Arbeitsgemeinschaft zur Vorlesung Sachenrecht im SS 2013 bei Prof. Dr. Mathias Schmoeckel. Fall 7 Das Auto



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Transkript:

Dr. Oliver Mörsdorf Institut für Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Arbeitsgemeinschaft zur Vorlesung Sachenrecht im SS 2013 bei Prof. Dr. Mathias Schmoeckel Fall 7 Das Auto K erwirbt für 800 bei dem Gebrauchtwagenhändler V einen alten VW-Golf. Da V sich das Eigentum bis zu letzten Ratenzahlung vorbehält, wird im Kaufvertrag vermerkt, dass K die Kaufsache bis zu diesem Zeitpunkt in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten hat; auch um erforderliche Reparaturen soll K sich selbst kümmern. Nach einem Unfall lässt K den Wagen in der Werkstatt des U reparieren. Zwischenzeitlich sind dem K allerdings privat und beruflich die Dinge über den Kopf gewachsen. Er will weder für die Rechnung des U aufkommen, noch die restlichen Raten an V zahlen. In einer dunklen Sommernacht beschließt er, fortan auf den kanarischen Inseln in einer Höhle zu wohnen. Als V von dem Unfall und der Abreise des K erfährt, tritt er von dem Kaufvertrag zurück und fordert von U, in dessen Werkstatt sich das Auto noch immer befindet, die Herausgabe des Golfs. 1. Hat V gegen U einen Anspruch auf Herausgabe des Autos? 2. Welchen Rechtsrat würden Sie U zur Vorbereitung auf künftige Vorfälle dieser Art erteilen? 1

Lösung Fall 7 Das Auto Frage 1: Anspruch des V gegen U auf Herausgabe des Golfs A. Anspruch aus Werkvertrag ( 631 I BGB) B. Dingliche Ansprüche I. Anspruch aus 861 II. Anspruch aus 985 1. Anwendbarkeit? 2. Eigentum des V 3. Besitz des U 4. Kein Recht zum Besitz des U ggü V gem. 986 a. Von K abgeleitetes Besitzrecht, aus Kauf- und Werkvertrag gem. 986 I 1 Alt. 2? (-) b. Eigenes Besitzrecht? aa) aus Mitverpflichtung im Werkvertrag? bb) aus Werkunternehmerpfandrecht an der Anwartschaft des K gem. 647 (-) cc) aus Werkunternehmerpfandrecht an dem Auto gem. 647 BGB? (1) Werkvertrag zwischen K und U (+) (2) bewegliche Sache in Besitz des U zum Zwecke der Ausbesserung (+) (3) Problem: Sache des Bestellers :Das Auto stand und steht immer noch im Eigentum des V. (a) Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts aufgrund einer Verfügungsermächtigung des V analog 185 BGB? (b) gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts gem. 1207, 932 i.v.m. 1257? (c) gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts gem. 1207 analog? (d) gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts analog 366 Abs.3 HGB? c. Ergebnis zu b: 5. Zurückbehaltungsrecht gem. 1000 S. 1, 994 I 1 (muss noch geltend gemacht werden) a. Recht zum Besitz oder eigenständige Einrede? b. Reparatur als notwendige Verwendung i.s.d. 994 (+) c. Problem: Vindikationslage im Zeitpunkt der Verwendungen? aa. Grundsätzlich erfordert ein Verwendungsersatzanspruch nach 994 ff. BGB das Bestehen eines EBV im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen. bb. Ausnahme nach BGH (BGHZ 34, 122, 132): d. Weiteres Problem: Ist Werkunternehmer als Fremdbesitzer überhaupt Verwender? 6. Ergebnis zu II. Frage 2: Mögliche künftige Gestaltung 2

