Einzelhandelsentwicklungskonzept Uedem

Ähnliche Dokumente
Die Gartenstadt Haan. ...stellt sich vor

TEILFORTSCHREIBUNG DES KOMMUNALEN EINZELHANDELS- GUTACHTENS FÜR DIE STADT MINDEN

Statistische Nachrichten

und Sersheim, vom bis

Die Graf-Adolf-Straße. Tor zur Innenstadt

Einzelhandelskonzept Halberstadt

Einzelhandelskonzept für den Markt Frammersbach

Kölner Straße : Oberbilk

1.1. Zweckbestimmung des Sondergebietes SO 1: Gemäß 11 (3) BauNVO wird ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fachmarktzentrum" dargestellt.

Stadt Waren (Müritz) Heilbad

Einzelhandelskonzept für die Stadt Petershagen : Vorstellung und Beratung des Entwurfs Erläuterungen und Beispiele zum besseren Verständnis

Annahmen für die Berechnungen auf Basis AG 2 v

Paul Esser. Düsseldorf-Gerresheim. Einkaufen im Stadtteil mit Geschichte und Zukunft

Markus Demary / Michael Voigtländer

Flottenbetrieb mit Elektrofahrzeugen und Flottenmanagement unter dem Aspekt der Elektromobilität in der Modellregion Sachsen

Düsseldorf-Kaiserswerth

Statement. Dr. Jens Sträter zeb/rolfes.schierenbeck.associates

Einzelhandelskonzept für die Stadt Ennepetal

Emmerich am Rhein. Golden Gate zum Niederrhein

Die Bedeutung von Breitband als Standortfaktor für Unternehmen

Überarbeitung des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Oberhausen

II. Zum Jugendbegleiter-Programm

Düsseldorf-Benrath. Ab in den Süden

Beratungsfolge Sitzungstermin akt. Beratung

RAUMORDNERISCHE BEURTEILUNG -KONGRUENZGEBOT-

Überlegungen zur Weiterentwicklung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes

1. Besprechungsprotokoll

Büromarktstudie Aalen: Vorbereitende Büromarktanalyse

Mobile Intranet in Unternehmen

1 Einleitung. 1.1 Motivation und Zielsetzung der Untersuchung

EINZELHANDELS- UND ZENTRENKONZEPT für die Gemeinde Ascheberg

mehrmals mehrmals mehrmals alle seltener nie mindestens **) in der im Monat im Jahr 1 bis 2 alle 1 bis 2 Woche Jahre Jahre % % % % % % %

Statistische Auswertung:

Insiderwissen Hintergrund

FORSCHUNGSTELEGRAMM November 2015 (Nr. 12/15)

Deutschland-Check Nr. 35

Gutachten Einkaufsstandort Ludwigsstraße

Erste Ergebnisse der BMWi-Online Befragung Kommunale Investitionen

Anleitung Scharbefragung

Stadtmarketing Langenselbold

Attraktiver Einzelhandelsstandort Kufstein

Stand 15. Oktober Fragen und Antworten

Statistische Materialien zu Existenzgründung und Selbstständigkeit der Wohnbevölkerung mit Migrationshintergrund

Vermögensbildung: Sparen und Wertsteigerung bei Immobilien liegen vorn

ConTraX Real Estate. Büromarkt in Deutschland 2005 / Office Market Report

Anwendungshinweise zur Anwendung der Soziometrie

NETZWERK INNENSTADT NRW. LEITLINIEN / MEMORANDUM ZUR INNENSTADT Gliederung / Struktur (Entwurf: )

1. Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes durch den Gemeinderat am

Forschungsprojekt. Frauen als Zielgruppe der Existenzgründungsförderung unter besonderer Berücksichtigung der Finanzierungsaspekte.

Fürth - Wettbewerb. -> PROJEKTVORSTELLUNG - Video auf youtube.com. -> DETAILPRÄSENTATION 07. Juli 2011 als pdf (7.5MB) herunterladen...

Outsourcing personalwirtschaftlicher Dienstleistungen in Stadtwerken

5.4. Der Wirtschaftsbereich Unternehmensservices

Was sind Jahres- und Zielvereinbarungsgespräche?

Wirtschaftsstruktur Allschwil 2003

Ihre Fragen unsere Antworten rund um die Fusion der Sparkassen Wesel und Dinslaken-Voerde-Hünxe. Mehrwert der Fusion. Das Wichtigste vorab:

Das Vermögen der privaten Haushalte in Nordrhein-Westfalen ein Überblick auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe

Umweltbewusstseinsstudie 2014 Fact Sheet

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Ex-Ante-Evaluierung von Finanzinstrumenten in Thüringen Thüringen Invest und Thüringen Dynamik

Zwischenbericht der UAG NEGS- Fortschreibung

Energie- und CO 2 -Bilanz für die Kommunen im Landkreis Ostallgäu

Dachau Große Kreisstadt. Gewerbeflächen- Entwicklungskonzept. Auftaktveranstaltung Fotodokumentation

Turnusmäßige Erhebung 2012 als Grundlage zur weiteren Fortschreibung des Zentrenkonzeptes der Landeshauptstadt München

Gliederung allgemeiner Teil

Pflegedossier für die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder)

Personal der Frankfurter Pflegeeinrichtungen 2005

1. Einführung. 1.1 Tourenplanung als Teilbereich der Logistik

WERKZEUG KUNDENGRUPPEN BILDEN

Augsburger Bevölkerung nach Migrationshintergrund

Energie- und CO 2 -Bilanz für den Kreis Herzogtum Lauenburg

DIE ANWENDUNG VON KENNZAHLEN IN DER PRAXIS: WEBMARK SEILBAHNEN IM EINSATZ

Risikomanagement-Studie für Österreich. Status und Trends in Enterprise-Risikomanagement mit Konnex zu IT-Risiken

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

Energie- und CO 2 -Bilanz für die Kommunen im Landkreis Ostallgäu

Mehr Transparenz für optimalen Durchblick. Mit dem TÜV Rheinland Prüfzeichen.

Umfrage: Mediation im Profifußball

WiFö-Index Gewerbe Januar Bundesweite Befragung zur Gewerbeflächenvermarktung im IV. Quartal 2010

Media Teil III. Begriffe, Definitionen, Übungen

Entwicklung des Einzelhandels in Borken Vergleich der Jahre 2002 /

Die deutsche Vereinigung bis Positionen der Bürgerinnen und Bürger. Berlin, 23. Juni 2015

Energie- und CO 2 -Bilanz für die Kommunen im Landkreis Ostallgäu

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Die Hintergründe dafür liegen unseres Erachtens bei mehreren gesellschaftspolitischen und fachlichen Diskursen, denen wir uns stellen:

Pilotprojekt Innenentwicklung in Gewerbegebieten: Rodgau, Weiskirchen-Ost

1. Einleitung. 1.1 Hintergrund. 1.2 Motivation. 1.3 Forschungsansatz - These

Von zufriedenen zu treuen Kunden

INNOVATIONEN UND QUALIFIZIERUNG WAS SAGEN BETRIEBSRÄTE?

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

Private Altersvorsorge

Speicher in der Cloud

Gutachten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen unterschiedlicher Firmenansiedlungen in Salina Raurica

Nachhaltigkeits- Check von Geldanlagen

GRÖSSEREN BÜROS GEHT ES WIRTSCHAFTLICH BESSER

Deutschland-Check Nr. 34

Hamburger Kreditbarometer Ergebnisse der Sonderbefragung zur Kreditversorgung im Rahmen der Handelskammer-Konjunkturumfrage, I.

