Chancen der Digitalisierung für Hochschulen als Organisationen und Institutionen

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Transkript:

Chancen der Digitalisierung für Hochschulen als Organisationen und Institutionen Leitertagung 14. November 2018 Felix C Seyfarth, Senior Fellow Digital Learning Forschungszentrum Public Management & Governance felix.seyfarth@unisg.ch Institut für Systemisches Management & Public Governance (IMP-HSG)

p. 2

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p. 7 Zwei einschränkende Bemerkungen zu Beginn: Hochschulen, Modelle und Prognosen caveat lector. Hochschulen sind lose gekoppelte Anarchien. Cohen, M. D., March, J. G., & Olsen, J. P. (1972). A Garbage Can Model of Organizational Choice. Administrative Science Quarterly, 17(1), 1 25. spezifische Organisationen. Musselin, C. (2007). Are Universities Specific Organisations? In A. Kosmützky & G. Krücken (Eds.), Towards a Multiversity? (pp. 63 84). Bielefeld: transcript. Prof. Michael Bolle Jean-Monnet Center for Excellence Freie Universität Berlin (im Advent)

p. 8 These 1 oder Was wir vom ipod lernen können: Disintermediation bedeutet mehr Wettbewerb und mehr Vielfalt. 2001 5 GB 2003 40 GB 2015 128 GB

p. 9 Auswirkungen von Disintermediation auf Stakeholder in der Musikindustrie ipod (und: Napster )

p. 10 Wie hat sich die Musikindustrie seitdem entwickelt? Disintermediation bringt mehr Quantität und mehr Qualität. US DIGITAL MUSIC MARKET REVENUES, 2005-2014

p. 11 Digitale Praktiken ändern nicht das Lernen, sondern die Organisation und die Institutionen der Lehre: Hochschulen und Bildungslandschaft. Wandel der Lernformate Wandel der Lehrorganisation Wandel akademischer Institutionen Kostenfreier, barrierefreier, weltweiter Zugang zu Lehrangeboten der besten Universitäten ohne akademische Vorbildung Individuell definierbare Lernziele und Lernwege Bedarf nach lebenslangen Lernangeboten Soziale Netzwerke ermöglichen integrative und partizipative Lernprozesse Einbindung von Peer- Learning und Peer- Feedback Modularisierung erlaubt flexible Individualbildung Entkoppeln von Kursen aus starren Studiencurricula autarke, methodenbasierte Studienbausteine mit akademischen Credits Erhöhter Wettbewerb zwischen den Universitäten in der Lehre

p. 12 These 2 oder Kreativität lehren und prüfen: Digitale Technologien erlauben zukunftsfähige Lernziele. Kann man lehren, wie ein Künstler zu denken?

p. 13 Im Kurs Digital Storytelling wird kreatives Arbeiten problembasiert, interdisziplinär & praxisnah gelehrt. (komplexe) Aufgabe selbstgesteuert Lernen Ressourcen ( Scaffolding ) Coaching & Feedback Wilkerson/Feletti 1989, Stepien/Gallagher 1993, Boje/Dennehy 1993, Boud/Feletti 1997

p. 14 Kursformat: Zu viert Von der Idee zum Film in 5 Tagen (+1 Vorbereitungssitzung) mit max. 100 EUR Produktionsbudget Wir produzieren einen (kurzen) Film Teamarbeit, Konsens & Konflikte, Führungserfahrungen Inspiration, Ideenfindung, Dramaturgie, Publikumsreflexion arbeitsteilig, gemeinsam verantworten, Planung, Organisation, Koordination Stoff entwickeln, Verdichten, Weniger ist Mehr, Fokussieren Visualisieren, Strukturieren von Raum und Zeit, mittels Technik Authentizität herstellen

p. 15 60s in 5 Tagen: Ein Werbespot für Eistee

p. 16 Follow-up: Was habe ich gelernt? Prüfungsformat: Reflexionspapier (Essayformat, 12 000 Zeichen) mit Peer Review

p. 17 These 3 oder Hochschulen als Netzwerkorganisationen: Digitale Formen des Organisierens eröffnen neue Aufgabenfelder. CHANCEN UND HERAUSFORDERUNGEN FÜR DAS DEUTSCHE HOCHSCHULSYSTEM IN DER FLÜCHTLINGSKRISE - Talentzuwachs und Fachkräftenachwuchs - Internationalisierung - Hochschulen als Integrationsförderer - Hochmotivierte Lerner mit Vorqualifikationen - Heterogene Lernbedarfe - Sprachkenntnisse als besondere Hürde - Lokal jeweils nur kleine Lerngruppen - Hohe Aufwände für Beratung & Betreuung

