AUSLANDSBETRIEBSSTÄTTEN DURCH MONTAGEPROJEKTE - THEMEN AUS SICHT DER BERATUNGSPRAXIS



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Transkript:

AUSLANDSBETRIEBSSTÄTTEN DURCH MONTAGEPROJEKTE - THEMEN AUS SICHT DER BERATUNGSPRAXIS International tätige Steuerberater haben häufig mit Mandanten zu tun, die im Ausland Betriebsstätten wissentlich oder unabsichtlich begründen und dadurch mit landesspezifischen steuerlichen Pflichten konfrontiert sind. Der Beitrag soll die Komplexität darstellen, die sich bei der Beratung weltweit über Betriebsstätten agierender Unternehmen ergeben kann. von WP/StB Dipl. oec. Andrea Bruckner und RA/StB Christiane Anger I. Einleitung International tätige Steuerberater haben häufig mit Mandanten zu tun, die im Ausland Betriebsstätten wissentlich oder unabsichtlich begründen und dadurch mit landesspezifischen steuerlichen Pflichten konfrontiert sind. Der Beitrag soll die Komplexität darstellen, die sich bei der Beratung weltweit über Betriebsstätten agierender Unternehmen ergeben kann. Teilweise entstehen - vom inländischen Unternehmer unbeabsichtigt - neben bereits vorhandenen Auslandstochtergesellschaften steuerliche Betriebsstätten im selben Staat. Diese Konstellation erhöht den Beratungsumfang deutlich. Zum einen muss rechtzeitig erkannt werden, dass eine steuerliche Betriebsstätte vorliegt oder begründet wird, zum anderen ist die Gewinnaufteilung gerade dann erschwert, wenn Mitarbeiter sowohl für die Tochtergesellschaft als auch in der Betriebsstätte tätig sind. Im Konkreten sollen nachstehend sog. Montagebetriebsstätten behandelt werden, die deutsche Unternehmen im Ausland durch eine längerfristige Montagetätigkeit begründen. Im Fokus stehen deutsche Unternehmen, die als Generalunternehmer schlüsselfertige Anlagen im Ausland bauen. Dabei werden Besonderheiten einzelner Länder hervorgehoben, insbesondere wenn dort deutliche Abweichungen zum deutschen Steuerrecht bestehen. Auch werden besondere Fallkonstellationen besprochen, die sich im internationalen Anlagenbau häufig ergeben. Dieser Aufsatz soll nicht sämtliche Themen abschließend aufzeigen, sondern vielmehr Praxiserfahrungen darstellen, das Problembewusstsein bei grenzüberschreitender Betriebsstättentätigkeit schärfen und ausgewählte Besonderheiten betreffend die verschiedenen Steuerarten - sprich Ertragsteuern, Umsatzsteuer und Lohnsteuer - ansprechen. II. Ertragsteuern 1. Begründung einer Montagebetriebsstätte Zunächst ist die Frage zu klären, ob der deutsche Unternehmer mit seiner Tätigkeit im Ausland eine Betriebsstätte im Sinne des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) begründet. Im Montagefall können beispielsweise Bürocontainer eine feste Geschäftseinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 OECD-MA darstellen, durch die die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausgeübt wird. Die Beurteilung darüber hat der Steuerberater im jeweiligen Betriebsstättenstaat zu treffen. Ist eine feste Geschäftseinrichtung nicht vorhanden, sind die Voraussetzungen für eine Montagebetriebsstätte im Sinne des Art. 5 Abs. 3 OECD-MA zu prüfen. Während nach dem OECD-MA und dem US- Musterabkommen Montagen erst bei einer Dauer von mehr als 12 Monaten eine Betriebsstätte begründen, lässt das UN-Musterabkommen 6 Monate ausreichen. So reicht beispielsweise in den Ländern China, Indien und Mexiko die Überschreitung eines Sechsmonatszeitraums für die Begründung einer Montagebetriebsstätte aus. In Frankreich, Großbritannien, Korea, Italien und Polen etwa muss eine Montage dagegen mehr als 12 Monate dauern, um eine Betriebsstätte zu begründen. In einzelnen Ländern ist auch ein Neunmonatszeitraum vorgesehen. Zu beachten ist, dass eine Montagebetriebsstätte samt der sich daraus ergebenden steuerlichen Pflichten bereits mit dem Beginn der Montage entsteht und nicht etwa erst mit Ablauf des fraglichen Zeitraums. Für den im Ausland tätigen Anlagenbauer ist daher eine vorausschauende Planung und rechtzeitige Einschaltung seines Steuerberaters von größter Relevanz. Vielfach wird die Einschaltung ausländischer Steuerberaterkollegen zur abschließenden Beurteilung notwendig sein. Seite 1 von 5

