VERBESSERUNGEN DURCH BVW UND KAIZEN



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Transkript:

Universität Kaiserslautern Lehrstuhl Soziologie Prof. Dr. Hajo Weber Studienarbeit VERBESSERUNGEN DURCH BVW UND KAIZEN Eine vergleichende Analyse des Betrieblichen Vorschlagswesens mit KAIZEN und die Entwicklung eines Lösungsansatzes für die Neugestaltung des Vorschlagswesens der Unternehmung Unternehmung ABC. eingereicht am 27.09.2000 Betreuer: Prof. Dr. Hajo Weber Patrick Blume Matrikel-Nr. 263 096 Wilhelmstraße 13 67655 Kaiserslautern Telefon (0631) 69 65 77 Tomás Valero Ribes Matrikel-Nr. 280 458 Karl-Marx-Straße 23 67655 Kaiserslautern Telefon (0631) 6 94 39

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite II INHALTSVERZEICHNIS VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN VI VERZEICHNIS DER TABELLEN VII 1. EINLEITUNG 1 1.1 AUSGANGSLAGE UND PROBLEMSTELLUNG 1 1.2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT 2 1.3 AUFBAU DER ARBEIT 2 2. DAS BETRIEBLICHE VORSCHLAGSWESEN 4 2.1 DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES BVWS 4 2.2 GESELLSCHAFT 5 2.2.1 DIE WESTLICHE GESELLSCHAFT ALS OFFENE GESELLSCHAFT 5 2.2.2 MENSCHENBILD 5 2.2.3 UNTERNEHMUNGSKULTUR 6 2.3 DAS BVW UND SEINE ZIELE 7 2.3.1 EFFIZIENZKRITERIEN DES BVWS 9 2.3.2 DER VERBESSERUNGSVORSCHLAG 10 2.4 DIE ORGANISATION DES BVWS 11 2.4.1 DIE RECHTLICHE BESTIMMUNGEN 11 2.4.2 DIE AUFBAUORGANISATION 12 2.4.2.1 Der BVW-Beauftragte 14 2.4.2.2 Die Gutachter 15 2.4.2.3 Die Kommission 16 2.4.3 DIE ABLAUFORGANISATION 17 2.4.3.1 Die Vorschlagswege 17 2.4.3.2 Die Vorschlagsform 17 2.4.3.3 Die Bearbeitung des Vorschlages 18 2.4.3.4 Die Realisierung des Vorschlages 19 2.4.3.5 Die Belohnung des Einreichers 20 2.4.3.6 Kommunikation, Information und Werbung im BVW 21 2.5 DIE AKTEURE DES BVWS 22 2.5.1 DER MITARBEITER 22 2.5.2 DIE GRUPPE 23 2.5.3 DAS MANAGEMENT 24 2.5.4 DER BETRIEBSRAT 24 2.5.5 DIE BARRIEREN 24 2.6 DAS BVW ALS ELEMENT DER MASSENPRODUKTION 25 2.7 DIE EINFÜHRUNG DES BVWS 26 2.7.1 DIE EINFÜHRUNGSDAUER 26 2.7.2 DIE ERFOLGSCHANCEN 26 2.8 NEUERE ENTWICKLUNGEN DES BVWS 27 2.8.1 DAS IDEENMANAGEMENT 27 2.8.2 DAS VORGESETZTENMODELL 29 3. KAIZEN 41 3.1 DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES KAIZEN 42 3.2 GESELLSCHAFT 43 3.2.1 DIE JAPANISCHE GESELLSCHAFT ALS GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT 43 3.2.2 MENSCHENBILD 44 3.2.3 UNTERNEHMUNGSKULTUR 44 3.3 KAIZEN: GRUNDLAGEN UND ZIELE 46 3.3.1 DIE GRUNDLAGEN VON KAIZEN 46 3.3.1.1 Der Unterschied zwischen Innovation und Verbesserung 47

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite III 3.3.1.2 Die Prozeßorientierung innerhalb des KAIZEN 48 3.3.1.3 Die Kunden Lieferanten Beziehung 49 3.3.1.4 Total Quality Control 50 3.3.1.5 Die Standardisierung 50 3.3.2 DIE ZIELE VON KAIZEN 52 3.3.2.1 Die Identifikation von Problemen 52 3.3.2.2 Der Verbesserungsvorschlag 53 3.3.2.3 Die Realisation 53 3.4 DIE ORGANISATION DES KAIZEN VORSCHLAGWESENS 54 3.4.1 DIE ABLAUFORGANISATION 55 3.4.1.1 Das Vorschlagsformular 55 3.4.1.2 Die Prüfung 56 3.4.1.3 Die Realisierung 56 3.4.1.4 Die Belohnung der Mitarbeiter 56 3.4.2 AUFBAUORGANISATION 58 3.4.2.1 Die Koordinierungsstelle für das personenorientierte KAIZEN 58 3.4.2.2 Die Kontroll und Steuerungsstelle für Aktivitäten von Problemlösungsgruppen 59 3.4.3 DIE VORAUSSETZUNGEN FÜR KAIZEN 59 3.4.3.1 Sauberkeit und Disziplin 59 3.4.3.2 Information, Kommunikation und Visualisierung 60 3.4.3.3 Die Hilfsmittel innerhalb von KAIZEN 61 3.5 DIE AKTEURE DES KAIZEN 64 3.5.1 DER MITARBEITER 65 3.5.2 DIE GRUPPE 65 3.5.3 DAS MANAGEMENT 67 3.5.4 DIE QUALIFIKATION DER MITARBEITER 68 3.5.5 DIE KONFLIKTPOTENTIALE UND DIE PROBLEME DURCH KAIZEN 68 3.6 KAIZEN ALS ELEMENT DER LEAN PRODUCTION 68 3.6.1 WERTSCHÖPFUNG UND VERSCHWENDUNG 69 3.6.2 DIE ABHÄNGIGKEIT DER STRUKTURELEMENTE 69 3.7 DIE EINFÜHRUNG VON KAIZEN 70 3.8 NEUERE ENTWICKLUNGEN ZUR LERNENDEN ORGANISATION 71 4. EIN VERGLEICH DES BETRIEBLICHEN VORSCHLAGSWESENS MIT KAIZEN 72 5. UNTERSUCHUNG DES BVWS DER UNTER-NEHMUNG ABC 83 5.1 DIE VORGEHENSWEISE BEI DER UNTERSUCHUNG 83 5.2 DIE AUSGANGSSITUATION DER UNTERNEHMUNG ABC 83 5.3 DIE ENTWICKLUNG DES VORSCHLAGSWESENS 84 5.4 DIE SCHWACHSTELLEN UND PROBLEME DES VORSCHLAGSWESENS 87 6. EIN LÖSUNGSANSATZ FÜR DIE NEUGESTALTUNG DES VORSCHLAGSWESENS DER UNTERNEHMUNG ABC 94 6.1 DIE ZIELKRITERIEN FÜR EIN NEUES VORSCHLAGSWESEN 94 6.2 DIE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DIE EINFÜHRUNG EINES NEUEN VORSCHLAGSWESENS94 6.2.1 DIE BESCHÄFTIGUNGSPOLITISCHEN RAHMENBEDINGUNGEN 94 6.2.1.1 Vertrauensbildende Maßnahmen 95 6.2.1.2 Qualifikationsmaßnahmen 96 6.2.2 DIE ORGANISATIONALE RAHMENBEDINGUNGEN 97 6.3 DIE ORGANISATION DES VORSCHLAGSWESEN 97 6.3.1 DIE ABLAUFORGANISATION DES VORSCHLAGSWESENS 97 6.3.1.1 Reguläre Ablauforganisation 97 6.3.1.2 Erweiterte Ablauforganisation 99

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite IV 6.3.1.3 Vorschlagsform des Verbesserungsvorschlages 100 6.3.1.4 Bewertung und Prämierung des Verbesserungsvorschlages 100 6.3.1.5 Realisierung des Verbesserungsvorschlages 101 6.3.1.6 Standardisierung der Verbesserung 102 6.3.2 DIE AUFBAUORGANISATION DES VORSCHLAGSWESEN 102 6.3.2.1 Vorgesetzte 102 6.3.2.2 Koordinator 103 6.3.2.3 Steuerungsausschuß 104 6.3.2.4 Problemlösungsgruppen 104 6.3.2.5 Abbau von Barrieren 106 6.4 DIE EINFÜHRUNG DES VORSCHLAGSWESENS 106 7. ZUSAMMENFASSUNG 108 LITERATURVERZEICHNIS 131

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite V VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Abbildung 1.1 Gedankenflußplan der Arbeit 2 Abbildung 2.1 Unternehmungskultur-Typologie: Problemlösungsansatz nach Schnyder 7 Abbildung 2.2: Das Ideen-Haus mit seinen drei Säulen der BVW-Organe. 13 Abbildung 2.3: Tabelle für qualitative Bewertung. 15 Abbildung 2.4: Ablauforganisation bei der Bearbeitung eines Verbesserungsvorschlags 24 Abbildung 2.5 Strategiegitter nach Heidack 28 Abbildung 3.1 Auswirkungen von Verbesserungsvorschlägen 46 Abbildung 3.2 Innovation ohne KAIZEN 47 Abbildung 3.3 Innovation mit KAIZEN 48 Abbildung 3.4 Unterscheidung von prozeßorientierten und ergebnisorientierten Kriterien49 Abbildung 3.5 Die Kunden Lieferanten Beziehungen einer Unternehmung 50 Abbildung 3.6 Der Plan Do Check Action Zyklus 51 Abbildung 3.7 Die Standardisierung dient zur Sicherung des erreichten Zustandes und dient wieder als Ausgangspunkt für verbesserte Lösungen 51 Abbildung 3.8 Der allgemeine Ablauf beim Einreichen eines Verbesserungsvorschlages 55 Abbildung 3.9 Ein Beispiel für eine Blitzbewertungstabelle 63 Abbildung 3.10 Die Bedeutung der 5-S 60 Abbildung 3.11 Zusammenhänge der tieferen Verlustquellen 62 Abbildung 3.12 Die Personengruppen bei KAIZEN 64 Abbildung 4.1 Mißtrauens versus Vertrauensorganisation 91 Abbildung 4.2 Vergleich zwischen japanischen, amerikanischen und europäischen Automobilproduzenten 95 Abbildung 5.1 Anzahl der eingereichten Verbesserungsvorschläge in den Jahren 1988 bis 1994 101 Abbildung 6.1 Die Beziehung zwischen Mitarbeiter und direktem Vorgesetzten als Grundlage des Erfolges des Vorschlagswesen 119 Abbildung 6.2 Ablauforganisation des Vorschlagswesen 120 Abbildung 6.3 Ablauforganisation bei Einsprüchen des Mitarbeiters 121 Abbildung 6.4 Bewertungsbogen für die Bewertung von qualitativen Verbesserungsvorschlägen 122 Abbildung 6.5 Ablaufplanung eines Workshops 127

