Examensklausurenkurs Freiburg, 19.11.2005 Prof. Dr. Thomas DREIER - LÖSUNGSSKIZZE -



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Transkript:

Examensklausurenkurs Freiburg, 19.11.2005 Prof. Dr. Thomas DREIER - LÖSUNGSSKIZZE - Bei dem nachfolgenden Lösungsvorschlag der am 19.11.2005 im Rahmen des Examensklausurenkurses geschriebenen und am 1.12.2005 zurückgegebenen und besprochenen Klausur handelt es sich lediglich um eine Lösungsskizze (weitere Anregungen sind jederzeit willkommen und können an Frau Nadine Schüttel, nadine.schuettel@ira.unikarlsruhe.de, geschickt werden). Dem Fall lagen u.a. die folgenden Entscheidungen zu Grunde: Teil 1: BGH v. 19.5.2005, NJW 2005, 2543: Abgrenzung zwischen AGB und Individualabrede BGH v. 20.7.2005, NJW 2005, 2848: Aufwendungsersatzansprüche bei Rücktritt von einem Kaufvertrag Teil 2: EuGH Rs. C-336/03 v. 10.3.2005, NJW 2005, 3055: Zum Ausschluß der Vorschriften des Fernabsatzvertrages bei Beförderungsdienstleistungen BGH Urteil v. 3.11.2004, MMR 2005, 37, m. Anm. Spindler: Zur Frage des Ausschlusses des Widerrufsrechts bei Versteigerungen über Ebay. I. S./. A auf Rückzahlung der restlichen 1.000,- gem. 437 Nr. 2, 440, 323, 346 ff. 1. Voraussetzung: Rücktrittsrecht des S a) Wirksamer KV S - A aa) WE des S: (+) bb) WE der A, wirksam vertreten durch V ( 56 HGB, 164 f. BGB): (+) b) Rücktrittsrecht des S gem. 437 Nr. 2, 440, 323, 346 ff.? aa) Sache mangelhaft isv 434 I: Hier: funktionsfähiger Motor Voraussetzung für gewöhnliche Verwendung und üblicherweise vorhanden ( 434 I Nr. 2) 1 / 11

bb) Fristsetzung zur Nacherfüllung als Voraussetzung? (a) wegen Vorrang der Nacherfüllung grds. ja, s. 323 I (b) aber entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ( 440) = Nacherfüllung nach 437 Nr., 439 I = 440 S. 1 und 2: Nacherfüllung gilt nach zweitem erfolglosen Versuch als fehlgeschlagen; hier: (+) (c) Fristsetzung auch wegen endgültiger Weigerung des A entbehrlich, 323 II Nr. 1 Also: Rücktrittsrecht des S bestand. 2. Rücktritt erklärt, 349: (+) 3. Erfüllung der Verpflichtungen Zug-um-Zug, 348, 320, 322 4. Rückzahlungsanspruch S./. A bis auf 1.000,- erloschen durch Erfüllung ( 362) im Wege der Rücküberweisung des KP von A an S 5. Anspruch auf Rückzahlung der restlichen 1.000,- des KP erloschen durch Aufrechnung seitens der A mit einem Anspruch auf Ersatz der Kosten der Nacherfüllung ( 387, 389)? a) Voraussetzungen der Aufrechnung: aa) ihrem Gegenstand nach gleichartige Leistungen: Sowohl Anspruch des S auf Rückgewähr des KP als auch ein evtl. Kostenersatzanspruch der A gehen auf Geld bb) Bestehen des Anspruchs auf Rückgewähr des KP des S: s.o. (I. 1-3) cc) Bestehen des Anspruchs auf Ersatz der Nacherfüllungskosten der A? (a) Nach 439 II BGB hat A als Verkäufer die Kosten der Nacherfüllung grds. selbst zu tragen (b) Wirksamer Ausschluß des 439 II BGB? Wirksamkeit nur dann, wenn Ausschluß in Individualabrede nicht hingegen, wenn in AGB vereinbart ( 309 Nr. 8 b cc; 307 II 1) = Ausschluß in AGB? (s. BGH v. 19.5.2005, NJW 2005, 2543) ~ Def. 305 I: für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt : * gesondertes Blatt: schließt Annahme von AGB nicht aus, 305 I 2 * Vorformuliert: Klausel muß nicht notwendig schriftlich sein, vielmehr reicht es aus, daß sie im Kopf des Verwenders gespeichert ist 2 / 11