Das Wirkungsbarometer. Messung der Mitarbeiterzufriedenheit. Indikator für Verbesserungspotenziale Erfolgskontrolle für Maßnahmen

Glaube an die Existenz von Regeln für Vergleiche und Kenntnis der Regeln

Umfrage Mitarbeiterkapazitäten für das BCM 2010 der bcm news Mai 2010 Ergebnisse der bcm news Umfrage Mitarbeiterkapazitäten für das BCM 2010

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

Transkript:

Einzelhandelsentwicklungskonzept Uedem

Einzelhandelsentwicklungskonzept Uedem Stefan Kruse Andreas Mayer Eva Stubert Junker und Kruse Stadtforschung Planung Markt 5 44137 Dortmund Tel. 02 31. 55 78 58-0 Fax 02 31. 55 78 58-50 www.junker-kruse.de info@junker-kruse.de Juli 2006

INHALTSVERZEICHNIS 1 AUSGANGSSITUATION UND ZIEL DER UNTERSUCHUNG 5 2 TRENDS UND RAHMENBEDINGUNGEN IM EINZELHANDEL 8 3 METHODIK 10 3.1 Untersuchungsaufbau und Kommunikationsstruktur 17 4 ÜBERGEORDNETE STANDORTRELEVANTE RAHMENBEDINGUNGEN DER ZENTREN- UND EINZELHANDELSSTRUKTUR IN UEDEM 19 5 DIE EINZELHANDELSSTRUKTUR IN UEDEM - ANGEBOTSSEITE 22 5.1 Überblick über die Angebotsstruktur im Gemeindegebiet 22 5.2 Einzelhandelsschwerpunkte in Uedem 28 6 ANALYSE DER NACHFRAGESEITE, ZENTRALITÄTEN 35 6.1 Einzugsgebiet 35 6.2 Kaufkraftbindung und Kaufkraftabfluss 37 6.3 Umsätze und Zentralität des Uedemer Einzelhandels 41 6.4 Sichtweise der Kunden 45 7 ENTWICKLUNGSSPIELRÄUME UND SZENARIEN 47 7.1 Absatzwirtschaftliche Entwicklungsspielräume 47 7.2 Räumliche Entwicklungsbereiche 50 7.3 Szenarien zur Einzelhandelsentwicklung 52 8 DAS EINZELHANDELSENTWICKLUNGSKONZEPT 58 8.1 Ziele der Einzelhandels- und Zentrenentwicklung 58 8.2 Ausweisung von Entwicklungs- und Tabubereichen 59 8.3 Die Uedemer Sortimentsliste 61 3

8.4 Weitere Empfehlungen 66 8.5 Schlusswort 73 9 KURZFASSUNG 75 10 GLOSSAR 82 11 VERZEICHNISSE 86 4

1 Ausgangssituation und Ziel der Untersuchung Der nunmehr seit mehr als drei Jahrzehnten andauernde Strukturwandel im Einzelhandel hat, so macht es angesichts der angekündigten Expansionsbestrebungen einiger Konzerne zumindest den Anschein, noch nicht seinen Höhepunkt erreicht. Obgleich diese Feststellung auf nahezu alle Branchen und Betriebsformen zutrifft, ragt eine Branche heraus: der Lebensmittelsektor. Nicht nur die immer größer werdenden Betriebsformen und die damit einhergehende Ausdifferenzierung des Warenangebotes (auch in Richtung Nicht-Lebensmittel), auch die in vielen Regionen dramatisch angestiegene Anzahl der Betriebe hat bei einem nahezu gleichbleibenden Nachfragepotenzial zu einem verschärften Konkurrenzwettbewerb geführt, der in einzelnen Fällen bereits kannibalöse Ausmaße annimmt. Der Druck auf die (auf Expansion ausgerichteten) Konzerne und Betriebe wird zunehmend größer, was sich derzeit insbesondere in neuen Betriebskonzepten und strategien ausdrückt, jedoch mit nicht unerheblichen potenziellen Folgewirkungen für Städte und Gemeinden. Denn für die raumbezogene Planung ist diese Neuorientierung insbesondere auch mit neuen Standortanforderungen und mustern verbunden: integrierte, in der Regel den Nachfrageschwerpunkten zugeordnete Standorte werden zunehmend in Frage gestellt und dezentrale Standorte (in Gewerbegebieten, an Hauptverkehrsachsen) verstärkt nachgefragt. Die mögliche Folge: ehemals funktionierende Nahversorgungsnetze werden zunehmend grobmaschiger und die Standorte in der Regel rein autokundenorientiert, wodurch insbesondere nicht-pkw-mobile Menschen in ihrer Grund- bzw. Nahversorgungsqualität und somit letztlich auch in ihrer Lebensqualität eingeschränkt werden. Eine ähnliche Problemkonstellation ist bei den Fachmärkten festzustellen. Auch hier geht es um neue Standortmuster und größer werdende Betriebseinheiten ebenso wie um sich ändernde Betriebskonzepte, die im Wesentlichen durch die immer größer werdenden Anteile in den sogenannten Rand- oder Nebensortimenten zum Ausdruck kommen. Die Auswirkungen dieser Entwicklung konzentrieren sich jedoch auf gewachsene Versorgungsbereiche, die in Folge potenzieller Kundenund somit Umsatzverluste deutlich an Prosperität verlieren können, wodurch letztendlich der gesamte Standortbereich (Zentrum / Nebenzentrum) gefährdet sein kann. Trotz der in manchen Regionen zu beobachtenden Sättigungserscheinungen werden nach wie vor zahlreiche Ansiedlungsanfragen an Städte gerichtet oder in der Stadt selbst wird die Entwicklung einzelner Flächen mit i.d.r. großflächigem Einzelhandel ins Spiel gebracht. Für eine gesamtstädtische Betrachtung und Bewertung fehlt jedoch häufig nach wie vor eine fachlich fundierte Grundlage. Parallel dazu sind in der jüngsten Vergangenheit verschiedene obergerichtliche Urteile insbesondere durch das OVG Münster ergangen (u.a. OVG Münster AZ 10a D 76/01.NE vom 09. Oktober 2003), die die Messlatte für die Steuerung des Einzelhandels (klein- und großflächig) deutlich höher gehängt haben: Bei Einzelfallbeurteilungen sind für jedes Sortiment flächenscharfe Berech- 5

nungen anzustellen, während ein weiteres Urteil vom 22. April 2004 (OVG Münster AZ 7a D 142/02.NE) ein fachlich fundiertes und das gesamte Gemeindegebiet umfassendes Einzelhandelskonzept als ausreichendes Steuerungsinstrumentarium angesehen hat, mit Hilfe dessen für einzelne Standortbereiche Einzelhandelsentwicklungen gefördert bzw. verhindert werden können. Auch in der Gemeinde Uedem ist trotz ihrer geringen Einwohnerzahl eine ähnliche Problemkonstellation anzutreffen. So entwickelt der Standort im Gewerbegebiet südlich der Boxteler Bahn (L 77) und an der Bahnhofsstraße zwischen Kreisverkehr und Boxteler Bahn eine große Eigendynamik und es existiert ein Verlagerungswunsch eines zentrumsnahen Nahversorgungsbetriebes an den Rand der Gemeinde, während das Geschäftszentrum gleichzeitig einen großen Leerstand zu bewältigen hat. Daher wurde im Mai 2005 das Planungsbüro Junker und Kruse, Stadtforschung Planung, Dortmund mit der Erstellung eines gesamtstädtischen Konzeptes zu den Entwicklungsspielräumen und Entwicklungsperspektiven für den Einzelhandel der Gemeinde Uedem beauftragt. Das Einzelhandelskonzept soll auf der einen Seite eine fundierte Basis für künftige, gemeinschaftlich getragene Entscheidungen zum Wohle der Einzelhandels- und Stadtentwicklung in Uedem darstellen, auf der anderen Seite aber auch die Grundlage bilden für eine zukunftsfähige Positionierung der Gemeinde innerhalb der regionalen Konkurrenzsituation. Ziel soll es demnach sein, verlässliche Grundlagen für eine sachgerechte und empirisch abgesicherte Beurteilung aktueller Fragestellungen, aber auch zukünftig anstehender (großflächiger) Einzelhandelsansiedlungen und möglicher Entwicklungspotenziale zu erarbeiten. Diese sollen in ein Standort- und Strukturkonzept einfließen, das sowohl Gemeindeverwaltung als auch Politiker in die Lage versetzt, gemeindeentwicklungspolitische Grundsatzentscheidungen zu treffen sowie mögliche Auswirkungen einzelner Standortentscheidungen auf die städtische Versorgungsstruktur einschätzen zu können. Ein besonderer Fokus wird im Rahmen der Untersuchung der Entwicklungsspielräume und Entwicklungsperspektiven auf den Hauptgeschäftsbereich der Gemeinde Uedem gelegt. Für die Erarbeitung der Entwicklungsperspektiven und Entwicklungsspielräume für den Einzelhandel der Gemeinde Uedem stehen folgende Fragestellungen im Mittelpunkt der Untersuchung: Wie stellt sich die gegenwärtige Angebots- und Nachfragesituation in der Gemeinde Uedem dar? Welche regionalen angebots- und nachfrageseitigen Rahmenbedingungen sind für die Gemeinde Uedem relevant? Welche Stärken und Defizite weist der Einkaufsstandort Uedem (differenziert nach Angebotsund Nachfrageseite) auf? Wie stellen sich die (aus Handelssicht relevanten) städtebaulichen Rahmenbedingungen der wesentlichen Uedemer Einkaufsbereiche dar? Welche absatzwirtschaftlichen und städtebaulichen Folgewirkungen resultieren aus einzelnen derzeit bekannten Vorhaben? 6

Welche Entwicklungsperspektiven lassen sich für den Einkaufsstandort Uedem formulieren (Szenarien)? Welche grundsätzlichen bau- und planungsrechtlichen Steuerungsstrategien sind zur (inner)gemeindeverträglichen bzw. regionalverträglichen Realisierung einzelner Vorhaben / Standorte erforderlich? 7