Wann eine Betriebsstätte im jeweiligen Land beginnt, wann sie endet und wie sich Arbeitsunterbrechungen auf die Bestimmung des fraglichen Zeitraums auswirken, ist in enger Zusammenarbeit mit dem ausländischen Steuerberater zu klären. Im jeweiligen Einzelfall kann auch zu prüfen sein, ob und unter welchen Voraussetzungen mehrere Betriebsstätten für die Erfüllung des relevanten Zeitraums in einem Land zusammengerechnet Auch ist zu untersuchen, ob nach jeweiligem Landesrecht neue Aufträge im selben Land durch eine bereits bestehende Betriebsstätte "infiziert" werden, sprich ob sich die steuerlichen Konsequenzen einer bereits bestehenden Betriebsstätte auf das zweite Projekt, welches unter Umständen selbst nicht die Voraussetzungen für eine Betriebsstätte erfüllt, erstrecken. Beauftragt der deutsche Generalunternehmer Subunternehmer im Ausland, können ihm deren Leistungen im Montagestaat zugerechnet Dies ist anhand des einschlägigen DBA zu prüfen. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Betriebsstätte vorliegt, kann auch die Besonderheit der sog. Aufsichtstätigkeit zu berücksichtigen sein. In einigen Ländern, z.b. China, Indien oder Korea, stellen die mit einer Montage zusammenhängenden überwachenden Tätigkeiten Montagebetriebsstätten dar, wenn sie die für die Montage relevante Zeitspanne überschreiten. 2. Zuordnung des Besteuerungsrechts Grundsätzlich sind die Betriebsstätteneinkünfte im Betriebsstättenstaat zu versteuern. Deutschland stellt die Einkünfte von der Besteuerung frei. Fast alle neueren DBA machen die Freistellung von der deutschen Einkommensteuer davon abhängig, dass die Einnahmen der Betriebsstätte ausschließlich, fast ausschließlich oder zu einem festen Anteil aus so. aktiven oder produktiven Tätigkeiten stammen. Ist dieser sog. Aktivitätsvorbehalt nicht erfüllt, tritt an die Stelle der Freistellung die Anrechnung. Das heißt, Deutschland besteuert und rechnet die Steuer des Betriebsstättenstaats an. 3. Betriebsstättengewinnermittlung Bei der Ermittlung des Betriebsstättengewinns ist die anwendbare Methode mit dem Steuerberater im Betriebsstättenstaat abzustimmen. Die Kostenaufschlagsmethode mit einem Aufschlagssatz von 5 % wird bei reinen Montagebetriebsstätten erfahrungsgemäß anerkannt. Im Einzelnen hat hier aber eine enge Abstimmung mit dem Steuerberater im jeweiligen Betriebsstättenstaat zu erfolgen. 4. In der Rechtsform einer Personengesellschaft tätiger Unternehmer Wird eine deutsche Personengesellschaft im Ausland mit einer Betriebsstätte tätig, ist zu ermitteln, ob die Gesellschaft auch im Ausland als transparent angesehen wird und die Gesellschafter selbst veranlagt werden, oder ob die Personengesellschaft als intransparent behandelt wird. Wird die Montagefrist im Ausland durch eine Personengesellschaft erfüllt, die im Tätigkeitsstaat als steuerlich transparent behandelt wird, so begründet sie eine Betriebsstätte für jeden ihrer Gesellschafter. In Großbritannien oder Polen werden beispielsweise deutsche Personengesellschaften generell ebenfalls als steuerlich transparent angesehen, so dass dort Steuererklärungen für die einzelnen Gesellschafter abgegeben werden müssen. 