~ Keine AGB s bei Aushandlung im Einzelnen, 305 I 3: * Es kommt auf jede Klausel an, nicht darauf, ob im Vertrag sonstige Klauseln ausgehandelt sind * Ergänzung durch S als Aushandlung im Einzelnen? es bedarf der realen Möglichkeit, den Inhalt der Vertragsbedingung zu beeinflussen; die bloße Wahl der Annahme oder der Ablehnung reicht nicht aus. Ebensowenig, daß die Wahl eröffnet wird, mit oder ohne Spielraum zu unterzeichnen. * Weitere Voraussetzung: es muß der Verwender den Kunden über Inhalt und Tragweite der Klausel aufgeklärt haben, damit dieser sie in seinen privatautonomen Willen aufnehmen kann * Hier: es besteht weder Spielraum zur Gestaltung noch ist hinreichende Aufklärung erfolgt. Folge: keine Aushandlung im Einzelnen; Also handelt es sich um AGB ~ AGB wirksamer Bestandteil des Vertrages gem. 305 II? * 305 II findet jedoch nach 310 I 1 S als Unternehmer i.s.v. 14(Abschluß des KV in Ausübung der selbständigen beruflichen Tätigkeit des S) keine Anwendung ~ Unwirksamkeit der Klausel gem. 309 Nr. 8 b cc? * Klausel ist von 309 Nr. 8 b cc erfaßt * 309 Nr. 8 b cc findet jedoch gem. 310 I 1keine Anwendung ~ Dennoch Unwirksamkeit der Klausel gem. 307 II 1 (Unvereinbarkeit mit wesentlichem Grundgedanken von der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll)? * 310 I 1 will 309 gerade ausschließen * Aber: nach 310 I 2 ist es durchaus möglich, daß auch eine in 309 aufgelistete Klausel gem. 307 II 1 unwirksam ist * Hier kurz diskutieren: im Ergebnis Klausel wohl unwirksam. Also: Keine wirksame Vereinbarung des Ausschlusses der Kostentragungspflicht der Nacherfüllungskosten des A gem. 439 II Also: es bestand keine Aufrechnungslage, so daß der Anspruch des S auf Rückzahlung des KP nicht ihv 1.000,- gemindert ist und daher in dieser Höhe noch fortbesteht. 3 / 11

[bei dieser Prüfungsreihenfolge braucht der Charakter eines evtl. Kostenersatzanspruchs für den Fall, daß der Ausschluß von 439 II wirksam geworden wäre, nicht geprüft zu werden] Ergebnis: S kann von A auf Rückzahlung der restlichen 1.000,- gem. 437 Nr. 2, 440, 323, 346 ff. verlangen II. S. /. A auf Ersatz der Aufwendungen auf das Auto i.h.v. 6.000,- gem. 284, 323, 325, 347, 437 Nr. 3, 440? 1. Voraussetzung wirksamer Rücktritt (s.o.) 2. Aufwendungsersatz gem. 437 Nr. 3, 2. Alt., 284? a) Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung gem. 281: Verweist auf Voraussetzung des 280 I; erforderlich also; 280 I 2: Schuldner muß Pflichtverletzung ( 280 I 1, 433 I 2) zu vertreten haben (hier nicht ganz unproblematisch, aber wohl +) b) Aufwendungen: Vermögensopfer in Bezug auf die Kaufsache, die dieser selbst unmittelbar zugute kommen (+) c) Im Vertrauen auf Erhalt der Leistung: nicht nur Erhalt, sondern auch Behaltendürfen: S als Käufer darf auf Erhalt von Eigentum, Besitz und Nutzung der mangelfreien Sache als Inhalt der Leistung vertrauen und als Anlaß für Aufwendungen nehmen d) Billigerweise machen durfte: (+) die frühere, auf der Rentabilitätsvermutung beruhende Unterscheidung zwischen Aufwendungen, mit denen nichtkommerzielle Zwecke verfolgt werden und solchen, die für kommerzielle Zwecke getätigt worden sind, ist seit der Schuldrechtsreform überflüssig (vgl. dazu auch BT-Drucks. 14/6040, S. 142 ff.) e) Ausschluß allerdings dann, wenn Zweck auch ohne Pflichtverletzung nicht erreicht worden wäre: Bei mangelfreiem Fahrzeug wäre S in den Genuß seiner Aufwendungen gekommen, also kein Ausschluß 3. Beschränkung des Aufwendungsersatzes nach 437 Nr. 3, 2. Alt., 284 gem. 347 II auf Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen, durch die Verkäufer bereichert wird, da 347 II bei Rücktritt ggf. lex specialis gegenüber 284? 4 / 11

