Finanzierung von Hypotheken und die Risiken einer Kreditverknappung in der Schweiz und im Ausland



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Transkript:

Embargo:, 15: Finanzierung von Hypotheken und die Risiken einer Kreditverknappung in der Schweiz und im Ausland Mitglied des Direktoriums Schweizerische Nationalbank 9. Schweizer Ökonomentag Universität Zürich Zürich, Der Referent dankt Zoltan Szelyes und Marlene Amstad für die wertvolle Unterstützung bei der Vorbereitung dieses Referats.

Einleitung Zu einer Kreditverknappung kommt es, wenn die Kreditgeber das Kreditangebot abrupt zurückfahren und die Nachfrage nach Krediten zu den bisherigen Konditionen nicht mehr befriedigen. Eine Kreditverknappung wirkt sich in der Regel negativ auf die wirtschaftliche Aktivität aus, da sie zu einer starken Einschränkung der Investitions- und Konsumtätigkeit führen kann. Sie kann insbesondere in einer konjunkturellen Schwächephase den Abschwung verstärken. Bei den gegenwärtig unsicheren Aussichten für die schweizerische Wirtschaft ist es daher wichtig, sich auch mit der Frage einer möglichen Kreditverknappung auseinanderzusetzen. Zu einer Kreditverknappung kann es aus verschiedenen Gründen kommen. Einerseits schränken geschwächte Bilanzen oder fehlende Refinanzierungsmöglichkeiten die Fähigkeit der Banken ein, Kredite zu gewähren. Andererseits kann eine Kreditverknappung auch die Folge einer gestiegenen Risikoaversion der Kreditgeber sein, falls z. B. die Banken plötzlich erwarten, dass der Wert der Kreditsicherheiten fällt oder sich die finanzielle Situation der Kreditnehmer verschlechtert. Die globale Finanzkrise führte in den letzten Monaten zu hohen Verlusten bei den Banken, zu einem Vertrauensverlust der Investoren in Verbriefungsprodukte und nicht zuletzt zu fallenden Immobilienpreisen in einigen Ländern. Diese Entwicklungen beeinflussen sowohl die Fähigkeit der Banken Kredite zu gewähren als auch deren Risikoappetit. Die Finanzmarktkrise hat somit das Potential, eine Kreditverknappung auszulösen. Da die Struktur der Hypothekarmärkte und die Art der Refinanzierung der Kreditvergabe in den einzelnen Ländern aber unterschiedlich sind, sind auch die Risiken international ungleich verteilt. Ich möchte in meinem Referat auf die möglichen Risiken einer Kreditverknappung in der Schweiz und im Ausland eingehen. Aufgrund der Thematik des heutigen Anlasses möchte ich mich dabei auf das Segment der Immobilienkredite beschränken. Dabei werde ich zuerst die unterschiedlichen Instrumente zur Refinanzierung der Hypotheken beleuchten. Danach werde ich auf die Immobilien- und Hypothekarmarktentwicklung sowie die Risiken einer Kreditverknappung im Ausland eingehen. Zum Abschluss komme ich auf Situation auf dem Schweizer Hypothekarmarkt zu sprechen. 2

Instrumente zur Finanzierung der Hypothekenvergabe Bevor ich auf die Risiken einer Kreditverknappung zu sprechen komme, möchte ich auf die unterschiedlichen Refinanzierungsmöglichkeiten der Kreditvergabe eingehen. Denn Kreditgeber können Hypotheken nur gewähren, wenn es ihnen gelingt, deren Refinanzierung sicherzustellen. Den Banken stehen dabei vier verschiedene Instrumente zur Verfügung, die je nach Land und Hypothekarsystem in ihrer Bedeutung variieren: Das sind einerseits kurzfristige Refinanzierungsinstrumente wie Kundengelder und Geldmarktkredite und andererseits längerfristige Refinanzierungsinstrumente wie Pfandbriefe und Verbriefungen (siehe Folie 2). Die Finanzierung über Kundengelder ist die traditionelle Form der Hypothekenrefinanzierung. Diese Finanzierungsart ist üblicherweise auch die billigste Form der Refinanzierung, da die Banken dabei die relativ grosse Zinsdifferenz zwischen Depositenund Hypothekarzinsen ausnutzen können. Allerdings ist sie mit dem Risiko verbunden, dass Kundengelder schnell abgezogen werden können, während die Hypotheken längerfristig gebundene Aktiven sind. Die Refinanzierung der Hypotheken über kurzfristige Geldmarktkredite weist ökonomisch ähnliche Charakteristiken auf wie die Finanzierung über Kundengelder. Die Bank nimmt dabei Geld mittels kurzfristigen Geldmarktkrediten auf, das sie langfristig in Form von Hypotheken ausleiht. Deren Refinanzierung wird sogenannt gerollt, d.h. die Geldmarktkredite müssen immer wieder erneuert werden, da sie normalerweise nur eine Fristigkeit von wenigen Monaten haben. Sowohl die Refinanzierung über Kundengelder als auch über Geldmarktkredite birgt nicht zu unterschätzende Liquiditätsrisiken. Zwar entspricht die Fristentransformation, d.h. die kurzfristige Finanzierung längerfristig gebundener Forderungen, dem traditionellen Geschäftsmodell der Banken. Es kann jedoch zu Situationen kommen, in denen die kurzfristige Refinanzierung von langfristigen Forderungen die Existenz der Bank plötzlich gefährdet. Einerseits kann es zu einem Bank Run kommen. In diesem Fall erleidet die Bank in relativ kurzer Zeit einen hohen Abfluss an Kundengeldern. Andererseits kann die Bank auch in Liquiditätsprobleme geraten, wenn sie die kurzfristige Refinanzierung über den Geldmarkt nicht mehr erneuern kann. Die Zusammenbrüche von Northern Rock in Grossbritannien und Indy Mac in den USA waren die Folge von Problemen bei der Refinanzierung von Hypothekarforderungen. Diese Beispiele zeigen, dass die 3

