Fachtagung für Architekten, Bauingenieure, Immobilienverantwortliche, Bauherren, SiGe-Koordinatoren und Entsorger



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Transkript:

1 Abbruch und Rückbaumanagement Fachtagung für Architekten, Bauingenieure, Immobilienverantwortliche, Bauherren, SiGe-Koordinatoren und Entsorger Fachtagung am 19.09.2007 in Mainz-Gonsenheim Thema des Vortrages: Verantwortung und Haftung bei Abbrucharbeiten Schäden und Schadensregulierung Pflichten der Beteiligten Rechtliche Stellung der am Abbruch Beteiligten u. a. Bauherrn, Bauleiter, Projektleiter, Architekten, SiGeKo, etc. Referent: Stefan Dausner, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Am Kümmerling 24-26, 55294 Bodenheim Tel: 06135/70530, Fax: 06135/705320 Kanzlei.dausner@radausner.de

2 I. Ausgangslage Vor Beginn von Abbrucharbeiten sind eine Vielzahl von Personen daran beteiligt, die Abbruchmassnahmen zu planen, Voruntersuchungen vorzunehmen, Entsorgungswege vorzugeben, Sicherungsmaßnahmen für Arbeitnehmer, Unternehmen, und vor allem den nicht Beteiligten Dritten wie unmittelbar oder mittelbar betroffene Personen, wie Hauseigentümern, Mietern, Gewerbetreibende zu ergreifen. Wird zum Beispiel ein Gebäude abgerissen, dass sich zwischen zwei Gebäuden befindet, dann sind die unmittelbaren Eigentümer der Nachbargebäude von dieser Abbruchmaßnahme ebenfalls betroffen. Kommt es dann zu Schäden an diesen Gebäuden, stellt sich die Frage der Verantwortlichkeit und der Haftung. Nachfolgende Beispiele mögen dies veranschaulichen: Für ein Büro- und Geschäftgebäude wird eine alte Fabrik abgerissen. Nach dem Abriss wird die Baugrube hergestellt. Im Zuge des Aushubs der Baugrube und der Ausführung der Verbauarbeiten kommt es zu einem Grundbruch im Bereich der benachbarten Gebäude. Ein Gebäude neigt sich in Richtung Baugrube, es entstehen Risse. Aufgrund der vorhandenen Bausubstanz wird das daneben liegende Gebäude ebenfalls betroffen, neigt sich ebenfalls und es entstehen zahlreiche gravierende Risse an den Giebelwänden, Außenwänden und Innenwände bis zum Keller. Der Schaden für beide Gebäude wird auf ca. 120.000,00 EUR beziffert.

3 Ein Gebäude in einem älteren Baubestand wird abgerissen. Das unmittelbar daneben befindliche Nachbargebäude besteht aus einer Fachwerkskonstruktion. Nachdem das Gebäude abgerissen war, beginnen sich die Gefache zu neigen, sie drohen aus der Außenwand herauszufallen. Die Abrissarbeiten werden eingestellt und Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Mit dem Aushub der Baugrube wird festgestellt, dass auch das Fundament instabil wird. Es wird beschlossen eine Berme zu belassen, dass eine Stütze verbleibt. In der sich anschließenden Korrespondenz weitet sich der Kreis der Verantwortlichen, die für die geltend gemachten Schäden in Frage kommen. Neben dem Generalunternehmer, werden auch die ausführenden Firmen wie Abbruchfirmen, Verbaufirmen, Architekten- oder Ingenieurbüros, Bodengutachter, Projektsteuerer, jeweils die Bauleiter und Sicherheitsfachkräfte als vermeintliche Verursacher angeschrieben. Zusätzlich wird auch der Bauherr zur Verantwortung herangezogen, als Verantwortlicher für die Baumassnahme. Der Geschädigte kann sich je nach Einzelfall dann einen Schädiger aussuchen, da diese als Gesamtschuldner haften, 840, 426 BGB. Die Situation wird dann kompliziert, wenn sich ein Beteiligter, z. B. der Generalunternehmer, durch Insolvenz verabschiedet. Vorweg: Dies ist für den Geschädigten insoweit nicht tragisch, wenn eine