a) Voraussetzungen des 347 II: aa) bb) Notwendige Aufwendungen: die zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Benutzung einer Sache objektiv erforderlich sind: hier (-) A durch Aufwendungen bereichert? Bereicherung des Gläubigers dann, wenn der Wert der Sache gesteigert oder Nützlichkeit Gebrauchstauglichkeit erhöht: hier allen falls Telefon, nicht jedoch Lackierung der Stoßdämpfer und Tieferlegung Also: wenn 347 II zur Anwendung käme, wäre Aufwendungsersatz vorliegend ausgeschlossen b) Ist 347 II aber tatsächlich eine im Fall des Rücktritts auch aufgrund Mängelgewährleistung abschließende Vorschrift? Das gilt nach BGH grds. nur, wenn Rücktrittsverhältnis allein, nicht hingegen, wenn Rücktritt neben Schadensersatzanspruch tritt (vgl. 325). Grund: andernfalls stünde derjenige, der vom Vertrag zurücktritt und zugleich nach 284 - anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung - den Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangt, schlechter, als wenn er den Rücktritt nicht ausgeübt und sich auf den Aufwendungsersatz beschränkt hätte. Die Alternativität von Rücktritt und Schadensersatz besteht im neuen Recht gerade nicht mehr (s. 325). 4. Ausschluß des Aufwendungsersatzes aufgrund der Geltendmachung der Gutachterkosten als Schadensersatz? a) 437 Nr. 3 könnte Exklusivverhältnis (nur Schadensersatz oder nur Aufwendungsersatz) nahelegen b) 284 gewährt den Verwendungsersatz jedoch nur anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung; verhindert werden soll lediglich, daß wegen ein und desselben Vermögensnachteils Schadensersatz und zugleich Aufwendungsersatz verlangt werden kann. Dagegen ist die Geltendmachung des Ersatzes der Gutachterkosten, die nicht zu den Aufwendungen zählen, also eines anderen Schadens neben der Leistung,, nicht ausgeschlossen 5. Kürzung der Aufwendungen pro rata temporis wegen kurzzeitiger Nutzung? Hier wegen Kurzzeitigkeit der Nutzung - s. SV: alsbald - wohl nicht Ergebnis: S. /. A auf Ersatz der Aufwendungen auf das Auto i.h.v. 6.000,- gem. 284, 323, 325, 347, 437 Nr. 3, 440 (+) 5 / 11

III. S./.A auf Ersatz der Aufwendungen auch für die Zulassung i.h.v. 200,- gem. 284, 323, 325, 347, 437 Nr. 3, 440? 1. Voraussetzungen: s. oben unter II. 2. Zulassungskosten als Aufwendungen? a) Zulassungskosten sind Vertragskosten, die seit der Schuldrechtsmodernisierung ( vgl. zuvor 467 S. 2 BGB a.f.) ebenfalls als Aufwendungen isv 284 unter den dort genannten Voraussetzungen verlangen kann. b) ggf. ebenfalls proportional zur Nutzungsdauer zu mindern; hier aber wegen Kurzzeitigkeit der Nutzung - s. SV: alsbald - wohl nicht Ergebnis: S./.A auf Ersatz der Aufwendungen auch für die Zulassung i.h.v. 200,- gem. 284, 323, 325, 347, 437 Nr. 3, 440: (+) IV. S./. A auf Ersatz der Gutachterkosten i.h.v. 500,- gem. 280, 323, 325, 437, 440? 1. Voraussetzung wirksamer Rücktritt (s.o.) 2. 437 Nr. 3: Schadensersatzanspruch ausgeschlossen wegen Geltendmachung des Aufwendungsersatzanspruchs nach 284? a) Wortlaut scheint das nahe zu legen b) 437 Nr. 3 regelt jedoch insgesamt nur den Schadensersatz statt Leistung, nicht auch den neben der Leistung (s.o.) Ergebnis: Gutachterkosten sind daher ersatzfähig. 6 / 11

Teil 2: T./. S auf Zahlung der vereinbarten Vergütung ihv 200,- gem. 631 I, 645 BGB? I. Warenbeförderungsvertrag als Werkvertrag, 631(geschuldet war Beförderungserfolg) (+) II. Zustandekommen des Vertrages: 1. Angebot - Einstellung des Angebots bei e-bay: ad incertas personas, d.h. an den, der innerhalb der angegebenen Laufzeit das höchste Gebot abgibt 2. Annahme - durch Abgabe des Höchstgebots (s. BGHZ 149, 129, 133 ff.) III. Widerruf der Annahme? [auch prüfbar als Unterpunkt zu II.2] 1. 130 I 2 BGB? [muß nicht notwendig geprüft werden] a) Widerruf (+) b) aber in jedem Fall erst nach Zugang der Annahmeerklärung 2. 355, 312d I (Widerrufsrecht im Rahmen eines Fernabsatzvertrages)? a) Fernabsatzvertrag, 312b I, II? aa) bb) cc) Verträge über Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen; letzteres hier (+) zwischen Unternehmer und Verbraucher - Unternehmer ( 14) = Powerseller? Fraglich, ob allein ausreichend = T ist jedoch eine GmbH - Verbraucher ( 13) = S ist als Freiberufler zwar Unternehmer, handelt hier aber privat (+) ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, 312b II: - Benutzung von e-bay (+) 7 / 11

