Gewerbliche Infizierung durch Fallpauschalen



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Transkript:

Integrierte Versorgung Gewerbliche Infizierung durch Fallpauschalen von StB Dr. Rolf Michels und StB Thomas Ketteler-Eising, Köln Bei den zwischen Krankenkassen und ärztlichen Gemeinschaftspraxen abgeschlossenen Verträgen über eine integrierte Versorgung nach 140a ff. SGB V stellt sich die Frage, ob einheitliche Fallpauschalen die gesamten Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit gewerblich infizieren ( 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Vergleichbare Probleme können sich im Einzelfall auch bei anderen Arten von Leistungspauschalen ergeben, z.b. bei Versorgungsverträgen nach 73c SGB V. Der Beitrag gibt in diesem Zusammenhang nicht nur einen Überblick über die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung, sondern auch gestalterische Hinweise, wie das Problem gelöst werden kann. 1. Auffassung der Finanzverwaltung Das BMF-Schreiben vom 1.6.06 (DStR 06, 1891), mit dem sich die Finanzverwaltung das erste Mal erkennbar mit den Fallpauschalen im Rahmen der integrierten Versorgung auseinandergesetzt hatte, hat durch seine geringe Differenzierung in der steuerlichen Beurteilung zu einer erheblichen Verunsicherung bezüglich des Risikos der Gewerblichkeit von Gemeinschaftspraxen geführt. Diese Verunsicherung konnte durch die differenzierten Sichten der OFD Münster (23.11.06, DB 06, 2661; 16.4.07, DB 07, 1055) und der OFD Frankfurt am Main (28.2.07, DB 07, 1282), die sich u.a. auf ältere BMF-Schreiben beriefen, teilweise gemildert werden. 1.1. Gewerbliche Infizierung von Gemeinschaftspraxen Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass die zwischen Krankenkasse und Arzt vereinbarten Fallpauschalen Vergütungen sowohl für freiberufliche ( 18 EStG) als auch für gewerbliche ( 15 EStG) Tätigkeiten umfassen können. Soweit diese Fallpauschalen gewerbliche Tätigkeiten umfassen und mit Gemeinschaftspraxen vereinbart werden, kommt es bei der integrierten Versorgung unter der Voraussetzung, dass die vom BFH aufgestellte Geringfügigkeitsgrenze (1,25 v.h.; BFH 11.8.99, BStBl II 00, 229) überschritten ist, nach 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu einer gewerblichen Infizierung der gesamten Tätigkeit der Gemeinschaftspraxen. Dies betrifft insbesondere die Abgabe von postoperativen Hilfsmitteln wie z.b. Krücken, Bandagen, Korsetts oder von Medikamente zur Nachversorgung. In beiden Fällen handelt es sich um Leistungen, die typischerweise auch im Rahmen eines Gewerbebetriebes (Sanitätshaus, Apotheke) erbracht werden. BMF-Schreiben wirkte stark verunsichernd Vor allem durch Abgabe postoperativer Hilfsmittel Für die Prüfung der Geringfügigkeitsgrenze ist der Anteil der Fallpauschalen, der auf die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln entfällt, dem Gesamtumsatz der Gemeinschaftspraxis gegenüberzustellen. Dabei kann der Umsatz aus der Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln anhand der Einkaufspreise ermittelt werden, da aus deren Abgabe kein Gewinn erstrebt wird (OFD Frankfurt 28.2.07, DB 07, 1282). Praxis Freiberufler-Beratung 11 2008 282

Durch die gewerbliche Infizierung erzielt die Gemeinschaftspraxis insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Damit unterliegt der Gewinn der Gemeinschaftspraxis auch aus der ärztlichen Tätigkeit der Gewerbesteuer. Dem folgend kann die Gemeinschaftspraxis u.a. bei Überschreiten der Grenzen des 141 AO zur Buchführungspflicht und damit zur Bilanzierung aufgefordert werden. Von dem Problem der gewerblichen Infizierung nach 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht betroffen sind dagegen weiterhin Einzelpraxen, da insoweit keine Mitunternehmerschaft vorliegt. Übt eine natürlich Person sowohl eine freiberufliche Tätigkeit als auch ein gewerbliche Tätigkeit aus, werden nebeneinander freiberufliche und gewerbliche Einkünfte erzielt, die getrennt ggf. im Schätzwege zu erfassen sind (H 15.6 EStR Gemischte Tätigkeit"). 