Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss vor neuen Herausforderungen Aufsicht und Kontrolle in der Praxis Die Sicht des Wirtschaftsprüfers zur Rolle des Prüfungsausschusses 29. April 2010 Dr. Claus Buhleier WP/StB/CPA, Partner und Deloitte Center für Corporate Governance Deloitte & Touche GmbH
Inhalt 1. Einführung und rechtliche Grundlagen 2. Praktische Zusammenarbeit 3. Resümee 4. Weitere Informationen 2
1. Einführung und rechtliche Grundlagen 3
1. Einführung und rechtliche Grundlagen Aufsichtsrat und Abschlussprüfer im Regulierungsfokus BilKoG DPR/Bafin APAK Prüfungsausschuss Aufsichtsrat BilKoG APAG BilReG Wirtschafts- /Abschlussprüfer WPRefG (KapInHaG) (KapInHaG) KapMuG UMAG VorstAG BilMoG BilReG KapMuG (KapInHaG) Aktionäre/Hauptversammlung Vorstand AnsVG UMAG AnsVG BilReG Banken Mitarbeiter Sonstige Stakeholder Sonstiger Kapitalmarkt 4
1. Einführung und rechtliche Grundlagen Doppelverantwortung des Abschlussprüfers Unterstützungsfunktion des Abschlussprüfers (Interne Corporate Governance) Selbstständige Prüfung des Jahresabschlusses durch Aufsichtsrat ( 171 I Satz 1 AktG) Hommelhof/Mattheus: Entlastung des Aufsichtsrats nach dem Konzept des Gesetzes unerfüllbarer Prüfungsintensität durch Unterstützung und Information beschränkt auf Gesetz-, Satzungs- und Ordnungsmäßigkeit und beschränkt auf Rechnungslegung Keine Entlastung bei weit darüber hinausreichenden Prüfungspflichten des AR vollumfängliche Überwachung der Unternehmensleitung inkl. Zweckmäßigkeit Garantiefunktion des Abschlussprüfers (Externe Corporate Governance) Prüfungsaufgabe mit quasi-öffentlichem Charakter Erhöhung der Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Rechnungslegung zur Sicherung und Entfaltung des Kapitalmarkts 5
1. Einführung und rechtliche Grundlagen Aufgaben Prüfungsausschuss Grundlage Aufgaben des Aufsichtsrats, insbes.: Überwachung der Geschäftsführung ( 111 I AktG) Prüfung des (Konzern-)Jahresabschlusses und des (Konzern-)Lageberichts, Bericht über diese Prüfung und über Art und Umfang der Überwachung der Geschäftsführung ( 171 I u. II AktG) 107 III Satz 2 AktG Der Aufsichtsrat kann insbesondere einen Prüfungsausschuss bestellen, der sich mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des internen Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung, hier insbesondere der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und der vom Abschlussprüfer zusätzlich erbrachten Leistungen befasst. Ziffer 5.3.2 DCGK Der Aufsichtsrat soll einen Prüfungsausschuss (Audit Committee) einrichten, der sich insbesondere mit Fragen der Rechnungslegung, des Risikomanagements und der Compliance, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst. 6
1. Einführung und rechtliche Grundlagen Leitbild des Prüfungsausschusses Gesetzliches Leitbild des Prüfungsausschusses: Herr der Lage Vorstände berichten an Prüfungsausschuss Abschlussprüfer werden von Prüfungsausschuss beauftragt und berichten an diesen Prüfungsausschuss überwacht aber: o die Rechnungslegung etc. und den (Finanz-)vorstand o die Abschlussprüfung und den Wirtschaftsprüfer o Überwachen bedeutet mehr als auf Augenhöhe sein Keine Delegierbarkeit 107 III Satz 3 AktG Prüfung und Feststellung Jahresabschluss: Aufgabe des gesamten Aufsichtsrats 7
2. Praktische Zusammenarbeit 8