p. 18 Flüchtlingsprojekt Ready for Study der Bundesagentur für Arbeit: Studienkompetenzen für Flüchtlinge in Deutschland per MOOC Strategische Ziele des Pilotrprojekts: Bedarfe der Zielgruppe verstehen Kompetenzen modellieren Online-Lernmodus erproben Parameter Pilot in Q1/2016 mit bis zu 1.200 Teilnehmern Lernziel: Reflexion auf Passung im deutschen Hochschulsystem mittlere Deutschkenntnisse Voraussetzung für Teilnahme Produktion von Videos mit stutdentischen Lotsen an der Goethe-Universität Frankfurt Mehrwert n Entwicklung von Lernformaten für heterogene, stark intrinsisch motivierte Zielgruppe von Flüchtlingen n Pilotieren im WS 2015/16 mit der Perspektive auf Verstetigung mit Programmcharakter (/BMBF) n anschlussfähig für deutsche Hochschulen/International Offices via Studierfähigkeitsampel für Alumni n Verschränken mit lokalen Angeboten zu Qualifikation und Spracherwerb möglich (Blended Learning)

p. 19 Extrem heterogene Lernbedarfe in der Zielgruppe erfordern institutionelle Kooperationen um Expertise zu bündeln und Kosten zu reduzieren. EXPERTISECLUSTER FÜR ENTWICKLUNG EINES ONLINEFORMATES FÜR INCOMINGS MIT FLUCHTHINTERGRUND Deutsch als Fremdsprache (DaF) Didaktik speziell für Herkunftsländer Erfahrung mit Produktion digitaler Lehrmitteln, v.a. Video Online-Didaktik & E-Learning/Fernlehre, MOOC-Erfahrung Online-Angebote für Incomings mit Fluchthintergrund Finanzierung, Projektmanagement, Planung, Evaluation Kenntnis von Hochschulsystem und Arbeitsmarkt in Deutschland IT-Expertise für Plattform, Software, Kommunikation

p. 20 Kursformat wurde in ad-hoc Konstellation von Kooperationspartnern und Dienstleistern im Ws 2015/16 konzipiert, produziert und pilotiert. Partnerkonsortium Interdisziplinäres Kolleg Hochschuldidaktik und International Office, Goethe-Universität Frankfurt Leuphana Fremdsprachenzentrum Gesellschaft für akademische Studienvorbereitung und Testentwicklung (g.a.s.t.) e.v./deutschuni-online Institut für Deutsch als Fremdsprache, LMU München Gate Germany/Study-in.de Fernuniversität Hagen Dienstleister Bilderfest Filmproduktion Candena GmbH Mittelgeber & Evaluatoren Bundesagentur für Arbeit Deutscher Akademischer Austautschdienst Stifterverband für die deutsche Wissenschaft Forschungszentrum Public Management an der Universität St Gallen (IMP-HSG) Konzeption Adaption Produktion Operation Evaluation

p. 21 Chancen der Digitalisierung für Hochschulen: Drei Thesen zur Disintermediation im deutsch(sprachig)en Bildungraum 1 Die neue Unübersichtlichkeit: Disintermediation bringt Vielfalt und Wettbewerb. Das Innovationspotential digitalisierter Bildungsangebote ist pädagogisch zu verstehen, nicht technologisch. Für lokale Akteure sind immer noch erhebliche Anlaufkosten und Spezialwissen für die strategische Positionierung notwendig. Akteure auf Bundesebene können breite Anwendung, gemeinsame Infrastruktur und Best-Practices nachhaltig fördern. 2 Digitalisierung ist komplementär zu denken, für innovative Lernziele und Betreuung. Digitale Lernformate fokussiern nicht auf Content, sondern auf Kompetenzerwerb. Hochschulen können verstärkt die gesamte Bildungsbiographie von Lernenden in den Blick nehmen. Höhere Flexibilität im Studienverlauf erleichtert bilaterale Internationalisierung und Mobilität. 3 Digitale Netzwerkorganisationen können Transparenz und Qualität der Lehre befördern. Digitalisierung eröffnet insbesondere kleineren Institutionen und nicht-traditionellen Bildungsanbietern die Möglichkeit der Profilschärfung und erhöhte Sichtbarkeit. Transparenz ermöglicht strategische Qualitätsentwicklung in der Lehre. Nachfrageorientierte Lernformate werden zunehmend relevant für ein effektives Hochschulmarketing. 21

p. 22 Kontakt Felix C. Seyfarth Senior Fellow Digital Learning Lehrbauftragter für Handlungskompetenz Universität St.Gallen felix.seyfarth@unisg.ch Twitter: @fseyfarth