2 Trends und Rahmenbedingungen im Einzelhandel Nur in wenigen Wirtschaftsbereichen zeigten sich in den letzten Jahrzehnten derart dynamische Veränderungen wie im Einzelhandelssektor. Sowohl das Erscheinungsbild als auch die Funktionsbedingungen im Einzelhandelsbereich und die räumliche Struktur stellen sich in diesem Wirtschaftssektor heute nachhaltig anders dar als noch vor wenigen Jahrzehnten. Verantwortlich für diese Entwicklungen sind Veränderungen auf der Angebots- und Nachfrageseite, die in einem gegenseitigen Wirkungszusammenhang stehen. Nachstehend werden diese Entwicklungen und aktuellen Trends zusammenfassend dargestellt. Auf der Angebotsseite zeigen sich folgende Tendenzen: Eine fortschreitende Unternehmenskonzentration. Damit eng verbunden ein anhaltendes Verkaufsflächenwachstum bei sinkenden Flächenproduktivitäten und Rentabilitäten. Eine sinkende Zahl von Einzelhandelsbetrieben, nicht zuletzt bedingt durch Nachfolgeprobleme. Ein Wandel der Betriebsformen und Konzepte; zunehmende Großflächigkeit und Discountorientierung bei gleichzeitig steigendem Druck auf inhabergeführte Geschäfte. Ein Wandel der Standortpräferenzen. Eine zunehmende Konkurrenz zwischen den einzelnen Betrieben und Branchen. Eine Zunahme neuer Vertriebs- und Absatzschienen. Aus Sicht der Nachfrageseite sind folgende Entwicklungen zu beobachten: Eine in den nächsten Jahren tendenziell sinkende Bevölkerung mit erheblichen regionalen Unterschieden, abgeschwächt durch eine steigende Mobilitätsbereitschaft. Eine Aufspaltung des Einkaufs in die Segmente Erlebniskauf und Versorgungskauf. Ein zunehmendes Preisbewusstsein (Stichwort: Schnäppcheneinkauf), wovon insbesondere discountorientierte Anbieter profitieren. Eine zunehmende Akzeptanz großflächiger Einzelhandelsangebote Eine zunehmende Akzeptanz autokundenorientierter Standorte Für die Stadtentwicklung resultieren daraus, zusätzlich zu den vorstehend genannten Aspekten, bei einer ungesteuerten Entwicklung weitere Konsequenzen und Entwicklungen. Dazu zählen u. a: Ein verstärkt zu beobachtender Funktionsverlust zentraler Bereiche, der nicht nur den Einzelhandel umfasst. Eine zunehmende Ausdünnung des Nahversorgungsnetzes mit einer Verschlechterung der (fußläufigen) Erreichbarkeit von Versorgungsstandorten. 8

Eine sinkende Individualisierung des Einzelhandels und damit letztlich auch der Individualität der Städte. Ein zunehmender Konflikt zwischen den Flächenansprüchen der Handelsbetriebe und den kompakten und kleinteiligen Siedlungsstrukturen der Städte mit der Folge zunehmender Diskrepanzen zu den regionalen und städtischen Zielvorstellungen und Leitbildern. Wachsende Umweltbeeinträchtigungen, die aus dem Flächenverbrauch sowie Lärm- und Abgasemissionen durch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen resultieren. Des Weiteren ist eine steigende Fluktuation im Einzelhandel zu beobachten, mit der Folge häufigerer Neu- und Umnutzungen. Durch die Dynamik im Einzelhandel sind auch die (Innen-)Städte in einem zunehmenden Konkurrenzwettbewerb. Eine steigende Bedeutung spektakulärer Vorhaben in größeren Städten (Oberzentren) mit negativen Folgewirkungen für kleinere Städte (Klein- und Mittelzentren). Eine zunehmende Regionalisierung von Einzelhandelsentwicklungen bei gleichzeitiger Reduzierung der politischen Entscheidungen auf den kommunalen Raum. Einzelhandel als zunehmend einzige Entwicklungsoption für Standortbereiche, insbesondere im Zusammenhang mit der Revitalisierung von Gewerbebrachen. Eine häufig einseitig in den Vordergrund gestellte Bedeutung der Pkw-Erreichbarkeit von Einkaufsbereichen. Eine insgesamt zu beobachtende Politisierung von Entscheidungen zur Standortentwicklung. Die aufgeführten Umstrukturierungen und Tendenzen haben im Falle einer ungezügelten Entwicklung aus Sicht der Kommunen zum Teil schwerwiegende Konsequenzen für die Versorgung, die städtebaulich-funktionale Struktur sowie die wirtschaftliche und ökologische Situation. Diese allgemein zu beobachtenden Entwicklungen lassen sich auch auf Uedem übertragen. Die aus den räumlich-strukturellen Veränderungen im Einzelhandelssektor erwachsenden Flächenansprüche der Handelseinrichtungen führen zu veränderten Standortpräferenzen, die sich aus betrieblicher Perspektive in zunehmendem Maße von städtischen Zentren abkoppeln. Es entwickelt sich ein sekundäres Versorgungsnetz mit eigenen Zentralitäten, das nur noch in geringem Umfang einen innerstädtischen Standort braucht. Daraus resultiert auch, dass sich für den Einzelhandel die Wertigkeit von Standorten wandelt und mit ihr die existierende Symbiose Handel und (Innen)Stadt. 9

3 Methodik Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf die Ergebnisse aus primär- wie auch sekundärstatistischen Erhebungen. Für die primärstatistischen Erhebungen wurde eine Vollerhebung aller Einzelhandelsunternehmen 1 sowie der Leerstände im Uedemer Gemeindegebiet durchgeführt. Weiter wurde eine telefonische Haushaltsbefragung und eine Kundenherkunftsbefragung in Uedem vorgenommen. Hinzu kommt eine auf einzelhandelsrelevante Belange abgestellte, städtebauliche Analyse Uedems, die einen weiteren Baustein der Gesamtuntersuchung darstellt. Für die sekundärstatistischen Daten wurde auf spezifische Quellen (Pläne, Entwicklungspläne und - programme, Zeitschriften) zurückgegriffen, die in erster Linie dem interregionalen Vergleich der für die Gemeinde Uedem gewonnenen Daten dienen. Dazu zählen insbesondere auch die verschiedenen Kennziffern aus dem Bereich der Handelsforschung und hier vor allem die einzelhandelsrelevanten Kaufkraftkennziffern der BBE Handelsforschung, Köln. Insgesamt ergibt sich somit in der Gesamtschau ein detailliertes Bild zur Einkaufssituation in Uedem. Angebotsanalyse Zur Analyse der Uedemer Angebotsituation wurde im September 2005 eine Vollerhebung aller Einzelhandelsunternehmen inkl. Leerstände im Gemeindegebiet durchgeführt. Hierzu wurde eine flächendeckende Begehung des gesamten Gemeindegebietes mit gleichzeitiger Erfassung und Kartierung des Einzelhandels durchgeführt. Bei der Vollerhebung wurden die jeweils geführten Sortimentsgruppen und Verkaufsflächen erhoben und eine räumliche Zuordnung der Geschäfte vorgenommen. Unterschieden wurden drei Lagekategorien integriert, nicht integriert und Hauptgeschäftsbereich bei gleichzeitiger Aufnahme weiterer Charakteristika (z. B. Fachmarktagglomeration in nicht integrierten Lagen) und die ortsteilspezifische Zugehörigkeit der Betriebe. Hierfür wurde das Uedemer Gemeindegebiet in 3 Erhebungseinheiten auf Grundlage der Ortsteilgrenzen eingeteilt (vgl. Tabelle 1). Zur Vermeidung einer missverständlichen Verwendung typischer Uedemer Redewendungen wurden für die folgenden Ausführungen die aufgeführten Begrifflichkeiten verwandt. 1 Hierbei wurde ausschließlich der funktionelle Einzelhandel aufgenommen. Zum funktionellen Einzelhandel (auch Einzelhandel im engeren Sinne genannt) werden neben dem eigentlichen Einzelhandel auch das Nahrungsmittelhandwerk (Bäckerei, Metzgerei, Konditorei) sowie weitere, in ihrer Funktion vergleichbare Einzelhandelseinrichtungen gezählt. Kfz- und Brennstoffhandel werden nicht dem Einzelhandel im engeren Sinne zugerechnet. 10