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite VI VERZEICHNIS DER TABELLEN Tabelle 4.1 Vergleich zwischen dem BVW und KAIZEN 85 Tabelle 5.1: Prämien für Verbesserungsvorschläge mit nicht errechenbarer Ersparnis seit 1989. 86 Tabelle 5.2: Entwicklung des BVW bei der FOLIEN GMBH in den Jahren 1988 bis 1994. 103

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite VII AUTORENVERZEICHNIS 1. EINLEITUNG PATRICK BLUME/TOMÁS VALERO RIBES 2. DAS BETRIEBLICHE VORSCHLAGSWESEN TOMÁS VALERO RIBES 3. KAIZEN PATRICK BLUME 4. EIN VERGLEICH DES BETRIEBLICHEN VORSCHLAGSWESENS MIT KAIZEN PATRICK BLUME/TOMÁS VALERO RIBES 5. UNTERSUCHUNG DES BVWS DER FOLIEN GMBH PATRICK BLUME TOMÁS VALERO RIBES 6. EIN LÖSUNGSANSATZ FÜR DIE NEUGESTALTUNG DES VORSCHLAGSWESENS DER FOLIEN GMBHPATRICK BLUME/TOMÁS VALERO RIBES 7. ZUSAMMENFASSUNG PATRICK BLUME/TOMÁS VALERO RIBES

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 1 1. EINLEITUNG 1.1 AUSGANGSLAGE UND PROBLEMSTELLUNG Die Globalisierung der Märkte und ein weltweit niedriges wirtschaftliches Wachstum sind Beispiele, wie sich die Umwelt der Unternehmungen im letzten Jahrzehnt dramatisch verändert hat. Für THUROW zeichnet sich für das 21. Jahrhundert eine head to head competition 1 ab, wie sie bisher noch nicht stattfand. Dies führt zu einem Wettbewerbsdruck auf die Unternehmungen, der sie dazu zwingt, auf die neuen Herausforderungen zu reagieren. Im globalen Markt werden mittelfristig Technologien und Kapital jedem Wettbewerber zur Verfügung stehen. Damit rückt die Humanressource Mitarbeiter 2 über den Stellenwert eines Produktionsfaktors hinaus. Denn der Mitarbeiter wird letztlich über die Differenz an Innovation, Flexibilität und Produktivität, die den Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Unternehmungen ausmacht, entscheiden. Ein Weg, die Potentiale der Mitarbeiter zu nutzen, ist das Vorschlagswesen. Damit sollen die Kreativität und der Erfahrungsschatz der Mitarbeiter für die Unternehmung genutzt werden. Dazu werden die Mitarbeiter motiviert, ihre Vorschläge für Verbesserungen in die Unternehmung einzubringen. Das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) trifft man heute in fast jeder größeren Unternehmung an. In Deutschland wurde es bereits 1888 in den KRUPP WERKEN eingeführt. Seit einigen Jahren ist allerdings eine neue Ausgestaltung des Vorschlagswesens bekannt, dessen Wurzeln aus Japan kommen und unter dem Namen KAIZEN bekannt geworden sind. In Deutschland werden für KAIZEN auch die Begriffe KVP 3 und CIP 4 weitgehend synonym verwendet. Viele Autoren 5 sehen in KAIZEN den Wettbewerbsvorteil der japanischen Wirtschaft. Daher bietet sich ein Vergleich zwischen dem hierzulande verbreiteten BVW und dem japanischen KAIZEN an. Ein Vergleich zwischen BVW und KAIZEN läßt sich jedoch nicht ohne weiteres durchführen. Das BVW ist eine Einrichtung beziehungsweise ein System von Regelungen zur Behandlung und Belohnung von Verbesserungsvorschlägen in der Unternehmung, die mittels des Managements initiiert und gelenkt werden. 6 Unter KAIZEN wird aber eine Philosophie verstanden, die eine kontinuierliche Verbesserung in allen Bereichen der Unternehmung anstrebt und von allen Mitarbeitern tagtäglich gelebt wird. 7 Dennoch soll hier ein Vergleich aufgezeigt werden, wie sowohl das BVW als auch KAIZEN versuchen, Verbesserungen in den Unternehmungen durch die Mitarbeiter zu erreichen. Anschließend erfolgt eine Betrachtung des Betrieblichen Vorschlagswesens der Unternehmung ABC. 1 Vgl. Buchtitel von THUROW, LESTER (1993). 2 Die Termini Mitarbeiter, Einreicher etc. werden im folgenden nie geschlechtsspezifisch verwendet. Sie schließen immer beide Geschlechter ein. 3 Kontinuierlicher Verbesserungsprozeß 4 Continuos Improvement Process 5 Vgl. IMAI, MASAAKI (1993), JAPAN HUMAN RELATIONS ASSOCIATION (1994), BAENTSCH, WOLFRAM (1995), MECKEL, ANDREAS (1992) et al. 6 Vgl. KRAFFT, WERNER (1975), Sp. 2003. 7 Vgl. IMAI, MASAAKI (1993), S. 15.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 2 1.2 ZIELSETZUNG DER ARBEIT Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Darstellung von BVW und KAIZEN. Ziel ist hierbei eine Vergleichbarkeit beider Methoden zu ermöglichen. Ferner wird das BVW der Unternehmung ABC untersucht und ein Ansatz zur Einführung eines neuen Vorschlagswesens kurz dargestellt. Zweck dieser Arbeit ist es nicht, der Unternehmung ABC einen kompletten Lösungsansatz und dessen Implementierung in die Unternehmung aufzuzeigen. 1.3 AUFBAU DER ARBEIT Der grundsätzliche Aufbau der Arbeit kann der Abbildung 1.1 entnommen werden. Zunächst werden im Rahmen der Einleitung Ausgangslage und Problemstellung präzisiert, sowie die Zielsetzung und der Aufbau der Arbeit festgehalten. Einleitung Kapitel 1 Kapitel 2 BVW KAIZEN Kapitel 3 Vergleich Kapitel 4 Analyse Kapitel 5 Kapitel 6 Lösungsansatz Zusammenfassung Kapitel 7 Abbildung 1.1 Gedankenflußplan der Arbeit Anschließend wird das Betriebliche Vorschlagswesen in Kapitel 2 vorgestellt und erläutert. Die Gliederung, die dabei zugrunde liegt, wird auch so weit wie möglich für die Vorstellung von KAIZEN in Kapitel 3 verwendet. Wie bereits dargelegt, können das BVW und KAIZEN nicht ohne weiteres verglichen werden. Um dennoch eine Vergleichsbasis zu schaffen, werden in Kapitel 4 Unterscheidungsmerkmale herausgearbeitet, anhand derer die Ausprägungen des BVWs und KAIZEN diskutiert und dabei verglichen werden. Diese Unterscheidungsmerkmale dienen auch der Gliederung der Probleme, die sich im Rahmen einer Untersuchung des Vorschlagswesens der Unternehmung ABC herauskristallisierten. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird in Kapitel 5 präsentiert. In Kapitel 6 wird basierend auf den Ergebnissen der Untersuchung ein Ansatz für ein verbessertes Vorschlagswesen vorgestellt. Grundlegend sind dazu die Ausführungen im Rahmen der Vorstellung des BVWs und insbesondere KAIZEN. Die Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse in Kapitel 7 schließt diese Arbeit ab.

