236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts



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Transkript:

XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes 236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts J. Spranger, A. Superti-Furga 236.1 Osteochondrodysplasien J. Spranger Ätiologie. Osteochondrodysplasien sind überwiegend erblich bedingt. Erbgänge und molekulare Defekte, soweit bekannt, sind in. Tab. 236.2 aufgeführt. Allele Defekte einzelner Gene können unterschiedliche Krankheitsbilder hervorrufen (Variabilität). Andererseits können ähnliche Krankheitsbilder durch Mutationen verschiedener Gene bedingt sein (Heterogenität). Pathogenese und Klassifikation. Die Skelettentwicklung beginnt mit der Determinierung von Zahl, Größe und Form der Knochen. Störungen dieses ersten Schritts der Musterbildung äußern sich in Dysostosen. In einem zweiten Entwicklungsschritt verdichten sich mesenchymale Zellen in prädeterminierten Regionen zu Knochenanlagen und differenzieren sich zu Chondrozyten oder Osteoblasten. Störungen dieser frühen Entwicklungsphase äußern sich überwiegend in neonatal manifesten n, gelegentlich kombiniert mit Defekten der Musterbildung wie überzähligen oder fehlenen Knochen. Der dritte Entwicklungsschritt endochondrales Wachstum mit nachfolgender Ossifikation oder desmales Wachstum durch direkte Transformation mesenchymaler Zellen zu Osteoblasten setzt sich bis zum Ende der Kindheit fort. Abhängig vom molekularen Defekt kann sich die Störung bereits bei der Geburt zeigen oder erst später manifestieren. Bei der diastrophischen z. B. beeinträchtigen Mutationen des Sulfattransportergens DTDST die intrauterine Entwicklung, die Kinder werden zu klein mit Gaumenspalten und Gelenkkontrakturen geboren. Andere Mutationen des gleichen Gens zeigen sich erst postnatal in einer weniger schweren epiphysären. Der letzte Entwicklungsschritt umfasst die bis zum Lebensende fortbestehende Fähigkeit zur Homöostase, d. h. die Fähigkeit von Osteoblasten und Osteoklasten zur Rekonstitution und Modellierung des Knochens. Konstitutionelle Störungen der Homöostasemechanismen äußern sich u. a. in n mit verminderter oder vermehrter Knochenmasse oder Mineralisation. Bei Osteochondrodysplasien betroffene molekulare Abläufe und Strukturen sowie Beispiele jeweiliger Krankheiten finden sich in. Tab. 236.1. Klassifikation und Diagnostik. Hauptmerkmal der meisten Osteochondrodysplasien ist der dysproportionierte Kleinwuchs. Familiäre Belastung, Manifestationszeitpunkt, auffällige Gesichtszüge, Gaumenspalte, Sehfehler und andere klinische Merkmale geben diagnostische Hiwneise. Spezifische Diagnosen werden röntgenologisch gestellt. Orientierend ist eine Mindestzahl von Röntgenaufnahmen erforderlich (. Übersicht). Minimale Röntgendiagnostik bei dysproportioniertem Kleinwuchs Wirbelsäule seitlich Becken a.-p. Hände p.-a. Neugeborenes: Babygramm a.