Regierung hält Versprechen zur Barriere-Freiheit nicht Dieser Text ist eine Rede von Sören Pellmann. Er ist Politiker für die Partei DIE LINKE im Deutschen Bundestag. Er hat im Deutschen Bundestag über Barriere-Freiheit gesprochen. Barrieren sind Hindernisse. Zum Beispiel: Treppen können Hindernisse sein. Schwere Sprache kann auch ein Hindernis sein. Barriere-Freiheit bedeutet: Es gibt keine Hindernisse für Menschen mit Behinderungen. Seine Rede heißt in Alltags-Sprache: Gro-Ko- Versprechen nach Barriere-Freiheit nur heiße Luft. Gro-Ko steht für: Große Koalition. Die Gro-Ko ist ein Bündnis von Parteien. Die Parteien bilden zusammen die Regierung. Mit dem Wort Gro-Ko ist also die Regierung gemeint. Sören Pellmann sagt: Die Regierung hält ihre Versprechen nicht. Sie haben mehr Barriere-Freiheit versprochen. Aber das neue Gesetz hilft den Menschen nicht. Die Rede wurde übersetzt in Leichte Sprache. Damit alle Menschen die Rede verstehen. Weitere Informationen finden Sie ab Seite 15. Seite 1
Frau Präsidentin. Liebe Kollegen und Kolleg-innen. Einen wunder-schönen guten Abend. Im Grund-Gesetz steht in den Artikeln 1 und 3: Die Würde des Menschen ist un-an-tast-bar. Sie zu achten und zu schützen ist Ver-pflicht-ung aller staat-lichen Gewalt. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Das bedeutet: Es ist die Pflicht vom Staat die Würde von Menschen zu schützen. Niemand soll Nachteile haben wegen einer Behinderung. Das steht in unserem Grund-Gesetz. Das ist für uns alle Pflicht. Menschen mit Behinderungen sollen teilhaben. Es soll für sie keine Hindernisse geben. Dazu sagen wir: Barriere-Freiheit. Es gibt ein Gesetz für Barriere-Freiheit in Europa. Das Gesetz heißt: E U - Richt-Linie. EU ist die Abkürzung für Europäische Union. In der EU-Richt-Linie steht: Es soll keine Hindernisse mehr geben für Menschen mit Behinderungen. Seite 2
Deutschland hat die EU-Richt-Linie unterschrieben. Jetzt müssen wir die Regeln aus der EU-Richt-Linie in Deutschland umsetzen. Das heißt: Die Regierung muss Gesetze machen für die Barriere-Freiheit im Internet. Dafür haben wir Zeit bis September 2018. Die Regierung hat einen Gesetz-Entwurf gemacht. In dem Gesetz-Entwurf stehen neue Gesetze für die Barriere-Freiheit im Internet. Damit hätten wir den Menschen helfen können. Damit hätten wir viel verändern können für die Menschen in Deutschland. Und wir hätten ein Vorbild sein können für andere Länder. Aber die Regierung will hier kein Vorbild sein. Die Regierung hat wenig geändert. Die Regierung hat zu wenig getan für Menschen mit Behinderungen. Sie machen für die Ämter wieder viele Ausnahmen. Obwohl es dafür viel Kritik gab. Das heißt: Viele Menschen haben gesagt: Der Gesetz-Entwurf ist schlecht. Es gibt zu viele Ausnahmen. Seite 3
Es gab auch eine Anhörung. Bei einer Anhörung werden Experten eingeladen. Sie sollen bei schweren Fragen helfen. Zum Beispiel: Wenn die Regierung neue Gesetze macht. Dann werden vorher Experten gefragt. Das nennen wir: Anhörung. Die Anhörung war am Montag in dieser Woche. Am 11. Juni 2018. Die Anhörung war öffentlich. Jeder konnte kommen und zuhören. Viele Experten haben gesagt: Der Gesetz-Entwurf von der Regierung ist schlecht. Sie ändern zu wenig mit ihrem Gesetz-Entwurf. Sie setzen zu wenig von der EU-Richt-Linie um. Sie ändern den Absatz 6 vom Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz. Es gibt jetzt einen neuen Paragraf 12 a. Ein Paragraf ist ein Teil von einem Gesetz. In dem Paragraf stehen viele Ausnahmen. Zum Beispiel: Für die Internet-Seiten von Ämtern. Deshalb ist der Paragraf 12 a schlecht. Seite 4