Tabelle 1: Erhebungseinheiten in Uedem Erhebungseinheit Uedem Keppeln Außenbereich Quelle: Eigene Darstellung Ortsteile Uedem Ortslage Keppeln Außenbereich Keppeln, Uedemerfeld, Uedemerbruch In der späteren Auswertung und Analyse wurden die Sortimentsgruppen den der folgenden Tabelle zu entnehmenden 17 (Haupt-) Branchen zugeordnet. Tabelle 2: Branchenschlüssel zur Unternehmenserhebung in Uedem Hauptbranchen Sortimentsgruppen 1. Lebensmittel / Nahrungs- und Genussmittel Nahrungs- und Genussmittel (inkl. Tabakwaren) Bäckerei / Konditorei Metzgerei / Fleischerei Getränke 2. Blumen / Zoo Blumen, Zoo 3. Gesundheit und Körperpflege Drogerie, Körperpflege Parfümerie Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel 4. Schreibwaren, Papier, Bücher Sortimentsbuchhandel Papier, Schreibwaren, Bürobedarf Zeitschriften 5. Bekleidung/ Wäsche Herren, Damen- und Kinderbekleidung Bekleidung und Textilien allgemein Meterware für Bekleidung, Kurzwaren, Handarbeitswaren 6. Schuhe/ Lederwaren Schuhe Lederwaren (Koffer, Taschen, Kleinteile) 7. Hausrat, Glas, Porzellan Hausrat, Schneidwaren, Bestecke Glas, Porzellan, Keramik Geschenkartikel 8. Spielwaren/Hobby/Basteln/Musikinstrumente Spielwaren Musikinstrumente Hobby- und Bastelbedarf 9. Sport und Freizeit Sportbekleidung Sportschuhe Sportartikel Sportgeräte Campingartikel 11

10. Wohnungseinrichtungsbedarf/ Teppiche 11. Möbel 12. Elektrogeräte/ Leuchten 13. Unterhaltungselektronik, Informationstechnik, Telekommunikation 14. Pharmazeutische, medizinische und orthopädische Artikel 15. Uhren, Schmuck 16. Bau- und Gartenmarktsortimente 17. Sonstiges Wohn- und Einrichtungsbedarf Haus- und Heimtextilien, Gardinen Sicht- und Sonnenschutz Teppiche (Einzelware) Kunst, Bilder, Rahmen Bettwaren, Matratzen Haus-, Bett- und Tischwäsche Inkl. Bad-, Küchen, Büro- und Gartenmöbel Öfen, Herde, Kühlschränke (weiße Ware) Elektrobedarf, hochwertige Elektrohaushaltsgeräte Leuchten Rundfunk-, Fernseh- und phonotechnische Geräte, Tonträger Videokameras und geräte Mobiltelefone, Telefone- und Faxgeräte und Zubehör Personal Computer, Peripheriegeräte, Zubehör, Software Foto Hörgeräte Sanitätsbedarf Optik, Augenoptik Apotheken Uhren/Schmuck Baumarktspezifisches Sortiment (Tapeten, Lacke, Farben, Baustoffe, Bauelemente, Schrauben, Kleineisen, Installationsbedarf, Teppiche (Auslegware), Werkzeuge, Elektrogeräte und Zubehör) Pflanzen, Sämereien Gartenbedarf Kfz-Zubehör Aktionswaren, Kinderwagen Quelle: Eigene Zusammenstellung Die in Anlehnung an diese Tabelle durchgeführte flächendeckende Begehung und Vollerhebung des Uedemer Einzelhandels stellt eine wesentliche Grundlage zur Analyse und Bewertung des Einzelhandelsangebotes der Gemeinde dar. Nachfrageseite Die Analyse der Nachfrage bildet die zweite wichtige Säule der Grundlagenermittlung. Sie muss ein ebenso umfassendes Bild über die spezifischen Einkaufsgewohnheiten und präferenzen der Uedemer Bevölkerung liefern wie Rückschlüsse über den Angebots- und Leistungsstand des Einzelhandels ermöglichen. Haushaltsbefragung Um einen umfassenden Einblick in das räumliche und branchenspezifische Versorgungsverhalten und die daraus resultierende Kaufkraftorientierung der Uedemer Bevölkerung zu erhalten, wurde eine über das Gemeindegebiet gewichtete Haushaltsbefragung durchgeführt. Hieraus lassen sich 12

die für Uedem spezifischen Kaufkraftbindungs- und -abflussquoten ermitteln. Neben diesen Kenngrößen dient die Befragung auch der Erschließung von Gründen und Motiven für Einkaufsgewohnheiten im Uedemer Zentrum bzw. in den umliegenden Einzelhandelsstandorten. Die Haushaltsbefragung wurde am Donnerstag, den 08.09.2005 entsprechend der stadträumlichen Verteilung der Wohnbevölkerung von der Firma marketing consulting systems GmbH, Erfurt (mcs GmbH) im Auftrag des Büros Junker und Kruse, Stadtforschung Planung, Dortmund durchgeführt. Es wurden insgesamt 150 Haushalte telefonisch befragt. Diese Stichprobe repräsentiert etwa 1,8 % der Einwohner Uedems. Die Befragung wurde in Form eines sogenannten Computer-Assistend-Telefon-Interviewings (CATI) durchgeführt. Hierbei handelt es sich um einen elektronischen Fragebogen, der es ermöglicht, bereits während der Interviewdurchführung eine analoge Datensatzspeicherung vorzunehmen (Eingabe während der Befragung in eine Datenbank). Die Telefonnummern werden nach dem statistischen Zufallsprinzip aus der zugrundeliegenden Datenbank ausgewählt. Die Telefondaten unterliegen zur zusätzlichen Kontrolle einer Geocodierung, die auch eine Filterfunktion nach Kommunen und Postleitzahlen zulässt. Um die Geduld der befragten Haushaltsmitglieder nicht über Gebühr zu strapazieren und die Verweigerungsquote im Rahmen des Üblichen zu halten, ist der Fragebogen bewusst kurz gehalten worden. Adressat der Befragung ist jeweils das sich für den Einkauf verantwortlich zeigende Haushaltsmitglied. Die folgenden Tabellen verdeutlichen räumliche Verteilung der Interviews sowie Alter und Geschlecht der Befragten. 13

Tabelle 3: Struktur der Haushaltsbefragung Ortsteil Einwohner in % Befragte Haushalte Anzahl Interviews in % der Einwohner Uedem 5.970 70,3 105 1,7 Uedemerfeld 369 4,3 7 1,9 Keppeln 1.627 19,2 29 1,8 Uedemerbruch 529 6,2 9 1,7 Gesamt 8.495 100 150 1,8 Ø Quelle: Eigene Zusammenstellung, Einwohner Stand 31.12.2004, inkl. Zweitwohnsitz, Haushaltsbefragung Uedem, mcs GmbH im Auftrag von Junker und Kruse, Dortmund, 09/05 Tabelle 4: Alter der Befragten Altersstruktur Geschlecht der Befragten Geschlecht Anzahl in % Anzahl in % unter 20 Jahre 3 2 männlich 38 25 21 bis 30 Jahre 13 9 weiblich 112 75 31 bis 40 Jahre 23 15 gesamt 150 100,0 41 bis 50 Jahre 43 29 51 bis 60 Jahre 17 11 über 60 Jahre 51 34 gesamt 150 100,0 Quelle: eigene Zusammenstellung, Haushaltsbefragung Uedem, mcs GmbH im Auftrag von Junker und Kruse, Dortmund, 09/05 Insgesamt liegt mit der stadträumlichen Differenzierung sowie der Alters- und Geschlechtsstruktur der Haushaltsbefragung eine notwendige und zugleich ausreichende Repräsentativität vor. Die ü- berdurchschnittliche Berücksichtigung weiblicher Befragter spiegelt die generell zu beobachtende Zuständigkeit dieses Bevölkerungsanteils für den Einkauf im Rahmen familiärer Aufgabenteilung wider, denn als Zielperson wurde dasjenige Haushaltsmitglied angesprochen, das die Einkäufe hauptsächlich tätigt. Kundenherkunftserhebung Ergänzt wird die Betrachtung der Nachfrageseite durch eine Kundenherkunftserhebung, welche in Kooperation mit ausgewählten Einzelhändlern in Uedem durchgeführt wurde. Hierzu wurden in einem Zeitraum von einer Woche (07. bis 12. November 2005) Listen in insgesamt 15 Ladenlokalen ausgelegt, in denen die für den Zahlvorgang zuständigen Personen jeweils den Wohnort der Kunden eintragen. Berücksichtigt wurden insbesondere strukturprägende und großflächige Einzelhandelsbetriebe in ganz Uedem, wobei ein räumlicher Schwerpunkt im Hauptgeschäftsbereich gesetzt wurde. Daneben wurde die Datenbasis durch Angaben einzelner Händler, die selbst in regelmäßigen Abständen Kundenwohnorterhebungen durchführen, ergänzt. Hierdurch ergibt sich ein realistisches Bild über das derzeitige Einzugsgebiet der Gemeinde Uedem. In der Verknüpfung 14