-p. und seitlich Zur Erleichterung der Diagnostik werden Skelettdysplasien nach radiologischen Befundmustern unter Berücksichtigung ihrer molekularen Pathogenese gruppiert (. Tab. 236.2). Befundmuster können Ausdruck distinkter pathogenetischer Abläufe sein und damit Hinweise auf die Pathogenese und daraus folgend eine gezielte metabolische oder molekulare Diagnostik ermöglichen. Beispielsweise kann aus dem Befundmuster der Dysostosis multiplex auf eine Störung im Abbau von Mukopolysaccchariden oder Oligosacchariden geschlossen und eine Untersuchung dieser Substanzen im Urin angeordnet werden.. Tab. 236.1. Molekulare Pathogenese hereditärer Skelettkrankheiten Betroffenes System Gen Krankheit (Beispiel) Extrazelluläre Strukturproteine COL1 Kollagen Typ I Osteogenesis imperfecta Stoffwechselwege (Enyzme, Ionenkanäle, TNSALP Alkalische Phosphatase Hypophosphatasie Transporter) Konfiguration- oder Abbau von Makromolekülen IDA α-iduronidase Morbus Hurler Hormone, Signalkaskaden FGFR1 Fibroblastenwachstumsfaktorrezeptor 1 Achondroplasie Nukleäre e, Transkriptionsfaktoren CBFA1 RUNT-Transkriptionsfaktor Kleidokraniale Onkogene, Tumorsuppressoren EXT1 Exostosin 1 Multiple kartilaginäre Exostosen Typ I RNS/DNS-Modifikation RMRP Mitochondriale RNS-Endoribonuklease Knorpel-Haar-Hypoplasie

1618 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Tab. 236.2. Ausgewählte Osteochondrodysplasien.(ohne extrem seltene Krankheiten mit unbekanntem Molekulardefekt). Details und weiterführende Literatur in OMIM (Online Mendelian Inheritance in Man, www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?db). In Anlehnung an die Klassifikation der European Society of Skeletal Dysplasias (Superti-Furga u. Unger 2007) Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen 1. Achondroplasie-Gruppe Thanatophore a AD 187600 Sehr kurze Gliedmaßen, langer schmaler Rumpf, großer Hirnschädel, evtl. Kleeblattschädel Achondroplasie a AD 100800 Kurzgliedriger Kleinwuchs mit Makrozephalie Hypochondroplasie A AD 146000 Langrumpfiger Kleinwuchs, weniger ausgeprägt als bei Achondroplasie 2. Typ-II-Kollagenopathien Achondrogenesis II Hypochondrogenesis Dysplasia spondyloepiphysaria congenita (SEDC) a AD 200610 Kurzer Rumpf, Mikromelie, Mikrognathie, oft Gaumenspalte AD 183900 Kurzrumpfiger Kleinwuchs, flaches Gesicht, normale Hände und Füße, evtl. Myopie, Gaumenspalte Morbus Kniest AD 156550 Ähnlich SEDC, doch schwerer, häufiger Myopie und Gaumenspalte Stickler-Syndrom I Arthroophthalmopathie AD 108300 Flaches Mittelgesicht, Myopie, Gaumenspalte, kein Kleinwuchs, membranöse Glaskörpereinschlüsse Prämature Koxarthrose AD 120140.0018 Hüftschmerzen des jungen Erwachsenen, normale Körpergröße 3. Typ-XI-Kollagenopathien Stickler-Syndrom II AD 604841 Wie Stickler I, doch perlschnurartige Glaskörpereinschlüsse Otospondylomegaepiphysäre (OSMED dominant) AD 215150 Ähnlich Stickler, Schwerhörigkeit, keine Augenveränderungen Schmaler Thorax, flache Wirbelkörper, sehr kurze, teilweise gekrümmte Femora Quadratische Beckenschaufeln, kurze, breite Röhrenknochen Verkürzte Röhrenknochen, etwas enger Wirbelkanal Wirbelkörper, Scham- und Sitzbeine nicht ossifziert Wirbelköper ovoid, flach, fehlend/ retardierte Ossifikation von Schenkelhals und -kopf Ähnlich SEDC, schwerer, aufgetriebene Metaphysen Etwas flache Wirbelkörper, eher große Epiphysen Arthrose/Nekrose des Femurkopfes Wie Stickler I Kurze, hantelförmige Femora bei der Geburt, später Makroepiphysen FGFR3 Fibroblastenwachstumsfaktorrezeptor 3 COL2 Typ-II- Kollagen COL11A1 