y 0 R zwischen f(a) und f(b) (d.h. f(a) y 0 f(b) oder f(b) y 0 f(a)) ein x 0 [a, b] mit f(x 0 ) = y 0. (Eine stetige Funktion nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall jeden Zwischenwert an.) Ist in dieser Situation f(a)f(b) < 0, dann hat f eine Nullstelle in [a, b]. Dies lässt sich benutzen, um Nullstellen näherungsweise zu berechnen. 56

Beispiel 3.19 Die Funktion hat den Graphen f : R R, f(x) = x 3 + 3x 2 5x 1 10 x 5 4 3 2 1 1 2 0 10 20 also drei Nullstellen zwischen 5 und 2. 57

Ist der Definitionsbereich von f kein abgeschlossenes Intervall, dann sind die obigen Eigenschaften stetiger Funktionen im allgemeinen nicht gegeben. Beispiel 3.20 Die Funktion 1/x ist auf dem offenen Intervall (0, 3) definiert und dort stetig. Sie nimmt dort aber kein Maximum oder Minimum an. Die Funktionen, die wir bislang kennengelernt haben, sind fast alle stetig: Polynome, rationale Funktionen, sowie die Exponential- und Logarithmusfunktionen sind alle stetig auf ihrem Definitionsbereich. Nicht stetig auf dem ganzen Definitionsbereich hingegen sind Treppenfunktionen! 58

Uneigentliche Grenzwerte Werden die Funktionswerte in der Nähe einer Stelle x 0 beliebig groß (positiv oder negativ), so spricht man von einer Polstelle. Das soll hier präzisiert werden: Sei f : R R eine Funktion mit D(f) = D. Ferner sei x 0 R. Falls es für alle beliebig großen M R + ein δ R + gibt, so dass für alle x D (x 0 δ, x 0 ) stets f(x) > M gilt, dann sagen wir f geht linksseitig nach Falls stets f(x) < M folgt, dann sagen wir f geht linksseitig nach. Schreibweise: lim f(x) = +, lim f(x) =. x x0 x x0 Man nennt ± uneigentliche Grenzwerte. 59

Analog definiert man lim x x0 f(x) = + bzw. lim x x0 f(x) =. Gilt lim f(x) = ± und lim f(x) = ± (wobei auch verschiedene x x0 x x0 Vorzeichen vorkommen können), so schreibt man lim f(x) = ±. x x0 In diesem Fall heißt x 0 eine Polstelle von f. Ist das Vorzeichen bei links- und rechtsseitiger Annäherung x x 0 gleich, so schreiben wir lim f(x) = + bzw. lim f(x) =. x x0 x x0 60

Wir wollen dies am Beispiel erläutern: Beispiel 3.21 Die Funktion aus Beispiel 3.15 f : R R, f(x) = x x 3 = 1 + 3 x 3. geht an der Stelle x 0 = 3 linksseitig nach und rechtsseitig nach +, also lim f(x) = und lim f(x) = +, d.h. lim f(x) = ±. x 3 x 3 x 3 Die Funktion f : R R, f(x) = 2 (x 4) 2 geht für x 0 = 4 beidseitig nach +, also lim x 4 f(x) = +. 61

Wir wollen abschließend noch das Verhalten von Funktionen für x ± untersuchen. Wir beginnen mit der Situation, dass f für x gegen eine Zahl a R konvergiert: Sei f : R R eine Funktion. f heißt für x (bzw. x ) konvergent gegen a R, falls es für alle ε > 0 ein t(ε) > 0 gibt, so dass gilt ist x > t(ε), dann folgt f(x) a < ε (bzw. ist x < t(ε), dann folgt f(x) a < ε). Wir schreiben dann lim x = a bzw. lim x = a. 62

Wir kommen nun zu der Situation, dass für große Werte von x die Funktion f nach strebt: Die Funktion f : R R geht für x nach (bzw. ), falls es für alle M > 0 ein t(ε) > 0 gibt, so dass gilt ist x > t(ε), dann folgt f(x) > M bzw. ist x > t(ε), dann folgt f(x) < M. Man schreibt dann lim x = (bzw. lim x = ). Analog für x. Ist f nicht konvergent, so nennen wir f divergent. Wenn f nach strebt, so sprechen wir von bestimmter Divergenz. 63

Es gelten für die Grenzwerte lim x die analogen Rechenregeln wie für Grenzwerte bei Konvergenz x x 0. Im Fall bestimmter Divergenz darf man mit dem Symbol nicht rechnen wie mit reellen Zahlen, z.b. machen Ausdrücke der Form oder keinen Sinn! Beispiel 3.22 1. f(x) = 3x2 2x + 5 x 2 + 6 3 2.5 2 1.5 1 60 40 20 0 20 40 60 x 64

Der Graph zeigt lim x f(x) = 3 = lim f(x). x Beweisen lässt sich dies durch Umformung zu und Benutzen von Wir notieren noch lim x ± 3 2 x + 5 x 2 1 + 6 x 2, 1 = 0 für alle n N. xn lim x xn = für alle n N. 65

2. f(x) = 2x 3 + 17x 2 + 10x + 20 600 400 200 4 2 2 4 6 8 10 x Der Graph zeigt lim f(x) = und lim f(x) = und x x dies lässt sich mit den gleichen Methoden wie in 1. zeigen: f(x) = x 3 ( 2 + 17 x + 10 x 2 + 20 x 3). 66

3. lim x e x = und lim x ex = 0. 4. f(x) = ex + 2. Der Graph e 2x 2 2 1 6 4 2 2 x 4 6 0 1 2 3 zeigt lim f(x) = 0 und lim f(x) = 1. Der zweite Grenzwert folgt sofort aus den üblichen Rechenregeln zusammen mit x x dem vorigen Beispiel. 67

Der erste Grenzwert folgt aus f(x) = 1 + 2 e x e x 2 e x. Wir sehen, dass der Zähler hier gegen 1 geht, der Nenner konvergiert gegen, der Quotient geht also gegen 0. Lax gesprochen: a = 0, wobei a R. 68