Es gibt immer noch keine Pflicht für barriere-freie Programm-Oberflächen. Programm-Oberflächen sind Bildschirme zum Bedienen von Computern oder Telefonen. Programm-Oberflächen müssen barriere-frei sein. Damit alle Menschen sie nutzen können. Aber das steht nicht im neuen Gesetz. Das ist auch ein großer Rück-Schritt. Das kann man schon als Skandal bezeichnen. Sie haben jetzt einen Änderungs-Antrag gestellt. Damit soll das Gesetz geändert werden. Aber damit machen Sie die 2 Fehler auch nicht gut. Das werden Sie genau merken. Das haben die Menschen in der Anhörung gesagt. Und das steht auch in der Antwort vom Blinden- und Seh-Behinderten-Verband. Herr Jens Beeck von der Partei FDP hat die Antwort vorhin schon vorgelesen. Sie machen weniger als die EU-Richt-Linie fordert. Sie halten sich nicht an alle Regeln. Sie müssen mehr tun. Sie müssen den Betroffenen zuhören. Sie müssen die Menschen fragen, was sie brauchen. Dazu sagen wir: Beteiligung. Das bedeutet: Mit-machen oder mit-entscheiden. Seite 5
Liebe Regierung. Wie lief die Beteiligung beim Gesetz-Entwurf ab? Wie haben Sie die Menschen mit-machen lassen als Sie den Gesetz-Entwurf gemacht haben? Wie haben Sie die Menschen beteiligt? Es gibt in Deutschland viele Verbände. Ein Verband ist eine Gruppe von Vereinen. Sie setzen sich ein für Menschen mit Behinderung. Sie kennen sich gut aus mit den Problemen und Wünschen von Menschen mit Behinderungen. Die Regierung sagt: Sie hat die Verbände beteiligt. Aber das bewerten die Verbände und Selbst-Hilfe-Organisationen ganz anders. Sie sagen: Sie wurden nicht genug beteiligt. Sie hatten genau 1 Woche Zeit, auf den Gesetz-Entwurf zu reagieren. Das bedeutet: Sie müssen den Gesetz-Entwurf prüfen. Und eine Antwort an die Regierung schreiben, wie der Gesetz-Entwurf verbessert werden soll. 1 Woche ist nicht genug. Das ist nicht angemessen. Sie brauchen mehr Zeit. Damit sie den Gesetz-Entwurf prüfen können. Damit sie beim Gesetz-Entwurf mithelfen können. Seite 6
Wir von der Partei DIE LINKE finden: Das ist zu wenig Zeit. Das ist nur eine Pseudo-Beteiligung. Das bedeutet: Sie tun nur so, als ob Sie zusammen arbeiten wollen. Aber in Wahrheit entscheiden Sie alleine. Sie fragen die Menschen mit Behinderungen nicht. Sie lassen die Verbände und Organisationen nicht mit-entscheiden. Seite 7
Ich bekomme Zweifel: Kennt jeder die Artikel 1 und 3 vom deutschen Grund-Gesetz? Und werden sie auch umgesetzt? Wir von der Partei DIE LINKE finden: Das Ziel von unserem Rechts-Staat ist eine inklusive Gesellschaft. Inklusiv heißt: Kein Mensch wird benachteiligt. Kein Mensch wird ausgeschlossen. Also sorgen wir gemeinsam dafür, dass es auch im privaten Leben keine Barrieren gibt. Damit es keine Hindernisse mehr gibt für Menschen mit Behinderungen. Damit alle Menschen überall mitmachen können. Dazu sagen wir: Barriere-Freiheit. Die Regierung will die private Wirtschaft frei-willig zur Barriere-Freiheit bewegen. Das heißt: Die Regierung macht nur Regeln für Ämter. Die Regierung glaubt: Die Unternehmen und Vereine machen frei-willig mit. Aber das ist gescheitert. Das hat nicht geklappt. Die private Wirtschaft macht das nicht frei-willig. Seite 8
Liebe Kollegen. Liebe Kolleg-innen. Stellen Sie sich vor: Sie haben eine Behinderung. Und Sie wollen mit Freunden ins Kino. Oder ins Restaurant gehen. Sie können das aber nicht. Weil Sie nicht dort hinein kommen. Weil es Barrieren gibt. Also: Hindernisse, die Sie nicht überwinden können. Wie würden Sie sich fühlen? Wenn Ihr Arzt für Sie nicht erreich-bar ist. Weil Sie an ihn nicht heran kommen. Oder Sie laufen an einem Bäcker vorbei. Und Sie riechen die leckeren Brötchen. Aber Sie können nichts kaufen. Weil Sie nicht hinkommen. Seite 9