2. Praktische Zusammenarbeit Praxis des Prüfungsausschusses Umfang und Qualität der Arbeit des Prüfungssauschusses hängen ab von Personen und Sachverstand Praktische Restriktionen der Arbeit eines Prüfungssauschusses: Vorstand und Abschlussprüfer haben Vorsprung in: o Detailkenntnisse der Sachverhalte (haben sich schon länger damit beschäftigt) o Fachkenntissen (Know-How) o Ressourcen (Vorstand und Wirtschaftsprüfer agieren nicht allein) o Möglichkeiten des Durchgriffes o Zeit (Unterlagen erstellen andere, enge Termine) Prüfen und überwachen bedeuten: fragen hinterfragen verstehen beurteilen 9
2. Praktische Zusammenarbeit Wirtschaftsprüfer erwartet aktiven Prüfungsausschuss Prüfungsausschuss kann und sollte Wirtschaftsprüfer als Gehilfen bzw. unabhängigen Sachverständigen nutzen Balance notwendig zwischen Übereifer und mangelnder Sorgfalt Provokante Frage: Werden alle Themen zwischen Vorstand und Abschlussprüfer geregelt und der Prüfungsausschuss ist Zuschauer auf der Seitenlinie? Hat ein Prüfungsausschuss eigene Meinungen und Vorstellungen zu gewissen Themen? 10
2. Praktische Zusammenarbeit Abschlussprüfer und Abschlussprüfung Unabhängigkeit Sonderleistungen Unabhängigkeitserklärung des Wirtschaftsprüfers Prüfungsauftrag Prüfungsansatz und Prüfungsplan, Prüfungsnetzwerk oder Joint Audit Prüfungsschwerpunkte Einschätzungen des Abschlussprüfers, Berichte der Internen Revision, eigene Kenntnisse und Erfahrungen, Ankündigungen der DPR Prüfungshonorar Kann mit dem Honorar eine effektive Prüfung durchgeführt werden? 11
2. Praktische Zusammenarbeit Rechnungslegung Geschäftsjahr übergreifende Diskussionsansätze: Welche Rechnungslegungsgrundsätze wurden geändert oder im aktuellen Geschäftsjahr anders ausgelegt und welche Auswirkungen resultieren aus diesen Änderungen? Welche Entwicklung hatten die Problemfälle bzw. die als bedenklich zu beurteilenden Bewertungsgrundsätze des letzten Abschlusses im laufenden Geschäftsjahr? Diskussionsansätze zum aktuellen Jahresabschluss: Wie wird bei Goodwill, immateriellen Werten, latenten Steuern, Sachanlagen oder Beteiligungen die Werthaltigkeit beurteilt und bei Bedarf Abwertungen vorgenommen? Gibt es außerbilanzielle Geschäfte? Welche Auswirkungen hätten diese, würde man sie in den Abschluss aufnehmen? Kam es zu Meinungsverschiedenheiten über Bewertungsansätze oder Vorgänge? Wurde zu kritischen Sachverhalten die Meinung weiterer Sachverständiger eingeholt? Ist der Prognosebericht bzw. Ausblick plausibel und konsistent mit anderen vom Vorstand vorgelegten Informationen? 12
2. Praktische Zusammenarbeit Abschlussprüfung Diskussionsansätze zur Prüfung des Abschlusses: In welchen Punkten des Abschlusses hatte der Abschlussprüfer Mühe, den Ansichten des Vorstands bzw. seines Teams zu folgen? In welchen Punkten musste definitiv widersprochen werden? Ist es im Prüfungsverlauf zu Überraschungen gekommen? Worin bestanden diese und wie wurden diese Sachverhalte letztendlich geklärt? Wie kann insgesamt der Grad der Rechnungslegungspolitik eingeschätzt werden (konservative vs. agressive Rechnungslegungspraktiken)? Fühlt sich der verantwortliche Abschlussprüfer wohl in seiner Haut? Wie ist die Offenheit der Auskunftspersonen? Gibt es ungehinderten Zugang zu angeforderten Unterlagen? Können Informationen nur nach intensiven Insistieren beschafft werden? Wie geht der Vorstand mit den Empfehlungen des Abschlussprüfers um? Treffen auch außerhalb der Sitzungstermine und Information über den Fortgang der Prüfung sowie über die vorläufigen Prüfungsergebnisse 13