Typ-11- Kollagen COL11A2 Typ-11- Kollagen Letal, mehrere Subtypen Einschl. SAD- DAN Letal Einschl. Strudwick-Typ u. spondyloperiphere Einschl. Wagner- Syndrom Einschl. Marshall- Syndrom Heterozygot OSMED rezessiv AR 215150 Homozygot 4. Sulfatierungsdefekte Achondrogenesis IB AR 660972 Hydrops, kurzer Rumpf, extreme Mikromelie Atelosteogenesis II AR 256050 Kurzer Rumpf, Mikromelie, Gaumenspalte, Klumpfüße Diastrophische a Flache Epiphysen, Mehrschichtpatella Multiple epiphysäre (MED IV) Spondyloepimetaphysäre (SEMD) Omani-Typ AR 226500 Progrediente Kyphoskoliose, Kleinwuchs, Gaumenspalte, Gelenkkontrakturen, Klumpfuß AR 222900 Ähnlich diastrophische, doch weniger ausgeprägt AR 608637 Progrediente Kyphoskoliose, Dislokationen, X-Beine SEMD Pakistani-Typ AR 603005 Kurze O-Beine, Kyphoskoliose, Brachydaktylie 5. Perlecan-Defekte Dyssegmentale Silverman- Handmaker AR 224410 Mikromelie, flaches Geischt, oft Gaumenspalte, viszerale Defekte Wirbelkörper nicht ossifiziert, sternförmig verkürzte Röhrenknochen Verkürzte Röhrenknochen mit aufgetriebenen Enden Verkürzte Röhrenknochen, flache Epiphysen, MCI rund Irreguläre Wirbelkörperplatten, irregulär kleine Epipyhsen Platyspondylie, irreguläre Epiphysen, besonders Hüften und Knie Regellose Wirbelkörperdefekte, verkrümmte Röhrenknochen DTDST Sulfattransporter CHST3 Chondroitin- S-Transferase PAPSS2 PAPS-Synthetase 2 PLC Perlecan Letal Letal Siehe MED I VI Letal

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1619. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen Schwartz-Jampel- Syndrom (myotone Dystrophie) AR 255800 Myotonie, Schnutenmund, Kleinwuchs Verkrümmte Femora und Tibiae, große Epiphysenkerne 6. Filamin-Defekte Frontometaphysäre Osteodysplastie Melnick-Needles Otopalatodigitales Syndrom (OPD) I XLD 305620 Stirnwulst, Mikrogenie, Schwerhörigkeit, breite Endphalangen XLD 309350 Betonte Stirnregion, Mikrognathie, Gaumenspalte, kurze Endphalangen Supraorbitale Hyperostose, metaphysäre Untermodellierung Irreguläre Kontur von Rippen und Röhrenknochen XLD 311300 Ähnlich Osteodysplastie Kurze Endphalangen, überzählige Karpalia Atelosteogenesis I (AO I) AD 108720 Schwere Mikromelie, eingesunkene Nasenwurzel, Mikrognathie, Gaumenspalte Atelosteogenesis III (AO III) AD 108721 Ähnlich Atelosteogenesis I, weniger schwer. Multiple Luxationen Larsen-Syndrom AD 150250 Flaches Mittelgesicht, Gaumenspalte, multiple Luxationen Spondylocarpotarsale XLD 272460 Rumpfbetonter Kleinwuchs, schlaffe Gelenke, Gaumenspalte 7. Kurzrippen-(Polydaktylie-)Syndrome (Short-rib-Polydaktylie-Syndrom, SRP) Chondroektodermale (Ellis van Creveld) SRP I/III (Saldino-Noonan/Verma-Naumoff) AR 225500 Kleinwuchs, Frenula, natale Zähne, kurze Unterarme, Hände, Füße, Polydaktylie, Vitium cordis, Frenula AR 263510 263530 Hydrops, schmaler Thorax, kurze Arme/Beine, Polydaktylie, kardiale und urogenitale Fehlbildungen SRP II (Majewski) AR 263520 Ähnlich SRP I/III, mediane Lippenspalte Distale Hypoplasie von Humeri und Femora, nur distale Phalangen verknöchert Ähnlich AO I, weniger schwer, quadratische Handknochen Multiple Luxationen, überzählige Handwurzelknochen Blockwirbel, Synostosen der Karpal-und Tarsalknochen Beckendysplasie, hypoplastische Mittel- und