Studie Lean Management im Einkauf 2012 Entwicklungsgrad und Potenziale deutscher Einkaufsorganisationen Bietigheim-Bissingen, Dezember 2012
Die Studie Lean Management im Einkauf 2012 untersucht den Entwicklungsgrad und die Potenziale deutscher Einkaufsorganisationen Management Summary Ausgangssituation und Zielsetzung Die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen stellen für Unternehmen eine große Herausforderung dar. Vor dem Hintergrund von Eigenwertschöpfungstiefen von 20 bis 25% nimmt der Einkauf eine besondere Rolle zur Erzielung eines positiven Geschäftsergebnisses ein. Ziel der Studie ist die Untersuchung der Entwicklungsgrade und Potenziale von deutschen Einkaufsorganisationen. Untersuchungsbereich 116 Industrieunternehmen in Deutschland aus Automotive, Luft- und Raumfahrt, Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Chemie. Teilnehmer sind Entscheidungsträger im Einkauf. Je nach Umsetzungsgrad wurden die Unternehmen in Leader und Follower unterteilt. Kernaussagen Eine differenzierte Strategie zwischen einfachen und komplexen Beschaffungsgütern ist ein zentraler Erfolgsfaktor. Nur ein Drittel der Einkäufer fokussiert sich derzeit auf strategische Themen, Lieferantenentwicklung und -integration sind noch zu selten im Fokus. Führende Einkaufsabteilungen weisen ein signifikant höheres Ausbildungsniveau der Mitarbeiter auf. Erfahrungen und Ideen der Mitarbeiter werden heute teilweise noch zu wenig wertgeschätzt. Handlungsempfehlungen Warengruppenstrategien regelmäßig überprüfen. Unabhängigkeit des Einkaufs stärken. Die Konzentration auf schlanke Prozesse im Einkauf vorantreiben. Lieferanten in den Entwicklungsprozess frühzeitig einbinden. Mitarbeiterqualifikation im Einkauf ausbauen. Streben nach kontinuierlicher Verbesserung fördern. 2
Anhand der Ergebnisse lassen sich sechs grundlegende Handlungsempfehlungen ableiten Handlungsempfehlungen 1 Differenzierte Warengruppenstrategien erarbeiten und regelmäßig überprüfen Elementare strategische Analysen werden bei mind. 81% der befragten Unternehmen durchgeführt. Strategien für die einzelnen Warengruppen werden nur bei ca. 42% der befragten Unternehmen regelmäßig erarbeitet und die Beschaffung darauf ausgerichtet. 4 Die Lieferanten frühzeitig in den Entwicklungsprozess einbinden Die frühe Einbindung der Lieferanten in den PEP* hilft, hohe Produktkosten in der Serie zu vermeiden. Die Entwicklung der Lieferanten über Lieferantenworkshops ist gerade bei langfristigen Partnerschaften noch stärker zu fokussieren. 2 Unabhängige Rolle des Einkaufs durch geeignete Organisationsform stärken Bei nur ca. der befragten Unternehmen ist der Einkauf in einem eigenen Vorstandsbereich organisiert. Regelmäßig hohe Einsparpotenziale können nur durch einen starken Einkauf erzielt werden. 5 Die Qualifikation der Mitarbeiter im Einkauf ausbauen und das Anforderungsprofil anpassen Führende Einkaufsorganisationen investieren ca. 30% mehr in die Ausbildung der Mitarbeiter. Sprachkompetenzen, Prozess- und Technologiewissen, soziale und persönliche Kompetenzen sind kontinuierlich zu erweitern. 3 Die Konzentration auf schlanke Prozesse im Einkauf vorantreiben 71% der Leader haben standardisierte Anfrageprozesse etabliert Follower nutzen dieses Instrument bisher nur im geringen Maße. Die Standardisierung im Einkauf hilft, die Transparenz, Qualität und Effizienz im Einkauf zu steigern. 6 Die Erfahrungen der Mitarbeiter nutzen und das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung fördern Die Mitarbeiter durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einbeziehen. Das Streben nach Perfektion in der Unternehmenskultur verankern. 100% * PEP = Produktentstehungsprozess 3