4 Haftpflichtversicherung besteht. Die Versicherung kann dann gem. 157 VVG (direkt) in Anspruch genommen werden. II. Haftung Kreis der Verantwortlichen und die gesetzlichen Grundlagen einer Wie bereits zuvor aufgezählt, wird jeder, der mit der Planung und Ausführung der Abbruchmassnahme indirekt oder direkt beteiligt ist, als Verantwortlicher herangezogen. Dabei ist nicht jeder auch ersatzpflichtig. Dabei kommt es in jedem Einzelfall auf eine schuldhafte Pflichtverletzung an, die für jeden Beteiligten gesondert zu untersuchen ist. Die Verantwortlichkeit führt nicht nur zur zivilrechtlichen, sondern auch zur strafrechtlichen Haftung. Dabei verstehen wir Juristen unter zivilrechtlichen Ansprüche die auf Schadensersatz, worunter Herstellung des ursprünglichen Zustandes, Zahlung eines Geldbetrages, eine Rente und auch Schmerzensgeld die Regel ist. Der Staatsanwalt schaltet sich ein, wenn eine Person verletzt wird oder erhebliche Schäden an dem Eigentum eines Dritten eingetreten sind. Die maßgeblichen Rechtsvorschriften, die den Juristen zur Prüfung von Ansprüchen oder ein strafrechtlichen Verfolgung dienen, lauten: 280 BGB

5 (1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des 286 verlangen. (3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des 281, des 282 oder des 283 verlangen. 823 BGB (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein. 831 BGB 1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die

6 im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. (2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt. 836 BGB (1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. (2) Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können. (3) Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer. 840 BGB

7 (1) Sind für den aus einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner. (2) Ist neben demjenigen, welcher nach den 831, 832 zum Ersatz des von einem anderen verursachten Schadens verpflichtet ist, auch der andere für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der andere allein, im Falle des 829 der Aufsichtspflichtige allein verpflichtet. (3) Ist neben demjenigen, welcher nach den 833 bis 838 zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, ein Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Dritte allein verpflichtet. 909 BGB: Vertiefung Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist. 319 StGB (1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein anerkannten Regeln der

8 Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet. (3) Wer die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (4) Wer in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Je nach dem, in welcher vertraglichen oder nichtvertraglichen Beziehung der Geschädigte und der Schädiger stehen, kommen vertragliche oder gesetzliche Ansprüche in Frage. So kann in unserem Beispielsfall der in seinem Eigentum geschädigte Hausherr Ansprüche aus 823 BGB geltend machen, als sog. gesetzlicher Anspruch. Der von dem Eigentümer in Anspruch genommene Generalunternehmer kann auf Basis von vertraglichen Ansprüchen wiederum die von ihm beauftragten Architekten und ausführenden Firmen, d. h. Nachunternehmer, in Regreß nehmen. Beauftragt der Architekt selbst z. B. einen Bodengutachter, der ihm notwendige Informationen für seine Planung zur Verfügung stellen soll, besteht auch hier ggf. ein vertraglicher Anspruch. Werden Arbeitnehmer verletzt, bestehen hier in der Regel vertragliche Ansprüche gegen den Arbeitgeber, der wiederum durch Regelungen im Sozialgesetzbuch von Ansprüche freigestellt wird. Die

