Entwicklungsaufgaben Entwicklungsübergänge. LV Entwicklungswissenschaft I: Biopsychosoziale Grundlagen der Entwicklung.

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Transkript:

Seminar Prof. Dr. phil. Herbert Scheithauer Arbeitsbereich Entwicklungswissenschaft und Angewandte Entwicklungspsychologie LV 12-526 Entwicklungswissenschaft I: Biopsychosoziale Grundlagen der Entwicklung Gliederung Entwicklungsübergänge 1. Entwicklungsaufgabe 2. Entwicklungsübergang 1

I Entwicklungsaufgabe = Aufgabe, die sich in einer bestimmten Lebensphase des Individuums stellt. Die erfolgreiche Bewältigung führt zu Glück und Erfolg, Versagen hingegen macht das Individuum unglücklich. Eine erfolgreiche Bewältigung/Auseinandersetzung mit macht eine weiterhin angepasste, positive Entwicklung wahrscheinlicher. Havighurst (1982/1948) Säuglings-/Kleinkindalter: (0-2 J.) Physiologische Regulation Aufbau einer effektiven Bindung Erfolgreiche Exploration Frühe Kindheit: (2-4 J.) Individuation (zunehmende Autonomie) Kontakt zu Gleichaltrigen (Kindergarten) Geschlechtsrollenidentifikation Kindheit und frühes Schulalter: (5-7 J.) Einschulung Geschlechtsrollenidentifikation Spiel in Gruppen II Kategorisierungsmöglichkeiten von Mittleres Schulalter: (8-12 J.) Soziale Kooperation Erwerb der Kulturtechniken (Lesen, Schreiben) Erreichen persönlicher Unabhängigkeit Adoleszenz: (13-17 J.) Körperliche Reifung Gemeinschaft mit Gleichaltrigen Heterosexuelle Beziehungen Zunehmende Autonomie von den Eltern Nach Alter: (z.b. frühe Kindheit, Schulalter, Pubertät) Dauer: (z.b. langfristig, mittelfristig, kurzfristig) Geschlecht: (weibliche/männliche ) Gruppe: (z.b. Aufgaben in Familie, Freundeskreis) Funktion: (z.b. moralische, emotionale, kognitive, soziale, sensorische, motorische ) 2

kurzfristige: z.b. tägliche Interaktionen zeitliche Kategorisierung von Quellen von 1. Physische Reife mittelfristige: z.b. Vorbereitung auf Geburt eines Kindes langfristige: z.b. Körperliche & seelische Gesundheit erhalten 2. Kultureller Druck 3. Individuelle Ziele und Werte einmalige: z.b. Initiationsritus Mittlere Kindheit (6-12 Jahre) 1. Erlernen körperl. Geschicklichkeit, die für gewöhnliche Spiele notwendig ist 2. Aufbau einer positiven Einstellung zu sich als einem wachsenden Organismus 3. Lernen mit Altersgenossen zurechtzukommen 4. Erlernen eines angemessenen männlichen oder weiblichen sozialen Rollenverhaltens 5. Entwicklung grundlegender Fertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen 6. Entwicklung von Konzepten und Denkschemata, die fürs Alltagsleben notwendig sind 7. Entwicklung von Gewissen, Moral und einer Werteskala 8. Erreichen persönlicher Unabhängigkeit 9. Entwicklung von Einstellungen gegenüber sozialen Gruppen und Institutionen Adoleszenz (12-18 Jahre) 1. Neue & reifere Beziehungen zu Altersgenossen beiderlei Geschlechts aufbauen 2. Übernahme der männlichen / weiblichen Geschlechtsrolle 3. Akzeptieren der eigenen körperlichen Erscheinung und effektive Nutzung des Körpers 4. Emotionale Unabhängigkeit von den Eltern und von anderen Erwachsenen 5. Vorbereitung auf Ehe und Familienleben 6. Vorbereiten auf eine berufliche Karriere 7. Werte und ein ethisches System erlangen, das als Leitfaden für Verhalten dient - Entwicklung einer Ideologie 8. Sozial verantwortliches Verhalten erstreben und erreichen nach Havighurst Frühes Erwachsenenalter (18-30 Jahre) 1. Auswahl eines Partners 2. Mit Partner leben lernen 3. Gründung einer Familie 4. Versorgung und Betreuung der Familie 5. Ein Heim herstellen, Haushalt organisieren 6. Berufseinstieg 7. Verantwortung als Staatsbürger ausüben 8. Eine angemessene soziale Gruppe finden Beispiel: Jugend 18 22 Jahre 1. Autonomie von den Eltern 2. Identität in der Geschlechtsrolle 3. Internalisiertes moralisches Bewusstsein 4. Sozial verantwortliches Verhalten 5. Berufswahl Havighurst (1948) 3

Modernisierung Entwicklungsübergang 1. Intime Beziehungen 2. Moralisches Bewusstsein > sozial verantwortliches Verhalten 3. Entwicklung einer Zukunftsperspektive Entwicklungsübergänge sind Bereiche der Instabilität, zwischen zwei stabilen Systemzuständen. Sie stellen bedeutende Veränderungen im Leben dar, in denen neue (psychologische) Strukturen & Fähigkeiten entwickelt werden. Rutter (1994) Dreher & Dreher (1985) Übergang 2. 3. M. 5. 8. M. 10. 13. M. 18. 22. M. 3. 4. J. 5. 7. J. Entwicklungsübergänge bis zum 7. Lebensjahr Veränderungen von besonderer Bedeutung Soziales Lächeln, erweiterte soziale Interaktionen Verstärkte Bindung sowie Angst vor Fremden und Distress bei Trennungen von den Eltern; beschleunigte kognitive Entwicklung Laufen lernen und daraus resultierende sozioemotionale Konsequenzen Übergang zur frühen Kindheit; selbst reflektierende Kognitionen, Mehrwortsätze; Selbstentwicklung Zunehmende Kompetenzen, um sich der Mitwelt mitzuteilen sowie präoperationale kognitive Fertigkeiten Zunehmend konkrete Operationen sowie soziale und emotionale Regulation normative Entwicklungsveränderungen Sekundäre Stressoren Restrukturierung sozialer Rollen und Beziehungen Moderatoren Kontextuelle und soziale Erfahrungen Persönlichkeitsfaktoren nicht-normative Lebensereignisse soziale Unterstützung und Bewältigungsressourcen Gelungene oder misslungene Anpassung Gore & Colten (1991) 4

Frage: Kennen Sie ein Beispiel für einen Wendepunkt in Ihrem Leben oder im Leben einer nahestehenden Person? 5