Endphalangen, Polydaktylie Kurze Rippen, kleine Ilia, verkürzte Röhrenknochen mit spitzen Enden Ähnlich SRP I/III, doch runde Knochenenden, Tibien kurz SRP IV (Langer-Beemer) AR 269860 Ähnlich SRP II Änlich SRP II, Tibien länger als Fibulae Asphyxierende Thoraxdysplasie AR 208500 Schmaler Thorax, polyzystische Nieren, Pankreas-, Leberfibrose Dysplastische Beckenschaufeln, kurze Mittel- / Endphalangen FNLA Filamin B FNLB Filamin B EVC1, EVC2 OPD II Homozygot Letal Mut. FLNA Homozygot Letal Letal Letal Neonatal gefährdet 8. Metatropische gruppe Fibrochondrogenesis AR 228520 Flaches Mittelgesicht, kurze Extremitäten, kleiner Thorax Platyspondylie, hantelförmig kurze Röhrenknochen Metatropische AD AR? 156530 250600 Lang-schmaler Thorax des Säuglings, progrediente Kyphoskoliose Platyspondylie, aufgetriebene Enden der Röhrenknochen Schwerste Form letal 9. Multiple epiphsäre n (MED)/Pseudoachondroplasie Pseudoachondroplasie AD 177170 Kurzgliedriger Kleinwuchs ähnlich der Achondroplasie, überstreckbare Gelenke, normaler Schädel Epi- und metaphysäre Ossifikationsstörung, Wirbelkörperdysplasie COMP COMP Multiple epiphysäre I (MED I) a AD 132400 Kein oder mäßig ausgeprägter Kleinwuchs, aufgetriebene Gelenke, Gelenkschmerzen, Gangstörung, prämaturre Koxarthrose Kleine, abgeflachte, unregelmäßige Epiphysen, unregelmäßige Karpalia MED II AD 600204 COL9A2 COL9-α2- Kette MED III AD 600969 COL9A3 COL9-α3- Kette MED V AD 607078 MATN3 Matrilin MED IV = diastro-phische

1620 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen MED VI AD 120210 COL9A1 COL9-α1- Kette Familiäre Hüftdysplasie (Beukes) AD 142669 Hüftschmerzen, Gangstörung ab 2. Lebensjahrzehnt Flache Hüftkopfepiphysen, prämature Koxarthrose DD: Morbus Perthes 10. Metaphysäre n Metaphysäre Typ Schmid Knorpel-Haar-Hypoplasie Metaphysäre Typ Jansen AD 156500 Kurze Extremitäten, O-Beine, Watschelgang AR 250250 Kurze Extremitäten, feines Haar, zelluärer Immundefekt AD 156400 Kurze Extremitäten, aufgetriebene Gelenke, Hyperkalzämie Eiken- AR 200003 Geringer Minderwuchs, Gelenkschmerzen und -kontrakturen Shwachman-Diamond Syndrom Metaphysäre Akroscyphodysplasie Metaphysäre Anadysplasie Adenosindeaminasemangel AR 260400 Schmaler Thorax, Kleinwuchs, Pankreasinsuffizienz, Neutropenie AR 250215 Eingesunkene Nasenwurzel, kurze Hände und Füße AD 309645 Geringer Minderwuchs und O-Beine AR 102700 Schwerer kombinierter Immundefekt, multiple Infektionen Unregelmäßige Metaphysen, Coxa vara, normale Knochendichte Unregelmäßige Metaphysen, mehr an Knien als an Hüften Fragmentierte Metaphysen, breite Physen Irregulär fehlende Handknochenossifikation Diskrete metaphsäre, Rippenenden, proximale Femora Kurze Metacarpalia, Phalangen, zeltförmige Kniemetaphysen Unregelmäßige Metaphysen, die spontan normalisieren Unregelmäßige Begrenzung von Metaphysen und Rippenenden COL10A1 COL1-α1- Kette RMRP Ribonuklease PTHR PTHR-Rezeptor SBDS Funktion? ADA Adenosindeaminase Heterogen? Heterogen? Auch bei Ommen- Syndrom 11. Spondylometaphysäre n (SMD) SMD Typ Kozlowski AD 184252 Rumpfbetonter Kleinwuchs, Kyphoskoliose SMD Typ Sutcliffe AD 184255 Rumpfbetonter Kleinwuchs, Kyphoskoliose Platyspondylie, generalisierte metaphysäre, Coxa vara Platyspondylie, Coxa