9 Berufsgenossenschaften übernehmen dann die Leistungen, wenn die Voraussetzung eines Arbeitsunfalls vorliegt. Im Bereich der arbeitsschutzrechtlichen Pflichtverletzungen kommt auch eine Haftung des Bauherrn oder des von im beauftragten Dritten oder des Sicherheits- und Gesundheitskoordinator in Betracht. III. Pflichtenkreis eines jeden Beteiligten Grundsätzlich haftet jeder für seine Fehler selbst. Jeder Beteiligte hat jedoch Pflichten, damit Dritte keinen Schaden erleiden. Dabei kommt es auf die Nähe, auf die Fachkunde und auf Möglichkeit an, selbst Schäden zu verhindern. 1. Bauherrn a) Den Bauherrn treffen in der Regel Auswahl-, Instruktions- und Überwachungspflichten 1. In den häufigsten Fällen ist der Bauherr, sei es als Investor, Privater Bauherr, etc. weder an der Planung noch an der Ausführung beteiligt. Er beauftragt für die Planung einen Architekten oder Ingenieurbüro, für die Ausführung eine Bauunternehmung entweder als Generalunternehmer oder als Einzelunternehmer. Er hat dabei die Pflicht, fachkundiges Personal mit der Lösung der anfallenden bautechnischen Aufgaben und der sachgemäßen Durchführung zu beauftragen. Eine eigene Prüfungspflicht trifft ihn nur, 1 LG Essen, Urtl. vom 27.10.2005 18 O 420/03 = IMR 2006, 1079 (Vertiefungen auf dem Baugrundstück, geschädigter Eigentümer verklagt Bauherr)

10 wenn er Zweifel an der Art und Weise der Durchführung hat oder wenn für ihn eine erhöhte Gefahrenlage erkennbar geworden ist. Der Bauherr kann seine Verkehrssicherungspflicht auf Dritte übertragen, wie z. B. Abbruchunternehmen. Dabei muss er dessen Fachkunde und Zuverlässigkeit vorher prüfen, ansonsten er wegen Verletzung dieser Überprüfungspflichten haften könnte. Wird die Pflicht erfüllt, alle erdenklichen Sicherungsmaßnahmen auf eine Firma übertragen, dann haftet der Bauherr nicht. Dabei muss jedoch die Delegation der Verkehrsicherungspflicht eindeutig und klar erfolgen 2. Der Bauherr hat dafür Sorge zu tragen, dass von seinem Bauvorhaben keine Gefahren ausgehen, durch die Dritte Schäden erleiden können. Denn er ist es in erster Linie, der die Gefahrenquelle eröffnet. Er wird von seiner Verantwortung auch nicht dadurch befreit, dass er die Planung, Bauaufsicht und Bauausführung einem bewährten Bauleiter und / oder einem zuverlässigen und leistungsfähigen Bauunternehmen oder sonstiger Fachfirma für ein bestimmtes Gewerk überträgt. Allerdings kann sich für ihn oft eine Aufsichtspflicht erübrigen, wenn er einen als zuverlässig bekannten sachkundigen Architekten oder einen solchen Bauunternehmer beauftragt hat. Der zunächst Verkehrssicherungspflichtige bleibt aber zu einem Eingreifen dann verpflichtet, wenn er Anlass zu Zweifel hat, ob der von ihm Beauftragte den Gefahren und den Sicherungserfordernissen in der gebührenden Weise Rechnung trägt, oder wenn dessen Tätigkeit mit besonderen 2 OLG Celle, Urtl. vom 02.02.2005 9 U 74/04 = IBR 2006, 1418 (Rückbau eines Gerüstes, verletzter Arbeitnehmer verklagt Messegesellschaft als Bauherr),