Liquiditätsrisiken nicht nur in Lehrbüchern vorkommen, sondern auch in der Praxis höchst relevant sind. Die Ausgabe von Pfandbriefen zielt dagegen darauf ab, die Refinanzierung von Hypotheken längerfristiger zu gestalten. Pfandbriefe sind längerfristige, öffentlich gehandelte Anleihen, die im Vergleich zu normalen Anleihen zusätzlich durch Hypothekarforderungen gedeckt sind. Aufgrund der höheren Sicherheiten sind sie für die Banken eine billigere Art der Refinanzierung als die Ausgabe von gängigen Anleihen, da sie aufgrund des geringeren Risikos einen tieferen Zinssatz aufweisen. Bezüglich ihres Risikos gibt es international grosse Unterschiede. Die Schweiz hat im internationalen Vergleich eines der strengsten Pfandbriefgesetze. Pfandbriefe können in der Schweiz nur durch zwei Institute, die Pfandbriefbank schweizerischer Hypothekarinstitute und die Pfandbriefzentrale der schweizerischen Kantonalbanken ausgegeben werden. 1 Banken in der Schweiz, die sich über Pfandbriefe refinanzieren wollen, müssen bei einem dieser zwei Institute ein Darlehen beantragen und diesem ihre Hypotheken verpfänden. Dabei herrschen hohe Qualitätskriterien an die Pfandbriefdarlehen: Erstens dürfen nur erstrangige Hypotheken für die Pfandbriefe verpfändet werden. Zweitens sind die maximalen Belehnungsgrenzen für die Hypotheken bewusst konservativ gewählt. Bei Ein- und Mehrfamilienhäusern darf die Belehnung maximal zwei Drittel des Häuserwerts betragen und für andere Hypotheken ist die maximale Belehnungsgrenze noch bedeutend tiefer. Drittens belassen die Pfandbriefe die Kredit- und Zinsrisiken der Hypotheken bei den Banken und transferieren diese nicht an die Investoren. Somit haben die Banken starke Anreize, die Kreditrisiken genau zu überwachen. Und letztens führen die Pfandbriefinstitute zusätzliche Qualitätskontrollen durch, wie z.b. die Inspektion von Liegenschaften. Die Schwäche der Pfandbriefe sind ihre administrativen Kosten und Einschränkungen aufgrund der gesetzlichen Grundlagen. 2 In der Schweiz unterliegen Pfandbriefe zudem der Stempelsteuer, was ihre Ausgabe verteuert. Im Gegensatz zu Pfandbriefen sind Verbriefungen nicht nur ein Mittel zur Refinanzierung, sondern auch ein Instrument des Risikotransfers. Bei der Verbriefung wird typischerweise die Hypothek von der Bilanz der Bank an eine unabhängige Zweckgesellschaft transferiert, die Anleihen emittiert. Diese Anleihen sind direkt durch die Hypothekarforderungen 1 Für eine detailliertere Diskussion zu diesem Thema siehe Jordan T., Finanzierung von Hypotheken: Verbriefungen und Pfandbriefe im Lichte der Finanzmarktkrise, Rede an der Generalversammlung der Pfandbriefbank Schweizerischer Hypothekarinstitute, Zofingen, 15. Mai 28. 2 In einigen Ländern, wie z.b. in Grossbritannien, wurden sogenannte synthetische Pfandbriefe, d.h. Pfandbriefe ohne ein Pfandbriefgesetz herausgegeben. Ab März dieses Jahres existiert aber auch in Grossbritannien eine gesetzliche Grundlage für Pfandbriefe. 4