vara, metaphysäre Absprengungen 12. Spondyloepi-(meta-)physäre n (SED) Dyggve-Melchior-Clausen- Immuno-ossäre Typ Schimke Progrediente Pseudorheumatoide AR 223800 Kurzrumpf-Kleinwuchs, überwiegend mit deutlicher geistiger Behinderung AR 242900 Kurzrumpf-Kleinwuchs, Nephropathie, Immundefekt, Lentigines AR 208230 Progrediente Gelenkkontrakturen ähnlich rheumatoide Arthritis, doch fehlende Entzündungszeichen SED Typ Kimberley AD 608361 Leichter proportionierter Kleinwuchs, Gelenkschmerzen Wolcott-Rallison- AR 226980 Rumpfbetonter Kleinwuchs, früh manifester Diabetes mellitus SEMD Typ Missouri 602111 Geringer proportionierter Kleinwuchs, thorakaler Rosenkranz, O-Beine SED tarda, X-chromosomal dominant XLD 313400 Kleinwuchs mit dysproportioniert kurzem Rumpf, nur Jungen betroffen Flache, gekerbte Wirbelkörper, Beckenkammverdichtung Flach-ovoide Wirbelkörper, kleine Hüftkopfepiphysen Flache Wirbelkörper, schmale Gelenkspalten, breite phalangeale Enden Unregelmäßige Wirbelkörperplatten, epiphysäre Platyspondylie, epiphysäre, Osteopenie Abgeflachte Wirbelkörper, epi-metaphysäre Flache Wirbelkörper mit zentraler Aufwölbung DYM Dymeclin SMARCAL1 Chromatin- Regulator WISP3 Signalprotein für Zellteilung/-differenzierung AGC1 Aggrecan EIF2AK3 Translationsinitatorprotein MMP13 Metalloproteinase SEDL Sedlin

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1621. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen SED Typ Maroteaux (Pseudo-Morquio) AD 184095 Proportionierter Kleinwuchs, sehr kurze Hände und Füße SPONASTRIME AR 271510 Eingesunkene Nasenwurzel, mäßiggradiger Kleinwuchs SEMD, abnorme Verkalkung SEMD/Luxationen Typ Beighton SEMD/Luxationen/Leptodaktylie AR 271665 Kurze Nase, Mikrogenie, schmaler Thorax AR 271640 Kleinwuchs, kurzer Rumpf, schlaffe Gelenke, multiple Luxationen AD 603546 Kleinwuchs, Kyphoskoliose, multiple Luxationen, schlanke Finger Desbuquois- AR 251450 Kleines, rundes Gesicht, Mikrognathie, Kleinwuchs, multiple Luxationen Pseudodiastrophe AR 264180 Kleinwuchs, Gaumenspalte, Klumpfüße, multiple Luxationen 13. Schwere neonatale Spondylodysplasien Achondrogenesis IA AR 200600 Hydrops, kurzer Rumpf, sehr kurze Extremitäten Spondylometaphysäre Sedaghatian AR 250220 Kurze Gliedmaßen, breites Gesicht, Muskelhypotonie Opsismodysplasie AR 258480 Mikromeler Kleinwuchs, hypoplastisches Mittelgesicht Platyspondylie, peripher betonte epiphysäre Dorsal flache Wirbelkörper, metaphyäre Längsstreifung Kurze Rippen, prämaturirregulär verkalkende Epiphysen Kyphoskoliose, Luxationen, dysplastische Epiphsen Multiple Luxationen, lange, schlanke Finger-/Zehenknochen Koronare Wirbelkörperspalten, neonatal ossifizierte Carpalia, mediale Femurhalslippe Platyspondylie, Luxationen, normales Metacarpale I Wirbelkörper nicht ossifiziert, Röhrenknochen kugelförmig Platyspondylie, metaphysäre, breite Ilia Bandförmige Wirbelkörper, extrem kurze Fingerknochen Letal Letal 14. Spätmanifest-isolierte Spondylodysplasien Brachyolmie Typ Hobek/ Toledo AR 2715302 71630 Mäßiggradiger rumpfbetonter Kleinwuchs Abgeflachte, unregelmäßig begrente Wirbelkörper Brachyolmie, autosomaldominant AD 113500 Dorsal betonte Abflachung der Wirbelkörper 15. Akromele Dyplasien Trichorhinophalangeale (TRP) I/III