11 Gefahren verbunden ist, die auch von ihm erkannt und durch eigene Anweisungen abgestellt werden können 3. b) Der Bauherr und die Baustellenverordnung: Der Bauherr wird von seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Beachtung der Pflichten aus der Baustellenverordnung befreit, wenn er rechtzeitig einen Dritten beauftragt 4. Mit der Übertragung an Dritte überträgt der Bauherr auch die Ordnungswidrig - bzw. strafrechtliche Verantwortlichkeit und wird hiervon befreit 5. Zivilrechtlich wird er jedoch gehalten sein, eine Person als Dritten zu beauftragen, der die Maßnahmen des 4 gewissenhaft ausführt. Dies läuft darauf hinaus, daß der Dritte ebenso qualifiziert bzw. geeignet sein muß. Der Bauherr hat den Dritten ausreichend und frühzeitig zu informieren und ihn zu überwachen. Dies schließt ein, daß sich der Bauherr den Namen des Koordinators benennen und sich den SIGE- Plan vorlegen läßt und sich davon überzeugt, daß er den Anforderungen an die Baustellenverordnung entspricht und entsprechend angepaßt wird. Verstößt er gegen diese Pflichten, macht er sich wegen Auswahl- bzw. Überwachungsverschulden haftbar. 3 OLG Zweibrücken, Urtl. vom 13.09.2002, BauR 2003, 1742 4 Schütz in Tiefbau 1/99 S. 32 5 RAin Kleinhenz, ZfBR 1999, 179 ff., 181

12 Der Bauherr könnte daneben auch aus 823 Abs. 2 BGB haften. Da über die Ordnungswidrigkeitenbewehrung mit dem Ziel des Schutz des Lebens und Gesundheit von Arbeitern deren Schutzbereich betroffen wird, kann sich hieraus ein Anspruch auf zivilrechtlichen Schadensersatz ergeben. Wird letztlich keine oder nicht rechtzeitig ein Baustellenkoordinator bestellt, so macht sich der Bauherr haftbar, wenn ihm weiterhin die Pflicht oblag, einen Koordinator zu bestellen. Für diesen Fall könnte sowohl 823 als auch 823 Abs. 2 ivm mit der Baustellenverordnung in Betracht kommen 6. Trägt der Bauherrn selbst die Verpflichtung aus der Baustellenverordnung, so obliegt ihm auch die Verpflichtung gem. 4 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B 7. Wird z. B eine Baustelle von der Gewerbeaufsicht eingestellt, wenn kein SIGE-Plan vorliegt, so wird er diese Behinderung gem. 6 zu vertreten und zu verschulden haben mit der Folge des Anspruchs der Bauunternehmung auf Fristverlängerung und Schadensersatz wegen Behinderung. c) Ausschreibungspflichten Nicht nur dem öffentlichen Auftraggeber treffen darüber hinaus auch Verpflichtungen, die sich aus den vergaberechtlichen Vorschriften ergeben, nämlich der Anwendung der VOB/A bzw. der VOB/C. 6 Siegburg, Haftung von Achitekt und Bauherr für Bauunfälle RWS Skript, 291, Rd. 98) 7 Schütz, Tiefbau 1/99, S. 32

13 Durch 9 VOB/A hat der Auftraggeber die Verpflichtung, die Abbruchleistung vollständig und richtig auszuschreiben. Dieses Risiko kann der Auftraggeber nicht auf den Auftragnehmer übertragen. Der Auftraggeber hat vor der Ausschreibung die Frage der Schadstoffbelastung zu prüfen oder bei überraschenden Auftreten von Schadstofflasten den Auftrag entsprechend zu erweitern 8. Die Folgen werden vergütungsrechtlich geregelt. Für den Fall, dass eine unvollständige Ausschreibung über Abbruchleistungen vorliegt, ergeben sich bei während der Bauausführung ergebenden Schadstoffbelastungen, etc. Ansprüche auf Vergütung gem. 2 Nr. 5 bzw. 6 VOB/B. Ergänzend wird auf die ATV VOB/C DIN 18459 verwiesen. Diese enthält in der sog. 0-Ziffer eine Art Checkliste, welche Angaben der Auftraggeber in das Leistungsverzeichnis aufnehmen muss, um den Anforderungen des 9 VOB/A gemäß auszuschreiben. Diese Aufzählung ist sicherlich nicht abschließend. Zur Vermeidung von Schäden an Dritten weitet sich die vorvertragliche Erkundigungspflicht des Auftraggebers aus, mit dem Ziel, dem ausführenden Abbruchunternehmen möglichst viel an Informationen zu geben, damit er die Abbruchleistungen gefahrlos und zur Vermeidung von Schäden an Dritten ausführen kann. 2. Architekt 8 LG Stralsund, Urtl. v. 12.04.2005 IBR 2005, 464