gedeckt. Es gibt dabei verschiedene Verbriefungstypen: Die traditionelle Form ist die MBS (Mortgage Backed Security). Bei dieser Verbriefungsform werden gleichrangige Anleihen gegenüber einem Pool an Hypotheken ausgegeben. In den letzten Jahren gewannen jedoch die strukturierten Verbriefungsprodukte (englisch: CDOs) in den USA und Europa an Bedeutung. Bei dieser komplexeren Form der Verbriefung werden gegenüber dem Pool an Hypotheken verschiedene Wertpapierklassen emittiert. Die einzelnen Tranchen unterscheiden sich bezüglich der Risiko- und Renditestruktur. Die Tranche mit dem höchsten Risiko ist die Equity Tranche, die auch die ersten Verluste abfängt. Danach folgen die Mezzanin und die Senior Tranche. Die Vorzüge der Verbriefungen sind der Risikotransfer und die Eigenmittelbefreiung für die Banken. Wenn die Banken die Hypotheken nicht mehr in ihren Bilanzen halten, müssen sie auch keine regulatorischen Eigenmittel für sie aufbringen. Aus der Sicht der Banken werden durch die Verbriefung die Finanzierung und das Risiko der Hypotheken an den Kapitalmarkt weitergereicht. Diese Weiterreichung der Hypotheken an die Investoren ist zugleich auch die Schwäche dieses Systems, da sie falls die Anreizmechanismen ungenügend ausgestaltet sind - den Moral Hazard fördert. Da die Banken, die die Hypotheken ursprünglich gewähren, das Risiko schliesslich nicht mehr selber tragen, haben sie geringere Anreize, die Kreditrisiken zu prüfen und zu überwachen. Eine weitere Schwäche der strukturierten Verbriefungsprodukte ist ihre hohe Komplexität, der Mangel an Standardisierung und die damit verbundene Bewertungsunsicherheit. Immobilien- und Verbriefungsboom im Ausland Die Entwicklung der verschiedenen Refinanzierungsinstrumente im Ausland stand in den vergangenen Jahren im Zeichen des Immobilienbooms und der starken Ausweitung der Kreditvergabe. Die inflationsadjustierten Häuserpreise verdoppelten sich zwischen 1997 und Ende 26 in den USA und einigen europäischen Ländern (siehe Folie 3). Der Aufwärtstrend der Häuserpreise war in Grossbritannien, Frankreich und Spanien sogar noch ausgeprägter als in den USA. Dagegen blieben die kaufkraftbereinigten Häuserpreise in Deutschland in diesem Zeitraum praktisch stabil. Die Entwicklung der Immobilienpreise in der Schweiz ist zwischen diesen zwei Extremen einzuordnen. Die Häuserpreise stiegen in der Schweiz real um rund 2% an. 5

Dieser globale Immobilienboom war auch von einem starken Kreditwachstum begleitet. Diejenigen Märkte, die den grössten Anstieg der Häuserpreise erlebten, verzeichneten auch einen Kreditboom (siehe Folie 4). Die Dynamik der Ausweitung der Kreditvolumen in Spanien übertraf dabei die bereits starke Entwicklung in den USA, Grossbritannien und Frankreich. Die Hypothekenvergabe und Häuserpreise schaukelten sich in diesen Ländern dabei gegenseitig hoch. Die in den USA, Grossbritannien, Spanien und Frankreich zu lockere Kreditgewährung war einerseits eine Folge der steigenden Häuserpreise. Andererseits beflügelte die starke Ausweitung der Kredite das Häuserpreiswachstum. Im Vergleich dazu war die Ausweitung der Kreditvolumen wie auch der Anstieg der Häuserpreise in der Schweiz bescheiden. Das global rasante Wachstum der Kredite und Immobilienpreise wirft die Frage auf, ob eine solche Entwicklung nachhaltig ist. Für die USA wissen wir aus heutiger Sicht, dass weder die Hauspreisentwicklung noch die Vergabe der Hypotheken nachhaltig war. Die Kreditausweitung in den letzten Jahren war nur unter Inkaufnahme deutlich höherer Kreditrisiken möglich. Der Anteil der sogenannten Subprime und Alt-A Hypotheken, d.h. Hypotheken an Schuldner tieferer oder unklarer Bonität, stieg zwischen 23 und 26 von 1% auf fast 5% der neu vergebenen Hypotheken an. Diese Ausweitung der Subprimehypotheken war auch der Auslöser der Finanzkrise und verursachte für das globale Finanzsystem bis heute Verluste von 5 Mrd. US Dollar. Viele Verbriefungsprodukte von amerikanischen Hypotheken haben aufgrund des Hauspreiszerfalls und der fehlenden Kreditwürdigkeit der Schuldner enorm an Wert verloren. Ob die Kreditvergabe und die Immobilienpreisentwicklung in den erwähnten EU Ländern nachhaltig war, ist zurzeit noch nicht klar. Einerseits deuten Kennzahlen wie die Entwicklung der Häuserpreise relativ zu den Mietpreisen oder relativ zu den Einkommen auch in diesen Ländern (Grossbritannien, Spanien, Frankreich) auf eine klare Überbewertung der Immobilien hin. Andererseits wurden wohl die Kreditrisiken zumindest auf dem europäischen Kontinent aufgrund der höheren Regulierung der Banken und Immobilienmärkte weniger massiv ausgeweitet als in den USA. Im Grossen und Ganzen lässt jedoch das starke Kreditwachstum in diesen Ländern eine gewisse Korrektur erwarten, da in der Vergangenheit auf ein übertriebenes Kreditwachstum mit einem Immobilienboom oft eine Phase der Stagnation folgte. Ein wichtiger Treiber des Kreditbooms diesseits und jenseits des Atlantiks war die Möglichkeit, die Kredite zu verbriefen. Folie 5 zeigt die Entwicklung der Verbriefungen für 6