5. Funktionsverlagerung Beim grenzüberschreitenden Tätigwerden ist das Risiko einer sog. Funktionsverlagerung im Auge zu behalten. Das BMF hat die aus Sicht der Verwaltung maßgebenden Grundsätze für die Einkunftsabgrenzung in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen und die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes in diesen Fällen festgelegt. Im Ergebnis wird demnach über die Realisierung stiller Reserven hinaus, die in den übertragenen Wirtschaftsgütern enthalten sind, ein Gewinnpotenzial auf Grund der Verlagerung einer Funktion angesetzt. 6. Quellensteuern im Ausland Die Besteuerung der Auslandsbetriebsstätte findet teilweise über eine Quellensteuererhebung statt. Zum Beispiel hat der indische Auftraggeber bei der Bezahlung des deutschen Unternehmers, der für ihn eine Anlage in Indien errichtet, eine Quellensteuer einzubehalten. Dieser Quellensteuerabzug entbindet den deutschen Unternehmer aber nicht von der Pflicht, in Indien eine Steuererklärung abzugeben und seine indischen Betriebsstätteneinkünfte zu erklären. Teilweise sind auch die Unternehmer mit im Ausland tätigen Betriebsstätten verpflichtet, dort eine Quellensteuer einzubehalten und abzuführen. Dies kann wiederum beispielsweise Seite 2 von 5

in Indien der Fall sein, wenn für die indische Betriebsstätte eines deutschen Unternehmens Leistungen eines nicht-indischen Subunternehmers in Anspruch genommen Ein ähnliches System gibt es in China. 7. Betriebsstättenverluste Handelt es sich bei einer Auslandsbetriebsstätte um ein Verlustprojekt, sind vor allem die Fragen zu klären, wann der Verlust definitiv entstanden ist und ob der Verlust eventuell gar nicht im Ausland, sondern tatsächlich im Inland verursacht wurde. Hinsichtlich Verlusten aus Betriebsstätten im EU-Ausland ist die neuere BFH-Rechtsprechung zu berücksichtigen. Verluste aus einer in der EU belegenen Betriebsstätte sind ausnahmsweise im Inland steuerlich zu berücksichtigen, wenn sie "final" sind, d.h. insbesondere bei Umwandlung der Auslandsbetriebsstätte in eine Kapitalgesellschaft, bei ihrer entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung oder ihrer endgültigen Aufgabe. 8. Mitwirkungs- und Dokumentationspflichten Bei Auslandsbeziehungen bestehen erhöhte Mitwirkungspflichten des Unternehmers. Die Auslandsbetriebsstätte ist beim deutschen Finanzamt anzuzeigen, 138 Abs. 2 Nr. 1 AO. Gemäß 90 Abs. 3 Satz 4 AO, 7 GAufzV hat der deutsche Unternehmer Aufzeichnungspflichten hinsichtlich der Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und ausländischer Betriebsstätte. Dabei sind die landesspezifischen Dokumentationspflichten des Betriebsstättenstaats zu beachten. III. Umsatzsteuer 1. Zeitplanung und Vorgehensweise Die umsatzsteuerliche Beurteilung der Leistungsbeziehungen zwischen deutschem Unternehmer und ausländischem Auftraggeber sollte rechtzeitig vor Beginn der Tätigkeit im Ausland stattfinden. Wird der Sachverhalt erst umsatzsteuerlich gewürdigt, wenn die Auslandstätigkeit bereits aufgenommen wurde und eine Betriebsstätte ohne explizite Beachtung entstanden ist, drohen aufwendige Berichtigungsverfahren und eventuelle Strafen sowie Nachzahlungszinsen. Derartige Konsequenzen können vermieden werden, wenn die geplante Auslandstätigkeit vorab in Zusammenarbeit mit dem ausländischen Steuerberater umsatzsteuerlich korrekt aufgesetzt wird. Der Fall einer nicht erkannten Betriebsstätte in Großbritannien soll dies verdeutlichen. Zunächst waren wegen der nicht erkannten englischen Betriebsstätte Rechnungen an den englischen Auftraggeber nach dem Reverse-charge- Verfahren, also ohne Umsatzsteuerausweis, gestellt worden. Diese über mehrere Jahre hinweg erfolgende unzutreffende Behandlung war rückwirkend zu korrigieren. Nach langwierigen