Für die Studie wurden 116 Entscheidungsträger im Einkauf großer und mittelständischer Unternehmen führender Branchen befragt Beteiligte Branchen, Position der Teilnehmer und Unternehmensumsatz Beteiligte Branchen Position der Teilnehmer A B C Umsatz der teilnehmenden Unternehmen In % In % In % Luftfahrt Andere 6 5 Automotive Serieneinkäufer Projekteinkäufer GF*/Vorstand Einkauf 4 6 4 41 Elektronik Chemie 14 18 34 Team-/ Gruppenleiter Abt.- leiter 11 7 68 19 15 14 11 23 Maschinenbau Einkaufsleiter < 50 Mio. ** 50 bis < 250 Mio. 250 Mio. bis < 1 Mrd. 1 bis < 10 Mrd. 10 Mrd. * GF = Geschäftsführer ** Gruppe KMU (kleine und mittlere Unternehmen), unter 50 Mio. Umsatz, unter 500 Mitarbeiter (MA) 4
Die Performance-Bewertung bestätigt die führende Rolle der Automobilindustrie im Einkauf Einordnung der Teilnehmer Die Studienteilnehmer konnten max. 100% Erfüllungsgrad erreichen. Alle Teilnehmer >66% Erfüllungsgrad wurden zu den Leadern gezählt. Punkteverteilung nach Branchen Schwächster Wert Mittelwert Bester Wert 77% 76% 76% 61% 67% 56% 56% 53% 66% 49% 34% 38% 31% 37% 21% Automotive Elektronik Maschinenbau Luftfahrt Chemie Leader/Follower nach Branchen 50% 79% Follower 21% Leader 100% 25% 4% 4% 32% 100% 16% 25% 7% 3% Automotive Elektronik Maschinenbau Luftfahrt Chemie Sonstige 5
Der detaillierte Fragebogen gliederte sich in sechs Abschnitte 1 Strategie 5 Risikomanagement Mitarbeiterqualifikation Beschaffungsstrategie 2 Organisation Warengruppenmanagement 6 Lean Management 3 Prozesse Standards in den Prozessen Kennzahlen zur Messung der Prozesseffizienz 4 Methoden und Tools Lieferantenmanagement Beschaffungscontrolling 6
1 Bei nur 42 Prozent der befragten Unternehmen werden für die Warengruppen differenzierte Strategien abgeleitet und regelmäßig überprüft Elemente der Einkaufsstrategie Identifikation strategischer Materialien (ABC-Analyse) Einteilung in Warengruppen Anwendung XYZ-Analyse Beschaffungsportfolio/ Warengruppenstrategie 40% 42% 36% 100% 81% 92% 79% 75% Differenzierte Warengruppenstrategien erarbeiten und regelmäßig überprüfen Elementare strategische Analysen werden bei mind. 81% der befragten Unternehmen durchgeführt. Warengruppenstrategien werden nur bei ca. 42% der befragten Unternehmen regelmäßig erarbeitet und die Beschaffung darauf ausgerichtet. Mithilfe einer klaren Strukturierung des Lieferantenportfolios unterstützen differenzierte Warengruppenstrategien die Realisierung von Einkaufspotenzialen. Keine Analyse 0% 3% Leader Follower 7
2 Bei nur 17 Prozent der Unternehmen wird der Einkauf in einem eigenen Vorstandsbereich geführt die Unabhängigkeit ist nur teilweise gewährleistet Aufhängung Einkauf und Organisationsform Vorsitzender/ 33% Geschäftsführung 52% Vorstand/Leiter Finanzen Vorstand Einkauf Vorstand/Leiter Produktion Vorstand/Leiter Entwicklung Matrixorganisation 8% 12% 16% 11% 54% 53% Unabhängige Rolle des Einkaufs durch geeignete Organisationsform stärken Nur bei ca. der befragten Unternehmen ist der Einkauf in einem eigenen Vorstandsbereich organisiert. Über 50 % der führenden Einkaufsorganisationen bevorzugen eine funktionsübergreifende Einbindung in Form einer Matrix. Regelmäßig hohe Einsparpotenziale können nur durch einen starken Einkauf erzielt werden. Funktionale Organisation Divisional nach Warengruppe 25% 18% 23% Andere 4% 5% Leader Follower 8