Frage 1: Anspruch des V gegen U auf Herausgabe des Golfs Anmerkung: Dem Fall liegt die Entscheidung des BGH aus BGHZ 34, 122 zugrunde. Ausführlichere (dabei jedoch nicht ausufernde) Aufarbeitungen des Falls und der gesamten Problematik finden sich in JA 2005, 264 ff., JA 1997, 458 ff. sowie bei Medicus, Bürgerliches Recht, 21. Aufl., Rn. 587 bis 594 und Vieweg/Werner, Sachenrecht, 3. Aufl., 8, Rn. 46, 47. A. Anspruch aus Werkvertrag ( 631 I BGB) Kein Anspruch aus 631 Abs.1 gegen U mangels Werkvertrages zwischen V und U: K hat den Werkvertrag mit U im eigenen Namen geschlossen, d.h. nicht in Stellvertretung für V; auch keine Verpflichtung des V über eine Verpflichtungsermächtigung 185 BGB analog wegen Umgehung der 164 ff Offenkundigkeit. B. Dingliche Ansprüche I. Anspruch aus 861 (-), kein Besitzverlust durch verbotene Eigenmacht. II. Anspruch aus 985 1. Anwendbarkeit? a. Verneinend: (Raiser, JZ 1961, 529 ff.): Verdrängung des 985 durch vertraglichen Rückgabeanspruch K U (Lehre vom Vorrang des Vertragverhältnisses): Bei befugter Weitergabe des Besitzes soll 985 zurücktreten. b. Bejahend: h.m.: 985 darf nicht nur auf unfreiwilligen Besitzverlust beschränkt werden; dazu gibt es 1007 Abs.2 BGB. 2. Eigentum des V Wegen Eigentumsvorbehalt (EV) im Verhältnis V-K gem. 929, 158 I ( 449 I) Eigentumsverlust erst mit Kaufpreiszahlung als Bedingungseintritt. Kaufpreiszahlung fehlt hier. (Folge: Zunächst bloß Anwartschaftsrecht (AWR) des K, vgl. 161 I) 3. Besitz des U U ist unmittelbarer Fremdbesitzer gem. 854 I. 4. Kein Recht zum Besitz des U ggü V gem. 986 a. Von K abgeleitetes Besitzrecht, aus Kauf- und Werkvertrag gem. 986 I 1 Alt. 2? (-) Ursprünglich war K aufgrund des Kaufvertrags (KV) dem E gegenüber zum Besitz und auch zur Weitergabe an U zu Reparaturzwecken berechtigt, der wiederum zu K in einer werkvertraglichen Beziehung stand. Die Besitzrechtskette ist jedoch nach 323 I, II, 346 3

erloschen, da V vom KV zurückgetreten ist (damit: Ende des Besitzrechts des K und damit auch Ende des von K abgeleiteten Besitzrechts des U gegenüber V). b. Eigenes Besitzrecht? aa) aus Mitverpflichtung im Werkvertrag? (-), s.o.: V wird durch Werkvertrag zwischen K und U nicht mitverpflichtet bb) aus Werkunternehmerpfandrecht an der Anwartschaft des K gem. 647 (-) grds. kann Pfandrecht an Anwartschaftsrecht erworben werden. Hier sind die Anwartschaft und damit das an ihr bestehende Pfandrecht aber mit dem Rücktritt untergegangen. cc) aus Werkunternehmerpfandrecht an dem Auto gem. 647 BGB? Gem. 647 BGB erwirbt der Unternehmer für seine Forderungen aus dem Werkvertrag ein Pfandrecht an den von ihm ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind: (1) Werkvertrag zwischen K und U (+) (2) bewegliche Sache in Besitz des U zum Zwecke der Ausbesserung (+) (3) Problem: Sache des Bestellers : Das Auto stand und steht immer noch im Eigentum des V. Lösungsmöglichkeiten: (a) Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts aufgrund einer Verfügungsermächtigung des V analog 185 BGB? Einer in der Literatur vertretenen Ansicht zufolge (Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 594) liegt in der Vereinbarung des V mit K, wonach dieser sich um ggf. erforderliche Reparaturen selbst zu kümmern habe, eine Einwilligung des V in die Situation, in der das Werkunternehmerpfandrecht entsteht. Darin soll eine Verfügungsermächtigung analog 183, 185 BGB liegen. Kritik: Nach h.m. jedoch ist die Annahme einer derartigen Ermächtigung für V interessenwidrig: Dieser hat nicht in die Reparaturvornahme durch K eingewilligt, um mit den Kosten belastet zu werden; außerdem könnte eine Ermächtigung zur Belastung der Sache nur rechtsgeschäftlich bestellte Pfandrechte wirksam machen; das Werkunternehmerpfandrecht gem. 647 BGB entsteht jedoch kraft Gesetzes und nicht durch Verfügung (eine Ermächtigung zu kraft Gesetz eintretenden Rechtsfolgen ist dogmatisch schwer denkbar); s. jurispk- BGB/Rösch, 647 Rn. 24 m.w.n. (b) Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts gem. 1207, 932 i.v.m. 1257? Ein vertragliches Pfandrecht kann gem. 1207, 932 BGB gutgläubig vom Nichtberechtigten erworben werden; gem. 1257 BGB finden die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht auf ein kraft Gesetz entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung. Schon nach dem Wortlaut des 1257 BGB kommt demnach eine (direkte) Anwendung des 1207 auf gesetzliche Pfandrechte nicht in Betracht, da 1257 nur von bereits 4