Verhandlungen mit der englischen Steuerbehörde konnte schließlich eine Einigung über ein vereinfachtes Berichtigungsverfahren erzielt Die englische Steuerbehörde erklärte sich mit einer einzigen berichtigenden Rechnung einverstanden, aus der sich sämtliche bisher in Rechnung gestellten Entgelte ergaben sowie die fälschlich bisher nicht ausgewiesene englische Umsatzsteuer. Dies war aber nur die erste Hürde, die der deutsche Unternehmer zu nehmen hatte. Um die langjährige Vertragsbeziehung mit dem Auftraggeber wenigst möglich zu belasten, musste mit der englischen Finanzbehörde auch die Frage des Vorsteuerabzugs des Auftraggebers geklärt Schlimm genug, die falsche umsatzsteuerliche Behandlung gegenüber dem englischen Auftraggeber eingestehen zu müssen, hatte der leistende Unternehmer nun für eine reibungslose Umsetzung des gesamten Berichtigungsprozederes zu sorgen. Ohne die Sicherheit, einen Vorsteuerabzug hinsichtlich der sich aus der Korrekturrechnung ergebenden Umsatzsteuer gewährt zu bekommen, hätte der Auftraggeber die geänderte Rechnung nicht akzeptiert. Gerade weil sich die Berichtigung über einen längeren Zeitraum erstreckte, ließen sich Diskussionen mit dem Auftraggeber des Unternehmers nicht vermeiden. Der Sachverhalt und die umsatzsteuerliche Beurteilung waren dem Auftraggeber zu erläutern, die Erstellung der berichtigenden Rechnung musste ihm angekündigt werden, ein Leitfaden zum Berichtigungsprozedere war ihm zu geben. Derart schwierige nachträgliche "Aufräumarbeiten" können nur durch eine sorgfältige rechtzeitige Planung der Auslandstätigkeit vermieden 2. Werklieferungen Montageleistungen sind aus deutscher Sicht in der Regel sog. Werklieferungen, 3 Abs. 4 UStG. Steuerbar sind diese - soweit sie wie in Deutschland als einheitliche Leistung betrachtet werden - im jeweiligen Ausland, sprich am Ort, an dem die Verfügungsmacht verschafft wird, 3 Abs. 7 Satz 1 UStG. Seite 3 von 5

Das Verfahren der Umsatzsteuerabführung im jeweiligen Betriebsstättenstaat kann unterschiedlich sein. Teils findet das sog. Reverse- Charge-Verfahren Anwendung, wonach die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger übergeht und die Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis zu stellen sind. Die Erstattung ausländischer Vorsteuer ist bis 30.09. des Folgejahres - für 2009 einmalig verlängert bis 31.03.2011 - im elektronischen Vorsteuervergütungsverfahren zu beantragen. Teils führt die ausländische Betriebsstätte dazu, dass sich der Unternehmer im Ausland als dortiger Unternehmer registrieren lassen und die ausländische Umsatzsteuer ausweisen muss. Etwaige ausländische Vorsteuerbeträge können im dortigen Voranmeldungsverfahren geltend gemacht Die asiatischen Länder und auch Mexiko teilen Werklieferungen in einen Lieferanteil und einen Leistungsanteil auf. Der Leistungsanteil setzt sich beispielsweise zusammen aus der Überwachung, Montage und Inbetriebnahme. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn in Vertrag und Rechnungen ein Gesamtpreis für Lieferung und Montage ausgewiesen wird. Empfehlenswert sind stattdessen eine saubere Trennung der Lieferungen und Leistungen im Vertrag und entsprechend auch ein getrennter Preisausweis. In einigen Ländern, wie beispielsweise Korea, gibt es die Besonderheit, dass die Übernahme der koreanischen Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger/ Auftraggeber vereinbart werden kann. Dies sollte sich der deutsche Unternehmer aber auch nachweisen lassen durch eine entsprechende behördliche Bescheinigung, um nicht erneut zur Steuerzahlung verpflichtet werden zu können. 