1. Kann man schätzen, wie viele Beschäftigte über Agenturen vermittelt werden und wie viele solcher Agenturen es gibt?



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Transkript:

Dr. Margret Steffen ver.di --Bundesverwaltung Bereich Gesundheitspolitik 1. Kann man schätzen, wie viele Beschäftigte über Agenturen vermittelt werden und wie viele solcher Agenturen es gibt? Dazu liegen uns keine Informationen vor. Wenn Sie einmal einen Blick in das Internet werfen, bekommen Sie unter dem Stichwort 24-Stunden Pflege Vermittlungsagenturen einen Eindruck. Im Jahr 2012 hatte zudem die Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken geantwortet (Drucksache 17/8373 vom 18.01.2012). Darin heißt es: Zur Zahl der Vermittlungsagenturen liegen uns keine Angaben vor. Ermittelt werden könnte dies für Deutschland im Prinzip über die Gewerbeanmeldungen, wenn denn Vermittlungsagenturen für Pflegekräfte erfasst werden sollten. Wir vermuten aber nein, da selbst die Bundesregierung keine Angaben machen kann. In Polen aber gibt es eine Arbeitgebervereinigung der Entsendefirmen, die den Mittelpunkt eines Netzwerkes der Entsendefirmen für Polen darstellen. Diese arbeitet zusammen mit einer Kanzlei für Entsenderecht und einem wissenschaftlichen Institut der grenzüberschreitenden Entsendung (zu finden z.b.: Fachzeitschrift der polnischen Arbeitgeberkammer deutsche Ausgabe: Entsendung, Entsendung der polnischen Betreuerinnen nach Deutschland ). Dieses Netzwerk hat durchaus Einfluss. Ihr hauptsächlicher Repräsentant ist im Rahmen der Expertenanhörung am 18.09.2012 vor dem Europäischen Parlament aufgetreten und hat sich stellvertretend für die europäischen Entsendeunternehmen zu der geplanten Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie geäußert (abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/committees/video?event=20120918-0900- COMMITTEE-IMCO) und auf viele Fehler und negative Folgen des Inkrafttretens der neuen Vorschriften hingewiesen, die ja gerade zum Ziel haben, rechtlichen Lücken der Entsendung von Arbeitnehmern zu schließen. 2. Vermittlung und Lohn: Es sind grundsätzlich drei Wege möglich, über die osteuropäische Migrantinnen in deutschen Privathaushalten beschäftigt werden können: Eine Haushaltshilfe oder Pflegekraft wird unmittelbar im Haushalt eingestellt oder ein Dienstleister (Pflege- oder sonstiges Unternehmen) oder eine selbständige Haushalts- oder Pflegekraft wird damit beauftragt, die Dienstleistungen zu erbringen. Der rechtliche Rahmen für die Beschäftigung wird nicht nur durch das nationale, sondern auch durch das europäische und internationale Recht bestimmt. Völkerrechtliche Verpflichtungen zur Gewährung des Mindestschutzes und zur Gleichbehandlung von im Haushalt Beschäftigten mit anderen Arbeitsverhältnissen resultieren neuerdings aus der ILO-Konvention

Menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte (Übereinkommen Nr. 189 und Empfehlung Nr. 201), die Deutschland 2013 ratifiziert hat. Aus dem europäischen Recht resultieren zudem Beschränkungen in der Ausgestaltung der verschiedenen Beschäftigungsformen, mit dem Ziel des Schutzes der Arbeitnehmer einerseits und der Gewährleistung der Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes auf der anderen Seite. Zu beachten ist: Die Schranken der unmittelbaren, sozialversicherungspflichtigen Einstellung von Migrantinnen im Haushalt, die nach dem EU-Beitritt der neuen EU-Mitgliedstaaten vorübergehend bestanden, sind seit dem 1.1.2014 für die Mittel- und Osteuropäischen-Staaten (MOE-Staaten), mit Ausnahme von Kroatien, aufgehoben. Allerdings ist die rechtliche Absicherung dieser Arbeitsverhältnisse im Haushalt unzureichend. Die Entsendung von Haushaltshilfen und Pflegekräften ist bereits seit dem EU-Beitritt der MOE-Staaten zulässig. Dabei gelten bestimmte Mindestschutzvorgaben des deutschen Arbeitsrechts und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten. Die 24-Stunden-Betreuung durch eine im Haushalt lebende selbständige Haushaltshilfe oder Pflegekraft ist im Prinzip rechtlich ausgeschlossen. 3. Vorgang der Vermittlung und die Formen der Vergütung Eine in Deutschland ansässige Pflegevermittlungsagentur wirbt mit dem Versprechen der Rund-um-Betreuung um deutsche Kunden. Sie wendet sich in den meisten Fällen an die Angehörigen der zu pflegenden Personen. Für einen festen Preis wird eine Pflegekraft versprochen. Den Vertrag schließt der Kunde mit einer polnischen Firma, dem Kooperationspartner der Vermittlungsagentur, ab. Während die in Deutschland ansässige Vermittlungsagentur der einzige Ansprechpartner für alle Sorgen und Nöte des Kunden ist, hält sie sich aus dem Rechtsverhältnis, auf dessen Grundlage die Haushaltshilfe oder Pflegekraft in Deutschland eingesetzt wird, vollständig heraus. Das Unternehmen im Ausland oftmals ein Unternehmen ohne nennenswerte Geschäfte im Herkunftsland (Briefkastenfirma), und somit oftmals weder ein Pflegebetrieb noch entsendefähig stellt eine Mitarbeiterin auf der Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrages für die Dauer von drei Monaten ein. Als Einsatzort wird formell das Herkunftsland und eine Vergütung in Höhe des Mindestlohnes (soweit vorhanden), der zurzeit etwa in Polen ca. 420 im Monat brutto beträgt, vereinbart. Unmittelbar danach wird die Beschäftigte auf eine Dienstreise nach Deutschland geschickt, deren Dauer sich in der Regel mit der Dauer der Beschäftigung deckt. Die Arbeitnehmerin erhält Spesen in Höhe von ca. 20 30 pro Tag. Diese machen den eigentlichen Teil der Vergütung aus, unterliegen aber jedenfalls in dieser Höhe weder der Steuer- noch der Sozialversicherungspflicht. Die Pflegekraft wohnt im Haushalt des Pflegebedürftigen, wird jedoch im Falle einer Erkrankung oder bei sonstigen Ausfällen auf Kosten des Vermittlers durch eine andere Pflegekraft ersetzt. Nach drei Monaten kehrt sie in ihre Heimat zurück und legt eine unbezahlte Pause ein, eine Kollegin übernimmt die Stelle. Etwa drei Monate später wird die gleiche Frau erneut eingestellt und auf eine Dienst-

reise geschickt. Dieses Umgehungsmodell, wird oft in der Variante mit einer als selbständig angemeldeten Betreuungskraft praktiziert. Die mit dem Haushalt vereinbarte Lohnsumme fließt auf das Konto des ausländischen Unternehmens. Ein Teil davon häufig gerade einmal die Hälfte - wird der Pflegekraft als Vergütung ausgezahlt. Juristisch betrachtet ist die Vergütungszahlung die einzige Verbindung zwischen der Pflegekraft und ihrem ausländischen Arbeitgeber. Sämtliche Arbeitsmittel werden selbstverständlich von den Angehörigen der zur pflegenden Person zur Verfügung gestellt. Mehr als in jedem normalen Arbeitsverhältnis ist die Pflegekraft uneingeschränkt dem Direktionsrecht der deutschen Familie hinsichtlich der Modalitäten der Tätigkeit, vor allem aber hinsichtlich der Gestaltung ihrer arbeitsfreien Zeit unterworfen. In der formell arbeitsfreien Zeit wird faktisch Bereitschaftsdienst erwartet. Diese Praxis bedeutet im Grunde rechtlich eine illegale Arbeitnehmerüberlassung. Das deutsche Recht fingiert in diesem Fall das Zustandekommen eines unmittelbaren Arbeitsverhältnisses zwischen der Pflegekraft und dem Pflegebedürftigen bzw. dessen Angehörigen gem. 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Dies hat für die Familie weitreichende arbeits-, sozial- und steuerrechtliche Konsequenzen. Auch bei einer Vermittlung einer selbständigen Pflegekraft, die faktisch wie eine Arbeitnehmerin tätig ist, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen, wie das Amtsgericht München 2008 festgestellt hat. Verfügt jedoch die Betreuungskraft über eine A1-Bescheinigung, die sie als Arbeitnehmerin einer polnischen Firma oder als Selbständige ausweist, sperrt diese aufgrund ihrer umfangreichen Bindungswirkung die Geltendmachung arbeitsrechtlicher Ansprüche gegenüber der deutschen Familie. Das nutzen die Vermittlungsfirmen aus, um ihren Kunden die Entsendung mit einer A1-Bescheinigung als eine rechtssichere Einsatzform zu verkaufen. Trotz des grundsätzlich bestehenden Risikos sind Vermittlungsangebote, die auf Direkteinstellung von Pflegekräften und Haushaltshilfen zielen, wie die Angebote der ZAV der Bundesagentur für Arbeit oder einiger kirchlichen Träger, der breiten Öffentlichkeit nicht nur wenig bekannt sondern sie werden auch kaum in Anspruch genommen. 4. Wie steht ver.di zu dem Umstand, dass fast keine Familie direkt einstellt? Sowohl die überwiegend praktizierten Vermittlungsmodelle sei es als abhängig Beschäftigte einer ausländischen Firma, sei es als (Schein-)Selbständige als auch eine unmittelbare Einstellung im Haushalt garantieren den ausländischen Haushaltshilfen oder Pflegekräften keinen angemessenen Mindestschutz. Die rechtliche Absicherung auf dem Mindestniveau des deutschen Arbeitsrechts ist zwar durch das Arbeitnehmerentsendegesetz formell vorhanden. Auch bei einem Einsatz über einen ausländischen Arbeitgeber muss der harte Kern des Arbeitnehmerschutzes nach 2 AEntG zu Anwendung kommen. Wenn der Einsatz über einen Pflegebetrieb erfolgt, ist sogar der Pflegemindestlohn zu zahlen.