b) Ausnahmsweise Ausschluß der Vorschriften über Fernabsatzverträge gem. 312b III Nr. 6 (Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Beförderung)? aa) Dienstleistung im Bereich von Beförderung? [hier kann auch direkt auf die Frage eingegangen werden, ob auch Warenbeförderung erfaßt] - als Ausnahme grds. eng auszulegen - aber: Schutz auch der Anbieter: nicht nur Beförderung selbst, auch zur Verfügung Stellung von Beförderungsmitteln (da sonst Vebraucher bis zum Beginn jederzeit widerrufen könnten und Anbieter Bereitstellungskosten tragen mußte) bb) Fraglich aber: Beförderung nur von Personen oder auch von Waren? - h.m. in Deutschland: Waren nicht erfaßt (Arg.: Nennung der Lieferung von Speisen und Getränken wäre sonst überflüssig) - EuGH (Rs. C-336/03 v. 10.3.2005, CR 2005, 651): Personen oder Waren; aber ohne nähere Begründung (ggf.: gesonderte Nennung der Lieferung von Speisen und Getränken, weil es sich dabei um Waren des Verkäufers und nicht um Waren des Bestellers handelt) [Folgt man h.m. in Deutschland, so geht es unter c) weiter] [Falls EuGH gefolgt wird, so ist weiter zu prüfen:] - Erbringung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitpunktes: letzteres (+) [dann ist Prüfung hier zu Ende, die Vorschriften über Fernabsatzverträge gem. 312b III Nr. 6 ausnahmsweise nicht zur Anwendung kommen; weitere Prüfung wäre dann hilfsweise] c) Ausnahmsweise Ausschluß des Widerrufsrechts wegen Versteigerung gem. 312d IV Nr. 5 ivm 156 BGB? aa) bb) Vertragsschluß über e-bay kein Vertrag in der Form von Versteigerung ( 156 BGB), da kein Zuschlag durch Auktionator (WE des Auktionators), sondern durch zwei WE der beiden e-bay Kunden T und S. Zeitablauf vermag WE des Auktionators nicht zu ersetzen (so jedenfalls BGH; auch die AGB von e-bay - die bei der Klausur jedoch nicht vorlagen - gehen selbst von zwei WE der Teilnehmer aus; bislang nicht erörtert worden ist in der Literatur offenbar der Gedanke, daß die e- bay-plattform die WE des Auktionators lediglich automatisiert) Anwendung von 312d IV Nr. 5 auf andere als klassische Versteigerungen? [kann auch im Zusammenhang mit Analogie, s. cc) geprüft werden] - Wortlaut ( 156 BGB ) ist eindeutig - systematische Stellung: Ausnahme vom Grundsatz, daß Verbraucher bei Fernabsatzverträgen Widerrufsrecht haben sollte 8 / 11