die USA und Europa. In den USA betrug das jährliche Emissionsvolumen der Verbriefungen zwischen 21 und 27 über 2 Mrd. US Dollar. Ende 27 war mehr als jede zweite Hypothek verbrieft. In Europa wiesen Verbriefungen als Refinanzierungsinstrument traditionell eine geringere Bedeutung auf als in den USA. Verbriefungen erlebten hier aber ein rasantes Wachstum. Zwischen 2 und 26 versechsfachte sich das jährliche Verbriefungsvolumen. Vor allem in Grossbritannien wurde die Verbriefung von Immobilien immer populärer. Ende 26 waren rund 2% der ausstehenden britischen Hypotheken verbrieft. Auf dem europäischen Kontinent sind aber weiterhin die Pfandbriefe die traditionelle Form der marktbasierten Refinanzierung der Kreditaktivität. Folie 6 illustriert die jährliche Emissionsaktivität der Jumbo-Pfandbriefe, d.h. Pfandbriefe mit einem Emissionsvolumen von über 1 Mrd. Euro. Beim Emissionsvolumen der Pfandbriefe ist eine Verschiebung des Gewichtes von traditionellen Märkten wie Deutschland in neuere Märkte wie Spanien und Irland festzustellen. Diese höhere Emissionsaktivität ist in diesen Ländern ein Spiegelbild des starken Kredit- und Immobilienpreiswachstums während dieser Jahre. Finanzkrise und Vertrauensverlust in Verbriefungen Seit dem Ausbruch der internationalen Finanzkrise kam es zu einem Vertrauensverlust in kapitalmarktbasierte Refinanzierungsinstrumente, insbesondere in die strukturierten Verbriefungen. Auslöser waren die starken Verluste, die Investoren mit Subprime-CDOs erlitten. Folie 7 zeigt den starken Preisrückgang für die mit Subprimehypotheken unterlegten Verbriefungsprodukte. Die hohen Verluste führten zu einer generellen Verunsicherung der Investoren gegenüber Verbriefungsprodukten. Der Vertrauensverlust der Investoren in diese Refinanzierungsinstrumente äusserte sich auf zweierlei Weise: Einerseits gingen die Emissionsvolumen für Verbriefungen in den USA und Europa stark zurück. Auch Pfandbriefe verzeichneten ein rückläufiges Emissionsvolumen. Pfandbrief- Emissionen sind insbesondere in den Ländern zurückgegangen, die durch höhere Immobilienmarktrisiken charakterisiert sind, wie z.b. Spanien und Irland. Insgesamt ist aber das Emissionsvolumen für Pfandbriefe deutlich weniger gefallen als das Volumen für strukturierte Verbriefungsprodukte. Andererseits wurden die Sekundärmärkte für verschiedene Refinanzierungsprodukte illiquide. Auch hier waren Verbriefungen stärker betroffen als Pfandbriefe. 7

Renditedifferenzen zwischen Verbriefungsprodukten und risikolosen Anlagen schnellten auf neue Allzeithöchststände, da Investoren diese Produkte loswerden wollten, sich jedoch auf der Käuferseite fast keine Interessenten finden liessen. Zwar verzeichneten Pfandbriefanleihen ebenfalls gewisse Illiquiditätserscheinungen, die Ausweitung der Risikoprämien fiel aber vergleichsweise gering aus. Der im Vergleich zu den amerikanischen Verbriefungsprodukten geringere Vertrauensverlust für die europäischen Pfandbriefe kann man durch die höheren Sicherheiten der Pfandbriefe, ihre stärkere Standardisierung und institutionelle Unterschiede der Hypothekarmärkte erklären. Das europäische Hypothekarsystem ist strukturell vom US-System verschieden: Hypothekarkontrakte in den USA sind sogenannte non recourse loans. Die einzige Sicherheit für die Hypothek ist der Gegenwert der Immobilie. Der Schuldner haftet nicht mit seinem persönlichen Vermögen für die Hypothek. In Europa enthalten Hypothekarkontrakte in der Regel zwei Sicherheiten: Das persönliche Vermögen des Schuldners und den Wert der Immobilie. Aufgrund dieser wichtigen Unterschiede zwischen Europa und den USA ist davon auszugehen, dass europäische Pfandbriefe als Refinanzierungsinstrument die Kreditkrise besser meistern können als die amerikanischen Verbriefungen. Die Vorteile der Pfandbriefe als Refinanzierungsinstrument wurden auch in den USA erkannt. Der amerikanische Finanzminister Hank Paulson 3 präsentierte am 28. Juli 28 ein Katalog von Best practices on covered bonds und setzte sich dabei für den Aufbau eines Covered Bond Marktes, d. h. eines Pfandbriefmarktes, in den USA nach europäischem Vorbild ein. Da das Hypothekarsystem in den angelsächsischen Ländern stark auf die Verbriefung ausgerichtet ist, ist es jedoch wichtig, dass diese Form der Finanzierung wieder das Vertrauen der Investoren findet. Dies kann zwar nicht von heute auf morgen geschehen. Die Verbriefungsindustrie muss aber auf diesen Gebieten rasch Lösungen präsentieren, damit Investoren wieder Vertrauen in diese Produkte bilden. Entsprechende Schritte wären eine verbesserte Transparenz der Verbriefungen, eine stärkere Standardisierung der Produkte und nicht zuletzt Verbesserungen der Anreizmechanismen bei der Vergabe von Hypotheken. 3 Für weitere Details siehe Paulson H.M., Statement on Covered Bond Best Practices, Pressemitteilung US Treasury, Juli 28. 8