In der Wirklichkeit der Vermittlung von Haushaltshilfen und Pflegekräften aber haben sich, aufgrund der jahrelangen Beschränkungen im Zugang der ausländischen Beschäftigten zum deutschen Arbeitsmarkt, Methoden und Strukturen etabliert, die darauf ausgerichtet sind, arbeitsrechtliche Standards und den bestehenden Arbeitnehmerschutz zu umgehen. Der Mindestlohn wird nicht gezahlt, da die Beschäftigten oftmals nicht durch einen Pflegebetrieb entsandt, sondern durch eine sog. Briefkastenfirma auf eine Dienstreise ins Ausland geschickt werden. Oder sie werden als formell Selbständige eingesetzt mit der Folge, dass ihr Lohn frei verhandelbar ist. Den zu Pflegenden und deren Familienangehörigen wird auf dieser Basis ein Rund-um-die- Uhr-sorglos Paket verkauft, durch das sie sich vor jeglicher Verantwortung im Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Arbeit, darunter die Vergütung und die Arbeitszeit, befreit fühlen dürfen. Verschwiegen wird von den Vermittlungsagenturen aus dem In- und Ausland, dass diese Umgehungskonstruktionen ein nicht unerhebliches Risiko für die zu Pflegenden und deren Familienangehörige in sich bergen. Da das Direktionsrecht im Haushalt ausgeübt wird, besteht für sie die Gefahr, als faktische Arbeitgeber auf die Zahlung der ausstehenden Vergütung, der Sozialabgaben und Steuern in Anspruch genommen zu werden. Dass dies nicht passiert, ist Umständen zu verdanken, die sich aus mangelnden Kontrollmöglichkeiten, schwieriger Beweislage und aus einer sprachlich und kulturell bedingten, geringen Klagebereitschaft der betroffenen Migrantinnen zusammensetzen. Hinzu kommt, dass bei dem Vorliegen entsprechender A1-Bescheinigung den deutschen Arbeits- und Sozialgerichten faktisch die Hände gebunden sind. Für ver.di gilt deshalb: Die einzige rechtlich unbedenkliche Form der Beschäftigung von Haushaltshilfen und Pflegekräften im Privathaushalt ist und bleibt die Direkteinstellung als Arbeitnehmerin im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Dabei gilt das deutsche Arbeitsrecht vollumfänglich. Die Kontrolle über das Arbeitsverhältnis behalten die zu pflegende Person bzw. deren Angehörigen sowie die Arbeitnehmerin, was für beide Seiten die günstigste, vor allem aber die sicherste Lösung darstellt. Dennoch werden ausländische Haushaltshilfen und Pflegekräfte durch die Haushalte äußerst selten unmittelbar eingestellt, vor allem aus Angst vor Kosten, bürokratischem Aufwand und Risiken, die beispielsweise im Falle einer Erkrankung der Arbeitnehmerin zu tragen wären. Denn der Haushalt müsste als Arbeitgeber auftreten und die Beschäftigte zu Steuern, den Sozialversicherungen und der Unfallversicherung anmelden. Missbrauch ist aber auch in dieser Konstellation aufgrund der bestehenden Unklarheiten hinsichtlich der Vergütung und der Arbeitszeit nicht ausgeschlossen. Dies alles lässt es zu, von einem neuen Dienstmädchenwesen zu sprechen. Als Konsequenz der gesellschaftlichen Akzeptanz des grauen Arbeitsmarktes in der häuslichen Versorgung älterer Menschen entgehen dem Staat Steuern und Sozialabgaben; für die Privathaushalte (ältere Menschen und Angehörige) sind Qualität und Verlässlichkeit der Dienstleistungen nicht gesichert und für die Beschäftigten sind ungeschützte, dem grauen Arbeitsmarkt

