Die schlimmsten Fehler bei der Unternehmensgründung und -führung aus rechtlicher Sicht Dr. Ewald Volhard Rechtsanwalt Burgplatz 7, 04109 Leipzig +49-341-2149-0 ewald.volhard@svbl.de
Die schlimmsten Fehler 1. Fehler bei der Wahl der Rechtsform 2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler 3. Unflexible Entscheidungsfindung bedeutet Stillstand und nicht selten Insolvenz 4. Verfehlte Beteiligung Dritter am Unternehmen oder am Erfolg 5. Fehlerhafte Mitarbeitermotivation oder -kontrolle 6. Nachfolgeregelung 7. IP Schutz vernachlässigen 8. Rat externer Berater vernachlässigen 9. Kapitalaufbringung/Sacheinlage
1. Rechtsform Vorüberlegung muss die Frage sein, in welchem rechtlichen Rahmen der oder die Gründer unternehmerisch tätig werden wollen. Dazu bedarf es eines Überblickes: Personengesellschaft Kapitalgesellschaft Mischformen Einzelkaufmann/GbR OHG KG GmbH AG GmbH & Co. KG AG & Co. KG KGaA
Überlegungen zur Rechtsform Welche Faktoren haben auf die Wahl der passenden Rechtsform Einfluss? Haftungsrisiko (volle persönliche Haftung oder Haftungsverlagerung auf ein Vehikel) Leitung des Unternehmens (Selbstorganschaft oder Fremdorganschaft) Besteuerung des Unternehmens und generelle steuerliche Vorüberlegungen Finanzierungsmöglichkeiten Gewinn- und Verlustverteilung oder -zuordnung Kosten der Gründung und Formalien Kommen ausländische Gesellschaften in Betracht? Erkennen, dass es die beste Rechtsform nicht gibt
Personengesellschaften Vorteile Hohe Flexibilität Gewinne und Verluste werden dem Gesellschafter unmittelbar zugerechnet Billigste und einfachste Form einer unternehmerischen Gründung Nachteile Persönliche Haftung mit dem gesamten Vermögen (Ausnahme: begrenzte Haftung als Kommanditist möglich) Nur Gesellschafter dürfen die Gesellschaft leiten (Selbstorganschaft) Keine Beteiligung von VC
Kapitalgesellschaft GmbH Flexibel Keine persönliche Haftung Beteiligung von VC Stammkapital 25.000 Anteil nicht handelbar, stets notarielle Beurkundung Gesellschafter dürfen dem Geschäftsführer Weisungen erteilen zudem Fremdorganschaft Umfassende Informationsrechte der Gesellschafter AG Anteile handelbar Weisungsunabhängigkeit des Vorstandes Standing Börsenfähig Mitarbeiterbeteiligung Keine persönliche Haftung Beteiligung von VC Grundkapital 50.000 Schwerfällig und reglementiert Aufsichtsrat reines Kontrollorgan Wenig Einfluss der Hauptversammlung Im Vergleich hohe Kosten
2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler Zu viele Entscheider ohne Abstimmungs- oder Geschäftsverteilungsregelung
2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler Keine klare Kompetenz im Krisenfall (negatives Beispiel: Die Gesellschafterversammlung wird durch die Geschäftsführer in vertretungsberechtigter Zahl einberufen. )
2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler Geschäftsführer, der auch Beteiligungsgesellschaften vertritt, ist von 181 BGB zu befreien.
2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler Geschäftsführer, der auch Beteiligungsgesellschaften vertritt, ist von 181 BGB zu befreien. Selbstkontrahierungsverbot: Ein Geschäftsführer sollte befugt sein, die Gesellschaft auch dann zu vertreten, wenn er entweder im eigenen Namen oder als Vertreter für einen Dritten handelt.