14 Dem Architekten treffen Planungspflichten vor dem Beginn einer Baumassnahme sowie Überwachungspflichten während der Durchführung einer Baumassnahme. Bei der Erstellung einer Leistungsbeschreibung hat der Architekt auch die sog. 0-Ziffern der VOB/C zu beachten. Dies ergibt sich bereits aus dem Leistungsbild der HOAI. Auch bei Beachtung der VOB im Rahmen von Ausschreibungen öffentlicher Auftraggeber trifft dem Architekt als Vertreter des Bauherrn die Verpflichtung, vollständig und richtig die Leistung zu beschreiben. Dabei muss der Architekt die Abbruchmassnahme schriftlich planen, ein Verweis auf DIN 4123 reicht als Planungsmaßnahme nicht aus 9. Mündliche Anweisungen reichen in der Regel nicht aus, dies gilt insbesondere bei Unterfangungen zum Schutz von Nachbargebäuden. Eine gänzlich fehlende Planung kann ursächlich sein für eine Schaden. Daneben obliegt es dem Architekten die Bauausführung zu überwachen. Dabei bestehen geringere Überwachungspflichten bei einfachen Arbeiten, anders bei schwierigen Leistungen. Abbruchmassnahmen stellen in der Regel schwierige Arbeiten dar, mit der Folge, dass dem Architekten eine verstärkte Überwachungspflicht trifft 10. Treten bei der Bauausführung wiederholt Unregelmäßigkeiten auf, dann verstärkt sich die Überwachungspflicht oder gar bei wichtigen oder kritischen Phasen während der Bauausführung. 9 OLG Stuttgart v. 13.03.2006, BauR 2006, 1773ff. 10 OLG Stuttgart, aao mwn.

15 Kann der Bestandsschutz eines Gebäudes durch Abbrucharbeiten gefährdet werden, dann treffen den mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten besonders Sorgfaltspflichten 11. Der mit der Bauleitung beauftragte Architekt kann wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haften, ihm obliegen in der Regel sekundäre Verkehrsicherungspflichten. Dem Unternehmer haftet für von ihm verursachte Schäden grundsätzlich allein. Im Einzelfall obliegt dem Architekt auch eine originäre Verkehrssicherungspflichten, wie nachfolgender Fall zeigt: Ein Arbeitnehmer wird bei der Durchführung von Abbruchmassnahmen verletzt. Er stürzt in eine unzureichend abgedeckte Teilfläche eines Daches. Die für den Arbeitnehmer zuständige Berufsgenossenschaft verklagt den Bauleiter des Auftraggebers, das Architektenbüro bzw. wegen der Insolvenz den Insolvenzverwalter. Die Haftpflichtversicherung des Architektenbüros zahlt aufgrund bestimmter versicherungsrechtlicher Bestimmungen nur einen Teil des Schadensersatzes, beruhend auf ein Teilungsabkommen zwischen der Berufsgenossenschaft und der Versicherung. Den Rest klagt die Berufsgenossenschaft gegen den Insolvenzverwalter des insolventen Architektenbüros ein. Mit Erfolg und nachfolgender Begründung des Bundesgerichtshofes: Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass eine Haftung des mit der örtlichen Bauaufsicht bzw. Bauleitung beauftragten Architekten wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ( 823 Abs. 1 BGB) in Betracht kommt. Mit der Übernahme einer solchen 11 OLG Oldenburg, vom 29.05.1991, BauR 1992, 258 ff.