2. DAS BETRIEBLICHE VORSCHLAGSWESEN Das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) ist eine Einrichtung, die allen Mitarbeitern der Unternehmung die Möglichkeit bietet, sich aktiv am Unternehmungsgeschehen zu beteiligen. 8 Das BVW zeichnet sich hierbei durch ein System von Regelungen und Mitwirkenden aus, die in diesem Kapitel näher beschrieben werden. Voran geht eine kurze Darstellung der über hundertjährigen Geschichte des BVWs und der Einflüsse der Gesellschaft auf die Unternehmung und somit auf das BVW. Abschließend werden neuere Entwicklungen des BVWs aufgezeigt. 2.1 DIE HISTORISCHE ENTWICKLUNG DES BVWS Erste Nachweise über das Vorschlagswesen stammen aus dem 18. Jahrhundert, es soll aber auch schon im Mittelalter Ansätze zu ersten Formen eines Vorschlagswesens gegeben haben. 9 In Schweden wurde 1750 eine königliche Kommission eingerichtet, die Vorschläge von Bürgern prüfte und beurteilte. In Venedig hatten Bürger die Möglichkeit, Verbesserungsvorschläge in einen Briefschlitz im Dogenpalast einzuwerfen. 10 Das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) entstand erst im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung. Insbesondere vom Taylorismus 11 gingen die ersten Impulse zum Betrieblichen Vorschlagswesen aus, weil hier der grundsätzliche Gedanke durch ständige Rationalisierung bestmögliche Wirtschaftlichkeit des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft zu erreichen, erstmals mit aller Konsequenz vertreten wurde. 12 Um 1880 wurden die ersten Formen des BVWs unabhängig voneinander, in England, Amerika und Deutschland eingeführt. 13 In Deutschland erstellte Alfred Krupp 1872 (Einführung 1888) ein sogenanntes Generalregulativ für seine Unternehmung. Er forderte seine Mitarbeiter zum Mitdenken auf und gab Anweisungen für die Behandlung solcher Vorschläge. 14 Der erste belegte prämierte Vorschlag erfolgte im Jahre 1901 bei der AEG. 15 Bis zum zweiten Weltkrieg wurde zwar in mehreren Unternehmungen ein betriebliches Vorschlagswesen aufgebaut, dieses stieß aber immer wieder auf Ablehnung der Vorgesetzten oder Mitarbeiter. Die Gründe hierfür waren Ängste um einen Autoritätsverlust auf Seiten der Vorgesetzten und Lohn- oder Arbeitsplatzverlust auf Seiten der Mitarbeiter. Im zweiten Weltkrieg kam es aufgrund der Rüstungsindustrie und der Knappheit der Produktionsfaktoren, zu einer weiten Verbreitung des betrieblichen Vorschlagswesens. Die Koordination erfolgte von Seiten der Deutschen Arbeitsfront. 1943 wurde eine Meldepflicht für Verbesserungsvorschläge eingeführt. 16 In Westdeutschland kam nach Ende des Krieges das Betriebliche Vorschlagswesen zum Erliegen, faßte aber im Rahmen des Wiederaufbaus wieder Fuß in den Unternehmungen. 1954 wurde eine erste Arbeitsgemeinschaft Betriebliches Vorschlagswesen gegründet. Es folgte 1961 eine weitere Arbeitsgruppe vom Deutschen Institut für Betriebswirtschaft 8 Vgl. GROCHLA, ERWIN (1978), S. 5. 9 Vgl. SPAHL, SIEGFRIED (1990), S. 178. 10 Vgl. ebenda und HÖCKEL, GÜNTHER (1964), S. 15. 11 Unter Taylorismus wird hier die von FREDERICK W. TAYLOR vertretene Methode der Analyse von Arbeitsprozessen und deren Zerlegung in möglichst kleine Arbeitsschritte verstanden. Vgl. STAEHLE, WOLFGANG H. (1991), S. 22 f. 12 Vgl. KRAFFT, WERNER (1966), S. 39 ff. 13 Vgl. SPAHL, SIEGFRIED (1990), S. 178. 14 Vgl. ebenda S. 178 ff., DEUTSCHES INSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT E.V. (1985), S. 10 und HÖCKEL, GÜNTHER (1964), S. 15. 15 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S. 27. 16 Vgl. KRAFFT, WERNER (1966), S. 42 f.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 5 (DIB). Waren es anfänglich 27 Mitglieder, so sind es heute 266 17. Außerdem werden noch ca. 500 Unternehmungen als Nichtmitglieder beraten. Die Mitglieder des DIB haben durch Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitern 1994 insgesamt über eine Milliarde DM eingespart. An die Mitarbeiter wurden über 218 Millionen DM in Form von Geld- oder Sachprämien ausgeschüttet. Die größten Einsparungen wurden hierbei in der Automobilindustrie mit 554 Millionen DM erzielt. 18 In der ehemaligen DDR wurde das BVW bis zum Mauerfall als Neuererwesen gesetzlich normiert. Nach der Vereinigung wurde das Neuererwesen als BVW freiwillig in die Betriebsvereinbarungen übernommen. Bei den Mitarbeitern blieb aber der Nachgeschmack einer sozialistischen Einrichtung. Dies und die geringe Identifikation vieler Mitarbeiter mit ihren durch die TREUHANDANSTALT 19 verwalteten Unternehmungen führte zu einer geringen Beteiligung am BVW. 20 2.2 GESELLSCHAFT Das BVW wird wie alle Einrichtungen der Unternehmung durch die von außen auf sie einwirkenden Bedingungen beeinflußt. Hier soll nun die westliche Gesellschaft und deren zugrundeliegendes Menschenbild aus Sicht der Unternehmungsleitung und die Unternehmungskultur der Unternehmungen betrachtet werden. 2.2.1 DIE WESTLICHE GESELLSCHAFT ALS OFFENE GESELLSCHAFT Unternehmungen sind Teil der Gesellschaft, auf die sie wiederum rückwirkend Einfluß nehmen. Somit wirken die Dinge, die sich im Umfeld einer Unternehmung ereignen, in diese hinein und müssen daher bei allen Handlungen der Führung bedacht werden. Nach POPPER 21 leben wir in einer offenen Gesellschaft, die sich durch folgende Merkmale auszeichnet: Demokratie, Interessenpluralität, Chancengleichheit, Individualismus, kritische Rationalität und Innovation. In den Unternehmungen finden sich diese Merkmale, z. B. im Betriebsverfassungsgesetz (Interessenpluralität), in der Frauenförderung und Ausländerintegration (Chancengleichheit) oder im Einräumen von Widerspruchsrechten (Individualismus). Um so stärker diese Merkmale jedoch in ihrer Erscheinungsform auftreten, um so mehr entwickeln sich aus ihnen Nachteile für die Gesellschaft und somit auch für die Unternehmung. So kann sich aus der Interessenpluralität Streit und Mißtrauen bilden. Oder der Individualismus drückt sich in Egoismus und Einsamkeit (Single-Dasein) aus. Für diese Zusammenhänge gibt es in unserer Gesellschaft hinreichend Beispiele. 