entstandenen Pfandrechten spricht, es hier aber gerade um die Frage der Entstehung kraft gutgläubigen Erwerbs geht. (c) Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts gem. 1207 analog? Fraglich ist, ob 1207 auf den hier vorliegenden Fall analog angewendet werden kann. Hierfür spricht, dass das Unternehmerpfandrecht wie auch das rechtsgeschäftlich begründetet Pfandrecht erst mit Übergabe entsteht; insoweit könnte man 647 als ein durch Gesetz typisiertes rechtsgeschäftliches Pfandrecht ansehen. Dagegen spricht jedoch, dass die Besitzübergabe im Rahmen des 647 nicht zwecks Bestellung des Pfandrechts erfolgt, sodass dem Besitz im Rahmen des 647 nicht die gleiche Legitimationswirkung wie bei 1207 zukommt. Außerdem steht der eindeutige Wortlaut des 1257 einer Analogie entgegen (BGHZ 34, 122 (134) und jurispk-bgb/rösch, 647 Rn. 21 ff.). (d) Gutgläubiger Erwerb des Werkunternehmerpfandrechts analog 366 Abs.3 HGB? Nach 366 Abs. 3 HGB stehen gesetzliche HGB-Pfandrechte des Kommissionärs, des Frachtführers, des Spediteurs und des Lagerhalters einem nach 366 Abs.1 durch Vertrag erworbenem Pfandrecht gleich. Zwar spricht die übereinstimmende Interessenlage beim Werkunternehmer für eine Analogie. Jedoch sah der HGB-Gesetzgeber hier eine handelsrechtliche Besonderheit: Das Problem, für ortsfremde, anonyme Kunden arbeiten zu müssen, stellt sich beim Werkunternehmer nicht in der gleichen Weise. Als handelsrechtliche Sondernorm ist 366 Abs.3 HGB demnach nicht analogiefähig. c. Ergebnis zu b: Kein Pfandrecht des U und damit kein Recht zu Besitz. 5. Zurückbehaltungsrecht gem. 1000 S. 1, 994 I 1 (muss noch geltend gemacht werden) a. Recht zum Besitz oder eigenständige Einrede? Rspr.: Recht zum Besitz, h.l.: Einrede. H.L. vorzuziehen. Argument: Würde man das Zurückbehaltungsrecht nach 1000 als Recht zum Besitz werten, bestünde von dem Moment der Entstehung des Zurückbehaltungsrechts an keine Vindikationslage mehr (s. im Einzelnen hierzu Fall 6 Der zerstreute Lateinleher). b. Reparatur als notwendige Verwendung i.s.d. 994 (+) (Def.: Freiwillige Vermögensopfer, die nach dem Willen des Aufwendenden unmittelbar einer bestimmten Sache zugute kommen sollen, indem sie sie erhalten, wiederherstellen oder verbessern ohne die Sache wesentlich zu verändern (+). c. Problem: Vindikationslage? 5

