Walter Bender, Universität Bamberg. Subjektivierung von Arbeit Folgen für Weiterbildung und Personalentwicklung



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Transkript:

Walter Bender, Universität Bamberg Subjektivierung von Arbeit Folgen für Weiterbildung und Personalentwicklung

Subjektivierung von Arbeit Im Kontext neuer Formen der Arbeitsorganisation (Post-Taylorismus) sollen die Mitarbeiter ihre Arbeit verstärkt selbst organisieren und steuern, Mehrfachfunktionen und Verantwortung übernehmen sowie selbständig Ziele verfolgen (z.b. KVP)

Chancen und Risiken (nach Kleemann u.a. 1999, S. 13) Verstärkte Nutzung subjektiver Strukturierungsleistungen in der Arbeitsorganisation Erweiterter Zugriff auf die subjektiven Potentiale der Arbeitenden Erweitere Gestaltungsfreiheit - aber auch: Größere Anforderungen an Autonomie und kompatible Kompetenzen der Arbeitenden Entgrenzung von Arbeit und Leben

Gelungenes Lernen z.b. Bosch: Das Lernen unserer Mitarbeiter ist gelungen, wenn diese sich weiterqualifiziert haben und höherwertige Aufgaben übernehmen können, neue Motivation, Eigeninitiative und Flexibilität entwickeln, ihren Erfahrungshorizont verbreitert haben, Vertrauen, Kreativität und innovatives Denken zeigen, ganzheitlich Denken und eigenverantwortlich handeln. (vgl. Leitbild, Bausteine der MA-Entwicklung u. Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH)

Paradigmenwechsel in der Weiterbildung: Organisationsbezogene Qualifikations- vs. Subjektbezogene Kompetenzperspektive Qualifikation Schlüsselqualifikationen Fachliche Qualifikation Selbstkompetenz Sozialkompetenz Methodenkompetenz Fachkompetenz

Kompetenz- und Transferorientierung (nach Bender 2004, Karg 2004) Kompetenz: Einstellungen Motivation, Verantwortungs -gefühl Emotionen Wissen (explizit/implizit) Kenntnisse, Sach-/Prozess- Wissen Erfahrungen Können Fähigkeiten, Selbstorganisation, Self-efficacy Zuständigkeit Zugelassen-, Erwünschtheit, Verfügbarkeit der Mittel, Unterstützung Performanz Anforderungsu. situationsadäquates Handeln Lerntransfer Einflussfaktoren Lernender Änderungs- Lern- und Transfermotivation Trainingsdesign Inhaltliche Differenzierung Multiple Perspektiven Teilnehmerinvolvierung Transfermodul, Feedback Akzeptanz der Seminarleitung Follow-up Arbeitsumgebung Unterstützung durch Vorgesetzte u. Kollegen Betriebliche Normen Rahmenbedingungen

Lernkultur: Informelles Lernen in kompetenzfördernden Arbeitsstrukturen flache Hierarchien flexible Tätigkeitsstrukturen Qualitätszirkel und Projektgruppen Mitarbeiterbeteiligung Gruppenarbeit (Förderung von Fach-, Methoden- u. Selbstkompetenz) Gruppengespräche, KVP, Partizipation und Autonomie Eigeninitiative und -verantwortung (wenn eigenes Budget) Team- und Moderationstrainings Review-Verfahren bei Projekten Mitarbeiterpartizipation bei der Entwicklung der Arbeitsorganisation (E. Frieling 2002)

Tendenzen betrieblicher Weiterbildung Traditionelle WB Vermittlung (Lehrziele) Institutionalisierte WB Lernen in der Seminargruppe, getrennt vom Arbeitsplatz Organisationsbestimmte fachliche Qualifizierung (Fach-)Wissensvermittlung, Training Direkte Interaktion Neue Lernkultur Aneignung (Lernziele) Arbeitsintegriertes Lernen Individuelles Lernen am (PC-) Arbeitsplatz u. in Arbeitsgruppe Breite, subjektgebundene (Fach-, Sozial-, personale) Kompetenz Unterstützende Lernkultur für informelles Lernen Indirektes Arrangieren u. Beraten, Reflexion über Lernprozesse