2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler Gemäß 77 Abs. 1 Satz 1 AktG sind sämtliche Vorstandsmitglieder nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt. Folglich dürfen die Vorstandsmitglieder einer AG nur handeln, wenn alle Vorstandsmitglieder ein Geschäft billigen. Das gilt entsprechend bei der GmbH
2. Fehlerhafte Vertretungsregelung verursacht Managementfehler Nach 78 Abs. 2 Satz 1 AktG sind sämtliche Vorstandsmitglieder einer AG, wenn nichts anderes bestimmt ist, nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt. Sollte ein Vorstandsmitglied sich weigern, kommt das Rechtsgeschäft nicht zustande. Das gilt entsprechend bei der GmbH
3. Unflexible Entscheidungsfindung Klare Befugnisse der Gesellschafterversammlung Regelungen zur Durchsetzung des Mehrheitswillens (Anfechtungsrecht zeitlich begrenzen) Den Vertrag in dem Bewusstsein abschließen, dass streitige Auseinandersetzungen sich nicht vermeiden lassen. Deswegen müssen die Folgen gemildert werden. Schutz bei/vor deadlock Schutz des eigenen Investments
Schutz bei deadlock Deadlock: Blockade wegen Stimmengleichheit oder Stillstand aufgrund von Meinungsverschiedenheiten 1. Schritt: Gesellschaftern oder Geschäftsführern keine Möglichkeit zur Blockade geben. Dazu: geringe Mehrheitsanforderungen bei Beschlüssen. 2. Schritt: Für den Fall einer Blockade vorsorgen. Dazu: schnelle exit Regelungen wie Russische Roulett Klausel, Texas shoot-out Klausel oder ein schlichtes Austrittsrecht.
Schutz des eigenen Investments Bei Gründung durch: pre-emption rights (mehrstöckige Vorkaufsrechte), Piggy back-klauseln und eventuell put- und/oder call option sowie Wettbewerbsverbote In der Krise: Schnelle Reaktion; wehret den Anfängen
Mehrstöckige Vorkaufsrechte Abtretung von Anteilen nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung erlauben Der Veräußerungswillige bietet seinen Anteil erst den Mitgesellschaftern zum Erwerb an. Den Preis gibt er vor. Erwerben die Mitgesellschafter nicht, darf Gesellschafter an Dritten verkaufen. Jedoch muss er nach Abschluss den Vertrag mit dem Dritten vorlegen. Und die Mitgesellschafter dürfen nun erneut (oder nur wenn der Kaufpreis niedriger ist), den Anteil erwerben.
Piggy back - tag along/drag along auch: take along / bring along Mitnahmerecht (tag) besagt, dass ein veräußerungswilliger Gesellschafter von seinen Mitgesellschaftern verlangen kann, dass auch diese ihre Geschäftsanteile dem Erwerber veräußern. Mitnahmepflicht (drag) besagt: Verkauft ein Gesellschafter seine Beteilung, haben die Mitgesellschafter das Recht, zu den gleichen Konditionen zu verkaufen. Die Vertragsparteien verpflichten sich, bei einer Veräußerung von mehr als 50% des Aktienkapitals der Gesellschaft den übrigen Aktionären die Veräußerung ihrer sämtlichen Aktien zu den gleichen Konditionen zu ermöglichen.
TAKE ALONG Beabsichtigt ein Gesellschafter, [der mindestens % der Geschäftsanteile hält,] seine gesamten Geschäftsanteile zu verkaufen ( Verkäufer ) und findet er einen Käufer, der kein mit dem Verkäufer verbundenes Unternehmen und nicht mit diesem im Sinne des 15 AO verwandt ist ( Käufer ), und der bereit ist, zu Bedingungen, wie sie unter fremden Dritten üblich sind, zu erwerben, und handelt er mit diesem Käufer Bedingungen für den Verkauf aller Geschäftsanteile der Gesellschaft aus, so sind, nach Erhalt einer schriftlichen Mitteilung hierüber, die übrigen Gesellschafter verpflichtet, das Kaufangebot dieses Käufers zu den mit dem Verkäufer ausgehandelten Bedingungen zu dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem der Verkäufer seine sämtlichen Anteile zu diesen Bedingungen an den Käufer verkauft.
