Erfüllung von Ausgleichsansprüchen aus steuerlicher Sicht Dr. Torben Tiedemann Landwirtschaftlicher Buchführungsverband, Kiel HLBS Landesverbandstagung Schleswig-Holstein und Hamburg 15. April 2016
Ehescheidungen in Deutschland Etwa jede dritte Ehe wird in Deutschland geschieden Die durchschnittliche Ehedauer liegt bei ca. 14 Jahren 45% 40% 35% Scheidungsrate 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Jahr Quelle: destatis
Eheliche Güterstände Gütertrennung Wahlgüterstand Uneingeschränkte Verfügung über Alleineigentum Kein Vermögensausgleich bei Scheidung Zugewinngemeinschaft gesetzlicher Güterstand Unterfall der Gütertrennung Jeder behält sein Vermögen, aber Ausgleichsanspruch bei Tod/Scheidung für den gemeinsamen Zugewinn Güterstand der Ehe Modifizierte Zugewinngemeinschaft Gütergemeinschaft Wahlgüterstand Vermögen Gesamtgut der Eheleute Trennung durch Auseinandersetzung
Zugewinnausgleich und Steuern 1. Ermittlung der Höhe des Zugewinnausgleichsanspruches à Berücksichtigung von latenten Steuern 2. Steuern bei Sachwertabfindung der Ausgleichsforderung à Anfall tatsächlicher Steuern
Ermittlung des Zugewinnausgleichs Anfangsvermögen 1 Endvermögen Zugewinn Überschuss Zugewinn Zugewinnausgleich 100.000 400.000 300.000 1/2 260.000 130.000 40.000 80.000 40.000 1 Inkl. Erbschaft/Schenkungen und bereinigt um Inflation durch Indexierung auf Bewertungsstichtag
Latente Steuern bei der Bewertung Zugewinnausgleichsanspruch private Schuld Maßgeblich für Zugewinnermittlung i.d.r. Verkehrswerte Realisierung der Verkehrswerte mit weiteren Kosten verbunden Abschlag für fiktive Steuern einer Veräußerung zum Bewertungsstichtag unabhängig von tatsächlicher Veräußerungsabsicht Urteil des Bundesgerichtshofs 1 vom 02.02.2011: Denn eine Bewertung, die auf den am Markt erzielbaren Preis abstellt, hat die mit der Veräußerung zwangsläufig verbundene steuerliche Belastung wertmindernd einzubeziehen. Summe der Vermögenswerte - latente Ertragsteuern = relevantes Endvermögen 1 Az: XII ZR 185/08, NJW 2011. S. 2572
Latente Steuern bei ldw. Betrieben Zum Schutz ldw. Betriebe häufig abweichende Bewertung für Zugewinnausgleich mit Ertragswert Gilt bei Scheidung auch für Betriebe nach HöfeO mangels Sonderregeln Keine Berücksichtigung latenter Steuern bei Ertragswertansatz laut Literatur 1 Latente Steuern relevant, wenn 1. Betriebsteile mit Verkehrswert anzusetzen sind (z. B. Bauland) 2. Verkehrswertermittlung für Gesamtbetrieb notwendig ist à Doppelbewertung des ldw. Betriebes nach Ertrags- und Verkehrswert i.d.r. notwendig, da Ertragswert nur maßgeblich, wenn Landwirt zum Zugewinnausgleich verpflichtet! 2 1 Piltz, Recht und Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe, 2015, S. 240 m.w.n. 2 Piltz, a.a.o., S. 73
Steuerliche Folgen der Ausgleichsforderung Zugewinnausgleich grundsätzlich Geldforderung à Kein Anspruch auf Übertragung bestimmter Vermögenswerte Private oder betriebliche Geldmittel einsetzbar Liquide Mittel meist nur begrenzt verfügbar Aufnahme eines privaten Kredits zur Begleichung der Schuld Stundungsvereinbarung mit geschiedenem Ehepartner Sachwertabfindung mit Gegenständen des Privat- oder Betriebsvermögens à Reale steuerliche Konsequenzen, da Übergabe steuerlich eine Veräußerung
Steuerliche Folgen bei Wertpapieren Nicht wesentliche Beteiligung im Privatvermögen Aktien und GmbH-Beteiligungen unter 1 % des Grundkapitals Anschaffung vor 2009: steuerfreie Veräußerung Anschaffung ab 2009: 25 % Kapitalertragsteuer auf Differenz zwischen Verkaufspreis- und Anschaffungskosten Wesentliche Beteiligungen im Privatvermögen Aktien und GmbH-Beteiligungen mit mind. 1 % des Grundkapitals 40 % des Veräußerungsgewinns bleiben steuerfrei Unabhängig vom Anschaffungsdatum Versteuerung von 60 % des Veräußerungsgewinns mit individuellem Steuersatz Wertpapiere im Betriebsvermögen 40 % des Entnahmegewinns bleiben steuerfrei Unabhängig von der Beteiligungshöhe Versteuerung von 60 % des Entnahmegewinns mit individuellem Steuersatz