22 Diese Zusammenhänge zeigen sich auch im Menschenbild aus Sicht der Unternehmungsführung und der Unternehmungskultur der Unternehmung. 2.2.2 MENSCHENBILD Die Gestaltung der Organisation und der Anreize des BVWs, wie sie in den meisten Unternehmungen anzutreffen ist, zeichnet sich durch Kontrolle und hauptsächlich 17 Vgl. DEUTSCHES INSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT E.V. (1994). 18 Vgl. ebenda. 19 Die TREUHANDANSTALT wurde noch von dem Ministerrat der DDR im März 1990 errichtet. Ihre Aufgabe war es die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens nach den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft durchzuführen. Vgl. HOFFMANN, LUTZ (1993), S. 146 f. 20 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S. 28. 21 Vgl. POPPER, KARL R. (1980). 22 Vgl. GEBERT, DIETER (1993), S. 631 ff.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 6 monetäre Anreize aus. Die Kontrolle der eingereichten Verbesserungsvorschläge erfolgt über ein aufwendiges und verwaltungsintensives Verfahren (vgl. S. 11 f.) und der Mitarbeiter wird vorrangig mittels monetärer Anreize (vgl. S. 20 f.) zu Verbesserungsvorschlägen motiviert. Dies legt den Schluß nahe, daß die Unternehmungsleitung den Mitarbeiter in das Menschenbild des rational-economic man nach SCHEIN 23 einstuft. Dieses Menschenbild ist nahezu identisch mit der Theorie X von MC GREGOR 24. Beide betrachten in ihren Hypothesen den Mitarbeiter als in erster Linie durch monetäre Anreize motivierten, passiven und von der Organisation manipulierten und kontrollierten Menschen. Er nutzt seine intellektuellen Fähigkeiten nur teilweise und denkt träge und unproduktiv. Eine Studie von Sprenger, in der eine Mehrzahl von 400 befragten Führungskräften ihre Mitarbeiter als arbeitsscheu, nur durch materielle Anreize angetrieben und Kontrollen diszipliniert einstufen, stützt diese Einschätzung 25. 2.2.3 UNTERNEHMUNGSKULTUR Unternehmenskultur 26 ist das implizite Bewußtsein eines Unternehmens, das sich im Verhalten der Organisationsmitglieder ergibt und das umgekehrt die formalen sowie die informalen Verhaltensweisen der Individuen steuert. 27 Die Unternehmungskultur ist hierbei etwas im Zeitablauf historisch Gewachsenes. Damit ist es ihrem Wesen nach nichts Statisches, sondern es ist prinzipiell offen und wandlungsfähig. Dennoch hat sie eine gewisse Konstanz, d. h. ein relativ großes Beharrungsvermögen gegenüber Veränderungen. 28 Folglich haben alle Unternehmungen eine Unternehmungskultur. In den meisten Unternehmungen wurde in der Vergangenheit die vorhandene Unternehmungskultur nicht beachtet, da man keinen Zusammenhang zum ökonomischen Erfolg der Unternehmung sah. Dies änderte sich Anfang der achtziger Jahre im Zuge des verschärften Wettbewerbs, der Globalisierung der Märkte und dem Wertewandel in der Gesellschaft. 29 Dies führte dazu, daß Unternehmungsführungen über ihre Unternehmungskultur nachdachten und wie sie diese mittels geeigneter Strategien ändern könnten. In vielen Unternehmungen führte diese Gestaltung der Unternehmungskultur von oben nach unten. D. h. die Unternehmungskultur wurde nicht in einem gemeinsamen Prozeß konzipiert, sondern die Unternehmungskultur wurde durch eine klare, eindeutige und einheitliche Orientierungsvorgabe gepflegt und weiterentwickelt. 30 SCHNYDER klassifiziert vier Kultur-Typen (vgl. Abbildung 2.1) auf Basis ihres Problemlösungsverhaltens und ihrer zeitlichen Ausrichtung. 31 23 Vgl. STAEHLE, WOLFGANG H. (1973), S. 102 f. 24 Vgl. MC GREGOR, DOUGLAS (1973), S. 47 ff. 25 Vgl. SPRENGER, R. K. (1992), S. 38. 26 Unternehmenskultur und Unternehmungskultur werden hier synonym verwendet. Eine Unterscheidung ist im Kontext dieser Arbeit nicht erforderlich. 27 SCHOLZ, CHRISTIAN (1987), S. 88. 28 WEßLING, MATTHIAS (1991), S. 21 ff. 29 WEVER, ULRICH A. (1992), S. 17. 30 Vgl. WEVER, ULRICH A. (1988), S. 247. 31 Vgl. SCHNYDER, ALFONS B. (1989), S.139 ff.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 7 Strategische langfristige Denkhaltung Visions-Kultur Planungs-Kultur weiche, informalintuitive Problemlösungsfähigkeiten harte, instrumentaletechnokratische Problemlösungsfähigkeiten Ad-Hoc-Kultur Verwaltungs-Kultur Operative kurzfristige Denkhaltung Abbildung 2.1 Unternehmungskultur-Typologie: Problemlösungsansatz nach Schnyder 32 Dies sind beim informal-intuitiven Problemlösungsverhalten die langfristige Visions- und die kurzfristige Ad-Hoc-Kultur. Deren Instrumente sind mehr informeller, dezentraler und unhierarchischer Natur. Die Unternehmungen mit einem Betrieblichen Vorschlagswesen verwenden eher das instrumental-technokratische Problemlösungsverhalten. SCHNYDER unterscheidet hier zwischen der langfristigen Planungskultur und der kurzfristigen Verwaltungskultur. Bei beiden werden zur Lösung von Problemen vorwiegend harte Methoden eingesetzt, d. h. die Aktivitäten werden mittels technokratischer Management-Instrumente gesteuert. 33 Die Instrumente sind z. B. Technologie-Portfolios 34, Methoden der Bedarfserfassung oder Bewertungen von Ideen. Sie zeichnen sich durch einen hohen Zentralisierungs-, Formalisierungs- und Hierarchierungsgrad aus. Bei der Planungs-Kultur werden Lösungen systematisch mit Hilfe eines komplexen Instrumentariums angestrebt, hier herrscht eine strategische, langfristige Denkhaltung. Die Verwaltungskultur löst die Probleme mit bürokratischen Maßnahmen, hierbei sind Kontrollinstrumente und Budgets wichtige Führungsmittel einer operativen Denkhaltung. Das BVW zeichnet sich durch eben diese Verwaltungskultur aus, die im folgenden beschrieben wird. 2.3 DAS BVW UND SEINE ZIELE Das Betriebliche Vorschlagswesen ist ein System von Regelungen zur Behandlung und Belohnung von Verbesserungsvorschlägen aus dem Kreis der Mitarbeiter. Ziel ist es, die Leistungen der Unternehmung ständig zu verbessern. 35 32 Vgl. EBENDA, S.141. 33 Vgl. EBENDA, S.139 f. 34 Vgl. PFEIFFER, WERNER et al. (1982), S. 77 f. 35 Vgl. GABLER (1993), S. 454.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 8 Diese Leistungen beziehen sich auf mehrere Ziele, die im folgenden näher beschrieben und durch die Kennzahlen zur Effizienz des BVW ergänzt werden. Anschließend erfolgt eine Betrachtung des Verbesserungsvorschlages, dem Grundelement des BVWs. Wurde das Betriebliche Vorschlagswesen früher von den Unternehmungen als reines Rationalisierungsinstrument angesehen, so ist es aus der heutigen Sicht der Wissenschaft ein Instrument zur wirtschaftlichen und menschengerechten Betriebsführung. 