1.2 Einheitlichkeit der Leistung Es kommt jedoch dann nicht zu einer gewerblichen Infizierung der Einkünfte, wenn sich die Abgabe von Medikamenten und/oder Hilfsmitteln und die ärztliche Tätigkeit derart bedingen und miteinander verflochten sind, dass die Durchführung der ärztlichen Leistung ansonsten nicht möglich wäre und die ärztlichen Leistungsanteile der Gesamtleistung das Gepräge geben (H 15.6 EStR Gemischte Tätigkeit"; H 15.8 Abs. 5 EStR Einheitliche Gesamtbetätigung"). Ausgenommen: Einzelpraxen Keine Gewerbesteuerpflicht bei engem Zusammenhang Kann z.b. der Arzt bei der integrierten Versorgung Augenoperationen nur unter Verwendung von Implantaten (z.b. Linsen) oder den für die Operation erforderlichen Medikamenten durchführen, so sind alle Leistungen einheitlich zu beurteilen. Es liegt dann insgesamt eine Heilbehandlung gemäß 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG vor. Dieser Grundsatz gilt auch z.b. bei der Abgabe von Impfstoffen als unselbständiger Teil der ärztlichen Heilbehandlung im Rahmen der Durchführung von Impfungen durch Ärzte (BMF 17.2.00, DStR 00, 730) oder beim Einsatz von Materialien und medizinischen Hilfsmitteln (z.b. Katheter; BMF 20.9.99, DStR 00, 1814) durch Arztpraxen zum Zwecke der Heilbehandlung eigener Patienten (OFD Münster 23.11.06, DB 06, 2661; 16.4.07, DB 07, 1055) Wird dementsprechend im Rahmen von Fallpauschalen der Einsatz von Hilfsmitteln abgegolten, ohne deren Einsatz die ärztliche Heilbehandlung gar nicht möglich wäre, wie z.b. auch beim Einsatz künstlicher Hüftgelenke und sonstiger Implantate und Verbrauchsmaterialien, so sind diese derart eng mit der eigentlichen freiberuflichen Tätigkeit verbunden, dass deren Abgabe nicht als eigenständige gewerbliche Leistung betrachtet werden kann, sondern als Bestandteil der ärztlichen Gesamtleistung gesehen werden muss. Insoweit erbringt der Arzt eine einheitliche, heilberufliche Leistung, bei der die Abgabe von Hilfsmitteln und Medikamenten einen unselbstständigen Teil der Heilbehandlung darstellt und eine gewerbliche Tätigkeit, die eine gewerbliche Infizierung herbeiführen würde, nicht gegeben ist (OFD Frankfurt am Main 28.2.07, DB 07, 1282; vergleichbar: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen 2.4.07, 31 S 2240 090 13306/07 [EStK 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG Karte 6.3.2]). Enger Zusammenhang auch bei Fallpauschalen entscheidend Praxis Freiberufler-Beratung 11 2008 283

2. Beurteilung Im Grundsatz ist das Problem bereits im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Behandlung des Verkaufs von Kontaktlinsen und Pflegemitteln durch Augenärzte, Artikeln zur Mundhygiene durch Zahnärzte, Nahrungsergänzungsmitteln durch Hausärzte und des sogenannten medizinischen Gerätetrainings (MGT) durch Krankengymnasten sowie der Abgabe von Impfstoffen durch Ärzte angesprochen (BMF 14.5.97, BStBl I, 566; OFD Hannover 6.10.03, DStZ 03, 856 und BMF 17.2.00, DStR 00, 730). Demnach führen Tätigkeiten eines Arztes im Rahmen seiner Praxis, die der ärztlichen Tätigkeit wesensfremd sind und mit der er in Konkurrenz zu anderen gewerblichen Anbietern tritt, zu gewerblichen Einkünften i.s. des 15 EStG. Dies gilt nicht für gewerbliche Leistungsanteile, die sich im Rahmen eines sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs als unselbstständiger Teil einer einheitlich als freiberufliche ärztliche Tätigkeit zu beurteilenden Leistung darstellen. Insoweit wird zutreffend davon ausgegangen, dass der Einsatz künstlicher Gelenke, künstlicher Augenlinsen oder anderer Implantate und Verbrauchsmaterialien im Rahmen einer ansonsten ärztlichen Behandlung nicht zu gewerblichen Einkünften führt. Sind dagegen die Leistungen trennbar, z.b. die Abgabe von postoperativen Hilfsmitteln durch Orthopäden, ist