Trichorhinophalangeale II Akrokapitofemorale Weill-Marchesani-Syndrom, rezessiv ADAMTS10 Metalloproteinase Weill-Marchesani-Syndom, dominant AD 190350 190351 Birnennase, spärliches Haar, kurze Finger Verkürzung und Delta-Epiphysen von Phalangen und Metacarpalia TRPS1 TRPS1- Transkriptionsfaktor AD 150230 Wie TRP I, geistige Behinderung Wie TRP I mit Exostosen TRPS1 (Mikrodeletion) AR 607778 Kurzgliedriger Kleinwuchs, Thoraxdeformität AR 277600 Myopie, Mikrosphärophakie, Linsenluxation, kurze Hände und Füße, Kleinwuchs Dysplastische proximale Femurepiphyse, Brachydaktylie Mäßig verkürzte Röhrenknochen von Hand und Fuß IHH Indian hedgehog AD 608328 FBN1 Fibrillin Akromikrische AD? 102370 Kleinwuchs, kurze Hände und Füße, kurze, aufgestülpte Nase Geleophysische Kranioektodermale Sagittale Kraniosynostose, kurze Mittel-und Endphalangen Albright-Osteodystrophie AR 231050 Kleinwuchs, Akromikrie, verschmitzter Gesichsausdruck AR 218330 Langschädel, spärliches Haar, gestörte Dentition, Kleinwuchs AD 103580 Kleinwuchs, Adipositas, oft geistige Behinderung, Verkürzte Röhrenknochen von Hand und Fuß Kurze Hand-/Fußknochen, proximal breite Phalangen Verkürzung eines oder mehrerer Metacarpalia und Metatarsalia GNAS1 GN-bindendes der Adenylzyklase s. Brachydaktylie A1

1622 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen Akrodysostose AD 101800 Eingesunkenes Mittelgesicht, geistige Behinderung, Kleinwuchs Kurze, plumpe Phalangen und Metacarpalia/Metatarsalia Brachydaktylie A1 AD 112500 Kurze Finger/Zehen Kurze oder fehlende Mittelphalangen IHH Indian hedgehog Brachydaktylie A2 AD 112600 Verkürzter Zeigefinger Brachmesophalangie II BMPR1B BMPR-Rezeptor Brachydaktylie A3 AD 112700 Verkürzter Kleinfinger Brachymesophalangie V Brachydaktylie B AD 113000 Kurze Finger/Zehen Kurze oder fehlende Endphalangen II V, gespaltene Endphalanx I Brachydaktylie C AD 113100 Kurze Finger/Zehen oft mit ulnarer Deviation, 4. Finger häufig normal lang Kurze Phalangen II/III/V, zusätzliche phalangeale Knochen, kurzes MC I ROR2 Tyrosinkinaserezeptor 2 CDF5/CDMP1 Cartilagederived morphogenetic protein Brachydaktylie D AD 113200 Kurzer Daumen Kurze Endphalanx I HOXD13 Brachydaktylie E AD 113300 Kurze Mittelhand-/-fußknochen Verkürzung eines oder mehrerer Metapodia 16. Akromesomele n (AMD) AMD Maroteaux AR 602875 Mittelgesichtshypoplasie, akromesomel betonter Kleinwuchs Grebe-/DuPan-/Hunter- Thompson- AMD mit Genitalanomalien 17. (Rhizo-)Mesomele n Dyschondrosteose (Leri-Weill) Mesomele Typ Langer Robinow-Syndrom, rezessiv Robinow-Syndrom, dominant Mesomele Dyplasie Typ Nievergelt Mesomele / Synostosen (Verloes) Omodysplasie AR 200700 228900 Mesomel betonter Kleinwuchs, irregulär- stummelförmige Finger und Zehen AR 609441 Akromesomel betonter Kleinwuchs, Ovarialagenesie AD 127300 Mesomel betonter Kleinwuchs, Madelung-Deformität AR 249700 Ausgeprägter, mesomel betonter Kleinwuchs, Mikrognathie AR 268310 Unreife (fetale) Gesichtsform, Hypertelorismus, Makrozephalus, mesomeler Kleinwuchs, Genitalhypoplasie Platyspondylie, verkürzte Hand-/Fuß-/Unterarm-/ Unterschenkelknochen A-/hypodysplastische akrale und mesomele Knochen, Karpalknochenfusion A-/Hypoplasie der proximalen Phalangen, Karpalfusion Kurzer