Restriktive Kreditbedingungen und Risiken einer Kreditverknappung im Ausland Die im Verlaufe der Finanzkrise erlittenen Verluste führen zu einem geringeren Risikoappetit und einer geschmälerten Kreditvergabefähigkeit der Banken. Dies vor allem aus drei Gründen: Erstens ist die Phase der global boomenden Häuserpreise einer negativen Preisentwicklung gewichen. Zweitens erschwert die Schwäche der marktbasierten Refinanzierungsinstrumente die Refinanzierung der Hypothekenvergabe. Und drittens führte das Engagement der Banken im US-Immobilienmarkt zu geschwächten Bilanzen in den USA und Europa. Die Verluste der Bankensystems stiegen in den USA und Europa im 2. Quartal 28 weiter an und betrugen kumuliert bereits ca. 5 Mrd. US Dollar. Folie 8 verdeutlicht auch, dass sich die Verluste im amerikanischen Immobilienmarkt nicht nur auf die amerikanischen Banken beschränken. Auch europäische Banken sind durch Investitionen in den amerikanischen Immobilienmarkt in Mitleidenschaft dieser Krise geraten. Umfragen zum Restriktionsgrad der Hypothekenvergabe stützen die Vermutung, dass die Risiken einer Kreditverknappung seit dem Ausbruch der Finanzkrise gestiegen sind. Folie 9 illustriert die Entwicklung der Resultate der Umfragen des FED, der EZB und der Bank of England zu Kreditbedingungen. Alle Indizes zeigen seit dem Ausbruch der Finanzkrise einen relativ steilen Anstieg und deuten somit auf restriktivere Kreditkonditionen für die Hypothekenvergabe. 4 Ein höherer Restriktionsgrad der Kreditvergabe muss jedoch nicht zwangsläufig zu einer unerwünschten Kreditverknappung führen. Aufgrund der sehr lockeren Kreditbedingungen in den vergangenen Jahren, insbesondere in den USA, kann eine restriktivere Kreditvergabe auch einfach eine Normalisierung der Kreditbedingungen bedeuten. Zudem kann ein Rückgang des Kreditvolumens auch durch eine schwächere Nachfrage bedingt sein. In der Praxis kann zwischen einer tatsächlichen Kreditverknappung und einem Rückgang der Nachfrage oder einer Normalisierung der Kreditbedingungen oft nicht eindeutig diskriminiert werden. Eine Kreditverknappung ist daher schwierig zu identifizieren. Trotzdem versuche ich im Folgenden die Länder zu eruieren, in denen Risiken für eine Kreditverknappung bestehen. 4 Der FED Loan Officer Survey bezieht sich auf die Beobachtung der Kreditmanager im Vergleich zum letzten Quartal. Die Indizes der EZB und Bank of England beziehen sich auf die Erwartungen zum folgenden Quartal. 9

Klare Anzeichen einer Kreditverknappung in den USA und Grossbritannien In den USA sind bereits deutliche Anzeichen einer Kreditverknappung auszumachen. Die Möglichkeit der Banken zur Refinanzierung der Hypotheken ist eingeschränkt, und deren Risikobereitschaft bei der Kreditvergabe ist stark gesunken. Nachdem bis Mitte dieses Jahres der Fokus der Finanzkrise in den USA auf die Probleme der Investmentbanken gerichtet war, mehren sich nun die Anzeichen, dass die Bilanzen der kleineren Banken immer mehr in Mitleidenschaft der Finanzkrise geraten. Die Bilanzverschlechterung und der Rückgang der Risikobereitschaft sind zu grossen Teilen durch den kontinuierlichen Rückgang der Häuserpreise und durch die rasant steigenden Zwangsvollstreckungen getrieben. Landesweit sind in den USA die Häuserpreise im Juli gemessen am Case Shiller Index gegenüber dem Vorjahr um 16% gefallen. In einigen Problemregionen ist der Rückgang der Preise jedoch bedeutend höher. Die Häuserpreise sind seit ihrem Höhepunkt beispielsweise in Miami, Phoenix und Los Angeles um mehr als 3% gefallen. In diesen Regionen ist es in den letzten Monaten bereits zu Zusammenbrüchen von Regionalbanken gekommen. Sinkende Häuserpreise auf breiter Front machen es für die amerikanischen Banken aber generell schwierig, neue Hypotheken auszugeben, da sie die maximale Kredithöhe nicht richtig bestimmen können. Die starke Ausrichtung der Refinanzierung der Hypothekenvergabe auf Verbriefungen ist ein weiterer negativer Faktor, der das derzeitige Kreditangebot belastet. Ungefähr jede zweite Hypothek ist in den USA verbrieft. Das Volumen der Verbriefungen ist im Jahr 28 wie erwähnt eingebrochen. Die derzeitigen Neu-Verbriefungen beschränken sich auf die GSEs (Government Sponsored Entities) Fannie Mae and Freddie Mac. Das private Verbriefungssegment ist dagegen zurzeit fast nicht mehr existent. In den vergangenen Monaten hat sich die Unsicherheit betreffend der zukünftigen Rolle von Fannie und Freddie erhöht, da ihre Kapitalisierung von vielen Marktteilnehmern als unzureichend eingeschätzt wurde. Letztes Wochenende gab nun das US Treasury bekannt, vorübergehend die Kontrolle der beiden Agencies zu übernehmen. Gleichzeitig wird das US Treasury einen Teil der neu emittierten MBS auf die eigenen Bücher nehmen. Mit diesem Schritt versucht die amerikanische Regierung eine weitere Zuspitzung der Finanzkrise zu verhindern. Aus der impliziten Staatsgarantie für Fannie Mae und Freddie Mac ist endgültig eine explizite geworden. 1