16 Aufgabe trifft auch den Architekten die Pflicht, nicht nur seinen Auftraggeber, sondern auch Dritte vor Schäden zu bewahren, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauwerks entstehen können 12. Im Regelfall braucht der Architekt zwar nur diejenigen Verkehrssicherungspflichten zu beachten, die dem Bauherrn als dem mittelbaren Veranlasser der aus der Bauausführung fließenden Gefahren obliegen. In erster Linie ist der Unternehmer verkehrssicherungspflichtig. Er hat für die Sicherheit der Baustelle zu sorgen; Unfallverhütungsvorschriften wenden sich nur an ihn 13. Selbst verkehrssicherungspflichtig wird der mit der örtlichen Bauaufsicht bzw. Bauleitung oder Bauüberwachung beauftragte Architekt aber, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Unternehmer in dieser Hinsicht nicht genügend sachkundig oder zuverlässig ist, wenn er Gefahrenquellen erkannt hat oder wenn er diese bei gewissenhafter Beobachtung der ihm obliegenden Sorgfalt hätte erkennen können. Er muss auf Gefahren achten und darf seine Augen nicht verschließen, um auf diese Weise jeglichem Haftungsrisiko aus dem Wege zu gehen 14. Neben dieser so genannten "sekundären" Verkehrssicherungspflicht, die sich grundsätzlich darauf beschränkt, erkannte oder erkennbare baustellentypische Gefahrenstellen zu beseitigen 15, treffen den bauleitenden Architekten "primäre" Verkehrssicherungspflichten, wenn er selbst Maßnahmen an der Baustelle veranlasst, die sich als Gefahrenquelle erweisen können, sei es, dass die Auftragserteilung 12 BGHZ 68, 169, 175 13 vgl. Senatsurteile vom 26. Oktober 1956 - VI ZR 163/54 - VersR 1956, 31, 32; vom 19. Januar 1962 - VI ZR 111/61 - VersR 1962, 358, 360; ebenso BGHZ 68, 169, 175 14 vgl. Senatsurteil vom 20. September 1983 - VersR 1983, 1141, 1142; BGH, BGHZ 68, 169, 175 f.; OLG Hamm BauR 1980, 378, 379; OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 403, 404; OLG Stuttgart NJW-RR 2000, 752, 754; OLG Schleswig VersR 2000, 1118, 1119 mit Nichtannahmebeschluss des Senats vom 4. Mai 1999 - VI ZR 268/98 -; OLG Frankfurt NZBau 2006, 185, 186 15 vgl. Senatsurteil vom 20. September 1983 - - aao; OLG Schleswig aao

17 schon unmittelbar Gefahren für andere begründen kann oder dass solche Gefahren nicht von vornherein ausgeschlossen sind 16. In diesem Rechtsstreit wehrt sich das Architektenbüro unter Hinweis auf 106 Abs. 3 SGB VII mit dem Argument, dass eine gemeinsame Betriebsstätte vorliegen würde, sodass eine Haftungsprivilegierung eintreten könnte. Diesem Argument trat der BGH entgegen. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats angenommen, dass der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen erfasst, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt 17. Erforderlich ist ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf, das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt. Die Tätigkeit der Mitwirkenden muss im faktischen Miteinander der Beteiligten aufeinander bezogen, miteinander verknüpft oder auf gegenseitige Ergänzung oder Unterstützung ausgerichtet sein. Im Streitfall haben die Bauleiterin und der geschädigte Arbeitnehmer der Firma Z. keine vorübergehende betriebliche Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ausgeübt. Die für eine gemeinsame Betriebsstätte notwendige Arbeitsverknüpfung im Einzelfall kann zwar auch dann bestehen, wenn die von den Beschäftigten verschiedener Unternehmen vorzunehmenden Maßnahmen sich nicht sachlich ergänzen oder unterstützen, die gleichzeitige Ausführung der 16 vgl. Senatsurteile vom 10. Juni 1975 - - VersR 1975, 949, 950; vom 20. September 1983 - - aao 17 vgl. Senatsurteile BGHZ 15, 331, 336; 157, 213, 216; BAG VersR 2003, 1177, 1178

