Sprungkrafttraining Warum sind Schweizer Springer/innen international nicht konkurrenzfähig? Physiologische Voraussetzungen und Mechanismen im Bewegungsapparat des Menschen bei der Realisierung von Sprungbewegungen Anpassungen von Sprungtraining auf den Bewegungsapparat Planung: Einbau des Sprungkrafttrainings im Gesamttrainingsplan
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Der Bewegungsapparat des Menschen ist auf die Erbringung mechanisch anspruchsvoller Leistungen vorbereitet Skelett (Knochen): Gibt Halt und Struktur für die inneren Kräfte bei der Ausführung von Bewegungen Funktionsbereiche: Ermöglichen die Ausführung unterschiedlichster Bewegungen und Bewegungsvarianten Wirbelsäule Schultergürtel Becken und Hüfte Untere und Obere Extremität Neuromuskuläres System: Stellt komplexe Steuerungsleistungen für die Ausführung unterschiedlichster Bewegungsaufgaben zur Verfügung J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 7
Der Aufbau der Skelettmuskulatur J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 8
Die Muskelspindel: Reflexauslöser J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 9
Mechanisches Modell drs Muskel- Sehnen-Systems nach Hill J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 10
Physiologische Mechanismen im Dehnungs- Verkürzungszyklus (DVZ) Dehnungs-Verkürzungszyklus Kurzer DVZ (<200ms): z.b. Sprint, Lauf, Sprung Langer DVZ (>200ms): z.b. Abwurfbewegungen SRES : Short Range Elastic Stiffness : Der initiale Widerstand des Muskels gegen schnelle Dehnung Wird gewährleistet durch die Querbrückenbildung zwischen Aktin und Myosin, verstärkt durch Vorinnervation Funktion: Aufladung der Muskelspannung durch externe Kräfte (z.b. durch die Bremswirkung beim Sprungfussaufsatz) bricht nach ca. 5ms zusammen Der Streckerreflex : Bei schneller Dehnung eines Muskel-/Sehnenkomplexes wird ein Reflex ausgelöst dies führt zu einer Verstärkung der Muskelkontraktion Elastische Effekte durch Muskeln, Faszien und Sehnen Dämpfung von Belastungsspitzen und zeitlich verschobene Verstärkung von Kräften Vorübergehende Energiespeicherung durch Spannungszunahme im Gewebe Energierückgabe im mechanisch günstigsten Moment J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 11
-0.05 sec Die Oberschenkelmuskulatur (Vastus) wird durch eine (messbare!) Vorinnervation bereits kurz vor dem Fussaufsatz zum Absprung unter Spannung gesetzt. 0.00 sec Das Sprungbein wird schlagartig zum Absprung aufgesetzt. Durch die SRES kann der Muskel der Dehnung für ca. 5 ms einen Widerstand entgegensetzen, wodurch sich die Spannung im Muskel deutlich erhöht. 0.05 sec Die Oberschenkelmuskeln des Knies werden schlagartig gedehnt, die gesamte untere Extremität elastisch verformt. Dadurch wird in den Muskelspindeln der Streckerreflex ausgelöst. 0.10 sec J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 12 Dies ermöglicht eine reflexbedingt verstärkte Innervation des Vastus, das Knie kann sich wieder strecken. Nach Überwindung der Amortisationsphase kontrahiert sich die Streckmuskulatur und das Knie wird für den Absprung gestreckt. 0.15 sec Die in der Muskulatur, den Sehnen, der Gelenkkapsel, dem Becken, der Wirbelsäule und den Knochen gespeicherte elastische Energie wird in der Endphase des Absprungs ebenfalls auf den Boden übertragen und trägt so zusätzlich zur Abfluggeschwindigkeit bei.