Steuerliche Folgen bei Immobilien Immobilien des Betriebsvermögens Übertragung führt zu steuerpflichtigem Entnahmevorgang Versteuerung der Differenz zwischen Teilwert und fortgeführten Anschaffungskosten mit individuellem Steuersatz Keine Rücklagenbildung für stille Reserven, da Veräußerung fehlt à Besser Verkauf, Begleichung des Ausgleichanspruchs in Geld und Bildung einer steuerfreien 6b-Rücklage Immobilien des Privatvermögens Außerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist steuerfrei Innerhalb von zehn Jahren ab Anschaffung Versteuerung im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes Befreiung vom Zugewinnausgleichsanspruch gilt als Veräußerungspreis
Beispiel privates Veräußerungsgeschäft Beispiel 1: F hat an M einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 400.000. M überträgt F ein Mietshaus, welches er vor 8 Jahren für 400.000 erworben hat. Veräußerungspreis (Befreiung vom Zugewinnausgleich) 400.000 Anschaffungskosten./. 400.000 Minderung um bisherige AfA (2 % * 8 Jahre; GruBo 20 %) - 51.200 348.800 Gewinn 51.200
Beispiel privates Veräußerungsgeschäft Probleme, wenn der Verkehrswert der Immobilie und der Zugewinnausgleichsanspruch nicht übereinstimmen Teilentgeltliches Geschäft, wenn Ausgleichsanspruch unter gemeinem Wert der Immobilie Beispiel 2: F hat an M einen Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 400.000. M überträgt F ein Mietshaus im Wert von 500.000, welches er vor 8 Jahren für 400.000 erworben hat. Veräußerungspreis 4/5 des Verkehrswertes 400.000 Anschaffungskosten 4/5 v. 400.000./. 320.000 Minderung um bisherige AfA (2% * 8 Jahre; GruBo 20%) - 40.960 279.040 Gewinn 120.960 Unentgeltlich erworbenes 1/5 der Immobilie ggf. schenkungssteuerlich relevant!
Vermeidungsstrategien Kein privates Veräußerungsgeschäft, wenn: 1. Nutzung ununterbrochen oder mindestens im Jahr der Veräußerung und beiden vorangegangenen Jahren für eigene Wohnzwecke Auszug für Trennungsjahr schädlich für ausgezogenen Partner Ausnahme: Nutzung durch Kind des Steuerpflichtigen gilt als eigene Wohnnutzung 2. (Verzinsliche) Stundung des Ausgleichsanspruches bis zum Ablauf der zehn Jahre 3. Einseitig bindendes Angebot bis zum Ablauf der zehn Jahre 4. Gestaltungen durch dingliche Rechte (Nießbrauch, Dauerwohnrecht) Wichtig: Beratung durch Rechtsanwalt!
Weitere steuerliche Gesichtspunkte Anfall von Schenkungssteuer bei Abfindung über Zugewinn Immobilienübertragung anlässlich Zugewinnausgleich Zählobjekt für gewerblichen Grundstückshandel Beendigung oder Entstehung von Betriebsaufspaltungen durch Übertragung von Immobilien bzw. wesentlichen Beteiligungen Umsatzsteuerlich nicht steuerbar bei Übertragung eines gesonderten Unternehmensteils; andernfalls unentgeltliche Wertabgabe zu prüfen Grundstückserwerbe im Rahmen der nachehelichen Vermögensauseinandersetzung von Grunderwerbsteuer befreit
Fazit Ein Zugewinnausgleich kann eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen Steuerliche Aspekte sind sowohl bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs als auch ggf. bei einer Sachwertabfindung zu berücksichtigen Empfehlung: In guten Zeiten einvernehmlich Regelungen in einem Ehevertrag treffen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!