NANO Zusammenfassung Politikern Agenturen ARGEn Bildungsträger Unternehmen NANO als Bindeglied Junge un- und angelernte Erwachsene ohne Berufsabschluss Wirtschaftsförderer Netzwerken Unternehmensverbände Gewerkschaften Kammern

Bosch 3.1 JOBFIT plus-qualifizierungen 2007/2008 9 Pilotschulungen à 10 Tagen; 135 Nicht-Facharbeiter Start-/ Abschluss- Veranstalt. management Informationstechnik Lean Production (BPS) Fertigungsbereiche Automatisierungstechnik JOBFIT plus Werkstofftechnik Qualitäts- Fertigungstechnik Maschinen-/ Gerätetechnik Längenprüftechnik

Mentoring als modernes Potentialentwicklungsinstrument Gesellschaftliche Bedeutung: Ergänzende Prozess- und Entscheidungshilfe im gesellschaftlichen und arbeitsorganisatorischen Wandel Förderung von Nachwuchskräften bei akutem Führungs- und Fachkräftemangel Transparente Förderungspolitik Renaissance des individualisierten Lernens Weitergabe informellen u. impliziten Wissens der Institution Programmatische Förderung der Geschlechtergleichstellung Erhöhung Frauenánteils in Führungs- und Fachpositionen Individuelle Bedeutung: Individuelle Förderung eines Ratsuchenden/Potentialträgers (Mentee) durch einen erfahrenen Berater (Mentor) Karriere-, Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung einer Nachwuchskraft Unterstützung beim Übergang in eine neue berufliche Rolle Lernen durch Erfahrungen des Mentors Sichtbarmachen von Kompetenzen des Mentee Auf- und Ausbau eines beruflichen Netzwerks Dipl. Päd. Sonja Besendörfer 29.11.2008

Systemische Didaktik und Lernkulturentwicklung Subjektivierung der Arbeit heißt für uns im Wesentlichen Steuerungskompetenz erwerben Wirksamkeit erzeugen und erfahren Für Weiterbildung heißt das systemisch-konstruktivistische Didaktik fragmentarisches Lernen Lernkultur als Mittel und Ergebnis Um... sich über die eigene Wahr gebung bewusst zu werden Rollenkompetenz zu erwerben die eigene Professionalität für Andere und sich spürbarer zu machen eine eigene professionelle Haltung zu entwickeln Handlungsoptionen zu erhöhen Persönlichkeit zu stärken; Perspektiven zu wechseln... Institut für systemische Beratung, Wiesloch www.isb-w.de Rebecca Wingels Johanna Kramer Michael Spudat

Weiterbildung heute: Folgen der Subjektivierung von Arbeit: gestiegene Anforderungen an Bildung und allgemeine Persönlichkeitsentwicklung Steigerung der Segregation Entgrenzung der Weiterbildung: fachlich, örtlich, personell Folgen für die Rolle der Weiterbildner: Einerseits: Instrukteur, Dozent, Trainer, Bildungsmanager Arrangeur und Lernkulturgestalter (Lern-)Berater, Moderator, Reflexionshelfer, Coach od. Mentor von Führungskräften, die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter betreiben Voraussetzung dafür: Selbstreflexive Qualitätsentwicklung in der Weiterbildung

Quellennachweise: Bender, W. (2004): Lernen und Handeln Thesen aus subjektorientierter Sicht. In: Report. Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung 27. Jg., H. 1, S. 249-255 Bender, W. (2007): Zwischen Profession und Organisation: Pädagogische Reflexivität in Institutionen der Erwachsenenbildung. In: Bender, W./Zech, R. (Hrsg.) Denn sie wissen, was sie tun! Auf dem Weg zur selbstreflexiven Organisation. Fallstudien zur Lernerorientierten Qualitätsentwicklung. Hannover: Expressum, S. 72-84 Frieling, E. (2002): Thesen zur Kompetenzentwicklung. Vortrag auf der GTW-Konferenz: Kompetenzentwicklung in Unternehmensprozessen, Karlsruhe Karg, U. (2006): Betriebliche Weiterbildung und Lerntransfer. Einflussfaktoren auf den Lernprozess im organisationalen Kontext. Bielefeld: wbv Kleemann, F./Matuschek, I./Voß, G. (1999): Zur Subjektivierung von Arbeit. Paper P 99-512. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung http://bibliothek.wzb.eu/pdf/1999/p99-512.pdf