Diese unverbindliche Erläuterung der Rechtsfragen gilt auch für den Konsum anderer Drogen. Inhaltsverzeichnis



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Alkohol im Betrieb Der Alkoholmissbrauch hat als Stör- und Belastungsfaktor nicht nur im privaten Bereich, sondern auch in der betrieblichen Praxis eine erhebliche Bedeutung erlangt. Kündigungen wegen Trunksucht sind keine Seltenheit. Nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts ist Alkoholabhängigkeit dann gegeben, wenn der gewohnheitsmäßige, übermäßige Alkoholgenuss trotz besserer Einsicht nicht aufgegeben oder reduziert werden kann. Untersuchungen haben ergeben, dass etwa 5% der Arbeitnehmer alkoholkrank sind. Der Anteil alkoholbedingter Unfälle am Arbeitsplatz und auf dem Arbeitsweg wird auf 5% bis 30% geschätzt. Alkoholkranke Mitarbeiter sind 2,5mal häufiger krank und 3.5mal häufiger in Betriebsunfälle verwickelt. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist bei einem alkoholkranken Mitarbeiter etwa 3mal höher als bei einem gesunden. Diese unverbindliche Erläuterung der Rechtsfragen gilt auch für den Konsum anderer Drogen. Inhaltsverzeichnis 1. Müssen Alkoholabhängigkeit und Trunkenheitsdelikte 3 bei der Einstellung angegeben werden? 1.1. Bei beendeter Abhängigkeit? 3 1.2. Bei bestehende Abhängigkeit? 3 1.3. Bei Vorstrafen im Zusammenhang mit Alkohol? 3 1.4. Folgen unwahrer Angaben? 3 Seite 2. Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitgeber bei 3 Alkoholgenuss des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz? 2.1. Feststellung der Alkoholisierung? 3 2.2. Maßnahmen danach? 3 2.3. Kosten für den Heimtransport? 4 2.4. Vergütung für die ausgefallene Arbeitszeit? 4 Seite 1 von 8 Seiten

Inhaltsverzeichnis Seite 3. Unter welchen Voraussetzungen kann der 4 Arbeitgeber ein Alkoholverbot verhängen? 3.1. Im Arbeitsvertrag? 4 3.2. Kraft Direktionsrechtes und Betriebsvereinbarung? 4 3.3. Wann sind absolute betriebliche 4 Alkoholverbote angebracht? 3.4. Ist auch ein abgestuftes betriebliches 4 Alkoholverbot möglich? 3.5. Besteht ein Mitbestimmungsrecht des 4 Betriebsrates bei der Anordnung eines betrieblichen Alkoholverbots? 3.6. Unterliegt eine solche Betriebsvereinbarung der 5 Kontrolle der Arbeitsgerichte? 3.7. Können Regelungen über die Durchführung eines 5 Alkohol-Tests getroffen werden? 4. Hat der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch 5 bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkohols? 4.1. Was gilt bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkoholabhängigkeit? 5 4.2. Was gilt für Arbeitsunfälle durch Alkoholeinfluss, 5 ohne dass Alkoholabhängigkeit vorliegt? 5. Kündigung nach Alkoholgenuss? 6 5.1. Wann ist eine ordentliche 6 verhaltensbedingte Kündigung zulässig? 5.2. Kann auch eine fristlose 6 verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden? 5.3. Wann ist eine ordentliche 6 personenbedingte Kündigung zulässig? 5.4. Kann auch eine fristlose 6 personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden? 6. Wie wirkt sich ein Alkoholbedingter Unfall auf den 6 gesetzlichen Unfallversicherungsschutz aus? 6.1. Bei einem Arbeitsunfall? 6 6.2. Bei einem Wegeunfall? 7 6.3. Wichtig für den Arbeitgeber! 7 Seite 2 von 8 Seiten