der Nachfragebausteine ergibt sich ein umfassendes und für die weiteren Bearbeitungsschritte notwendiges Grundlagenmaterial. Sekundärstatistische Daten Die modellgestützte Schätzung der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft innerhalb von Einzelhandelsgutachten und -analysen zählt zu den Arbeitsschritten, die methodisch nur unzureichend abgesichert sind. Da sowohl in der amtlichen Statistik als auch in sonstigen statistischen Quellen keine Daten und Angaben über Einkommen und Kaufkraftpotenzial zu Verfügung stehen, muss der Wert der vorhandenen, einzelhandelsrelevanten Kaufkraft durch Regionalisierung entsprechender Daten des privaten Verbrauchs aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung induziert werden. In diesem Zusammenhang wird in der Praxis u. a. auf Daten der BBE, Köln zurückgegriffen. Bei den Berechnungen des Kaufkraftpotenziales und des einzelrelevanten Ausgabevolumens werden diese Werte um einen Anteil für rezeptpflichtige Apothekenwaren bereinigt. Die einzelhandelsrelevanten Kaufkraftkennziffern, die jährlich von der BBE veröffentlicht werden, vermitteln das Kaufkraftpotenzial einer räumlichen Teileinheit (Gemeinde) im Verhältnis zu dem des gesamten Bundesgebietes. Liegt der errechnete Wert unter dem Wert 100 (Bundesdurchschnitt), so ist die Region durch ein um den entsprechenden Prozentsatz niedriges Kaufkraftniveau im Vergleich zum Bundesdurchschnitt gekennzeichnet. Liegt der lokalspezifische Wert über dem Indexwert 100, liegt entsprechend ein vergleichsweise höheres Kaufkraftniveau vor. Ergänzend zu den vorab beschriebenen primärstatischen Quellen bilden die Literaturanalyse, sekundärstatistische Materialien (u.a. Gutachten, Pläne, Vorlagen und Veröffentlichungen) und sonstige Quellen (u.a. lokale Tageszeitungen) weitere wichtige Informationsgrundlagen der vorliegenden Untersuchung. Städtebauliche Analyse Im Rahmen der städtebaulichen Analyse werden das Geschäftszentrum ebenso wie die für die Einzelhandelsstruktur relevanten weiteren Einzelhandelsstandorte bezüglich ihrer räumlichen Lage, der Funktionen der Teilbereiche und der funktionalen Vernetzung untersucht. Folgende Kriterien sind Bestandteile der städtebaulichen Analyse: Lage im Gemeindegebiet Struktur und Ausdehnung Verkehrliche Erreichbarkeit und ruhender Verkehr Bebauungsstruktur Gestaltung des öffentlichen Raumes / Eingangssituation sowie räumliche / synergetische Effekte und Erweiterungsmöglichkeiten. 15

Darüber hinaus dient die städtebauliche Analyse zusammen mit den einzelhandelsrelevanten Erhebungen als Grundlage für die Definition des zentralen Versorgungsbereiches im Sinne des 34 Abs. 3 BauGB. 16

3.1 Untersuchungsaufbau und Kommunikationsstruktur Unter Berücksichtigung der methodischen Bausteine gliedert sich die Untersuchung wie folgt: Abbildung 1: Untersuchungsaufbau Begleitung des Arbeitsprozesses durch einen Arbeitskreis Grunduntersuchung Erhebungen Auswertung Empfehlung und Umsetzung Voruntersuchung Analyse der Empirie Stadtentwicklung Rahmenbedingungen Konzeptionierung Untersuchungsdesign Kundenherkunftserhebung Städtebauliche Analyse Korrelation Verkaufsflächenprognose Bewertung/ Einordnung Expertengespräche Einzelhandelsbestandsaufnahme Entwicklungsszenarien Einzelhandel Städtebau Einzelhandelskonzept Ziel: Grundlagen und Handlungsempfehlungen für zukunftsfähige Entwicklungsspielräume und Entwicklungsperspektiven des Einzelhandels in der Gemeinde Uedem Quelle: Eigene Zusammenstellung Einrichtung eines begleitenden Arbeitskreises Neben einer umfassenden Analyse der Angebot- und Nachfragestruktur ist es sinnvoll, gleichrangig die Akteure aus der lokalen Kaufmannschaft sowie der Politik und Verwaltung für Fragen im Überschneidungsbereich von Einzelhandels- und Stadtentwicklung in den Arbeitsprozess einzubinden. Ein entsprechender fachbezogener Dialog verbessert die Qualität der Untersuchung und stößt einen Diskussionsprozess an. Nur wenn dieser Dialog bereits während der Untersuchung beginnt und die Akteure Einfluss auf die Fragestellungen nehmen können, ist die Basis für eine konstruktive Fortsetzung nach Abschluss der Untersuchung gegeben. Wenn aus einer Beteiligung eine Mitwirkung geworden ist, kann auch mit einer breiten Akzeptanz der Ergebnisse und Empfehlungen gerechnet werden. Aus diesem Grund wurde die Untersuchung durch einen Arbeitskreis begleitet, der Ergebnisse diskutierte und seinen lokalen Sachverstand in die Untersuchung einbrachte und somit nicht zuletzt zu einer größeren Transparenz der Ergebnisse und ihrer Transformation in die entsprechenden Stellen, Institutionen, Gremien und Akteure führte. Folgende Institutionen / Personen, für deren Mitwirken und konstruktive Mitarbeit nochmals ausdrücklich gedankt wird, haben an den verschiedenen Arbeitskreissitzungen teilgenommen: 17

Tabelle 5: Teilnehmer der Arbeitskreissitzungen Binn, Heidi Werbering Guntlisbergen, Erwin Werbering Verhaelen, Heinrich Haack, Andree Dreis, Manfred Kanders, Walter Dr. Bremers, Markus Verhaelen, Paul Meyer, Berno Weber, Rainer Kolender, Thomas Mayer, Andreas Kruse, Stefan Werbering Industrie- und Handelskammer Duisburg Einzelhandelsverband Kleve e.v. CDU-Fraktion SPD-Fraktion FDP-Fraktion Fraktion B 90/GRÜNE Bürgermeister Uedem Gemeindeverwaltung Uedem Büro Junker + Kruse Büro Junker + Kruse 18

4 Übergeordnete standortrelevante Rahmenbedingungen der Zentren- und Einzelhandelsstruktur in Uedem Zur grundsätzlichen Einordnung der Gemeinde Uedem hinsichtlich der handels- und städtebaulichen Situation erfolgt nachstehend eine Übersicht der Rahmenbedingungen, die sich direkt oder indirekt auf die Positionierung, kundenseitige Inanspruchnahme und somit auch Prosperität des Handelsstandortes Uedem auswirken können. Rolle in der Region und verkehrliche Anbindung Die Gemeinde Uedem liegt am linken unteren Niederrhein im Kreis Kleve im nordrheinwestfälischen Regierungsbezirk Düsseldorf. Der Kreis, mit der rd. 49.000 Einwohner zählenden Kreisstadt Kleve, umfasst 16 Städte und Gemeinden in denen insgesamt rund 302.000 Einwohner leben. Der Kreis hat in seinen heutigen Grenzen eine Fläche von 1.232 km². Im Westen und Norden grenzt der Kreis Kleve auf einer Länge von 138 Kilometern an die Niederlande mit den Gebietsteilen der Provinzen Gelderland und Limburg. Damit sind die Städte Amsterdam und Rotterdam und die Zentren des Ballungsraums Rhein-Ruhr gut erreichbar. Die vorhandenen Wirtschaftsbetriebe in der Gemeinde Uedem sind u.a. in der Elektrobau-, Maschinenbau- und Schuhindustrie zu finden. Der Gemeinde Uedem ist im zentralörtlichen Gliederungssystem die Funktion eines Grundzentrums zugewiesen. Das nächstgelegene Oberzentrum ist das südöstlich gelegene Duisburg. Abbildung 2: Lage im Raum Quelle: Eigene Darstellung 19

