Die rechtlichen Probleme bei nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses 12. Bundesweiter Betriebsärztetag Wuppertal, 27.02.2016 Ärztliche sind grundsätzlich anerkannt in der Rechtsprechung (vgl. z. B. BAG v. 07.06.1984 2 AZR 270/83) Liegt eine Krankheit bzw. Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist? Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, jedoch die zukünftigen Kollegen oder Kunden gefährden? Ist zum Zeitpunkt des Dienstantritts bzw. in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, z. B. durch eine geplante Operation, eine bewilligte Kur oder durch eine zurzeit bestehende akute Erkrankung? 1
Vom Grundsatz her macht eine Einstellungsuntersuchung nur dann Sinn, wenn sie vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt wird Keine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an Bei rechtmäßigen ist aber ordnungsgemäß mitzuwirken, wenn man sich entschließt, an dieser teilzunehmen (abgeleitet aus den vorvertraglichen Pflichten nach 241 Abs. 2 BGB i. V. m. 311 Abs. 2 BGB) Keine rechtliche Verpflichtung zur Teilnahme an Bei rechtmäßigen ist aber ordnungsgemäß mitzuwirken, wenn man sich entschließt, an dieser teilzunehmen (abgeleitet aus den vorvertraglichen Pflichten nach 241 Abs. 2 BGB i. V. m. 311 Abs. 2 BGB) 2
Eine Einstellungsuntersuchung macht grundsätzlich nur dann Sinn, wenn sie vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses durchgeführt wird (rechtlich beste Möglichkeit) Gleichwertige Alternative: Einstellungsuntersuchung als aufschiebende Bedingung nach 158 Abs. 1 BGB Oft wird allerdings die Einstellungsuntersuchung durchgeführt, nachdem das Beschäftigungsverhältnis begonnen hat Oft wird hier dann im Arbeitsvertrag festgelegt, dass der Arbeitsvertrag vorbehaltlich einer Einstellungsuntersuchung geschlossen wird 3
Problem: Rechtlich handelt es sich hierbei um eine sog. auflösende Bedingung nach 158 Abs. 2 BGB Bei einer auflösenden Bedingung endet die Wirkung des zugrunde liegende Rechtsgeschäft mit Eintritt der Bedingung Rechtsfolge: eine Kündigung ist bei einer auflösenden Bedingung nicht notwendig Auflösende Bedingungen in Arbeitsverträgen würden aber ohne Regulativ u. a. dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG widersprechen Die Anwendbarkeit wurde daher in der Rechtsprechung eingeschränkt Mittlerweile unterliegen auflösende Bedingungen in Arbeitsverträgen dem Teilzeitbefristungsgesetz ( 21 TzBfG) 4
Rechtliche Voraussetzungen Sachlicher Grund Eine auflösende Bedingung in einem Arbeitsvertrag bedarf eines sachlichen Grundes ( 21 i. V. m. 14 Abs. 1 TzBfG) Schriftform Ein Arbeitsvertrag kann grundsätzlich auch mündlich vereinbart werden. Die auflösende Bedingung bedarf dagegen immer der Schriftlichkeit ( 21 i. V. m. 14 Abs. 4 TzBfG) Rechtliche Voraussetzungen Frist für die Beendigung Grundsätzlich endet ein Rechtsgeschäft mit Eintritt der auflösenden Bedingung ( 158 Abs. 2 BGB) Arbeitsvertrag: Hier endet das Rechtsgeschäft frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung ( 21 i. V. m. 15 Abs. 2 TzBfG) 5
Rechtliche Voraussetzungen Weiterarbeit Wird das Arbeitsverhältnis trotzdem mit Wissen des Arbeitgebers weitergeführt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert (= sog. unbedingtes Arbeitsverhältnis, 21 i. V. m. 15 Abs. 5 TzBfG) Kündigungsmöglichkeiten Eine ordentliche Kündigung bei einem mit einer auflösenden Bedingung versehenen Arbeitsvertrag ist nur möglich, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist ( 21 i. V. m. 15 Abs. 3 TzBfG) Rechtliche Voraussetzungen Diskriminierungsverbot Ist der Eintritt der Bedingung noch ungewiss (z. B. weil die Untersuchung noch nicht stattgefunden hat), so darf der Beschäftigte nicht schlechter als die Beschäftigten behandelt werden, welche bereits ohne Bedingung beschäftigt sind Z. B. Darf nicht weniger Entgelt bezahlt werden 6
Untersuchung als aufl. Bedingung Nach hier vertretender Auffassung ist die ärztliche Einstellungsuntersuchung als auflösende Bedingung grundsätzlich zulässig Ein sachlicher Grund ist allerdings nur dann gegeben, wenn es sich um eine rechtlich zulässige Einstellungsuntersuchung handelt Klarheit der Bedingung Es muss klar definiert sein, wann genau die auflösende Bedingung eintreten kann Es muss für den Beschäftigten zweifelsfrei feststellbar sein (BAG v. 21.12.2005 7 AZR 541/04) Bei Standardverträgen muss weiterhin beachtet werden, dass es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen nach 305 Abs. 1, 310 BGB handelt Hier gilt das Transparentgebot nach 307 Abs. 1 S. 2 BGB 7
Klarheit der Bedingung Es muss auch klar definiert werden, bis wann die ärztliche Einstellungsuntersuchung zu erfolgen hat (Transparenzgebot) Beschäftigter darf nicht um unklaren darüber gelassen werden, ob er ein Beschäftigungsverhältnis hat Lebt er im ungewissen, so stellt dies eine unangemessene Benachteiligung dar Klausel ist damit nichtig! Zeitpunkt der Untersuchung Ohne Begrenzung könnte ein Arbeitgeber auch eine ärztliche Untersuchung nach mehreren Jahren durchführen lassen Hiermit könnte er dann den in Deutschland geltenden Kündigungsschutz umgehen Sechs Monate! 8
Verstoß gegen das TzBfG Ist die auflösende Bedingung rechtsunwirksam, so ist der Arbeitsvertrag so zu behandeln, als sei die auflösende Bedingung nicht aufgenommen worden ( 21 i. V. m. 16 TzBfG) Fazit sollten vor dem Beginn des Arbeitsvertrages durchgeführt werden Gleichwertig ist die aufschiebende Bedingung Ansonsten muss klar formuliert sein, wann genau die auflösende Bedingung eintritt Es muss klar formuliert sein, dass das Beschäftigungsverhältnis endet, wenn die ärztliche Untersuchung ergeben hat, dass für die arbeitsvertraglich übertragenen Aufgaben die gesundheitliche Eignung nicht besteht Weiterhin muss der Zeitraum definiert werden, bis wann die ärztliche Untersuchung zu erfolgen hat 9
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