3. Umrechnungskurs Bei Projekten im Nicht-Euro-Ausland ist der Zeitpunkt des Entstehens der Umsatzsteuer relevant für die Ermittlung des anzuwendenden Umrechnungskurses. Hier sind auch die landesspezifischen umsatzsteuerlichen Regelungen zu beachten. IV. Lohnsteuer 1. Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen den Ländern Hinsichtlich des Besteuerungsrechts für das Gehalt der auf der Betriebsstätte tätigen Arbeitnehmer ist der dem Art. 15 OECD-MA entsprechende Artikel des einschlägigen DBA zu untersuchen. Im Rahmen der 183-Tage-Regel stellen die DBA auf verschiedene Zeiträume ab. Teilweise kommt es auf die Erfüllung der 183-Tage-Regel in einem beliebigen Zwölfmonatszeitraum an, teilweise wird auf das Kalenderjahr abgestellt, manche DBA betrachten das Steuerjahr des Tätigkeitsstaats, welches z.b. in Großbritannien oder in Indien vom Kalenderjahr abweicht. Auch werden die Tage unterschiedlich berechnet: Zum Teil kommt es auf die Anwesenheitstage an, zum Teil auf die Tage der Arbeitsausübung. Ebenfalls individuell sind die Regelungen zu Unterbrechungen und zur Zählung von An- und Abreisetagen. Die Besonderheiten des jeweils einschlägigen DBA sind optimalerweise rechtzeitig zu berücksichtigen, um das Besteuerungsrecht vor Antritt der Auslandstätigkeit zutreffend zu beurteilen. Ein etwaiger Lohnsteuerabzug kann dann sofort im richtigen Land vorgenommen, eine Freistellung vom Lohnsteuerabzug in Deutschland kann beantragt Wird das Gehalt an die Auslandsbetriebsstätte weiterbelastet, hat der Betriebsstättenstaat grundsätzlich ab dem ersten Tag der Betriebsstätte das Besteuerungsrecht für das Gehalt. Schwierigkeiten ergeben sich bei Montagebetriebsstätten, da deren Entstehung von einer gewissen Dauer des Auslandsprojekts abhängt. Die voraussichtliche Dauer der Montage ist daher durch den deutschen Unternehmer sorgfältig abzuschätzen, um auch das Besteuerungsrecht für das Gehalt der Mitarbeiter am besten im Voraus beurteilen zu können. Mehrere Aufträge, anlässlich derer der Mitarbeiter im Ausland tätig ist, sind zusammen zu betrachten. Unter Umständen überschreitet der Angestellte insgesamt die 183 Tage im betreffenden Staat, oder die Aufträge sind im Rahmen der Beurteilung als Montagebetriebsstätte zusammenzurechnen und führen so einer Besteuerung des Gehalts im Betriebsstättenstaat. Besonderheiten in einzelnen Ländern sind zu berücksichtigen. So ist z.b. in Frankreich und Großbritannien trotz des Bestehens einer Betriebsstätte eine bestimmte Anwesenheitsdauer des Mitarbeiters im jeweiligen Land erforderlich, um dort eine Besteuerung des Gehalts auszulösen. In beiden Ländern ist die 183-Tage- Regel auch bei Weiterbelastung des Gehalts an eine Betriebsstätte im jeweiligen Land zu beachten. In der Praxis ist das Lohnbüro rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass laut Planung ein Mitar- Seite 4 von 5

beiter voraussichtlich über 183 Tage im Ausland (tätig) sein wird bzw. dass eine Auslandsbetriebsstätte besteht bzw. begründet werden wird, die das Gehalt wirtschaftlich trägt bzw. tragen wird. Auf diese Weise werden spätere "Rückrechnungen" hinsichtlich der Lohnsteuer vermieden. Damit das Gehalt in Deutschland von der Besteuerung freigestellt wird, ist der Nachweis der Entrichtung der Steuern im Ausland zu führen oder der Nachweis darüber, dass der ausländische Staat auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat, 50 d Abs. 8 EStG. Bei Mitarbeitern, die nicht ständig vor Ort sind, oder die zwischen Stammhaus und Auslandsbetriebsstätte pendeln, sind taggenaue Aufzeichnungen für die Lohnbuchhaltung im In- und Ausland zu führen. In einigen Ländern findet kein Lohnsteuerabzug statt, sondern der Arbeitnehmer ist selbstständig für die Besteuerung seines Gehalts verantwortlich, wie dies zum Beispiel in Frankreich der Fall ist. 2. Auslandstätigkeitserlass Insbesondere beim Anlagenbau in einem Land, mit dem Deutschland kein DBA geschlossen hat, ist der sog. Auslandstätigkeitserlass zu berücksichtigen. Hat die Auslandstätigkeit eines Mitarbeiters ununterbrochen mindestens drei Monate gedauert, ist der Arbeitslohn in Deutschland steuerfrei. Er unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Eine Freistellungsbescheinigung ist durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim deutschen Betriebsstättenfinanzamt zu beantragen. 3. Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis Es ist darauf zu achten, dass die Aufenthaltserlaubnis der im Ausland tätigen Mitarbeiter auch eine Arbeitserlaubnis enthält. Fehlt die Arbeitserlaubnis, ist teilweise keine lohnsteuerliche Registrierung möglich. So ist dies beispielsweise in Mexiko. In China benötigen ausländische Staatsbürger zur Aufnahme einer Tätigkeit ein Arbeitsvisum. Ein deutscher Unternehmer kann allerdings keine Arbeitsvisa für seine Angestellten beantragen, da ausländischen Staatsangehörigen nur dann ein Visum erteilt wird, wenn sie für einen chinesischen Arbeitgeber tätig sind. Gelöst werden kann dieses Problem über eine diesbezügliche Vereinbarung mit dem chinesischen Auftraggeber. V. Fazit und Tipps aus der Praxis Der in einem Netzwerk agierende international tätige Steuerberater hat bei der Betriebsstättenberatung einen klaren Vorteil. Er verfügt über gute Kontakte zu ausländischen Kollegen und kann grenzüberschreitend ein solides Beratungsniveau garantieren. Allerdings hat der "koordinierende" Steuerberater - meist der Berater des Stammhauses - sicherzustellen, dass sein jeweiliger ausländischer Kollege stets über denselben aktuellen Informationsstand verfügt. Auch ist das ständige Nachverfolgen noch nicht abgeschlossener Themen unerlässlich, das heißt der Überblick über alle offenen "Baustellen" muss stets bewahrt Genauso wichtig wie die enge Zusammenarbeit mit den ausländischen Kollegen ist das rechtzeitige Zugehen auf die beteiligten Finanzbehörden. Um Doppelbelastungen des Mandanten zu vermeiden, empfiehlt sich eine abgestimmte Vorgehensweise im In- und Ausland. Gegebenenfalls sind Steuerbescheide solange offen zu halten, bis mit den in- und ausländischen Steuerbehörden eine einheitliche Linie vereinbart wurde. Dies gilt insbesondere für die Gewinnaufteilung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte und für die Lohnversteuerung im Ausland und die entsprechende Freistellung in Deutschland. Schließlich hängt die Qualität der Beratung von der rechtzeitigen und richtigen Information durch den Mandanten ab. Der Steuerberater hat daher ein System zu implementieren, das es dem Mandanten ermöglicht, zum einen die Entstehung neuer Betriebsstätten, zum anderen die Beendigung bestehender Betriebsstätten zeitnah zu erkennen. Bewährt haben sich hier standardisierte, aber auf den Einzelfall "Montagebetriebsstätte" zugeschnittene Fragebögen, die in den betroffenen Abteilungen des Mandanten bei Beginn und Ende eines Projekts auszufüllen sind. Gerade im Bereich der Montagebetriebsstätten tut sich der Mandant oft schwer, bei Aufnahme der Tätigkeit für einen ausländischen Kunden die voraussichtliche Dauer dieses Projekts abzuschätzen. Hinsichtlich des Endes einer Montagebetriebsstätte sollten insbesondere folgende Sachverhalte mit Datumsangaben beim Mandanten abgefragt werden: Voraussichtlicher Zeitpunkt der Schlussrechnung, Endabnahme, Beginn und Ende der Gewährleistungsarbeiten, Abzug des letzten Mitarbeiters vor Ort. Auf dieser Grundlage kann der ausländische Kollege nach landesspezifischem Recht den Zeitpunkt der Beendigung der Betriebsstätte beurteilen. Seite 5 von 5