18 betreffenden Arbeiten wegen der räumlichen Nähe aber eine Verständigung über den Arbeitsablauf erfordert und hierzu konkrete Absprachen getroffen werden, etwa wenn ein zeitliches und örtliches Nebeneinander dieser Tätigkeiten nur bei Einhaltung von besonderen beiderseitigen Vorsichtsmaßnahmen möglich ist und die Beteiligten solche vereinbaren 18. Eine solche Verständigung über ein bewusstes Nebeneinander im Arbeitsablauf hat es nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen aber nicht gegeben. Die Zeugin S. hat zwar als Bauleiterin der Firma D., deren Subunternehmerin die Firma Z. war, am 8. September 1999 grünes Licht für den Beginn der Abriss- und Entkernungsarbeiten gegeben. Sie verrichtete aber keine Arbeiten auf der Baustelle, die ein aufeinander bezogenes Zusammenwirken und eine gegenseitige Verständigung mit den Mitarbeitern der Firma Z. erforderten. Einer bauleitenden Architektin obliegt es vielmehr, unabhängig von einer konkreten Tätigkeit vor Ort für einen reibungslosen Ablauf auf der Baustelle zu sorgen und die Arbeit der Bauhandwerker zu überwachen, um eine ordnungsgemäße Erstellung des Bauvorhabens zu gewährleisten und Gefahren zu vermeiden. Demgemäß standen die Arbeiten vor Ort und die Tätigkeit der Bauleiterin nicht in einem wechselseitigen Bezug, weil allenfalls die Bauleiterin im Rahmen ihrer Überwachungspflichten in die Arbeit vor Ort eingreifen musste, um diese zu unterstützen. Ein solcher lediglich einseitiger Bezug reicht für die Annahme einer gemeinsamen Betriebsstätte indes nicht aus. Zudem bestand unter diesen Umständen auch nicht die für eine gemeinsame Betriebsstätte typische Gefahr, dass sich die Bauleiterin und die Mitarbeiter der Firma Z. bei den versicherten Tätigkeiten "ablaufbedingt in die Quere kamen", so dass auch eine so genannte 18 vgl. Senatsurteile BGHZ 152, 7, 9; vom 8. April 2003 VI ZR 251/02 - VersR 2003, 904, 905; OLG Schleswig r+s 2001, 197, 198 mit NA-Beschluss des Senats vom 10. Juli 2001 - VI ZR 53/01

19 Gefahrengemeinschaft als Grundlage des Haftungsausschlusses bei einer gemeinsamen Betriebsstätte nicht vorlag.. 3. Abbruchunternehmen Den Abbruchunternehmen treffen bei Abbruchmaßnahmen eigene Sorgfaltspflichten. Er muss ständig, sowohl vor dem Beginn, als auch während der Durchführung seiner Arbeiten prüfen, ob er den Abbruch gefahrlos vornehmen kann. Dies gilt insbesondere bei geschlossener Bauweise, der Abbruchunternehmer muss gerade bei Fachwerkgebäuden damit rechnen, dass diese Gebäude verbunden sind (z. B. durch eine Verzahnung). 19 Dabei hat der Abbruchunternehmer im Zweifel Baugenehmigungsunterlagen zu prüfen, Nachbarn zu fragen oder den Bauherrn. Bei Abbruchmassnahmen muss der Fachunternehmer größtmögliche Vorsicht und Sorgfalt beachten. Er muss bei geschlossener Bauweise berücksichtigen, dass seine eingesetzten Geräte starken Erschütterungen hervorrufen können, die wiederum zu Rissbildungen an den Nachbargebäuden führen können. Schäden können durch die auftretenden Biege- und Scherkräfte beim Abriss des Mauerwerks an Nachbarhäusern entstehen 20. Der Abbruchunternehmer muss bereits bei der Sichtung des Leistungsverzeichnisses Hinweisen auf vorhandenen Bebauung 19 OLG Düsseldorf, Urtl. vom 19.02.1999, IBR 1999, 267 20 OLG Düsseldorf, Urtl vom 05.02.1993, IBR 1994, 453 = BauR 1994, 267