Die geringere Risikobereitschaft und eingeschränkte Kreditvergabefähigkeit der Banken entfalten bereits ihre Wirkung auf die Hypothekenvergabe in den USA. Die Risikoprämien für Hypotheken stiegen mit dem Rückgang der Häuserpreise an, nachdem sie noch in den Boomjahren gesunken waren (siehe Folie 1). Insbesondere zeigten die Risikoprämien von variablen Hypotheken einen starken Aufwärtstrend. Trotz der Senkung der US Leitzinsen stiegen die Zinssätze für die variablen Hypotheken in den USA weiter an. Die Zinssätze für variable Einjahres-Hypotheken betrugen Ende August 7.15%, während der US-Leitzins bei 2% lag. Der Anstieg dieser Risikoprämien ist ein weiteres Indiz für eine Kreditverknappung auf dem US-Immobilienmarkt an. Auch in Grossbritannien mehren sich die Anzeichen einer Kreditverknappung. Die Anzahl der monatlich bewilligten Hypothekenkontrakte befand sich seit der Jahrtausendwende zwischen 8' und 13' (siehe Folie 11). Seit dem Ausbruch der Finanzkrise ging die Anzahl der bewilligten Hypotheken deutlich zurück und lag im Juli 28 bei ca. 3'. Eine ähnliche Entwicklung zeigen auch die Häuserpreise in Grossbritannien. Sie sind im Juli im Vergleich zum Vorjahr um ca. 1% gefallen. Die Trendwende auf dem britischen Immobilienmarkt brachte einerseits eine höhere Risikoaversion der Banken bei der Kreditgewährung. Andererseits belasten Probleme des britischen Bankensektors die Refinanzierung der Kredite. Mit Northern Rock musste bereits letztes Jahr ein bedeutender Markteilnehmer des britischen Hypothekarmarktes durch den Staat gerettet werden. Grossbritannien ist auch der grösste Markt für verbriefte Wohnhypotheken in Europa. Das Volumen der ausstehenden verbrieften Hypotheken in Grossbritannien entspricht mit 28 Mrd. Euro ca. 45% des gesamteuropäischen Volumens und ca. 2% des britischen Markts für Wohnhypotheken. Das Emissionsvolumen der Verbriefungen versiegte im ersten Halbjahr 28 fast komplett (siehe Folie 12). Dies führt zu einer starken Einschränkung der Refinanzierungsfähigkeit der Banken in Grossbritannien. Längerfristig positiv zu werten ist hingegen, dass Grossbritannien seit Frühling dieses Jahres über eine Pfandbriefgesetzgebung verfügt. Wie ist die Situation in Frankreich und Spanien? Wie sieht nun die Situation in Frankreich und Spanien aus? Der Anstieg der Häuserpreise verlangsamte sich in den letzten Quartalen deutlich. Auch die Baubeginne von Wohnimmobilien gingen in Frankreich und Spanien analog zu den USA zurück (siehe Folie 11

13). Dies illustriert den zurzeit fragilen Zustand dieser Immobilienmärkte. In Anbetracht der Überbewertungen bestehen hier auch signifikante Risiken für fallende Häuserpreise. Der Risikoappetit der Banken bei der Kreditvergabe dürfte daher in diesen Ländern zurückgehen. Allerdings scheinen die Banken in Frankreich und Spanien weiterhin über relativ robuste Refinanzierungsmöglichkeiten zu verfügen. Die Bankensysteme sind in Frankreich und Spanien in geringerem Masse durch die Finanzmarktkrise betroffen. Die Preisentwicklung der Pfandbriefe war robuster als diejenige der Verbriefungen auch wenn in diesen Ländern die Refinanzierung über Pfandbriefe deutlich teurer geworden ist als vor der Krise. Der Kanal über die Pfandbriefe ist aber weiterhin offen, wie es jüngste Neumissionen von Pfandbriefen zeigen. Für diese Länder ist daher aus heutiger Sicht schwierig zu beurteilen, ob es zu einer Kreditverknappung kommt. Die Entwicklungen in diesen Ländern sind in den folgenden Monaten weiter genau zu beobachten. Risiken einer Kreditverknappung auf dem Schweizer Immobilienmarkt Angesichts der internationalen Entwicklung stellt sich die Frage nach den Risiken einer Kreditverknappung auf dem Schweizer Immobilienmarkt. Analog zum FED und der EZB führte die SNB im März dieses Jahres bei zwanzig Banken eine Umfrage zu den Kreditkonditionen in der Schweiz durch. Sie brachte aber keine Hinweise auf eine substantielle Verschärfung der Kreditbedingungen für Haushalte. 5 Zwar könnten die Kreditbedingungen auch in der Schweiz aufgrund der erwarteten konjunkturellen Abschwächung wieder restriktiver werden. Im Gegensatz zu den USA und Grossbritannien sehe ich aber für den Schweizer Immobilienmarkt aus heutiger Sicht kein grösseres Risiko einer Kreditverknappung. Mein Urteil beruht auf verschiedenen Überlegungen. Erstens gibt es keine Evidenz einer generellen Überbewertung auf dem Schweizer Immobilienmarkt, auch wenn einige Regionen in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg der Häuserpreise erlebten. Die Preise für mittlere Eigentumswohnungen sind insbesondere im Kanton Genf im Vergleich mit dem Schweizer Mittel stark angestiegen (siehe Folie 14). Mittelfristig dürfte es auch in der Schweiz zu einer Abschwächung des Preisanstiegs bei den Immobilien kommen. Die Preise könnten sogar in einigen Regionen fallen. Eine Korrektur wie in den USA oder Grossbritannien ist jedoch nicht zu erwarten. Zweitens war das Wachstum der Hypothekarkredite seit dem Jahr 2 mit knapp 5% pro Jahr im internationalen Vergleich 5 Siehe dazu Roth J.P., Einleitende Bemerkungen Halbjahres Mediengespräch Genf, Juni 28. 12