Radius, verkrümmte Ulna, kurze Tibien Hypoplasie von Radius, Ulna, Tibia, Fibula Mesomele Verkürzung, Segmentierungsdefekte der Wirbelkörper AD 180700 Mesomele Verkürzung AD 163400 Kurze, verformte Unterschenkel, atypische Klumpfüße AD 600383 Hakennase, fehlender weicher Gaumen, Hakennase, Mikrognathie AD AR 164745 108721 Kurze Oberarme, Ellenbogenkontraktur 18. Skelettdyplasien mit Femurkrümmung Kampomele a AD 114290 Mikrognathie, Gaumenspalte, kurze, gekrümmte Oberschenkel, oft XY-Mädchen (Geschlechtsumkehr) Cumming-Syndrom AR 211890 Ähnlich kampomele, doch keine Geschlechtsumkehr Dreieckförmige Tibia, tarsale und radioulnare Synostosen Kurze Metacarpalia, 2 5 multiple Synostosen Kurze, distal verjüngte Humeri und Femora Gekrümmte Femora, Hypoplasie von Scapulae und thorakalen Wirbelkörpern Ähnlich kampomele, normale Scapulae Homöobox D13 NPR2 Natriuretischer rezeptor 2 CDF5/CDMP1 Cartilagederived morphogenetic protein BMPR1B Bone morphogenetic receptor 1B SHOX Short-stature-Homöobox-Gen ROR2 Rezeptortyrosinkinaseähnlicher Rezeptor 3 SOX9 SRY-Box 9 s. Akrokapitofemorale s. Robinow- Syndrom s. Grebe-Syndrom s. Brachydaktylie A1 Heterozygot Homozygot s. Brachydaktylie B Gerade Femora möglich

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1623. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen Stüve-Wiedemann- Syndrom AR 601559 Mikrognathie, kleiner Mund, kurze, gekrümmte Oberschenkel 19. Skelettdysplasien mit schlanken Diaphysen 3M-Syndrom AR 273750 Geburtsmaße <3%, kräftige Nasenspitze und Kinn, proportionierter Kleinwuchs Kenny-Caffey- I AR 244460 Geburtsmaße <3%, hypokalzämische Anfälle, proportionierter Kleinwuchs Hypoparathyroidismus Kenny-Caffey- II Mikrozephal osteodysplastischer primordialer Kleinwuchs Typ 1 (MOPD 1) AD 127000 Proportionierter Kleinwuchs, Hypokalzämie, Nanophthalmie AR 210710 Geburtsgewicht und -länge <3%, Mikrozephalie, fliehende Stirn MOPD 2 AR 210720 Geburtsgewicht und -länge <3%, Mikrozephalie, steile Stirn Osteokraniostenose Sp 602361 Kleine Nase, Mikrostomie Schädeldeformitäten, manchmal keine faziale Anomalien 20. Skelettdysplasien mit multiplen Gelenkluxationen Siehe unter 6. Filamindefekte, 12. Spondyloepi-(meta-)physäre n 21. Chondrodysplasia-punctata-Gruppe a Chondrodysplasia punctata Conradi-Hünermann Chondrodysplasia punctata, XL-rezessiv Chondrodysplasia punctata, rhizomeler Typ CHILD-Syndrom (congenital hemidysplasia, ichthyosis, limb defects) XLD 302960 Eingesunkene Nasenwurzel, asymmetrisch verkürzte Extremitäten, Skoliose, Katarakt, Ichthyosis XLR 302950 Kleine Nase, eingesunkene Nasenwurzel, kurze Endphalangen AR 215100 Rhizomel betonter Kleinwuchs, eingesunkene Nasenwurzel, Katarakt, schwere psychomotorische Entwicklungsstörung Gekrümmte Femora, Tibiae, helle, weite Metaphysen Dünne Röhrenknochen, hohe, a.