1. Müssen Alkoholabhängigkeit und Trunkenheitsdelikte bei der Einstellung angegeben werden? Folgen unwahrer Angaben? Der Gesundheitszustand eines Bewerbers ist für den Arbeitgeber bei der Einstellung im Hinblick auf krankheitsbedingte Ausfälle und die Verpflichtung des Arbeitgebers auf Lohnfortzahlung verständlicherweise von besonderem Interesse. Da Alkoholabhängigkeit als Erkrankung im arbeitsrechtlichen Sinne anerkannt ist, muss beim Abschluss eines Arbeitsvertrages folgendes beachtet werden: 1.1. Bei beendeter Abhängigkeit? Ist eine frühere Alkoholabhängigkeit zum Zeitpunkt der Einstellung nicht mehr gegeben, dann braucht sie der Bewerber auch nicht anzugeben, selbst wenn er ausdrücklich danach gefragt wird. 1.2. Bei bestehender Abhängigkeit? Besteht die Abhängigkeit noch, dann muss sie auf Frage angegeben werden. Sie muss sogar ungefragt offenbart werden, wenn sie den Bewerber für die vertraglich zu übernehmende Arbeit als ungeeignet erscheinen lässt (Berufskraftfahrer etc.). 1.3. Bei Vorstrafen im Zusammenhang mit Alkohol? Die Frage nach Vorstrafen wegen Trunkenheit am Steuer ist zulässig, wenn und soweit die zu leistende Arbeit ihre Offenlegung erfordert. Der Bewerber muss wahrheitsgemäß Auskunft geben. Nicht ins Führungszeugnis eingetragene oder getilgte Vorstrafen braucht er nicht offen zulegen. 1.4. Folgen unwahrer Angaben? Der Arbeitgeber ist zur Anfechtung des Arbeitsvertrags berechtigt, wenn eine zulässige Frage falsch beantwortet wurde; er kann auch eine fristlose Kündigung aussprechen. 2. Welche Rechte und Pflichten hat der Arbeitgeber bei Alkoholgenuss des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz? 2.1. Feststellung der Alkoholisierung? Nach den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften darf der Arbeitgeber alkoholisierte Arbeitnehmer, welche nicht mehr in der Lage sind, ohne Gefahr für sich oder andere Tätigkeiten auszuführen, nicht beschäftigen. Zur Feststellung der Alkoholisierung durch den Vorgesetzten ist die Hinzuziehung des Betriebsarztes oder einer Sicherheitsfachkraft, möglichst auch eines Mitglieds der Arbeitnehmervertretung angeraten, auch das Anbieten eines Alkoholteströhrchens ( Pusten ) ist sinnvoll. 2.2. Maßnahmen danach? Die Fürsorgepflicht gebietet es dem Arbeitgeber, den alkoholisierten Arbeitnehmer von seiner Arbeitsstelle zu entfernen und darüber hinaus dafür zu sorgen, dass dieser sicher nach Hause Seite 3 von 8 Seiten

kommt. Der Arbeitgeber muss einen augenscheinlich fahruntüchtigen Arbeitnehmer an der Benutzung seines eigenen oder eines Firmenfahrzeugs hindern, notfalls mit Hilfe der Polizei. 2.3. Kosten für den Heimtransport? Diese trägt immer der Arbeitnehmer. 2.4. Vergütung für die ausgefallene Arbeitszeit? Der Arbeitgeber kann diese verweigern. Er kann darüber hinaus die Kündigung für den Wiederholungsfall androhen (Abmahnung), wenn der Arbeitnehmer gegen ein vertragliches oder betriebliches Alkoholverbot verstieß. 3. Unter welchen Voraussetzungen kann der Arbeitgeber ein Alkoholverbot verhängen? 3.1. Im Arbeitsvertrag? Das wirksamste Mittel ist die Vereinbarung eines Alkoholverbotes im einzelnen Arbeitsvertrag (vertragliches Alkoholverbot). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG darf jedoch nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solches Verbot mit allen Arbeitnehmern vereinbart wird. 3.2. Kraft Direktionsrechtes und Betriebsvereinbarung? Der Arbeitgeber kann ein absolutes oder abgestuftes Alkoholverbot außerdem Kraft seines Direktionsrechtes verhängen, da sich dieses Recht auch auf das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb erstreckt (betriebliches Alkoholverbot). Zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates siehe unten. 3.3. Wann ist ein absolutes betriebliches Alkoholverbot angebracht? Absolutes Alkoholverbot ist immer dann angebracht und arbeitsrechtlich wirksam, wenn schon geringfügige Unaufmerksamkeit zu erheblichen Gefährdungen Dritter, des Arbeitnehmers selbst oder zu Sachschäden führt. (Kraftfahrer, Führer mobiler Arbeitsmittel (z. B. Staplerfahrer), Lokführer, Krankenhauspersonal etc.) 3.4. Ist auch ein abgestuftes betriebliches Alkoholverbot möglich? Es kann nach Arbeitsplätzen dahingehend differenziert werden, ob der Genuss von Alkohol ganz untersagt ist, ob eine bestimmte Höchstmenge nicht überschritten werden darf und welche Art von alkoholischen Getränken nicht in den Betrieb mitgebracht und konsumiert werden dürfen. 3.5. Besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Anordnung eines betrieblichen Alkoholverbots? Dieses Recht ergibt sich aus 87 Abs.1 Nr.1 und 7 BetrVG, falls das Alkoholverbot nicht bereits grundsätzlich oder tarifvertraglich geregelt ist. Der Arbeitgeber muss daher in den nicht geregelten Fällen eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat für jede Art eines Alkoholverbotes abschließen, damit dieses unmittelbar und zwingend für alle oder einzelne Gruppen des Seite 4 von 8 Seiten