Ich habe mit vielen Betroffenen über den Gesetz-Entwurf geredet. Ich habe die Menschen gefragt, was sie über den Gesetz-Entwurf denken. Die Menschen mit Behinderungen fühlen sich einsam würde-los wütend hilf-los. Wir müssen den Menschen helfen. Es ist unsere Pflicht. Die Partei DIE LINKE will mehr tun für eine barriere-freie und inklusive Gesellschaft. Das heißt: Eine Gesellschaft ohne Barrieren. Es soll keine Hindernisse geben. Alle sollen überall mitmachen können. Die Privat-Wirtschaft wird nichts frei-willig tun. Weil Barriere-Freiheit Geld kostet. Wir müssen mehr Druck machen. Wir von der Partei DIE LINKE wollen die Privat-Wirtschaft zur Barriere-Freiheit verpflichten. Das bedeutet: Barriere-Freiheit soll nicht nur Pflicht für Ämter sein. Sondern auch für alle anderen Unternehmen. Seite 10
Barriere-Freiheit ist ein Menschen-Recht. Menschen-Rechte sind wichtiger als Geld. Sie dürfen nicht für Geld geopfert werden. Der Staat muss die Bedingungen schaffen zur Umsetzung der Barriere-Freiheit. Das bedeutet: Er muss Gesetze für Barriere-Freiheit machen. Alle müssen sich an die Gesetze halten. Seite 11
Die Partei DIE LINKE will auch ein Verbands-Klage-Recht im Allgemeinen Gleich-Behandlungs-Gesetz. Verbands-Klage-Recht bedeutet: Die Verbände können klagen. Wenn etwas nicht barriere-frei ist. Zum Beispiel: Wenn es Hindernisse gibt für Menschen mit Behinderungen. Dann können die Verbände klagen. Dann entscheidet ein Gericht. Dann bekommt man vielleicht eine Strafe, wenn etwas nicht barriere-frei ist. Nur so können die Verbände Druck machen. Damit die Privat-Wirtschaft mehr barriere-frei macht. Es ist wichtig, dass die Verbände klagen können. Damit es weniger Hindernisse gibt für Menschen mit Behinderungen. Nicht nur bei Ämtern. Sondern auch im privaten Leben. Seite 12
Ich will noch mal rein schauen in Ihren Koalitions-Vertrag. Die Parteien CDU, CSU und SPD haben einen Vertrag gemacht. Damit sie gemeinsam regieren können. Aber ich weiß ja nicht, wie lange Ihr Vertrag noch gilt. Ich lese den Satz aus Ihrem Vertrag vor: Sie wollen prüfen, wie Private angemessene Vorkehrungen umsetzen können. Das bedeutet: Sie wollen erst prüfen, was die Privaten tun können. Zum Beispiel: Wie Unternehmen und Vereine ihre Angebote barriere-frei machen können. Aber das ist noch lange nicht genug. Liebe Kollegen und Kolleg-innen. Genau deshalb haben wir von der Partei DIE LINKE einen Antrag gestellt. Unser Antrag heißt: Menschen-Recht auf Barriere-Freiheit umsetzen. Privat-Wirtschaft zu Barriere-Freiheit verpflichten. Wir wollen heute über unseren Antrag abstimmen. Seite 13
Wir von der Partei DIE LINKE lehnen den Gesetz-Entwurf von der Regierung ab. Wir sind gegen den Gesetz-Entwurf. Weil er die Betroffenen nicht weiter bringt. Weil er den Menschen mit Behinderungen nicht hilft. Herzlichen Dank. Seite 14
Weitere Informationen zum Text in Leichter Sprache Sören Pellmann hat am 14. Juni 2018 im Deutschen Bundestag gesprochen. Seine Rede heißt in Alltags-Sprache: Gro-Ko-Versprechen nach Barriere-Freiheit nur heiße Luft Gro-Ko steht für: Große Koalition. Die Gro-Ko ist ein Bündnis von den Parteien: CDU CSU SPD Die Parteien bilden zusammen die Regierung. Mit dem Wort Gro-Ko ist also die Regierung gemeint. Das Atelier Leichte Sprache hat die Rede von Sören Pellmann in Leichte Sprache übersetzt. Damit alle Menschen die Rede verstehen. Menschen mit Behinderungen haben den Text in Leichter Sprache geprüft. Die Menschen arbeiten bei der Sozial-Betriebe-Köln ggmbh. Die Bilder gehören der Lebenshilfe Bremen e.v. Illustrator Stefan Albers Atelier Fleetinsel, 2013. Seite 15