Die nachfolgende Tabelle 6 gibt einen Überblick, wie sich die Gemeinde Uedem aus einzelhandelsrelevanter Sicht im Vergleich zu seinen Nachbargemeinden darstellt. Landesplanerisch sind Bedburg-Hau, Kalkar, Rees, Sonsbeck und Weeze als Grundzentren eingestuft, während Goch, Kevelaer, Kleve und Xanten als Mittelzentren eingeordnet sind. In Abhängigkeit von der Einwohnerzahl und einzelhandelsrelevanten Kaufkraftkennziffer ergeben sich unterschiedliche, einzelhandelsrelevante Kaufkraftpotenziale für die einzelnen Kommunen. Mit einer einzelhandelsrelevanten Kaufkraftkennziffer von 94,20 bewegt sich Uedem im Durchschnitt seiner Nachbarstädte, die, bis auf das Mittelzentrum Xanten mit einem Wert von 102,72, eine einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffer von unter 100 und damit ein unter dem Durchschnitt liegendes Kaufkraftniveau aufweisen. Tabelle 6: Kaufkraft im regionalen Vergleich Einwohner Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffer Kaufkraftpotenzial in Mio. Euro Bedburg-Hau 12.736 92,05 56,6 Goch 33.538 95,07 153,9 Kalkar 13.996 93,01 62,8 Kevelaer 27.824 96,49 129,6 Kleve 49.105 97,69 231,5 Sonsbeck 8.608 94,81 39,4 Weeze 10.125 89,76 43,9 Xanten 21.281 102,72 105,5 Uedem 8.495 94,20 38,7 2 Quelle: BBE Köln, 2005 Auf der Basis eines einzelhandelsrelevanten, jährlichen Pro-Kopf-Verbrauches im Bundesdurchschnitt von 4.963 Euro / Kopf ergibt sich für die Gemeinde Uedem in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl und dem einzelhandelsrelevanten Kaufkraftniveau ein Kaufkraftpotenzial von rund 39 Mio. Euro (Stand 2005). Uedem verfügt mit einem Autobahnanschluss an die südlich verlaufende A 57 über eine gute infrastrukturelle Anbindung. Die Autobahn führt in Richtung Nordwesten in die Niederlande und im Verlauf nach Südosten in Richtung Ruhrgebiet. Des weiteren besteht in einer Entfernung von ca. 20 km an der Anschlussstelle Rees die Anbindung an die nördlich verlaufende A 3. Überörtliche Verkehrsanbindungen bestehen über die B 9, B 57 und B 67. Einige Buslinien erschließen das Uedemer Umland. 2 Bei der Berechnung des Kaufkraftniveaus auf der Grundlage der BBE-Zahlen wurden rezeptpflichtige Apothekenwaren anteilig herausgerechnet. 20

Bevölkerung und Siedlungsstruktur In ihrer heutigen Struktur ist die Gemeinde Uedem im Jahre 1969 im Rahmen der kommunalen Gebietsreform aus den ehemals selbständigen Gemeinden Uedem, Keppeln, Uedemerbruch und Uedemerfeld entstanden. Die Gemeinde gliedert sich in einen zentralen Siedlungsbereich, den Ortsteil Uedem, der mit 70 % der Einwohner den Bevölkerungsschwerpunkt stellt und den in Richtung Norden abgesetzten Ortsteil Keppeln, in dem 19 % der Einwohner leben. Des weiteren befinden sich im Außenbereich östlich des Ortsteils Uedem zwei kleinere Ortsteile mit dem Charakter von Streusiedlungen: Uedemerfeld und Uedemerbruch (11 % der Einwohner). Auf einer Fläche von knapp 61 km² leben in Uedem rd. 8.500 Einwohner. Die Gemeinde weist nach einem starken Einwohneranstieg von 1990 bis 2003 (ca. 25% von 6.822 Einwohner auf 8.501 Einwohner) seit 2004 eine stagnierende Bevölkerungsentwicklung auf. Abbildung 3: Siedlungsstruktur der Gemeinde Uedem Quelle: Eigene Darstellung Uedem, als zentral im Kreis gelegene Kommune, liegt im ländlich strukturierten Raum des Niederrheins westlich des Ballungskerns Ruhrgebiet. Benachbarte Zentren sind das Grundzentrum Kalkar, die Mittelzentren Goch, Kleve, Kevelaer, Bocholt und Moers sowie die übergeordneten Oberzentren Duisburg und Krefeld. 21

5 Die Einzelhandelsstruktur in Uedem - Angebotsseite Unter Berücksichtigung der standortrelevanten Rahmenbedingungen werden im Folgenden die Einzelhandelsstandorte und Handelsstrukturen in Uedem unter einzelhandelsrelevanten und städtebaulichen Gesichtspunkten analysiert. Hierfür wird zunächst ein gesamtörtlicher Betrachtungsbogen gespannt, bevor in einem vertiefenden Schritt die detaillierte Betrachtung der Handelsstandorte sowie der Grundversorgungssituation der Gemeinde Uedem erfolgt. 5.1 Überblick über die Angebotsstruktur im Gemeindegebiet Zum Zeitpunkt der Erhebung im September 2005 ergibt sich folgendes Bild der Einzelhandelssituation in Uedem 3 : Insgesamt bestehen 56 Betriebe des Ladeneinzelhandels und Ladenhandwerks mit einer Gesamtverkaufsfläche von rund 9.100 m². Die durchschnittliche Verkaufsfläche je Betrieb beträgt etwa 163 m² und liegt damit deutlich unter dem bundesdeutschen Schnitt von rund 230 m². Die einwohnerbezogene Verkaufsflächenausstattung beträgt 1,07 m² und rangiert damit losgelöst von branchenspezifischen Betrachtungen deutlich unter dem bundesdeutschen Referenzwert von ca. 1,4 m² pro Einwohner. Es bestehen im Gemeindegebiet 9 Leerstände mit einer geschätzten Verkaufsfläche von rund 920 m². Dies entspricht einer Leerstandsquote von 10,1 %. Bis zu 10 % Leerstand in einer Gemeinde werden hierbei noch als üblich bewertet, da diese Größenordnung als Obergrenze für eine Fluktuationsrate gilt. 3 Im Dezember 2005 wurde der Spar-Markt in der Mühlenstraße geschlossen. Dieser Leerstand ist in der o.g. Auflistung mit berücksichtigt worden. 22

Verteilung der Betriebe im Gemeindegebiet Die Verkaufsflächen und die Anzahl der Betriebe verteilen sich in der Gemeinde Uedem wie folgt: Tabelle 7: Anzahl der Einzelhandelsbetriebe und Verkaufsfläche nach Erhebungseinheiten Ortsteil Anzahl der Betriebe Verkaufsfläche Uedem 42 8.356 Keppeln 1 100 Außenbereich 13 655 Gesamt 56 9.111 Quelle: Unternehmenserhebung Uedem, September 2005 Die Betrachtung der Verteilung der insgesamt 56 Betriebe und der entsprechenden Verkaufsflächen auf die einzelnen Uedemer Ortsteile zeigt, dass der quantitative Einzelhandelsschwerpunkt mit 42 Betrieben und rund 8.360 m² Verkaufsfläche im Ortsteil Uedem angesiedelt ist. In der Ortslage Keppeln befindet sich nur eine sehr geringe Verkaufsfläche. Die Verkaufsfläche im Außenbereich setzt sich vor allem aus Sortimenten des Landhandels zusammen; der Bauernmarkt Lindchen stellt für diesen Bereich einen ungewöhnlich großen Anbieter dar, was zum Teil auf dessen Großhandelsfunktion zurückzuführen ist. Angebotsprofil nach Warengruppen Die Differenzierung der Gesamtverkaufsfläche in Höhe von 9.111 m² nach Sortimenten wird in Abbildung 4 dargestellt. Mit 3.740 m² liegt der Verkaufsflächenschwerpunkt in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel, der im Hinblick auf die Grundversorgung der Bevölkerung ein tragendes Element in der Einzelhandelsstruktur darstellt. Daneben sind weitere Verkaufsflächenschwerpunkte in den Hauptwarengruppen Bau- und Gartenbedarf (2.540 m²) und Schuhe / Lederwaren (590 m²) festzustellen. Dabei ergibt sich der hohe Anteil der Verkaufsfläche in den Warengruppen Bau- und Gartenmarktsortimente aus der Großflächigkeit der entsprechenden Betriebe und entspricht damit einem üblichen Bild. Das überdurchschnittliche Verkaufsflächenangebot in der Warengruppe Schuhe / Lederwaren ist auf einen größeren Betrieb zurückzuführen, der im Ortsteil Uedem angesiedelt ist (Schuhmarkt mit rd. 520 m² Verkaufsfläche). Ein verhältnismäßig geringes Angebot besteht in den Warengruppen Drogerie / Parfümerie / Kosmetik sowie Bekleidung / Wäsche. 23