36 Insbesondere rückt in den letzten Jahrzehnten der menschlich-soziale Aspekt ( weiche Faktoren 37 ) in den Vordergrund der Betrachtung. Das BVW wird als ein Mittel zur Befriedigung individueller und sozialer Bedürfnisse und der Förderung der Zusammenarbeit aller Mitarbeiter erkannt 38. So ergeben sich als die Hauptziele des BVW Rationalisierung, Erhöhung der Arbeitssicherheit, Innovation und die Führungs- und Personalentwicklung. 39 Rationalisierung: Wie bereits in der geschichtlichen Entwicklung des BVWs erwähnt, handelt es sich bei der Rationalisierung um das klassische Ziel des BVWs, das auch heute in der Praxis, unter dem Wort der Wirtschaftlichkeitsverbesserung, in den meisten Firmen noch im Vordergrund steht. Erhöhung der Arbeitssicherheit: Der Verbesserung der Arbeitssicherheit wird auch in der Praxis ein hoher Stellenwert, als wichtigem Humanisierungsziel, eingeräumt. Innovation: Technische Entwicklungen und soziale Veränderungen bringen Innovationen mit sich. Das BVW kann durch viele kleine Innovationen (Verbesserungsvorschläge) die Unternehmung langsam größeren Aufgaben nähern. Führungs- und Personalentwicklung: Das Bestreben, in der Personalführung und Persönlichkeitsentwicklung den Mitarbeitern die Bedeutung des BVWs zu verdeutlichen, wird auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn die vorher genannten Zielaspekte in das ganzheitliche betriebliche Konzept gefaßt und von den Führungskräften aller Ebenen getragen werden. 40 Dem mittleren Management obliegt es im wesentlichen, die Ziele der Unternehmung in die Sprache und die Ziele der Mitarbeiter umzusetzen 41. Der Information, Förderung und Motivation der Mitarbeiter kommt dabei eine spezielle Bedeutung zu. Wichtig ist auch die Kooperation zwischen Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern. Neben den Hauptzielen gibt es noch indirekte Ziele. 42 Diese sind nicht Hauptgrund für die Einführung des BVWs, tragen aber in der Summe zur Bedeutung des BVWs bei: Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen durch die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung am Betriebsgeschehen, verantwortliches Mitdenken möglichst aller Mitarbeiter, Förderung der Teamarbeit und Verbesserung des Betriebsklimas, Steigerung der Qualität und Reduzierung von Streßsituationen durch Optimierung von Arbeitsabläufen, 36 Vgl. THOM, NORBERT (1985), S. 12. 37 Unter weichen Faktoren versteht man die sozialen Beziehungen zwischen Menschen und Gruppen innerhalb der Unternehmung, im Hinblick auf die Überlebens-, Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit und damit einhergehend den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmen. Dies bezieht sich nicht nur auf das BVW, sondern insbesondere auf die Neuen Management- und Führungstechniken. Vgl. BEYER, HEINRICH: (1993), S. 7 und BLEICHER, KNUT (1989), S. 31 f. 38 Vgl. KRAFFT, WERNER (1975), Sp. 2003. 39 Vgl. THOM, NORBERT (1985), S. 19 und URBAN, CHRISTINE (1994), S. 28 f. 40 Vgl. HEIDACK, CLEMENS (1990), Sp. 2301. 41 Vgl. MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 141. 42 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S.30 f. und MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 25 f.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 9 Innerbetriebliche Mitarbeiterentwicklung durch Schulungen, Verbesserung des Firmenimages und Erhaltung und Steigerung der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit des Unternehmens und dadurch Sicherung der Arbeitsplätze. Diese Ziele von der Wissenschaft werden in der Praxis auch anerkannt, aber dennoch sehen die meisten Führungskräfte das BVW vorrangig als Rationalisierungsinstrument. 43 Der Aspekt des BVW als Führungs- und Personalentwicklungsinstrument wird in der Praxis oft mehr im Sinne einer Aufforderung an den Mitarbeiter verstanden, sich durch konstruktive Ideen an der Entwicklung der Unternehmung zu beteiligen, sowie in der Bereitstellung einer Einrichtung, die allen Mitarbeitern gleiche Chancen für die Einreichung, Prüfung und Realisierung ihrer Vorschläge gewährt. 44 2.3.1 EFFIZIENZKRITERIEN DES BVWS Die Effizienz 45 des BVW läßt sich mit mehreren Kennzahlen bestimmen. Dabei kann in der Regel keine direkte Zuordnung zu einem der vorher genannten Ziele erfolgen 46. Um eine Aussage treffen zu können, müssen jedoch Vergleichswerte existieren. Diese können Werte aus Zielvorgaben, Kennzahlen aus den letzten Jahren oder Werte von anderen Unternehmungen sein 47. Die Kennzahlen des BVWs sind 48 : Beteiligungsquote: Sie benennt die Relation der Anzahl von Vorschlägen pro hundert Teilnahmeberechtigten. Sie ist ein Maß für die Mitwirkungsbereitschaft. Eine Verfälschung dieser Kennzahl kann auf eine hohe Beteiligung sogenannter Mehrfacheinreicher zurückgeführt werden. Dies kann durch die Einreicherdichte verhindert werden. Einreicherdichte: Ergibt sich aus dem Verhältnis der Anzahl der Einreicher von Verbesserungsvorschlägen zu der Anzahl der eingereichten Verbesserungsvorschläge. Aus ihr wird ersichtlich, ob es einen oder mehrere Mehrfacheinreicher gibt (bei kleiner Einreicherdichte). Ist der Wert größer 1, so liegt tendenziell eine stärkere Beteiligung von Gruppenvorschlägen am BVW vor. Annahmequote: Zeigt das Verhältnis von angenommenen zu eingereichten Vorschlägen auf. Diese Zahl kann Auskunft über die Qualität der Vorschläge geben. Durchführungsquote: Beschreibt das Verhältnis durchgeführter zu angenommenen Vorschlägen, informiert über den Rationalisierungs- und Innovationsbeitrag des BVWs zur Verbesserung der betrieblichen Situation und ist zudem Indikator für bestehende Änderungswiderstände. Verteilungsquote: Bestimmt die Einsenderstruktur (wie z. B. Berufsgruppen, Abteilungszugehörigkeit u. a.) der eingereichten Vorschläge. Hieraus kann man die Beteiligungen der einzelnen Unternehmensbereiche erkennen. Prämienarten und -höhen: Die Prämiensumme sowie Durchschnitts- und Höchstprämien geben Hinweis auf die Qualität der eingereichten Verbesserungsvorschläge für die Unternehmung. 43 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S. 132 f. und THOM, NORBERT (1985), S. 20. 44 Vgl. THOM, NORBERT (1986), S. 237. 45 Unter Effizienz wird hier, daß Verhältnis zwischen Input- und Outputgrößen verstanden. Vgl. JOOST, NORBERT (1975), S. 11. 46 Vgl. BUMANN, ANTON (1991), S. 90. 