3 71 Prozent der Leader nutzen standardisierte Anfrageprozesse die Follower haben diesbezüglich noch deutliches Potenzial Standardisierte Prozesse im Einkauf Existenz standardisierter Prozessabläufe 77% 92% Durch standardisierte Prozesse die Effizienz im operativen Einkauf steigern Wiederkehrende Prozesse sind zu standardisieren, um Effizienz und Qualität zu sichern. Nutzung standardisierter Anfragebögen Bezug von Gütern über Rahmenverträge 34% 40% 62% 71% Standardisierte Anfragebögen erhöhen die Transparenz und Vergleichbarkeit. Bei der Beschaffung sollten zunehmend auch transaktionskostenarme Online-Angebote genutzt werden. Bezug von Gütern über Internetauktionen 9% 5% Leader Follower 9
4 Führende Einkaufsorganisationen haben umfangreiche Toolsets etabliert die frühe Lieferanteneinbindung in den PEP* kann noch intensiviert werden Methodennutzung im Einkauf** Kaufteilpreisanalyse Lieferantenbewertung Lieferantenreduktion bei Neuvergabe Frühe Lieferanteneinbindung im PEP Prozessoptimierung beim Lieferanten 96% 66% 92% 56% 92% 49% 75% 39% 79% 48% Die Lieferanten frühzeitig in den Entwicklungsprozess einbinden Frühe Lieferanteneinbindung hilft, hohe Produktkosten in der Serie zu vermeiden. Die Lieferantenentwicklung über Lieferantenworkshops ist gerade bei langfristigen Partnerschaften noch stärker zu fokussieren. Ein ganzheitliches Zielsystem für die Einkaufsorganisation, z. B. in Form einer Balanced Scorecard, ist nur bei etwas mehr als der Hälfte der führenden Organisationen etabliert und ist noch stärker zu nutzen. Balanced Scorecard 18% 58% Leader Follower *PEP = Produktentstehungsprozess **Auswahl 10
5 Führende Einkaufsorganisationen verfügen über deutlich besser ausgebildete Mitarbeiter und investieren rund 30 Prozent mehr in die Weiterbildung Mitarbeiterqualifikation Anteil der Mitarbeiter mit Hochschulabschluss Anteil strategischer Einkäufer an Summe aller Einkaufsmitarbeiter 43% 31% 42% 35% Qualifikation der Mitarbeiter ausbauen und das Anforderungsprofil anpassen Der Mitarbeiter liefert den wichtigsten Beitrag zur Leistungsfähigkeit des Einkaufs. Der Einkauf übernimmt zunehmend strategische Aufgaben. Diese neue Schlüsselrolle erfordert hochqualifizierte Mitarbeiter. Sprachkompetenzen, Prozess- und Technologiewissen, soziale und persönliche Kompetenzen sind kontinuierlich auszubauen. Budget für Weiterbildungsmaßnahmen pro Mitarbeiter 1.555 2.069 Leader Follower 11
6 Grundsätze des Lean Management sind in vielen Einkaufsorganisationen nicht ausreichend implementiert Implementierungsgrad schlanker Prinzipien Skala 1 (= sehr gering) bis 7 (= sehr hoch) Nutzung und Leben von Standards Vermeidung von Verschwendung Transparente Informationsversorgung Kontinuierlicher Verbesserungsprozess 5,3 4,9 4,9 4,5 5,3 4,4 5,0 4,3 Die Konzentration auf schlanke Prozesse im Einkauf vorantreiben Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess findet bei Leadern stärkere Berücksichtigung. Stärkerer Einsatz der Lean-Prinzipien in den Prozessabläufen. Integration des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses in die Zielvereinbarung der einzelnen Mitarbeiter. Das Streben nach Perfektion in der Unternehmenskultur verankern. Leader Follower 12