Abbildung 4: Verkaufsflächenausstattung in m² nach Hauptwarengruppen 4 Nahrungs- und Genussmittel Blumen / Zoo Drogerie / Parfümerie / Kosmetik 310 490 3.740 PBS / Zeitungen / Zeitschriften / Bücher 90 Bekleidung / Wäsche 270 Schuhe / Lederwaren 590 GPK / Hausrat / Geschenkartikel 270 Spielwaren / Hobby / Basteln / Musikintrumente Sport und Freizeit Wohneinrichtung Möbel Elektro / Leuchten / sonst. hochwertige. Haushaltsgeräte Medien pharmazeutische, med. und orthopäd. Artikel Uhren / Schmuck Bau- und Gartenmarktsortimente Sonstiges 70 80 50 100 80 30 160 20 260 Gesamtverkaufsfläche 9.110 m² - ohne Leerstände - 2.540 Quelle: Unternehmenserhebung Uedem, September 2005; gerundete Werte - 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 Verkaufsfläche in m² Insgesamt ist festzuhalten, dass in der Gemeinde Uedem ein Warenangebot besteht, das in seiner Verteilung auf die einzelnen Branchen mit Blick auf vergleichbare Kommunen ein durchaus übliches Bild wiedergibt. Großflächiger Einzelhandel Aktuell bestehen in Uedem rund 4 großflächige Anbieter 5 mit einer Verkaufsfläche von insgesamt ca. 3.950 m² sowie 4 größere Betriebe (Verkaufsfläche >400 m²) mit einer Verkaufsfläche von ca. 2.170 m². Obwohl diese Betriebe nur 14 % aller Anbieter präsentieren, vereinen sie rund 67 % der Gesamtverkaufsfläche. Der sortimentspezifische Schwerpunkt liegt in den Warengruppen Nahrungs- und Genussmittel und Bau- und Gartenmarktsortimente. Größte Anbieter vor Ort sind der Supermarkt Edeka (ca. 1.300 m²) in der Meursfeldstraße, das Grüne Warenhaus (ca. 1.040 4 5 PBS Papier, Bücher, Schreibwaren; GPK Glas, Porzellan, Keramik Großflächige Einzelhandelsbetriebe sind in Abgrenzung zum sonstigen Einzelhandel planungsrechtlich eine eigenständige Nutzungsart. Die Einstufung als großflächiger Betrieb erfolgt nach 11 (3) Bau NVO ab einer Verkaufsfläche von etwa 700 m²; dies entspricht einer Bruttogeschossfläche von 1.200 m². Ein neueres Urteil besagt allerdings, dass die Großflächigkeit zukünftig bei 800 m² VK anzusiedeln ist; vgl. Bundesverwaltungsgericht Leipzig, Pressemitteilung: Entscheidung zum großflächigen Einzelhandel. Demnach ist ein Einzelhandelsbetrieb als großflächig einzuordnen, wenn er eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreitet (Urteile vom 24.11.2005: BVerwG 4 C 10.04, 4 C 14.04, 4 C 3.05 und 4 C 8.05) 24

m²) am Südwall, der Lebensmitteldiscounter Aldi (ca. 810 m²) im Gewerbegebiet südlich der Boxteler Bahn (L 77) sowie ein Pflanzencenter mit rd. 800 m² in der Mühlenstraße. Alle Anbieter befinden sich im Ortsteil Uedem. Abbildung 5: Standorte des großflächigen und größeren Einzelhandels im Ortsteil Uedem, 2005 Quelle: Eigene Darstellung Dem allgemeinen Strukturwandel im Einzelhandel folgend, wird auch in Uedem die Handelslandschaft zunehmend durch groß- bzw. größerflächige Betriebsformen bestimmt. Derzeit sieht sich die Gemeinde mit einem Projekt zur Umsiedlung und Erweiterung eines Betriebes der Lebensmittelbranche konfrontiert. Grundsätzlich sind großflächige Betriebe wichtig für einen zukunftsfähigen Branchen- und Betriebs(formen)mix und für eine gute Grundversorgungssituation. Ansiedlungen von zu groß dimensionierten Betrieben in peripherer Lage können jedoch zu negativen Auswirkungen auf das Zentrum führen. Die Grundversorgungssituation Einen besonderen Stellenwert im Rahmen der Versorgungsstruktur, aber auch im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge, nimmt die Grundversorgung und dabei vorrangig die Versorgung mit Nahrungs- und Genussmitteln ein. Neben einer rein quantitativen Betrachtung sind zur Beurteilung der Grundversorgungsstruktur vor allem auch räumliche (Erreichbarkeit) und strukturelle Aspekte (Betriebsformenmix) unerlässlich. 25

Eine rein quantitative Einordnung geschieht über die Betrachtung der Ausstattung an Lebensmittelverkaufsfläche pro Einwohner im Gemeindegebiet. In der Gemeinde Uedem ergibt sich für die Warengruppe Lebensmittel ein Wert von 0,44 m² / Einwohner. Dieser liegt deutlich über dem bundesdurchschnittlichen Referenzwert von 0,33 0,35 m² Lebensmittelverkaufsfläche / Einwohner und weist somit in einer ersten gesamtstädtischen Einschätzung auf eine gute quantitative Ausstattung hin. Der rechnerische Ausstattungsquotient (Lebensmittel) für den Ortsteil Uedem in Höhe von 0,44 m² Lebensmittelverkaufsfläche / Einwohner ist sowohl auf städtischem als auch Bundesniveau deutlich überdurchschnittlich. Im Hinblick auf einen ausgewogenen Branchen- und Betriebsformenmix im innerstädtischen Zentrum und auf eine ergänzende Versorgung benachbarter Ortsteile ist dieser Wert aus qualitativen Gesichtspunkten positiv zu bewerten. Dem Ortsteil Uedem kommt in Punkto Nahversorgung eine zentrale Bedeutung innerhalb des Gemeindegebietes zu. Die Ortslage Keppeln mit gut 1.600 Einwohnern weist keine Verkaufsfläche im Bereich Lebensmittel auf. Die Lebensmittelverkaufsfläche aus dem Außenbereich (Außenbereich Keppeln, Uedemerfeld, Uedemerbruch) rekrutiert sich aus den Bereich Landhandel. In den angesprochenen Siedlungsbereichen ist wegen einer zu geringen Mantelbevölkerung aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht die Ansiedlung von strukturprägenden Lebensmittelanbietern auszuschließen 6. Ergänzend zur rein quantitativen Betrachtung wurde eine räumliche Bewertung der Lebensmitteleinzelhandelsstandorte vorgenommen. Dabei wird die fußläufige Erreichbarkeit von Lebensmittelbetrieben als Bewertungsmaßstab herangezogen. Unterschiedliche Untersuchungen haben ein Entfernungsmaß von ca. 600 bis 1.000 m als maximal akzeptierte Distanz für Fußgänger 7 herausgestellt. Für die Wegstrecke zwischen Wohnstandorten und Standorten mit Grundversorgungsangeboten wird für diese Untersuchung daher ein Wert von 600 m als Radius angesetzt, um eine möglichst optimale Versorgungsstruktur darzustellen. In der folgenden Abbildung wurden die strukturprägenden Lebensmittelanbieter im Uedemer Gemeindegebiet mit einem Radius von 600 m dargestellt. 6 7 Ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von rund 1.000 m² bedarf etwa einer Mantelbevölkerung von mindestens 5.000 Einwohnern. Auch der Einzelhandelserlass des Landes Nordrhein-Westfalen nennt die zumutbare Grenze von 10 Gehminuten. Legt man eine Laufgeschwindigkeit von 5,4 km/h bzw. 1,5 m/s zu Grunde, wird in 10 min eine Distanz von 900 m zurückgelegt! Vgl. Gem. Rd.Erl. d. Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport, d. Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr, d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministeriums für Bauen und Wohnen: Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben; Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben (Einzelhandelserlass) vom 7.5.1996, in: Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Nr. 38, 49. Jg.. Düsseldorf, 20.06.1996 26

Abbildung 6: Fußläufige Erreichbarkeit von Lebensmittelmärkten Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Unternehmenserhebung Uedem September 2005 Die Abbildung zeigt, dass große Teile des Ortsteils Uedem gut mit Lebensmittelanbietern versorgt sind. Im Ortskern an der Mühlenstraße befindet sich noch einen weiterer Lebensmittelanbieter, der aufgrund seiner geringen Betriebsgröße (ca. 120 m²) jedoch nicht als Vollversorger gezählt werden kann und lediglich ein ergänzendes Angebot bereitstellt. Bei genauerer Betrachtung ergibt sich allerdings ein wesentlich differenzierteres und problematischeres Bild. Der Lebensmitteldiscounter Aldi liegt südlich der Boxteler Bahn (L 77) im Gewerbegebiet und erreicht in seiner Funktion als wohnortnaher Nahversorger lediglich kleine Randbereiche der Siedlungsstrukturen. Der Standort ist rein auotokundenorientiert. Der Lebensmitteldiscounter Plus am Ostwall möchte zur Optimierung seiner Betriebsform an einen Standort am südlichen Ende der Bahnhofstraße verlagern. Dieser Standort liegt peripher zu den Siedlungsbereichen und ist für die Nahversorgung der umliegenden Bevölkerung ebenfalls nur von untergeordneter Bedeutung. Darüber hinaus existieren in diesem Bereich bereits zwei Anbieter (Edeka und Aldi), die eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung gewährleisten. Die Verlagerung ist daher rein betriebswirtschaftlich zu begründen. Die dadurch entstehende Standortgemeinschaft mit den anderen Anbietern an der Bahnhofsstraße und im Gewerbegebiet südlich der Boxteler Bahn (L 77) würde den Hauptgeschäftsbereich zusätzlich schwächen. Gleichzeitig entsteht bei einer Verlagerung des Le- 27