Betriebes wirkt. Es sollte nicht versäumt werden, in die Vereinbarung genaue Regelungen über Art und Umfang des Verbotes, Verfahren der Feststellung der Alkoholisierung und die Folgen eines Verstoßes (Lohnfortzahlung, Transportkosten, Verwarnung, Abmahnung, Kündigung) aufzunehmen. 3.6. Unterliegt eine solche Betriebsvereinbarung der Kontrolle der Arbeitsgerichte? Alle Betriebsvereinbarungen können von Arbeitsgerichten einer so genannten Billigkeitskontrolle unterzogen werden. Das angerufene Arbeitsgericht kann daher prüfen, ob das Verbot - bezogen auf den Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers - angemessen ist und unter Umständen die darauf gestützte Abmahnung oder Kündigung für ungerechtfertigt erklären. 3.7. Können Regelungen über die Durchführung eines Alkoholtests getroffen werden? Da Betriebsvereinbarungen nicht ohne weiteres in die Persönlichkeitsrechte eingreifen dürfen, kann ein Arbeitnehmer niemals zu einer Blutentnahme gezwungen werden. Gegen einen Alkoholtest bestehen nur dann keine Bedenken, wenn ein Arbeitnehmer auf einem höchst alkoholsensiblen Arbeitsplatz beschäftigt ist (Kraftfahrer, Führer mobiler Arbeitsmittel (z. B. Staplerfahrer), Lokführer, Krankenhauspersonal etc.). 4. Hat der Arbeitnehmer einen Lohnfortzahlungsanspruch bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkohols? 4.1. Was gilt bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkoholabhängigkeit? Da die Alkoholabhängigkeit arbeitsrechtlich wie eine Krankheit zu behandeln ist, entfällt der Lohn-/Gehaltfortzahlungsanspruch immer dann, wenn der Arbeitnehmer den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat. Verschulden liegt immer dann vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einem groben Verstoß gegen ein Verhalten beruht, das von einem verständigen Menschen in eigenem Interesse erwartet werden kann. Da es keinen Erfahrungssatz des Inhaltes gibt, dass die krankhafte Alkoholabhängigkeit stets vom Arbeitnehmer selbst verschuldet ist, muss bei Arbeitsunfähigkeit wegen Alkoholabhängigkeit grundsätzlich das Arbeitsentgelt wie bei anderen Krankheitsfällen fortgezahlt werden. Ein ausnahmsweise doch gegebenes Verschulden des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber beweisen. Wenn jedoch ein Arbeitnehmer nach einer intensiven stationären Entziehungskur, bei der er eingehende Aufklärung erfahren hat, rückfällig wird, liegt Verschulden des Arbeitnehmers an der Arbeitsunfähigkeit vor. 4.2. Was gilt für Arbeitsunfälle durch Alkoholeinfluss, ohne dass Alkoholabhängigkeit vorliegt? Derartige Unfälle durch Alkoholeinfluss (den der Arbeitgeber beweisen muss) gelten nach der Seite 5 von 8 Seiten

allgemeinen Lebenserfahrung als verschuldet, so dass Entgeltfortzahlungsansprüche nicht bestehen. 5. Kündigung nach Alkoholgenuss? 5.1. Wann ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zulässig? Bei vertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers durch den Genuss von Alkohol, insbesondere bei Verstoß gegen ein vertragliches oder betriebliches Alkoholverbot. Allerdings darf das Erfordernis einer Abmahnung nicht übersehen werden. Sie ist nur dann entbehrlich, wenn ein besonders schwerer Verstoß vorliegt (Kraftfahrer trinkt in der Mittagspause eine Flasche Korn). Auch Schlechtleistung des Arbeitnehmers, die auf wiederholtem Alkoholgenuss vor oder während der Arbeit beruht, rechtfertigt Abmahnung und Kündigung. 5.2. Kann auch eine fristlose verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden? Ausnahmsweise in ganz besonders schweren Fällen. 5.3. Wann ist eine ordentliche personenbedingte Kündigung zulässig? Bei einem alkoholabhängigen Arbeitnehmer ist eine personenbedingte Kündigung wegen Krankheit zulässig, wobei eine Abmahnung nicht erforderlich ist. Jedoch ist zu beachten: Erklärt ein langjährig beschäftigter Arbeitnehmer seine Therapiebereitschaft vor Ausspruch der Kündigung, so muss ihm der Arbeitgeber eine erstmalige Heilbehandlung ermöglichen, sonst ist die Kündigung sozialwidrig. Bei personenbedingter Kündigung wegen Alkoholabhängigkeit ist eine dreistufige Prüfung vorzunehmen: Hatte der Arbeitnehmer in der Vergangenheit erhebliche Fehlzeiten? Besteht die begründete Besorgnis weiterer Fehlzeiten für die Zukunft? Sind negative Auswirkungen auf den Betriebsablauf zu erwarten, die erheblich sein müssen und nicht durch organisatorische Maßnahmen überbrückt werden können? 5.4. Kann auch eine fristlose personenbedingte Kündigung ausgesprochen werden? Ausnahmsweise dann, wenn die Frist für eine ordentliche Kündigung sehr lange ist, oder wenn der Arbeitnehmer Therapiebereitschaft zwar erklärt hat, die Entziehungskur jedoch abbricht oder bei höchst alkoholsensiblen Arbeitsstellen (Kraftfahrer, Führer mobiler Arbeitsmittel (z. B. Staplerfahrer), Lokführer, Krankenhauspersonal etc.). 6. Wie wirkt sich ein alkoholbedingter Unfall auf den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz aus? 6.1. Arbeitsunfall? War der Alkoholgenuss die Hauptursache für den Unfall (was die Berufsgenossenschaft beweisen muss), so liegt kein Arbeitsunfall im Sinne des Sozialgesetzbuches vor, was zur Folge hat, dass der gesamte gesetzliche Unfallversicherungsschutz entfällt. Seite 6 von 8 Seiten