47 Hier empfiehlt es sich auf Statistiken der jeweiligen Branche des Deutschen Institut für Betriebswirtschaft (Sitz Frankfurt) zurückzugreifen. 48 Vgl. THOM, NORBERT (1985), S.76 f. und URBAN, CHRISTINE (1994), S. 33 f.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 10 Wenn das BVW als Instrument der Betriebsführung von der Unternehmungsleitung verstanden wird, dann ist ihre wichtigste Aufgabe, die Erfüllungsgrade der Effizienzkriterien zu verfolgen. Bei unbefriedigenden Werten müssen sie die Ursachen zu ermitteln und Maßnahmen zur Effizienzsteigerung zu veranlassen. 49 2.3.2 DER VERBESSERUNGSVORSCHLAG Der Verbesserungsvorschlag ist das Grundelement des BVWs. 50 Hierbei ist Verbesserung jede Veränderung, die der Unternehmung in ihren Unternehmungszielen dient. 51 Eine Verbesserung bzw. ein Verbesserungsvorschlag im Sinne des BVWs umfaßt die Beschreibung des bisherigen Zustandes (Ist-Zustand) und einen Vorschlag für dessen Verbesserung (Soll-Zustand). Dabei reicht der alleinige Hinweis auf bestehende Mängel nicht aus. Der Vorschlag sollte einen genauen Lösungsweg zur Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes nachvollziehbar aufzeigen. 52 Die im Verbesserungsvorschlag vorgeschlagene Maßnahme kann anderweitig bekannt oder gebräuchlich sein, sie muß nur für die vorgesehene Verwendung neu sein. 53 Hierbei gilt: Ohne Anregung des Mitarbeiters würde die Maßnahme zu diesem Zeitpunkt nicht realisiert werden. Ein Verbesserungsvorschlag kann nach BESSOTH eine Mini-Innovation sein. 54 Unter Innovationen werden Neuerungen verstanden, welche durch ein System zum erstenmal in seiner Entwicklung vollzogen und erreicht werden. 55 Man unterscheidet Innovationen einmal in Innovationen, die für den Markt neu sind und zweitens die, die für die Unternehmung neu sind. Verbesserungsvorschläge zeichnen sich, wie oben schon beschrieben, durch ihre Neuheit für die Unternehmung aus. 49 Vgl. THOM, NORBERT (1985), S. 25 f. 50 Vgl. BESSOTH, RICHARD (1974), S. 7. 51 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S.23 f. 52 Vgl. Höckel, Günther (1972), S. 40 f. 53 Vgl. MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 33 f. 54 Vgl. BESSOTH, RICHARD (1975), S. 158. 55 Vgl. BLEICHER, KNUT (1979), Sp. 800.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 11 2.4 DIE ORGANISATION DES BVWS Organisatorische Fragen gehören zu den Grundsätzen des BVW. 56 Das BVW ist eine auf Dauer angelegte Einrichtung und ist damit in die Organisation der Unternehmung zu integrieren. Bei der Gestaltung des BVWs sind rechtliche Bestimmungen sowie aufbau- und ablauforganisatorische Aspekte zu beachten. 2.4.1 DIE RECHTLICHE BESTIMMUNGEN Bei der Einführung und Gestaltung des Betrieblichen Vorschlagswesens gelten folgende Gesetze bzw. sind die Gesetze zur Abgrenzung zwischen Verbesserung und Erfindung heranzuziehen: Gesetz über Arbeitnehmererfindungen. 57 In diesem Gesetz wird unter anderem auch die Behandlung von qualifiziert technischen Verbesserungsvorschlägen, die nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig sind, geregelt. Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im Privaten Dienst, 58 sofern dies nicht in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. Betriebsverfassungsgesetz. Hier 87, 3. Abschnitt, der die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bzgl. der Grundsätze des betrieblichen Vorschlagswesen festlegt. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates wurden durch Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichtes vom 28.04.1981 und 16.03.1982 59, auf Basis des Betriebsverfassungsgesetzes vom 15.01.1972, modifiziert. Zu nennen sind hier das Initiativrecht, d. h. das Recht, nicht nur auf Maßnahmen des Arbeitgebers lediglich zu reagieren, sondern aus eigener Initiative Regelungsvorschläge an den Arbeitgeber heranzutragen und ihm nötigenfalls über die Einigungsstelle aufzuzwingen. Die Regelungsvorschläge beziehen sich auf die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei den Grundsätzen des BVWs. Zu den Grundsätzen gehören 60 : Festlegung des Teilnehmerkreises am betrieblichen Vorschlagswesen (ausgenommen leitende Angestellte), Prämierungsgrundsätze und deren Ausformung und die Mitbestimmung bei einfachen technischen Vorschlägen, Vorschlägen nichttechnischer Art und qualifizierte technische Vorschläge. Die Mitbestimmung erstreckt sich aber z. B. nicht auf: Die Bestellung des BVW-Beauftragten, Annahme eines Verbesserungsvorschlages und die Höhe der Prämie. 56 Vgl. Thom, Norbert (1985), S. 51. 57 Vgl. Gesetz über Arbeitnehmererfindungen vom 25.07.1957. Vgl. SCHWAB, BRENT (1985), S. 123 ff. 58 Vgl. ebenda, S. 251 ff. 59 Beschluß vom 28.01.1981, Arbeitsrecht-Blattei Betriebsverfassung IX B: Entsch. 53 = DB 1981, S. 1882 ff. und Beschluß vom 16.03.1982 Arbeitsrecht-Blattei Betriebsverfassung XIV B: Entsch. 68 = DB 1982, S. 1468 ff. 60 Vgl. die ausführliche Darstellung bei KRAUSS, ERNST-FRIEDRICH (1977), SCHWAB, BRENT (1985), S. 103 f., BRINKMANN, EBERHARD P.; HEIDACK, CLEMENS (1982), S. 43 ff. und MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 29 ff.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 12 Da der Betriebsrat meist Sympathieträger und Meinungsbildner der Belegschaft ist, sollte die Einführung, bzw. die Arbeit des BVWs aus einer kooperativen und vertrauensvollen Beziehung zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat entstehen. Das Gebot des 2 des Betriebsverfassungsgesetzes, zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, gewinnt dadurch neue Bedeutung. 61 Als Basis für das BVW sollte eine Betriebsvereinbarung stehen. Seit Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes, welches durch 87 Abs. 1 Nr. 12 das Betriebliche Vorschlagswesen der obligatorischen Mitbestimmung unterstellt, ist die Zahl der Betriebsvereinbarungen sprunghaft gestiegen. 62 Die Betriebsvereinbarung regelt die Rechtsverhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sowie die Anwendung und Durchführung des BVWs. Eine Betriebsvereinbarung sollte sich auf den gesetzlich vorgeschriebenen Inhalt und einige qualitative Merkmale beschränken, um so der BVW-Kommission und dem BVW- Beauftragten einen möglichst großen Handlungsspielraum zu gewährleisten. 