Positive Folgen der natürlichen physiologischen Mechanismen beim Sprung Verstärkung der Absprungkraft Durch die Reflexaktivität können höhere Muskelspannungen erzeugt werden als bei willkürlicher Kontraktion Dämpfung der Reaktionswirkungen auf den Bewegungsapparat Die Eigenschaften von Sehnen, Bändern und Knorpeln werden Belastungsspitzen herausgefiltert Verbesserung der Effizienz durch Verringerung des für eine bestimmte Bewegung nötigen Energieeinsatzes im Vergleich zur rein willkürlichen Bewegungssteuerung Die reflexhaft gesteuerte Muskelaktivität verbraucht weniger Energie als willkürliche Kontraktionen J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 13
Physiologische Anpassungen durch Sprungkrafttraining Verdichtung der Knochen- und Gelenksstruktur beteiligter Körperteilmassen Verstärkung von Sehnen- und Bänderansatzstellen am Knochen, der Sehnen und Bandfestigkeit Herausbildung sportartspezifischer Mechanismen im neuromuskulären System sowie Verbesserung des anaerob-alaktaziden Stoffwechsels Aber Achtung: Die Zeitdauer der unterschiedlichen Anpassungsprozesse ist sehr unterschiedlich, dauert in den meisten Fällen mehr als 24 Stunden bis zu zehn Tage! Daraus können Verletzungsprobleme resultieren: Überlastung vor allem von Sehnenund Kapselstrukturen bei zu schneller Belastungssteigerung bzw. ungenügender Vorbereitung und Flankierung der Belastung: Knie (Patellasehne) Fuss (Plantarsehne) Sprunggelenk (Achillessehne) Knochenhaut Wirbelsäule (Bandscheiben) J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 14
Leistungsbestimmende Faktoren: Beispiel Zehnkampf 100 LJ SP HJ 400 Schnelligkeit Sprintkraft Sprungkraft Maximalkraft 110H DT PV Technik Wurfkraft Aufrollkraft JT SKA 1500 Ausdauer J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 15
Transfer von Trainingseffekten Technik Schnelligkeit Spezielle Kraft Maximalkraft Funktioneller Zustand J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 16
Trainingsrhythmus - Mikrozyklus Tag 1 Tag 2 Tag 3 Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge ohne Belastung der unteren Extremität mit Belastung der unteren Extremität J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 17
Trainingsrhythmus - Wochenplan Tag 1 Montag Tag 2 Dienstag Tag 3 Mittwoch Tag 4 Donnerstag Tag 5 Freitag Tag 6 Samstag Tag 7 Sonntag Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Pause Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Allgemeine Athletik Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Allgemeine Athletik Allgemeine Athletik Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Allgemeine Athletik Technikelemente Technikelemente ohne Belastung der unteren Extremität mit Belastung der unteren Extremität ohne Belastung der unteren Extremität mit Belastung der unteren Extremität ohne Belastung der unteren Extremität J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 18
Trainingsrhythmus - Mesozyklus Tag 1 Montag Tag 2 Dienstag Tag 3 Mittwoch Tag 4 Donnerstag Tag 5 Freitag Tag 6 Samstag Tag 7 Sonntag Woche 1 Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Pause Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Woche 2 Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Woche 3 Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Maximalkraft Arme Technik Schnelligkeit (alle Formen, auch: Hürde, Tempolauf etc.) Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Spezielle Kraft Arme oder Turnen Maximalkraft Beine Horizontalsprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge Technikelemente Spezielle Kraft Beine oder beidbeinige Sprünge J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 19
Kombination von Sprungkraft- und Krafttraining J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 20
Was geschieht bei der Verwendung von weichen Matten beim Sprungtraining? Matten werden oft als eine Möglichkeit gesehen, schädliche Belastungen vom Bewegungsapparat fernzuhalten, sowie durch barfuss üben die Propriozeption zu verbessern. Aber: Die schlagartige Dehnung des Muskels wird gedämpft, das natürliche Timing der neuromuskulären Abläufe und Effekte wird gestört und verlängert, kann dadurch sogar zu Verletzungen und Überlastungen führen! Bessere Strategie: Kräftigung der Füsse in der grundlegenden Vorbereitung (Bergwandern) und durch eigenständige Trainingsformen (Fussgymnastik, Gehübungen, auch mit Belastung)! Dünne Matten zur Dämpfung ohne Störung des neuromuskulären Timings oder Naturboden mit natürlicher Dämpfung sind sinnvoll! Sicherung einer Sorgfältige Übungsauswahl und -gestaltung, die sich am tatsächlichen Ausbildungsstand der Athleten orientiert! J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 21
Sprünge auf Matten? Für Sprint, Lauf und Sprungdisziplinen: Beim kurzen DVZ : Auf keinen Fall, weil die Aufeinanderfolge der körpereigenen Mechanismen: SRES, Reflex, Elastische Effekte massiv gestört wird! Höchstens zu Beginn eines neuen Trainings- und Wettkampfjahres könnten einige wenige einführende Für die Wurf- und Stossdiziplinen: Beim langen DVZ : möglich, aber nicht erforderlich Wegen der anderen Zeitstruktur und längeren Dauer von Abwurfbewegungen ist die Verwendung von Matten nicht per se schädlich! Dennoch bleibt die Frage nach dem Sinn J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 22
Vorbereitung des Sprungkrafttrainings: Beinachsenstabilisierung J+S Leichtathletik / J+S Athlétisme 23