bescheiden. Zwar war der Wettbewerb im Kreditsegment auch in der Schweiz sehr gross. Uns liegen jedoch keine Anzeichen vor, dass es in den letzten Jahren zu einer systematischen Verschlechterung des Risikoprofils der Schuldner gekommen wäre. Die maximalen Belehnungssätze von 8% wurden nach Angaben der Banken in der Schweiz weitgehend eingehalten. Allerdings muss man dazu bemerken, dass es erst in einer wirtschaftlichen Abschwächung sichtbar wird, ob in der Schweiz überall eine konservative Kreditgewährung praktiziert wurde oder es teilweise zu einer Aufweichung der Konditionen kam. Ein dritter Grund dafür, weshalb der Risikoappetit der Banken bei der Kreditvergabe sich nicht markant zurückbilden dürfte, sind die umfassenderen Sicherheiten im Schweizer Hypothekarsystem. Als Sicherheit für die Hypothekardarlehen in der Schweiz dienen nicht nur die Häuserwerte, auch der Schuldner haftet mit seinem persönlichen Vermögen. Bei den Schweizer Haushalten haben wir im Gegensatz zu den USA kein generelles Überschuldungsproblem. Als weiteres Risiko für eine Kreditverknappung in der Schweiz könnte man die Verluste der Schweizer Grossbanken im US-Hypothekenmarkt betrachten. Der Zwang, ihre Bilanzen zu bereinigen, könnte die Kreditvergabefähigkeit in der Schweiz negativ beeinflussen. Ich glaube aber, dass die Grossbanken kein Interesse daran haben, gerade im soliden schweizerischen Hypothekenmarkt eine Reduktion ihrer Aktivitäten vorzunehmen. Denn die Vergabe von Hypotheken in der Schweiz bleibt für diese Banken ein wichtiges Mittel zur langfristigen Kundenbindung. Zudem weist das Angebot an Hypotheken in der Schweiz eine heterogene Struktur auf. Die Hypothekenvergabe verteilt sich auf verschiedene Bankengruppen (siehe Folie 15). Der Anteil der Grossbanken an der Hypothekenvergabe beträgt rund ein Drittel. Die übrigen zwei Drittel verteilen sich auf Kantonal-, Regional- und Raiffeisenbanken. Diese Banken würden einen allfälligen Rückgang der Kreditvergabe durch die Grossbanken nutzen, um ihren Marktanteil zu erhöhen. Weiter herrschen in der Schweiz keine Refinanzierungsschwierigkeiten für die Banken bei Hypotheken. Die Schwäche der Verbriefungsmärkte betrifft die Schweizer Hypothekenvergabe kaum. Die Banken verliessen sich in der Schweiz vorwiegend auf die Kundengelder als wichtigstes Instrument der Refinanzierung. Für das Schweizer Bankensystem als ganzes entwickelten sich die Kundengelder seit der Finanzkrise robust. Es gibt keine Evidenz für einen Abfluss von Kundengeldern aus dem Schweizer Bankensystem, auch wenn relative Verschiebungen zwischen den Banken eingetreten sind. Auch bewährte sich der Schweizer Pfandbrief als Refinanzierungsinstrument. Das Emissionsvolumen der Pfandbriefe betrug seit 2 jährlich zwischen 7% und 9% des ausstehenden 13

Hypothekenvolumens. Seit der Finanzkrise erlebte der Schweizer Pfandbrief als Refinanzierungsinstrument sogar eine Renaissance. Im Gegensatz zu den Verbriefungen in Europa und den USA stiegen die Emissionsvolumen für Schweizer Pfandbriefe seit August 27 an. Dabei überstiegen die Emissionsvolumen sogar die Rückzahlungen (siehe Folie 16). Die Möglichkeit, die Refinanzierung der Hypotheken längerfristiger zu gestalten, hat in diesem Umfeld wieder an Attraktivität gewonnen und eröffnet den Banken die Möglichkeit, weiterhin Hypotheken zu vergeben. Gleichzeitig dürften die konservativen Qualitätskriterien der Pfandbriefe dazu sorgen, dass die Kreditvergabe nicht in Richtung höherer Kreditrisiken ausgeweitet wird. Um den Schweizer Pfandbrief als Refinanzierungsmittel in der Zukunft noch besser zu nutzen, sollte die Hypothekenvergabe der Banken generell auf die strengen Richtlinien der Pfandbriefe ausgerichtet werden. Die Pfandbrieffähigkeit der Hypotheken sollte somit zum generellen Standard für die Hypothekenvergabe werden. Damit könnte auch sichergestellt werden, dass die Banken dieses Refinanzierungsmittel im Falle eines Liquiditätsbedarfs optimal nutzen könnten. Schlussfolgerungen Lassen sie mich nun zu meinen Schlussfolgerungen kommen. Die Risiken einer Kreditverknappung auf den Immobilienmärkten sind international unterschiedlich hoch. Auf den Hypothekarmärkten in den USA und Grossbritannien sind klare Anzeichen einer Kreditverknappung zu erkennen. Beide Länder sind charakterisiert durch einen scharfen Rückgang des Kreditwachstums, fallende Häuserpreise und geschwächte Bankenbilanzen. Die Hypothekenausleihungen wurden in diesen Ländern in den vergangenen Jahren verstärkt über Verbriefungen finanziert. Dementsprechend belastet der aktuelle Vertrauensverlust der Investoren in Verbriefungen die Möglichkeiten der Banken, Hypothekarverträge zu refinanzieren. Daher leiden die Banken in beiden Ländern an einer eingeschränkten Fähigkeit, Immobilienkredite zu gewähren. Gleichzeitig ist ihr Risikoappetit infolge der rückläufigen Häuserpreise geschrumpft. Der daraus folgende Rückgang des Kreditangebots belastet nun die volkswirtschaftliche Entwicklung in den USA und Grossbritannien. Für diese Hypothekarmärkte ist es deshalb nun wichtig, dass das Vertrauen der Investoren in die Verbriefungen zurückkehrt, damit die negativen Folgen einer Kreditverknappung gemindert werden. 14