6.2. Wegeunfall? War der Alkohol die wesentliche Ursache für einen auf dem Weg zu oder von der Arbeit erlittenen Verkehrsunfall, so besteht ebenfalls kein Versicherungsschutz, wobei es keine Rolle spielt, ob die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit auf ein krankheitsbedingtes Fehlen des Steuerungs- und Hemmungsvermögens bei Alkoholkonsum zurückzuführen ist. Selbst der mitfahrende Arbeitskollege, der von der Trunkenheit des Fahrers weiß, muss mit dem Verlust des Versicherungsschutzes rechnen. 6.3. Wichtig für den Arbeitgeber! Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer unter Umständen wegen des entfallenden gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes Schadensersatz, wenn er den alkoholisierten Arbeitnehmer nicht hindert - notfalls mit Hilfe der Polizei - sein eigenes oder ein Firmenfahrzeug zu führen. Dies ist auch bei einem nur angetrunken erscheinenden Arbeitnehmer zu empfehlen. Seite 7 von 8 Seiten

Alkohol und andere Drogen im Betrieb Das Wichtigste in Kurzform 1. Sind Sie als Vorgesetzter verpflichtet, ihre Mitarbeiter daraufhin zu überprüfen, ob sie bei Arbeitsantritt unter Alkoholeinfluss stehen? Nein, nicht generell, sondern nur bei begründetem Verdacht. Dann muss aber gehandelt werden! 2. Müssen oder dürfen Sie als Vorgesetzter Ihre Mitarbeiter daraufhin kontrollieren, ob sie alkoholische Getränke mitgebracht haben? Müssen: : Dürfen: ja (bei begründetem Verdacht oder bei Bestehen einer entsprechenden Betriebsvereinbarung). 3. Kann ihr Mitarbeiter gegen seinen Willen bei Alkoholmissbrauch vom Arbeitsplatz entfernt werden? Ja, auch ohne Betriebsvereinbarung möglich! Die Fürsorgepflicht des Vorgesetzten beinhaltet, dass der Mitarbeiter gesund nach Hause geht und vor Unfällen geschützt wird. Unter Alkoholeinfluss steigt aber die Unfallgefahr. Standpunkt der BG: Trinken von Alkohol ist nicht verboten, man darf sich aber nicht berauschen. ja 4. Dürfen oder müssen Sie als Vorgesetzter den Pkw-Schlüssel bei Verdacht auf Trunkenheit einziehen? Ja, prinzipiell muss die Führungskraft handeln und den Mitarbeiter durch Angehörige oder ein Taxi sicher nach Hause bringen lassen. Die Herausgabe des Schlüssels darf aber nicht erzwungen werden. Sollte der Mitarbeiter randalieren oder betrunken losfahren, ist die Polizei zu verständigen. 5. Dürfen Sie bei einem dringenden Störungsfall alkoholisierte Personen einsetzen? Nein! ja 6. Darf der Betriebsarzt eine Blutprobe ohne Zustimmung des Mitarbeiters entnehmen? Nein, das darf nur die Polizei / ein Gericht anordnen 7. Werden Sie als Vorgesetzter entlastet, wenn im Betrieb Alkohol bezogen werden kann? Nein! Sind im Betrieb alkoholische Getränke z.b. durch Automaten erhältlich, besteht erhöhte Aufsichtspflicht des Vorgesetzten. Vor Gericht wirkt sich das taterschwerend in Bezug auf die Schuldfrage und das Strafmaß aus.) Seite 8 von 8 Seiten