zuzurechnende Arbeitsverhältnisse an der Tagesordnung. Für ver.di ist gerade die Beantwortung der Frage, wie die Vertragsgestaltung zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung von Migrantinnen unterstützt und vereinfacht geregelt werden kann, ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung dieser Art von Arbeitsverhältnissen. 5. Gibt es Knebelverträge Geknebelt werden Familien und die Pflegehilfskräfte durch die deutschen und osteuropäischen Pflegevermittlungsagenturen. Das Knebeln findet statt bei der Vermittlung der Haushaltshilfen und Pflegekräfte in den Privathaushalt über das Konstrukt der Entsendung und wird durch hohe Vertragsstrafen durchgesetzt. Die Dienstleistungsverträge, die Familien mit den deutschen Vermittler und osteuropäischen Pflegeagenturen abschließen, enthalten meist eine Regelung, nach der die Familie eine Geldstrafe(bis ca. 3.000) an beide Vertragspartner zahlen soll, wenn sie die Pflegehilfskraft direkt einstellen. Und die Beschäftigten werden ihrerseits vertraglich verpflichtet, den Familien keine Auskunft über die erhaltene Vergütung zu erteilen und kein Arbeitsverhältnis mit der Familie einzugehen. Dieses wird auch mit einer Vertragsstrafe (bis ca. 5.000 Euro) belegt. Die Frauen organisieren sich ihre Rückreise selber. In der Regel haben sie Telefonnummern von privaten Busunternehmen. Sie vereinbaren mit dem Busunternehmen selbst den Zeitpunkt der Rückreise und den Ort, von dem sie abgeholt werden können. Probleme tauchen - in diesem Zusammenhang - nur mit dem Fahrgeld auf, das die Familien den Pflegekräften direkt vor Ort auszahlen sollen und dies oftmals nicht tun. Dann haben die Frauen kein Geld für die Rückreise und werden so lange im Haushalt gehalten, bis sich eine Lösung findet. Die Familien haben dann ein Druckmittel, um die Frau länger im Haushalt zu behalten oder an der Rückerstattung der Fahrkarte zu sparen. 6. Gibt es Agenturen, die die Pflicht erfüllen, auch als ausländischer Arbeitgeber den in Deutschland geltenden Mindestlohn zu zahlen? Durch das Arbeitnehmerentsendegesetz sind die Entsendeunternehmer soweit es sich um ein Pflegeunternehmen handelt, und die Beschäftigte eine Pflegekraft ist - zur Einhaltung der in Deutschland geltenden arbeitsrechtlichen Mindeststandards verpflichtet und somit auch zur Zahlung des Mindestlohnes, die in der Pflegearbeitsbedingungenverordnung für die Pflegekräfte vorgesehen ist. Wie oben gezeigt halten sich aber zumeist die Pflegevermittlungsagenturen aus dem Rechtsverhältnis zwischen Entsendeunternehmen und Privathaushalt heraus, so dass für Vermittlungsagenturen die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn keine Rolle spielen.

Hinzu kommt der Pflegemindestlohn findet für die unmittelbare Einstellung im Haushalt keine Anwendung. Die bereits erwähnte Pflegearbeitsbedingungsverordnung (PflegeArbbV) gilt nach 1 Abs. 2 nur für Pflegebetriebe, d.h. für Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringen. Ein Haushalt ist rechtlich gesehen kein Pflegebetrieb und wird von dem Geltungsbereich der Verordnung nicht erfasst. Als Richtwert für eine Entlohnung könnte aber der zwischen dem Hausfrauenbund und der NGG geschlossene ländereigene Tarifvertrag zugrunde gelegt werden, an dem sich auch die ZAV der Bundesagentur für Arbeit orientiert. Hier liegt der Lohn zwischen 8,00 9,00 /Stunde (Sittenwidrigkeitsgrenze erst unterhalb von 6,00 bzw. 5,30 ). 7. Wie lässt sich die Seriosität einer Agentur überprüfen? Man kann das nicht überprüfen. Die Familie ist nicht imstande zu überprüfen, ob eine rechtmäßige Entsendung vorliegt. Auf jeden Fall ist jedoch eine A1 Bescheinigung von der Agentur zu verlangen, die die Pflegehilfskraft bei der Anreise der Familie vorlegen sollte. Dieses Dokument bescheinigt zumindest, dass die Pflegehilfskraft im Ausland sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.