2.4.2 DIE AUFBAUORGANISATION Das BVW hat entweder eine eigene Abteilung oder ist einer anderen Abteilung angegliedert. Dies hängt von den jeweiligen Gegebenheiten und der Größe der Unternehmung ab. Bei einer Angliederung stellt sich meist das Problem der Zuordnung zu einer technischen Abteilung oder kaufmännischen Abteilung. Nach einer DIB-Umfrage erfolgte in 59,7 % (33,3 % bei nebenamtlich tätigen BVW-Beauftragten) eine Angliederung an die Personalabteilung und nur bei 14,5 % (23,3 %) eine Angliederung an die Fertigung. 63 61 Vgl. HELFERT, MARIO (1992), S. 519. 62 Vgl. KRAUSS, ERNST-FRIEDRICH (1977), S. 39. 63 Vgl. THOM, NORBERT (1985), S. 63.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 13 Abbildung 2.2: Das Ideen-Haus mit seinen drei Säulen der BVW-Organe. 64 Das BVW setzt sich im wesentlichen aus drei Organen zusammen. Wie in Abbildung 2.2 dargestellt sind dies der BVW-Beauftragte (bei größeren Unternehmungen die BVW- Abteilung), die Gutachter und die Bewertungskommission (im folgenden nur noch als Kommission bezeichnet). Die drei Organe sind dabei auf die Vorschläge der Mitarbeiter und auf die Unterstützung durch das Management angewiesen. Zu diesen drei Organen können noch weitere Funktionsträger hinzukommen, wie 65 : BVW-Sachbearbeiter als Hilfe für einen Vorschlagsbeauftragten, zur Verwaltung der eingehenden Vorschläge. Wirtschaftlichkeitsrechner führen präzise Nutzenberechnungen durch oder stützen sich auf Schätzungen, so wird eine gewisse Gleichmäßigkeit und Neutralität bei der Nutzenbestimmung 66 gewährleistet. BVW-Einigungsstelle, die als neutrales Organ nochmals Entscheidungen der BVW-Kommission bei Einsprüchen überprüft. Diese kommt in der Praxis selten vor, die Einsprüche gehen hier meist wieder an die BVW-Kommission zurück. 64 Abbildung aus: BRINKMANN, EBERHARD P. (1992), S. 93. 65 Vgl. BUMANN, ANTON (1991), S. 164 f. und BRINKMANN, EBERHARD P. (1992), S. 92 f. 66 Die Nutzenbestimmung bezieht sich hier nicht nur auf die Kosteneinsparung, die berechnet werden kann, sondern auch auf den subjektiven Wert des Verbesserungsvorschlag für die Unternehmung. Z. B. bei einem Vorschlag zur Arbeitssicherheit, der rechnerisch nicht erfaßbar ist, da nicht abgeschätzt werden kann wie viele Unfälle durch den Verbesserungsvorschlag verhindert werden.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 14 Realisatoren sind meist die von den Verbesserungsvorschlägen betroffenen Abteilungsleiter bzw. Kostenstellenleiter. Ihre Aufgabe ist es die angenommenen Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Vorschlagskontaktleute können als Helfer für den BVW-Beauftragten in großen Unternehmungen eingesetzt werden. Sie informieren und unterstützen die Mitarbeiter bei Dingen bezüglich des BVWs. Diese Funktionsträger sind jedoch für die Durchführung eines BVWs eher von untergeordneter Bedeutung und sind auch nicht explizit in allen Unternehmungen in dieser Form anzutreffen. 2.4.2.1 Der BVW-Beauftragte Der BVW-Beauftragte nimmt eine zentrale Funktion in der Organisation des BVWs ein. Seine Aufgabe ist es, alle in Verbindung mit dem BVW anfallenden Koordinationsarbeiten als Haupt- oder Nebentätigkeit wahrzunehmen und für die Einhaltung aller gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen (Betriebsvereinbarung) zu sorgen. Die Hauptaufgaben des BVW-Beauftragten sind: Beratung und Unterstützung der Mitarbeiter bei Fragen zum BVW, wie z. B. erneute Kontaktaufnahme mit dem Einreicher bei Unklarheiten in der Formulierung eines Verbesserungsvorschlags, Registrierung, Bearbeitung und erste Prüfung eines Verbesserungsvorschlags, Weiterleitung an den bzw. die zuständigen Gutachter, sowie die Terminüber wachung der Bearbeitung, Vorbereitung und Ausrichtung der Kommissionssitzungen für die Bewertung, Abwicklung der Verbesserungsvorschläge aufgrund der Entscheidung der BVW- Kommission, Durchführung von BVW-Werbemaßnahmen und Anfertigung und Auswertung von Statistiken und Kennzahlen zur Effizienzkontrolle. Der BVW-Beauftragte ist aufgrund der zahlreichen und unterschiedlichen Funktionen, die er im Rahmen des BVW zu erfüllen hat, Hauptaufgabenträger dieser Einrichtung. Sein persönlicher Einsatz hat maßgebliche Auswirkungen auf den Erfolg des BVWs. Daher ist es sehr wichtig, den BVW-Beauftragten auf die Bedeutung seiner Tätigkeit hinzuweisen und zu unterstützen. Hierbei spielt es keine Rolle, ob er die Aufgabe haupt- oder nebenamtlich wahrnimmt. Wie in vielen Leistungsbereichen gilt auch hier: Es ist nicht schlimm, wenn der Beauftragte für das BVW nur mit der Hälfte seiner Zeit zur Verfügung steht; schlimm ist es nur, wenn er mit dem halben Herzen dabei ist. 67 Der BVW-Beauftragte sollte für seine Aufgabe geschult werden. Bei der Bestimmung des Beauftragten sollte nicht nur die fachliche Kompetenz berücksichtigt werden. Vielmehr spielt die soziale Kompetenz, die Vertrauenswürdigkeit und umfassende Kenntnisse über die Unternehmung eine gewichtige Rolle bei der Auswahl des BVW-Beauftragten. Diese Fähigkeiten sind besonders bei Einführung des BVWs, bei einer hohen Anzahl an Mitarbeitern, die ihre Vorschläge nicht schriftlich festhalten können und bei Mißtrauen der Belegschaft gegenüber den Vorgesetzten bzw. Führungskräften, gefragt. 67 HÖCKEL, GÜNTHER (1964), S.87.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 15 Ferner sollte die Rolle des BVW-Beauftragten durch die Geschäftsführung hervorgehoben werden, z. B. durch eine feierliche Einführung im Rahmen einer Betriebsversammlung oder einem Bericht in der Firmenzeitschrift. 2.4.2.2 Die Gutachter Der Gutachter wird in der Regel vom BVW-Beauftragten, seltener von der Kommission, bestimmt. Der BVW-Beauftragte prüft hierbei, welche Stelle in der Unternehmung vom Verbesserungsvorschlag betroffen ist und welche Stelle fachlich und formal betroffen ist. Er kann grundsätzlich jeden Mitarbeiter wählen, der in der Lage ist, ein fachliches Urteil über einen Verbesserungsvorschlag zu formulieren. Der BVW-Beauftragte verfügt in der Regel über eine bestimmte Anzahl an Gutachtern. 68 Die Aufgabe des Gutachters besteht darin, die vom BVW-Beauftragten an ihn weitergeleiteten Verbesserungsvorschläge fachlich eindeutig, sachlich und objektiv zu begutachten. 69 Die Gutachter sollten auch die Vorschriften und die Betriebsvereinbarung des BVWs kennen, insbesondere Kenntnisse über die Berechnung der Einsparung bzw. der Schätzung des Nutzens. 