Wettbewerbsverbot Wettbewerbsverbot (Beispiel; räumlich und örtlich beschränkt und auf max. 5 Jahre befristet) Kein Gesellschafter darf während seiner Zugehörigkeit und bis zwei Jahre nach seinem Ausscheiden mit der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar in Wettbewerb treten. Wettbewerb ist jede selbständige oder unselbständige Tätigkeit im örtlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft. Verletzt ein Gesellschafter das Wettbewerbsverbot, so hat er für jeden Fall der Zuwiderhandlung... als Vertragsstrafe an die Gesellschaft zu zahlen.
4. Beteiligungszusagen Beteiligung von Mitarbeitern erst nach Ablauf deren Probezeit Rechtlich bei GmbH aufwendig wegen der Form Professionelle Beratung erforderlich
5. Fehlerhafte Mitarbeitermotivation oder -kontrolle Vorschnell Mitarbeiter von Haftungsansprüchen freistellen D&O Versicherung Patronatserklärungen, Bürgschaften oder Verlustausgleichserklärungen nur behutsam einsetzten. Die führen zur einer Beamtenmentalität und verhindern persönlichen Einsatz der Mitarbeiter Der Gesellschafterversammlung zustehende Kontrollrechte ausüben
6. Nachfolgeregelung Geschäftsanteil und Aktie sind vererblich, was nicht ausgeschlossen werden kann. Gesellschafter einer GmbH können aber mittels qualifizierter Nachfolgeregelung bestimmen, welchen Anforderungen der Erbe genügen muss, um Gesellschafter zu werden. Mangels abweichender Regelung gilt für Personengesellschaften: Stirbt ein Gesellschafter, wird die BGB-Gesellschaft aufgelöst. OHG und KG werden mit den übrigen Gesellschaftern ohne ihn fortgesetzt.
7. IP-Schutz Frühzeitig Patentanwälte konsultieren Gewerbliche Schutzrechte, wie Kennzeichenschutz, Domain und beispielsweise Titelschutz lange vor Markteintritt klären Inanspruchnahme bei Arbeitnehmererfindungen; ordentliches Meldewesen aufbauen
8. Rat externer Berater Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte aber nicht Notare Auf Seriosität achten, die erkennt man am ehesten daran, dass der Berater sich für die Fragen interessiert, die Probleme ernst nimmt und mit dem Unternehmer ein Ziele verfolgt. Reaktionsgeschwindigkeit Keine Kostenfrage
9. Kapitalaufbringung/Sacheinlage Für die Gründung gilt: Bareinlagen sind zur endgültig freien Verfügung der Geschäftsführer/des Vorstands einzuzahlen Alles was nicht Bareinlage ist, gilt als Sacheinlage
Verdeckte Sacheinlage: Problemaufriss/Beispiele Gesellschafter koppeln Verkehrsgeschäfte mit einer Bareinlage. Dadurch erreichen sie wirtschaftlich eine Sacheinlage. Denn sie spalten rechtlich einen wirtschaftlich einheitlichen Vorgang auf. Erkennbar an einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen Verkehrsgeschäft und Bareinlage Gründung: Der Gesellschafter verkauft der Gesellschaft das Betriebsgrundstück, dessen Kaufpreis wird wie vorher abgesprochen aus der Bareinlage des Gesellschafters bezahlt. Kapitalerhöhung: Die Einlageschuld des Gesellschafters wird mit seiner Forderung gegen die Gesellschaft auf Rückzahlung eines der Gesellschaft gewährten Darlehens verrechnet.
Verdeckte Sacheinlagen: Rechtsfolgen Der Bareinlageanspruch besteht selbst dann fort, wenn die Sachleistung vollwertig war Der Bareinlageanspruch verjährt nach BGH erst in 30 Jahren (neuerdings in 3 Jahren, aber Wertungswiderspruch) Die Gesellschaft kann von dem Gesellschafter die Vergütung, die sie für das Verkehrsgeschäft zahlte, zurückfordern Der Insolvenzverwalter pflegt nach verdeckten Sacheinlagen zu suchen