bensmitteldiscounters Plus eine signifikante Versorgungslücke für den gesamten nördlichen und östlichen Bereich des Ortsteils Uedem sowie für Teile des Ortskernes. Die übrigen nicht innerhalb der 600 m-radien liegenden Bereiche sind zu vernachlässigen. Der Ortsteil Keppeln mit einer Bevölkerung von weniger als 2.000 Einwohnern verfügt ebenfalls über eine zu geringe Mantelbevölkerung, so dass die Ansiedlung eines Lebensmittelanbieters nicht gerechtfertigt ist. Für die Qualität der Grundversorgung ist auch das strukturelle Angebot, insbesondere der Betriebsformenmix maßgeblich. Es bleibt festzuhalten, dass in der Gemeinde Uedem im Bereich der Versorgung mit Lebensmitteln ein insgesamt ausgewogener Betriebsformenmix existiert. Neben einem Supermarkt gibt es zwei Lebensmitteldiscounter im Gemeindegebiet. Daneben runden kleinere Fachgeschäfte und Betriebe des Lebensmittelhandwerks (Bäckereien, Metzgereien) sowie mehrere Betriebe des Landhandels im Außenbereich das Handelsangebot ab. Fazit Die Gemeinde Uedem weist eine verhältnismäßig geringe Verkaufsflächenausstattung auf. Mit einem Wert von 1,07 m² Verkaufsfläche pro Einwohner liegt die Ausstattung unter dem bundesdurchschnittlichen Wert von 1,4 m². Auch die durchschnittliche Verkaufsfläche je Betrieb rangiert mit 163 m² unter dem bundesdurchschnittlichen Wert von rd. 230 m². Allerdings bleibt auch festzuhalten, dass unterdurchschnittlichen Werte in diesem Bereich in Gemeinden in der Größenordnung von Uedem oft vorzufinden sind. Positiv anzumerken ist die Ausstattung im Bereich Lebensmittel. Der sich hier ergebende überdurchschnittliche Ausstattungswert je Einwohner von 0,44 m² unterstreicht die Funktion als Nahversorgungszentrum. Dies entspricht auch der landesplanerischen Einordnung der Gemeinde. Der Ortsteil Uedem ist Haupthandelsstandort. Trotz eines allgemeinen guten Ausstattungsgrades mit Nahrungs- und Genussmitteln, besteht im Ortsteil Uedem die Gefahr, dass der nordöstliche Bereich zukünftig keinen siedlungsnahen Lebensmittelanbieter mehr aufweisen wird. Dieser Entwicklung gegenzusteuern, stellt eine wichtige Aufgabe für die Zukunft dar. 5.2 Einzelhandelsschwerpunkte in Uedem Wie vorstehend bereits aufgezeigt, bildet der Ortsteil Uedem sowohl von der Verteilung der Verkaufsflächen als auch von der Lage der Betriebe den Handelsschwerpunkt im Gemeindegebiet. Im Folgenden soll daher vor allem die aktuelle Angebotsstruktur im Ortsteil Uedem detaillierter betrachtet werden, da die vorhandene Verkaufsflächenausstattung sowie der vorherrschende Be- 28

triebstypen- und Branchenmix ein wichtiges Indiz für die Ausstrahlung und Stärke dieses Standortes ist. In Uedem können folgende Einzelhandelsschwerpunkte unterschieden werden: Hauptgeschäftsbereich Im zentralen Versorgungsbereich (vgl. Kapitel 8.2) im historischen Ortskern von Uedem liegt der Hauptgeschäftsbereich. Er stellt den wichtigsten Einzelhandelsbaustein im Zentrum Uedems dar. Er ist ähnlich wie eine Ladenzeile organisiert und lässt sich klar abgrenzen. Der dichte Einzelhandelsbesatz mit einem weitgehend innenstadtrelevanten Einzelhandelsangebot an der Mühlenstraße reicht von der Neustraße bis zur Viehstraße. In diesem Abschnitt sind auch zahlreiche Dienstleistungsangebote verortet. Im Übergang zur Mosterstraße prägen öffentliche Nutzungen (Rathaus, Kirche) den Platzbereich. Am Rand dieses Platzes befinden sich weitere innenstadtrelevante Einzelhandelsnutzungen und Dienstleistungsangebote, die sich bis in die Mosterstraße ziehen. Abbildung 7: Abgrenzung des Hauptgeschäftsbereichs Hauptgeschäftsbereich 744 m² VKF, 600 m² Leerstand Discounter Mosterstraße 116 m² VKF, 200 m² Leerstand Quelle: Eigene Darstellung Mit nur 12 Einzelhandelsbetrieben entfallen insgesamt 21 % der Einzelhandelsbetriebe bzw. rund 740 m² Verkaufsfläche auf den Hauptgeschäftsbereich. Durch die Schließung des Supermarktes Spar (600 m²) hat sich die Verkaufsfläche deutlich verringert und es existiert aktuell nur noch ein kleiner Lebensmittelsanbieter im Hauptgeschäftsbereich. Bei einer Wiederbelebung dieses Leer- 29

standes weist der Hauptgeschäftsbereich insgesamt 1.344 m² Verkaufsfläche auf, was einem Anteil von 15% an der Gesamtverkaufsfläche von Uedem entspricht. Die Betrachtung der nach Sortimenten differenzierten Angebotssituation erfolgt in der nachfolgenden Tabelle. Der quantitative Verkaufsflächenschwerpunkt liegt demnach in der Warengruppe Nahrungs- und Genussmittel (24 % der im Hauptgeschäftsbereich vorhandenen Verkaufsfläche) sowie in der Leitbranche des Innenstadthandels Bekleidung / Wäsche und Gesundheits- und Körperpflegeartikel, die jeweils rd. 16 % der im Hauptgeschäftsbereich vorhandenen Verkaufsfläche ausmachen. Daneben existiert in den innenstadttypischen und zentrenrelevanten Warengruppen wie u. a. Schreibwaren / Papier / Bücher und GPK / Hausrat / Geschenkartikel ein z.t. sehr kleinteiliges und rudimentäres Angebot. Dieses findet sich überwiegend im Hauptgeschäftsbereich. 30

Tabelle 8: Angebotssituation im Hauptgeschäftsbereich von Uedem, 2005 Anzahl Anteil in % der Betriebbestand an Gesamt- Warengruppe (WG) dieser WG Verkaufsfläche in m² Anteil in % an Gesamtbestand dieser WG Nahrungs- und Genussmittel 4 13 179 5 Blumen / Zoo 0 0 24 5 Gesundheits- und Körperpflege 1 100 119 38 Schreibwaren / Papier / Bücher 1 100 57 63 überwiegend kurzfristiger Bereich 6 18 379 8 Bekleidung / Wäsche 2 0 120 44 Schuhe / Lederwaren 0 0 0 0 GPK / Hausrat / Geschenkartikel 1 50 95 35 Spielw. / Hobby / Basteln / Musikinstr. 0 0 39 56 Sport und Freizeit 0 0 0 0 überwiegend mittelfristiger Bereich 3 50 254 20 Wohneinrichtung 0 0 0 0 Möbel 0 0 0 0 Elektro / Leuchten 0 0 0 0 Medien 0 0 5 17 pharmazeut., med. und orthop. Artikel 1 25 55 34 Uhren / Schmuck 0 0 0 0 Bau- und Gartenmarktsortimente 1 13 17 1 überwiegend langfristiger Bereich 2 13 77 3 Sonstiges 1 100 34 13 Gesamt 13 21 744 8 Quelle: Einzelhandelserhebung Uedem, Juli 2005 Insgesamt präsentiert sich der Hauptgeschäftsbereich entlang des Marktes und der Mühlenstraße als freundliche Geschäftsstraße mit intimer, kleinstädtisch dörflicher Atmosphäre. Die weitgehend hohe Qualität im öffentlichen Raum ist positiv hervorzuheben. Mängel sind lediglich in Details festzustellen, wie z.b. Fahrradständer, die teilweise den Lauf entlang der Ladenzeile stören. Die gestalterisch integrierten Stellplätze nahe den Geschäften und die hohe Handelsdichte in einer kompakten Anordnung der Geschäfte sind die Stärken des Hauptgeschäftsbereichs. Der Leerstand des ehemaligen SB-Marktes Spar stellt einen Mangel dar, er birgt gleichzeitig aber auch Potenzial für neue Ansiedlungen. Die handelsseitige Wiedernutzung durch eine attraktiven Einzelhandelsmagneten mit innenstadtrelevanten Sortimenten ist die zentrale Aufgabe im Hauptgeschäftsbereich. 31