70 Die Gutachter sind entsprechend zu schulen bzw. auszubilden. Ein Problem bei der Erstellung der Gutachten ist die einheitliche Bewertung aller Verbesserungsvorschläge. Hierfür wird meist in der Betriebsvereinbarung ein Bewertungssystem vorgegeben. Dieses Bewertungssystem sollte so gestaltet sein, daß auch der Mitarbeiter die Bewertung des Verbesserungsvorschlages und die Errechnung der Prämie nachvollziehen kann. In der Praxis haben sich gerade bei qualitativen Vorschlägen, die über zwei Drittel aller eingereichten Vorschläge ausmachen 71, Bewertungstabellen bewährt. Als Beispiel sei hier eine qualitative Bewertungstabelle (Abbildung 2.3) die sich bei der Unternehmung Freudenberg bewährt hat aufgezeigt. Abbildung 2.3: Tabelle für qualitative Bewertung. 72 68 Vgl. THOM, NORBERT. (1985), S. 68. 69 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S.43 f. 70 Vgl. MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 56 f. 71 Vgl. DEUTSCHES INSTITUT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT E.V. (1985), S.10. 72 Entnommen aus MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 72.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 16 2.4.2.3 Die Kommission Die Kommission war aus steuerrechtlichen Gründen vorgeschrieben, wenn die Prämierten steuerlich durch Freibeträge begünstigt werden sollten. Diese Steuervergünstigungen für Prämien sind allerdings seit dem 01.01.1989 weggefallen, demnach ist die Kommission nicht mehr vorgeschrieben. In den meisten Unternehmungen ist sie dennoch weiterhin anzutreffen. 73 Dies liegt zur Hauptsache an den Betriebsvereinbarungen, in denen eine Kommission vorgeschrieben wird. Die Kommission setzt sich aus Mitgliedern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zusammen. Sie sollte paritätisch besetzt sein, um etwaigen Mißstimmungen auf Seiten der Arbeitnehmer bzgl. strittiger Entscheidungen vorzubeugen. Der Vorsitz sollte zwischen Betriebsrat und Unternehmensleitung wechseln, da der Vorsitzende bei Patt die Entscheidungen trifft. Die Kommission sollte qualifiziert und relativ ausgewogen besetzt sein 74 : Den Mitgliedern muß von der Unternehmungsleitung und den Mitarbeitern Vertrauen entgegengebracht werden. Das erforderliche Fachwissen und die benötigten Betriebskenntnisse müssen bei den Mitgliedern vorhanden sein. Die Mitglieder müssen die Kompetenz haben, um Kommissionsbeschlüsse durchzusetzen. Die Aufgaben der Kommission sind 75 : Prüfung der Gutachten und Genehmigung der vorgeschlagenen Prämie, aktive Mitarbeit bei der Beratung der Verbesserer, Gutachter und Vorgesetzten, sowie der Unternehmensleitung bei der Planung und Gestaltung der Weiterentwicklung des BVWs, Beratung des Beauftragten des BVWs bei der Erstellung des BVW- Jahresberichtes, Unterstützung des Beauftragten des BVWs und Überwachung der Realisierung der angenommenen Verbesserungsvorschläge. Um eine effektive und schnelle Bearbeitung der Verbesserungsvorschläge durch die Kommission zu gewährleisten, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden 76 : Die Kommission sollte nicht zu häufig Besetzungsänderungen erfahren, da Kontinuität wichtig ist. monatliche Sitzungstermine und die Mitglieder sollten vor der Sitzung alle Informationen über Verbesserungsvorschläge erhalten, so daß nur noch Entscheidungen gefällt werden müssen. Es ist empfehlenswert gelegentlich Gutachter an den Sitzungen teilnehmen zu lassen. Dies ermöglicht einem Gutachter, einen Einblick in die Entscheidungsfindung auf Basis der Gutachten zu bekommen. In Konzernen mit dezentralen Ausschüssen empfiehlt sich dies auch für die jeweiligen BVW-Beauftragten aus anderen Geschäftsbereichen. Dies fördert den 73 Vgl. URBAN, CHRISTINE (1994), S. 47. 74 Vgl. BUMANN, ANTON (1991), S. 162. 75 Vgl. MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 40 f. und URBAN, CHRISTINE (1994), S. 44 f. 76 Vgl. MERZ, EBERHARD; BIEHLER, BERNHARD (1994), S. 40 f.

Verbesserungen durch BVW und KAIZEN Seite 17 Erfahrungsaustausch, und es besteht die Möglichkeit, sich über schwierige Fälle, Grenzund Zweifelsfälle zu informieren und abzusprechen. 2.4.3 DIE ABLAUFORGANISATION Die Ablauforganisation bildet den Rahmen für die Abwicklung der Verbesserungsvorschläge von der Idee bis zur Realisierung in der Unternehmung und Prämierung bzw. Ablehnung. 77 Die wesentlichen Punkte für die Regelung des BVWs sind hierbei die Vorschlagswege (Einreichungswege), die Vorschlagsform, die Vorschlagsbearbeitung und die Vorschlagsrealisierung. 78 Diese Regelungen erweisen sich dann als effizient, wenn sie eine hohe Beteiligung am BVW fördern und eine Minimierung der Bearbeitungszeit bzw. Verweilzeit des Verbesserungsvorschlages in der Ablauforganisation ermöglichen. Hierbei sollte auf die Zufriedenheit aller am Ablauf Beteiligten geachtet werden. 79 2.4.3.1 Die Vorschlagswege Dem Einreicher sollten grundsätzlich mehrere Wege zur Einreichung eines Verbesserungsvorschlages offenstehen, wie beispielsweise: BVW-Briefkasten Betriebsrat BVW-Beauftragter bzw. BVW-Abteilung Vorgesetzter Kommissionsmitglieder Hauspost Dies gewährleistet, daß dem Mitarbeiter jeder erdenkliche Einreichungsweg offensteht, und er gegebenenfalls einen Verbesserungsvorschlag auch anonym einreichen kann. Die Anonymität ermöglicht es dem Einreicher trotz vorhandener Hemmungen einen Verbesserungsvorschlag einzureichen. Die Hemmungen können z. B. auf einem Mißtrauensverhältnis gegenüber dem direkten Vorgesetzten beruhen (vgl. S. 24). Der als Kostenstellenleiter bzw. Gutachter auch den eingereichten Verbesserungsvorschlag seines Mitarbeiters zur Begutachtung erhält und den Verbesserungsvorschlag aufgrund der Zuordnung zu einem unbeliebten Mitarbeiter mit einer ablehnenden Haltung begutachten könnte. 2.4.3.2 Die Vorschlagsform Das Einreichen von Verbesserungsvorschlägen sollte für die Mitarbeiter so einfach wie möglich gestaltet werden. Für die schriftliche Einreichung, welche die Regel ist, sollte ein Vordruck existieren, um sowohl dem Einreicher, als auch dem Bearbeiter des Verbesserungsvorschlages die Bearbeitung zu erleichtern. Außerdem sollte die Möglichkeit der mündlichen Einreichung von Verbesserungsvorschlägen bestehen, die dann von einer der oben erwähnten Personen (z. B. BVW-Beauftragter) in eine schriftliche Form gebracht werden muß. Diese Art der Einreichung ermöglicht es auch Mitarbeitern, die Sprachprobleme haben, und solchen, die Formulierungs- und Rechtschreibschwierigkeiten haben, Verbesserungsvorschläge einzureichen. 80 77 Vgl. BRINKMANN, EBERHARD P.; HEIDACK, CLEMENS (1982), S. 136. 78 Vgl. BUMANN, ANTON, (1991), S. 186. 79 Vgl. THOM, NORBERT (1985), S. 51. 80 Vgl. BUMANN, ANTON (1991), S. 188.