2. Praktische Zusammenarbeit Rechnungslegung und Abschlussprüfung Abschließende Beurteilung des Jahresabschlusses Studium Prüfungsbericht, ggfs. Management Letter Fehlerliste Vortrag des Wirtschaftsprüfers in der Bilanzsitzung, ggfs. Fragen Beurteilung der Qualität der Abschlussprüfung Fachliche Qualität des Prüfungsteams Integrität der verantwortlichen Wirtschaftsprüfer Aussagekraft der Prüfungsberichte und Präsentationen Zusammenarbeit zwischen Prüfern von Mutter- und Tochtergesellschaften, Überwachung der Prüfungsqualität im Ausland 14
2. Praktische Zusammenarbeit Internes Kontroll- und Risikomanagementsystem sowie Interne Revision Internes Kontrollsystem (IKS) Informiert der Abschlussprüfer über wesentliche Schwächen des IKS bezogen auf den Rechnungslegungsprozess? Welches Bild hat der Abschlussprüfer von der Grundeinstellung und dem Verhalten der Unternehmensleitung in Bezug auf das IKS (Kontrollumfeld; tone at the top)? Kommt eine Validierung des IKS in Betracht? Risikomanagementsystem Informiert der Abschlussprüfer über wesentliche Schwächen des Risikofrüherkennungssystems? Wie schätzt der Abschlussprüfer die Risikoneigung der Unternehmensleitung und die Risikolage des Unternehmens ein? Interne Revision Werden Prüfungsschwerpunkte und Ergebnisse nachgehalten und umgesetzt? Kommt eine Validierung der Internen Revision in Betracht? Reichen die Maßnahmen des Vorstandes zur Beseitigung erkannter Mängel? 15
2. Praktische Zusammenarbeit Compliance IDW EPS 980: Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfung von Compliance Management Systemen Initiierung nicht durch Wirtschaftsprüfer, sondern durch Vorstände und Aufsichtsräte zur Minderung zunehmender Haftungsrisiken Standard unterscheidet drei Auftragstypen: (1) Umfasst das vom Management beschriebene System alle wesentlichen Elemente (Compliance Kultur tone at the top, Compliance Organisation Funktionstrennung) (2) Waren die beschriebenen Maßnahmen zu einem bestimmten Zeitpunkt implementiert (3) Waren die beschriebenen Maßnahmen während eines bestimmten Zeitraums wirksam? 16
3. Resümee 17
3. Resümee Das Gesetz sieht für den Prüfungsausschuss ein anspruchsvolles Leitbild vor, dessen Erfüllung in der Praxis eine Herausforderung ist. Wirtschaftsprüfer wünschen sich aktive Prüfungsausschüsse Nutzung des Wirtschaftsprüfers als Gehilfe oder Sachverständiger des Prüfungsausschuss Entritualisierung der Sitzung von Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss direkte Gespräche (ohne Vorstand) mit dem Wirtschaftsprüfer 18
3. Resümee Zusammenfassendes Plädoyer: Intensivierung der Kommunikation zwischen Aufsichtsrat/Prüfungsausschuss und Wirtschaftsprüfer direkter und häufiger keine Einbahnstraße 19
4. Weitere Informationen 20
Webseite Center für Corporate Governance http://www.corpgov.deloitte.com/site/gerde 21
Kontakt Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Franklinstraße 50 60486 Frankfurt am Main Dr. Claus Buhleier Deutschland Wirtschaftsprüfer / Steuerberater Certified Public Accountant Tel: + 49 69 75695-6523 Partner Fax: + 49 69 75695-116523 Mobil +49 172 610 7068 cbuhleier@deloitte.de Member of Deloitte Touche Tohmatsu 22
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