hier die Gefahr der gewerblichen Abfärbung nach 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG für Gemeinschaftspraxen zu sehen. Der ärztlichen Tätigkeit wesensfremde Leistungen 3. Praxishinweis Im Folgenden seien einige Hinweis aufgeführt, wie das Problem der gewerblichen Infizierung durch vorausschauende Gestaltung oder durch nachträglich rettende Maßnahmen umgangen werden kann. 3.1 Gestaltungshinweise Insbesondere bei Gemeinschaftspraxen ist es erforderlich, die Verträge zur integrierten Versorgung daraufhin zu untersuchen, ob in ihnen trennbare gewerbesteuerpflichtige Leistungen enthalten sind. Ist dies der Fall, müssten die Fallpauschalen (eine für freiberufliche, eine für gewerbliche Tätigkeiten) getrennt und die gewerbliche Tätigkeit in eine gegebenenfalls personenidentische zweite Gesellschaft ausgelagert werden (Gragert, Ertragsteuerliche Behandlung der integrierten Versorgung im Gesundheitswesen, NWB Fach 3, 14239). Diese für den Bereich z.b. des Verkaufs von Kontaktlinsen und Pflegemitteln durch Augenärzte, Artikeln zur Mundhygiene durch Zahnärzte, Nahrungsergänzungsmitteln durch Hausärzte von der Finanzverwaltung unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen anerkannte Gestaltungsempfehlung (BMF 14.5.97, BStBl I, 566) dürfte bei der Umsetzung im Bereich der integrierten Versorgung nach 140a ff. SGB V auf Probleme stoßen. Gewerbliche Tätigkeit in andere Gesellschaft auslagern Erforderlich für wäre die Aufteilung der Fallpauschale in zwei getrennte Pauschalen, eine für die freiberufliche Tätigkeit und eine weitere für die gewerbliche Tätigkeit. Diese zweite Pauschale müsste dann zwischen der Praxis Freiberufler-Beratung 11 2008 284

personenidentischen zweiten Gesellschaft, die kein anerkannter Leistungserbringer im System der gesetzlichen Krankenversicherung wäre, und der Krankenkasse vereinbart werden. Dies stößt in vielen Fällen auf Widerstände bei den Krankenkassen. Zu empfehlen wäre insoweit die Gründung einer Managementgesellschaft i.s. des 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V. Die Managementgesellschaft schließt dann einerseits mit der Krankenkasse den Vertrag zur integrierten Versorgung und andererseits einen weiteren Vertrag ausschließlich bezogen auf die ärztliche Tätigkeit mit der Gemeinschaftspraxis ab. Der Gewinn aus der ärztlichen Tätigkeit wird dann in der Gemeinschaftspraxis erwirtschaftet und der Gewinn aus der gewerblichen Tätigkeit verbleibt in der Managementgesellschaft. Gründung einer Managementgesellschaft An der Managementgesellschaft sollte sich allerdings nicht die Gemeinschaftspraxis direkt beteiligen. Vielmehr sollten sich im Regelfall nur die Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis persönlich an der Managementgesellschaft beteiligen. Würde die Managementgesellschaft als Personengesellschaft organisiert und würde sich die Gemeinschaftspraxis direkt als Gesellschafter der Managementgesellschaft beteiligen, käme es wiederum zu einer gewerblichen Infizierung nach 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, weil die Gemeinschaftspraxis dann als Mitunternehmer gewerbliche Einkünfte aus der Managementgesellschaft i.s. des 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG beziehen würde. Gewerbliche Einkünfte des einzelnen Arztes in dessen Sonderbetriebsbereich zur Gemeinschaftspraxis führen dagegen nicht zur gewerblichen Infizierung der Gemeinschaftspraxis (H 15.8 Abs. 5 EStR Gewerbliche Einkünfte im Sonderbereich des Gesellschafters"). Umsatzsteuerlich ergeben sich hier auch keine Nachteile. Auch Managementgesellschaften können unter den Voraussetzungen des 4 Nr. 14 und oder Nr. 16 UStG umsatzsteuerfreie Leistungen bezogen auf die ärztlichen Heilbehandlungsleistungen gegenüber den Krankenkassen erbringen. Nur soweit der Managementgesellschaft nur Steuerungs-, Koordinierungs- und/oder Managementaufgaben übertragen werden und natürlich