Für den Schweizer Hypothekarmarkt sehe ich aus heutiger Sicht nur geringe Risiken einer Kreditverknappung. Einerseits waren auf dem Schweizer Immobilien- und Hypothekarmarkt in jüngster Zeit keine generellen Übertreibungen zu beobachten, was dazu führen sollte, dass die Risikobereitschaft der Banken nicht übermässig abnimmt. Andererseits herrschen in der Schweiz weiterhin robuste Refinanzierungsmöglichkeiten für die Kreditvergabe. Die Hypothekenvergabe weist eine diversifizierte Struktur auf, und die Banken haben mit dem Pfandbrief ein Mittel in der Hand, das ihnen weiterhin eine robuste Refinanzierung der Hypothekenvergabe bietet und das seit der Finanzkrise eine Renaissance erlebt. Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft die zugegebenermassen bereits gedämpft sind - durch eine Kreditverknappung auf dem Immobilienmarkt noch zusätzlich belastet werden. 15

Finanzierung von Hypotheken und die Risiken einer Kreditverknappung in der Schweiz und im Ausland 1 Mitglied des Direktoriums Schweizerische Nationalbank 9. Schweizer Ökonomentag Universität Zürich Instrumente der Hypothekenrefinanzierung Instrument Vorteile Nachteile Kundengelder Ausnutzung Zinsdifferenz Risiko eines Bank Run 2 Refinanzierungsrisiko Geldmarktkredite Ausnutzung Zinsdifferenz Pfandbriefe Verbriefungen Fristengerechte Finanzierung Risikotransfer Admin. Aufwand, Einschränkungen Moral Hazard Komplexität Quelle: SNB 1

Immobilienboom in USA und Europa Reale Häuserpreisentwicklung Grossbritannien USA Spanien Frankreich Schweiz Deutschland 24 Index (Q1 1997=1) 22 2 3 18 16 14 12 1 8 Mrz 97 Mrz 98 Mrz 99 Mrz Mrz 1 Mrz 2 Mrz 3 Mrz 4 Mrz 5 Mrz 6 Mrz 7 Mrz 8 Quelle: Datastream, W&P Boom der Immobilienkredite Wachstumsrate der ausstehenden Hypothekarforderungen Grossbritannien USA Spanien Frankreich Schweiz Deutschland 35 % 3 25 4 2 15 1 5-5 Jun97 Jun98 Jun99 Jun Jun1 Jun2 Jun3 Jun4 Jun5 Jun6 Jun7 Jun8 Quelle: Datastream 2

Ende des Verbriefungsbooms Emission von Verbriefungsprodukten USA Europa Mrd. EUR 35 3 25 5 2 15 1 5 2 21 22 23 24 25 26 27 28Q1 annualisiert Quelle: European Securitization Forum Europäische Pfandbriefe Emission an Jumbo-Pfandbriefen in Mrd. EUR 6 Quelle: DB H1 3

1 9 8 7 USA: Preiszerfall für Subprime- Verbriefungen ABX Home Equity Indizes AAA A BBB 7 6 5 4 3 2 1 Aug7 Okt7 Dez7 März8 Mai8 Aug8 Verluste der Banken Abschreibungen und Kreditverluste nach Domizil der Bank USA Europa ex Schweiz Schweizer Grossbanken Asien Mrd. USD (kumuliert) 5 4 8 3 2 1 vor Q3 27 Q3 27 Q4 27 Q1 28 Q2 28 Quelle: Bloomberg 4

Restriktivere Kreditbedingungen Umfragen zum Restriktionsgrad der Vergabe von Hypothekarkrediten Eurozone USA Grossbritannien r.s. % 8 restriktive Kreditvergabe 7 6 5 Index -5-4 -3 9 4 3 2-2 -1 1 1-1 lockere Kreditvergabe -2 2 Jun3 Dez3 Jun4 Dez4 Jun5 Dez5 Jun6 Dez6 Jun7 Dez7 Jun8 Quelle: Datastream Höhere Risikoprämien für Hypotheken in den USA Immobilienmarkt USA Risikoprämie variable 1-Jahreshypotheken Risikoprämie f ixe 3-Jahreshypotheken Häuserpreiswachstum inverse r.s. 6 BP % -2 1 5 4-15 -1-5 3 5 2 1 15 1 2 25 Jan98 Jan99 Jan Jan1 Jan2 Jan3 Jan4 Jan5 Jan6 Jan7 Jan8 Quelle: Bloomberg 5