aa. Grundsätzlich erfordert ein Verwendungsersatzanspruch nach 994 ff. BGB das Bestehen eines EBV im Zeitpunkt der Vornahme der Verwendungen. Daher Vindikationslage eigentlich (-), da zu diesem Zeitpunkt noch abgeleitetes Besitzrecht des U vorlag (s.o.). bb. Ausnahme nach BGH (BGHZ 34, 122, 132): Nach Ansicht des BGH soll es für einen Verwendungsersatzanspruch nach 994 ff. BGB ausreichen, dass der Besitzer im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens kein Besitzrecht mehr hatte (selbst wenn im Zeitpunkt der Verwendungen ein Besitzrecht noch bestand); auch Verwendungen vor Entstehung der Vindikationslage seien in die Ersatzpflicht einzubeziehen. Argument: Der rechtmäßige Besitzer dürfe nicht schlechter gestellt werden als der zur Zeit der Verwendungen rechtlose. Kritik (Staudinger/Gursky, 13. Bearb. (2006), Vorbem. zu 994-1003, Rn. 31; Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 591 m.w.n.): Das Privileg für den rechtlosen Besitzer ist dadurch gerechtfertigt, dass er anders als der rechtmäßige die Sache herausgeben muss; außerdem kommt es nach 994 II, 996 für Rechtshängigkeit oder Unredlichkeit des Besitzers auf die Zeit der Vornahme der Verwendungen an (entsprechendes gilt nach 987 II, 989, 990 I für die Erzielung von Nutzungen und für Schadenszufügungen). Dazu würde es nicht passen, wenn für die Unrechtmäßigkeit des Besitzes ein anderer Zeitpunkt maßgeblich wäre, nämlich der spätere Zeitpunkt der Geltendmachung von Rechtsfolgen: Ein Besitzer, der bei Vornahme der Verwendungen noch rechtmäßig besaß, kann nicht als redlich oder unredlich qualifiziert werden. Schließlich kann gar nicht pauschal beurteilt werden, welcher Besitzer (rechtmäßiger oder unrechtmäßiger) besser steht: Häufig hat der rechtmäßige Besitzer einen vertraglichen Vergütungsanspruch, dann soll er aber auch hierauf beschränkt sein (selbst wenn dieser sich gegen den Vertragspartner richtet, der nicht Eigentümer ist). Gleichwohl ist dem BGH im Ergebnis aus folgenden Erwägungen heraus zu folgen: Der Nachweis des Verwendungszeitpunktes wird erspart, was praktikabel ist. Außerdem führt die Lösung des BGH dazu, dass der Eigentümer anders als bei der Lösung über das Unternehmerpfandrecht nicht mit der Zahlung des Werklohns belastet wird, sondern mit dem Wert der Verwendungen, der ggf. davon abweichen kann und den allein der Eigentümer genießt. (a.a. vertretbar) d. Weiteres Problem: Ist Werkunternehmer als Fremdbesitzer überhaupt Verwender? aa. Teile der Literatur (z.b. Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 591) wollen als Verwender nur denjenigen ansehen, der den Verwendungsvorgang für eigene Rechnung veranlasst und wirtschaftlich beherrscht / steuert: also nur den Besteller der Reparatur (in diesem Falle der K). Argument: Auch bei 950 wird die Verarbeitung nur dem zugerechnet, der sie steuert. Dann ist es angemessen, den Unternehmer auf die Forderung gegen seinen Vertragspartner zu beschränken, dem er vertraut hat. bb. Die h.m. dagegen behandelt (auch) den Unternehmer als Verwender. Argument: 951 Abs.2 S.1 (Gleichrangigkeit von schuldrechtlichem Ausgleich und Verwendungsersatz); außerdem geht die von ersterer Ansicht herangezogene Parallele zu 950 fehl: Bei 950 geht es um die dingliche Zuordnung, die durch 951 Abs.1 schuldrechtlich ausgeglichen werden kann, während 994 ff. unmittelbar auf einen solchen Ausgleich abzielen; Der Verwendungsbegriff in 994 ff. muss sachbezogen sein, da es im Rahmen des EBV auf die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Eigentümer und Besitzer (anders als bei 951 6

Abs.1) nicht ankommt. Schließlich: Schutzbedürftigkeit desjenigen, der nicht mit dem Eigentümer kontrahiert und daher kein Werkunternehmerpfandrecht nach 647 erworben hat. Demnach wäre U hier als Verwender anzusehen. Anmerkung: Ebenso vertretbar ist es, die Verwendungen des U nicht als sach-, sondern als entgeltbezogen anzusehen, da er das Auto allein aufgrund der werkvertraglichen Verpflichtung gegenüber K repariert und nicht, weil er sich den Besitz an und die Funktionstauglichkeit der Sache erhalten will. Zwischenergebnis: Unter Zugrundelegung der Auffassung des BGH ist U vorliegend Verwender (a.a. vertretbar). 6. Ergebnis zu II. Anspruch auf Herausgabe (+), aber Einrede aus 1000, 994; d.h. Herausgabe Zug um Zug (274 I) gegen Erstattung der Verwendungen. Frage 2: Mögliche künftige Gestaltung U könnte mit K ein rechtsgeschäftliches Pfandrecht, ggf. durch AGB vereinbaren (Beispiel für Klausel: Dem Auftragnehmer steht wegen seiner Forderungen aus dem Auftrag ein vertragliches Pfandrecht an dem aufgrund des Vertrages in seinem Besitz gelangten Auftragsgegenstand zu. Das vertragliche Pfandrecht kann auch wegen Forderungen aus früher durchgeführten Arbeiten, Ersatzteillieferungen und sonstigen Leistungen geltend gemacht werden, soweit sie mit dem Auftragsgegenstand in Zusammenhang stehen. ). Von Rspr. anerkannt; Vorteil: Vorschriften über gutgläubigen Erwerb eines vertraglichen Pfandrechts ( 1207, 932) wären unmittelbar anwendbar. Problem: Gutgläubigkeit ( 1257, 1207, 932) 7