Fallvorstellung Onkologische Tageskliniken 15. April 2008. Barbara Denecke



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Transkript:

Fallvorstellung Onkologische Tageskliniken 15. April 2008 Barbara Denecke

59-jährige Patientin seit mehreren Wochen: Unwohlsein, Müdigkeit Gewichtszunahme bei ausgeprägten Ödemen thorakaler Druck Dyspnoe bei geringster Belastung KH Hechingen: hochgradige Aortenstenose Aufnahme UKT- Kardiologie zur Evaluation AO-Klappen-Ersatz

Präoperative Diagnostik: Transthorakales Echo: AO-Klappe trikuspid, schwer sklerosiert, verdickt, öffnungsbehindert. PAP syst. 71 + 7 = 77 mmhg. Max. Gradient 155 mmhg, mittlerer Gradient 88 mmhg, Aortenklappenöffnungsfläche 0,5 cm 2. Labor: Leukozyten 13700, Neutrophile 79.9%, HB 14.7g/dl, Thrombozyten 465Tausd/µl INR 1.0, PTT 26sec, Kreatinin 1.1mg/dl, Harnsaeure 10.1mg/dl CK 40 U/l, Troponin I 0.13 g/l, BNP 352 ng/l, GOT 23 U/l, GPT19 U/l, LDH 283 U/l, AP 164 U/l, GGT 187 U/l

Thorax-CT Ektasie der Aorta ascendens bis 4,4 cm, keine Dissektion. Zystische Leberveränderungen Substanzdefekte in BWK 6 und BWK 12.

Th6

Th12

Th12

Knochen-Szintigrafie Multiple dringend malignitätsverdächtige Herde: BWS Schädelkalotte 4. Rippe links. Im Bereich der Humerusköpfe, DD: Arthrosen Punktion einer der ossären Metastasen (TH12) zur Histologiegewinnung

Histologie

Histologie

Pathohistologische Diagnose: Adenokarzinom Histologie

Primärtumorsuche Koloskopie, Gastroskopie, gynäkologisch kein Tumornachweis

CUP-Syndrom Klinische Diagnose: Histologischer Nachweis einer Metastase, ohne dass durch Klinik/Anamnese/ übliche Diagnostik (orientiert an Histologie und Lokalisation) ein Primärtumor identifiziert werden kann.

Prognose Aortenklappenstenose Quelle: UpToDate 2007

Prognose CUP Bestimmt durch - Alter, Metastasenlokalisation, Nikotinanamnese, Karnofsky Hossfeld et al, DÄ 2005 102: A 904-907; DeVita et al, Cancer Principles& Practice of Oncology 6th edition vol 2 p.2551; Pimiento JM et al, Am J Surg 2007, 194 (6), 833

1) Primäre Operation der AO-Klappen-Stenose 2) Primäre Chemotherapie 3)? Hormontherapie? Rezeptorstatus? Therapieoptionen

Arch Pathol Lab Med 131, 2007 J Clin Pathol, 1999, 52, 283-290

Pathohistologische Diagnose: Adenokarzinom Histologie CK 7

ER Histologie

Histologie PR AK Reaktion CK 7 + ER/PR + Her2 Score 0 TTF1 - CK 5/6 - CK20 -

Histologie Differentialdiagnosen rezeptorpositiver Karzinome: Mammakarzinom Seröses Endometriumkarzinom

In Anbetracht der Histologie und der vorliegenden Metastasierung wurde der Therapieentscheidung der V.a. ein metastasiertes Mammakarzinom zu Grunde gelegt. Dabei ist insbesondere der Allgemeinzustand als prognostisch wichtig bei CUP-Syndrom zu beachten. Erschwerend ausgeprägte AOK-Stenose: keine zusätzliche Flüssigkeitsbelastung im Rahmen einer Chemotherapie möglich

Hormontherapie beim Mammakarzinom Leitlinie: Die endokrine Therapie ist bei positivem Hormonrezeptorstatus bei metastasiertem Mammakarzinom Therapie der ersten Wahl vor Einsatz einer Chemotherapie Antiöstrogen (Tamoxifen, kompetitive Blockade, partiell agonistisch) Östrogenrezeptor-Antagonist (Fulvestrant, kompetitive Blockade, Rezeptor-Downregulation) Aromatasehemmer hemmen die Umwandlung von Testosteron zu Estradiol -steroidal (Anastrozol = Arimidex, Letrozol = Femara) reversibel -nichtsteroidal (Exemestan = Aromasin) irreversibel

Therapieentscheidung Hormontherapie bei HR+ Metastasen: es profitieren insbesondere Patientinnen mit Knochen- und Weichteilmetastasen, singulären visceralen Metastasen, langem krankheitsfreiem Intervall bei HR+ Pat. Remission in 60% d.f. zu erwarten (nicht indiziert bei Notwendigkeit einer schnellen Remission, HR neg, Hirnmetastasen) (LOE 2b, Empfehlungsgrad B: Fossati R et al 1998, Stockler M et al 1997, Stockler M et al 2000) Bisphosphonate bei ossärer Metastasierung Indikation: osteolytische Metastasen, Hyperkalzämie, metastasenbedingter Knochenschmerz, manifeste Osteoporose (LOE 1b, Empfehlungsgrad A: Conte PF et al 1996, Hortobagyi GN et al 1998, O Rouke N et al 1995 u.a.)

Postmenopausale primäre Hormontherapie Ansprechrate Dauer des Anspr. Mittl. Überlebenszeit Tamoxifen ER+ ER- 7 Mon 3) 30 Mon 4) 60% 1) 10% 1) 32% 2) 21 4) Fulvestrant 31,6% 2) 8,2 Mon 2) 27,4 Mon 1) Steroidale AI 32% 4) 8,5 Mon 3) 34 Mon 4) 1) Fachinformation und 2) Howell et al, J Clin Oncol. 2004 May 1, 22(9):1605-13, 3) Bonneterre et al Cancer. 2001 Nov 1;92(9):2247-58, 4) Mouridsen et al J Clin Oncol. 2003 Jun 1;21(11):2101-9.

Fallbeispiel: 12/2007 Beginn einer Hormontherapie mit Femara (bei MBC postmenopausaler Frauen ohne Vortherapie Aromatasehemmer als Mittel der ersten Wahl) Hitzewallungen, Schweißneigung Pruritus, Exanthem (histologisch Ekzem, Ausschluss eines paraneoplastischen bullösen Pemphigoids) 01/2008 Umstellung auf Aromasin (nichtsteroidaler Aromatasehemmer)

Fallbeispiel: Verlauf: Nach drei Monaten stabiler Befund bezüglich der Metastasierung, Gute Verträglichkeit, Noch deutliche Einschränkung der Lebensqualität durch die Aortenklappenstenose => Indikationsstellung zur Operation (8.4.2008)