- Sinn und Zweck der Regelung (str., s. etwa Anm. Spindler, MMR 2005, 40 ff.): [Anm: Der BGH argumentiert hier unter Hinweis auf die Minimumharmonisierung der Richtlinie und formal mit dem Regel- Ausnahmeverhältnis sowie mit seiner Lesart der Gesetzgebungsgeschichte um Umsetzungsverfahren und lehnt im Ergebnis eine erweiterende Auslegung der Ausnahmebestimmung ab. Die Materialien, deren Auslegung im übrigen strittig ist, lagen bei der Klausur nicht vor; es sollten jedoch einige Argumente für und einige gegen eine erweiternde Anwendung des Ausschlusses vorgebracht werden] = Für Erweiterung könnte sprechen: ~ Das Widerrufsrechts gem. 312d IV Nr. 5 bezweckt den Schutz der Veranstalter; insbesondere des Internetgeschäfts; ~ ansonsten könnten Käufer sich gegenüber Unternehmern von jedem Geschäft wieder lossagen ~ das würde das Bieterverhalten verfälschen, da andersfalls risikolos besonders hoch geboten werden könnte; letztlich droht Geschäft damit zusammenzubrechen ~ bei Internetauktionen kann sich Vebraucher in gleicher Weise informieren, gleichviel, ob sich Auktionator den Zuschlag vorbehält oder nicht ~ bei automatisiertem Verfahren weiß Verbraucher, daß er sich auf einen Vetragsschluß nach festen Regeln einläßt, er bedarf daher keines Schutzes seines bewußt übernommenen Risikos ~ Automatisierung ersetzt letztlich den Zuschlag durch menschlichen Versteigerer = Gegen eine Erweiterung spricht: ~ eindeutiger Wortlaut ~ ggf. die Entstehungsgeschichte ~ der Hinweis auf das europäische Recht: es handelt sich dabei um einen Minimumschutz des Verbrauchers; die EU- Richtlinie, deren Umsetzung 312d dient, läßt Mitgliedstaaten daher die Möglichkeit, den Verbraucher mehr zu schützen = das Widerrufsrecht auch bei Internetversteigerungen vorzusehen (so BGH) [Hinweis: Kandidaten können sich für eine der beiden Argumentationen entscheiden] 9 / 11

cc) Analoge Anwendung? [keine weiteren Bedenken, wenn direkt auf Analogie gesprungen wird, oder Argumentationen unter bb) und cc) vermischt werden; allerdings bei sauberer Trennung bitte bessere Benotung] - Voraussetzung: planwidrige Lücke [diese Voraussetzung sollte allerdings genannt sein] - Fraglich, ob angesichts der Diskussion unter bb) von einer Lücke die Rede sein kann. Wenn bejaht, dann wohl Argumentation wie unter bb)] d) Erlöschen gem. 312d III? aa) mit Ausführung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen? - Widerrufsrecht endete grds. mit Ende der Widerrufsfrist = 2 Wochen ( 355 II 1), spätestens 6 Monate nach Vertragsschluß ( 355 III 1), wenn nicht gar später, weil Widerrufsfrist gem. 312d II, wegen Nichterfüllung aller Informationspflichten gar nicht zu laufen beginnt (SV sagt darüber nichts) - Beginn der Frist: 312d II letzte Alt: bei Dienstleistungen nuch vor dem Tag des Vertragsschlusses, - Fristende also frühestens am 12.9. + zwei Wochen (Fristberechnung nach 187 I, 188 II): Ablauf 26.9.2005 - Ausführungsbeginn bereits vor Ende der Frist? [Zusatzpunkt für die Diskussion der Frage, ob bereits mit Ausführung begonnen, da geschuldet ja nur der Transport des Motorrades = Rückfahrt aus der Schweiz, wohingegen vorliegend mit Hinfahrt in die Schweiz u.u. erst Vorbereitungshandlung erfolgt; wenn nur Vorbereitung angenommen, dann ohnehin kein Erlöschen des Widerrufsrechts gem. 312d III] bb) Kann aber letztlich ohnehin dahinstehen, da Ausführung jedenfalls nicht mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers oder vom Vebraucher selbst veranlaßt [es sei denn, man sieht das in der email, mit der S den Standort des Motorrades an T durchgibt; dann wäre das Widerrufsrecht erloschen] Widerrufsrecht also nicht gem. 312d III erloschen 10 / 11

3. Ausübung des Widerrufs? a) Fristgerecht, 355 II, III, 312d II b) Erklärung: (+) c) Form: 355 I: Textform, 126b S hat zunächst jedoch nur angerufen. aber Bestätigung durch e-mail erfüllt Textform nach 126b. Ergebnis: Vorausgesetzt, - man nimmt keinen Ausschluß der Vorschriften über Fernabsatzverträge gem. 312b III Nr. 6 (Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Beförderung) an, und - man sieht das Widerrufsrecht mit BGH auch nicht nach 312d IV Nr. 5 ivm 156 BGB ausgeschlossen, dann hat S wirksam den Widerruf erklärt, ein Vertraglicher Anspruch des T besteht insoweit also nicht: T./. S auf Zahlung der vereinbarten Vergütung ihv 200,- gem. 611 I 2. Alt. BGB? (-) Wer hingegen in einem der beiden oben genannten Punkte anders entscheidet, und damit den Widerruf entweder schon für nicht gegeben, oder aber für ausgeschlossen hält, so kommt man, weil S die Durchführung der Beförderungsleistung unausführbar gemacht hat, ohne daß ein Umstand mitgewirkt hat, den T als Unternehmer zu vertreten hat, zum Kostenersatz gem. 645 BGB 11 / 11