20 nachgehen, vor Beginn der Arbeiten vor Ort die Art und Weise der Bebauung und die Bausubstanz genauestens prüfen. Tauchen im Rahmen der Prüfungen Bedenken gegen die vorgesehene Art und Weise des Abbruchs auf oder Gefahren für die Nachbarbebauung, muss der Abbruchunternehmer dies dem Bauherrn eindringlich mitteilen. Der Bauherr oder in seinem Auftrag der Unternehmer hat dann einen Sachverständigen zur Prüfung hinzuziehen. Auch für bei Abbruchmassnahmen entstehende Staubentwicklung haftet der Abbruchunternehmer, da er vor und während des Abbruchs alle Maßnahmen ergreifen muss, dass alle objektiv erkennbaren Gefahren von Dritten ferngehalten werden 21. Daneben hat der Abbruchunternehmer auch gegenüber den eigenen Arbeitnehmern Verpflichtungen, diese zu schützen. Dies ergibt sich aus den Arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften, wie Gefahrstoffverordnung, etc. Wenn der Arbeitnehmer während der Abbruchmassnahmen z. B. mit Asbest in Berührung kommt, hat der Arbeitgeber die arbeitsschutzrechtliche Verpflichtung, sämtliche Schutzvorkehrungen zu treffen, die sich aus der Gefahrstoffverordnung ivm dem hierzu ergangenen technischen Regeln (TRGS) ergeben. Handelt er diesen Vorschriften zuwider, enthält die Gefahrstoffverordnung Vorschriften über die Verhängung von Ordnungsgeld 22. 4. Generalunternehmer 21 OLG Braunschweig, Urtl vom 06.07.1990, IBR 1991, 438 = BauR 1991, 486 (Textilschäden) 22 OLG Düsseldorf, Beschl. vom 11.07.1994 BauR 1995, 263, IBR 1995, 543

21 Der Generalunternehmer selbst führt Abbrucharbeiten nicht selbst durch. Daher kommt eine direkte Haftung gem. 823 BGB nicht in Betracht. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Schädiger entweder durch eigenes Handeln oder durch ein pflichtwidriges Unterlassen Schadensersatzpflichtig werden kann. Der Generalunternehmer handelt nicht selbst, sodass ihm nur ein pflichtwidriges Unterlassen angelastet werden könnte. Es liegt auch kein Beweis des ersten Anscheins vor, dass Mitarbeiter des Generalunternehmers an Abbrucharbeiten selbst beteiligt sind. Dies kann im Einzelfall natürlich anders sein, insbesondere dann, wenn der GU dem Abbruchunternehmer Mitarbeiter (im Rahmen der Gesetze) beistellt. In der Regel erledigen aber Abbruchunternehmen die Abbrucharbeiten eigenständig. Ein pflichtwidriges Unterlassen ist denkbar, indem der GU Abbruchunternehmern beauftragt, ohne vorher eine ordnungsgemäße Auswahl zu treffen oder die Abbruchmaßnahme pflichtwidrig fehlerhaft organisiert (Auswahl- oder Organisationsverschulden). Im Rahmen der Organisation muss der GU dem Abbruchunternehmen sämtliche Informationen an die Hand reichen, damit der Abbruchunternehmer die ihm übertragene vertragliche Verpflichtung eigenständig erfüllen kann 23. Unterläßt der GU, den Abbruchunternehmer sorgfältig und vollständig zu unterrichten, haftet er wegen pflichtwidriger fehlerhafter Organisation der Abbrucharbeiten, also wegen pflichtwidrigen Unterlassen 24. 23 BGH VerSR 1983, 152 24 OLG Celle Urtl. 04.04.2002, BauR 2004, 105