bezogen auf die nichtärztlichen Leistungen sind diese nicht nach 4 Nr. 14 und/oder Nr. 16 UStG umsatzsteuerfrei (BMF 15.6.06, BStBl I, 405). Von der Umsatzsteuerpflicht dieser Leistungen bleibt die Umsatzsteuerbefreiung der ärztlichen Heilbehandlungsleistungen unberührt, da eine umsatzsteuerliche Infektion nach der Systematik des Umsatzsteuergesetzes auszuschließen ist. 3.2 Hinweise zur rettenden Beratung Insbesondere im Rahmen einer rettenden Beratung stellt sich ergänzend die Frage, ob die in den Fallpauschalen enthaltenen Vergütungen für z.b. die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln tatsächlich als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren sind, selbst wenn diese nicht als Teil einer einheitlichen ärztlichen Leistung zu beurteilen sind. Umsatzsteuerlich ebenfalls unbedenklich Weiterbelastung zu Einkaufspreisen Einen Ansatzpunkt für diese Frage bieten die OFD-Verfügungen (OFD Münster 23.11.06, DB 06, 2661; 16.4.07, DB 07, 1055; ebenso OFD Frankfurt Praxis Freiberufler-Beratung 11 2008 285

am Main, 28.2.07, DB 07, 1282). Dort heißt es zur Frage der Ermittlung der Geringfügigkeitsgrenze: Dabei kann der Umsatz aus der Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln anhand der Einkaufspreise ermittelt werden, da aus deren Abgabe kein Gewinn erstrebt wird. Trifft dies zu, werden also im Rahmen der Kalkulation und Abrechnung der Fallpauschalen die Arzneien und Hilfsmittel mit den Einkaufspreisen berücksichtigt, ohne dass aus deren Abgabe ein Gewinn erstrebt wird, kann die Auffassung vertreten werden, dass keine gewerblichen Einkünfte vorliegen. Nach 15 Abs. 2 S. 1 EStG kann nur eine selbstständige nachhaltige Betätigung Gewerbebetrieb sein, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, unternommen wird. Dem folgend führt eine selbstständige nachhaltige Betätigung ohne die Absicht Gewinne zu erzielen, nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Werden die Arzneien und Hilfsmittel zu Selbstkosten abgegeben und wird der Gewinn ausschließlich aus den ärztlichen Leistungen, d.h. den freiberuflichen Leistungen, erstrebt, liegen ausschließlich freiberufliche Einkünfte vor. Insofern würde sich auch die Frage der gewerblichen Abfärbung nach 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG bei Gemeinschaftspraxen nicht stellen. Ausschließlich freiberufliche Einkünfte 4. Fazit Je nach Ausgestaltung des Vertrags kann es bei der integrierten Versorgung zur gewerblichen Infizierung der gesamten Einkünfte aus der im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis ausgeübten ärztlichen Tätigkeit kommen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze des BFH von 1,25 v.h. bezogen auf die gewerblichen Elemente der Fallpauschale überschritten wird. Wer das Problem vermeiden will, sollte über die Gründung einer Managementgesellschaft i.s. des 140b Abs. 1 Nr. 4 SGB V nachdenken, um die gewerbliche Tätigkeit im Rahmen dieser Gesellschaft von der Gemeinschaftspraxis abschirmen. Kanzlei-/Praxismarketing SCOOP.de ab 6.10.08 mit Beraterverzeichnis! Was würden Sie sagen, wenn Sie die Chance bekämen, sich selbst, Ihre Leistungen und Ihre Kanzlei auf einer von Ärzten und Zahnärzten stark frequentierten und hoch spezialisierten Internet-Plattform darzustellen? Mit dem innovativen Beraterverzeichnis von SCOOP-Aerzteberatung.de sichern Sie sich den Zugang zu dieser Branche mit hohem Beratungsbedarf. Individueller Profileintrag möglich Dank der Fokussierung auf Ärzte und Zahnärzte ist SCOOP.de das ideale inhaltliche Umfeld für die Darstellung Ihrer Kanzlei. Bereits 25.000 Ärzte und Zahnärzte nutzen jeden Monat den direkten Zugriff auf das Wissen und die Konzepte der Berater. Auf SCOOP.de stehen Ihnen bis zu drei Seiten für die individuelle Darstellung zur Verfügung. Gehen Sie auf www.scoop- Aerzteberatung.de/Berater und erstellen Sie dort Ihr Beraterprofil! Praxis Freiberufler-Beratung 11 2008 286