-p. verkürzte Wirbelkörper Medulläre Stenose, dichte Schädelkalotte Medulläre Stenose, verkalkte Basalganglien Kurze Beckenschaufeln, metaphysäre Untermodellierung der schlanken Röhrenknochen Schmale Ilia, verkürzte und breite Mittel- und Endphalangen Sehr dünne Röhrenknochen mit aufgeriebenen Enden, Frakturen Kalkspritzer beim Neugeborenen, später asymmetrisch epiphysäre Koronare Wirbelspalten, kurze Humeri und Femora mit metaphysärer und Kalkspritzern der Knochenenden LIFR LIF-Rezeptor TBCE Chaperonin E EBP Emopamilbindendes Kurze Endphalangen, dort Kalkspritzer im 1. Lebensjahr Arylsulfatase E 222765 DHPAT PEX7 PTS2-Rezeptor Acyltransferase 600121 AGPS Alkylsynthase XLD 308050 Einseitig verkürzte Extremität, ichthyosiformes Erythroderma Greenberg- AR 215510 Hydrops, Mittelgesichtshypoplasie, kurze Extremitäten 22. n mit erhöhter Knochendichte und meta-diaphyären Formveränderungen Kraniometaphysäre AR 123000 128400 Hyperostose der Nasenwurzel, Hirnnervenausfälle Einseitige A-/Hypoplasie langer Röhrenknochen, Kalkspritzer beim Neugeborenen Schädelkalotte nicht ossifiziert, fragmentierte Röhrenknochenossifikation Frontookzipitale Hyperostose, metaphysäre Auftreibungen NSDHL NAD(P)H- Steroiddehydrogenaseähnliches EBP Emopamilbindendes LBR Lamin-B- Rezeptor- Reduktase ANKH Hypokalzämie Identisch mit MOPD 3 Letal, heterogen? Kalkspritzer sind ein unspezifisches Symptom Letal

1624 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen Diaphysäre Camurati-Engelmann Diaphysäre mit Anämie (Ghosal) Okulodentoossäre Osteoektasie mit Hyperphosphatasie Endostale Hyperostose van Buchem Trichodentoossäre Kraniodiaphysäre Lenz-Majewski-Hyperostose AD AR 131300 Beinschmerzen, Muskelschwäche, Muskelatrophie AR 231095 Hautblässe, dicke Beine, kortikoidempfindliche Anämie AR 1642002 57850 Schmale Nase, Mikrokornea, A-/Mikrodontie, Hörverlust, Mikrozephalie AD 239000 Kleinwuchs, Makrozephalus, Schwerhörigkeit, gebogene Unterschenkel AR AD 239100 269500 AR 218300 122860 Überwuchs, mächtiger Unterkiefer, manchmal häutige Syndaktylie 190320 Mikrotaurodontie, brüchige Haare und Nägel Massive Verdickung von Schädel und Gesicht (Leontiasis ossea faciei) AD 151050 Frühe Vergreisung, Hypertelorismus, verzögerte Dentition, Kleinwuchs, geistige Behinderung, kurze Finger kortikale diaphsäre Hyperostose, Schädelbasissklerose Kraniofaziale Sklerose, weite, endostal verdickte Diaphysen Verbreiterte Röhrenknochen, Syndaktylie 4/5, Schädelhyperostose Verdickte Schädelkalotte, weite, kalkarme Diaphysen Kraniale und endostale Hyperostose Erhöhte Knochendichte, obliterierte Diploe Kraniofaziale Sklerose, weite Diaphysen Progrediente Schädelsklerose, breite Diaphysen mit kortikaler Hyperostose Morbus Pyle AR 165900 Genua valga, dicke Schlüsselbeine Metaphysäre Erweiterung, Schädel normal Metaphysäre Braun-Tinschert AD AR 605946 Zufallsbefund Ähnlich Morbus Pyle, aber radius varus, metaphysäre Exostosen TGFβ1 Transforming growth factor 1 GJA1 Gap junction protein OPG Osteoprotegerin SOST Sclerostin DLX3 DL-Homöobox 3 Heterogen Schwere Form Homozygot? = Juveniler Paget Einschl. Sklerosteose 23. n mit verminderter Knochendichte Osteogenesis imperfecta AD AR Verschiedene Formen 7 Kap. 239 Osteoporose-Pseudoglioma-Syndrom AR 259770 Knochenbrüchigkeit, Pseudogliom, Sehstörung, Bänderschlaffheit Bruck-Syndrom I AR 259450 Angeborene Gelenkkontrakturen, Pterygien, Knochenbrüche Osteopenie, schmale Cortices, Übertubulierung, Brüche Osteopenie, Frakturen, Schaltknochen COL1 Typ-I-Kollagen Bruck-Syndrom II AR 609220 PLOD2 Lysylhydroxylase Singleton-Merten- Geroderma osteodysplasticum Idiopathisch juvenile Osteoporose Spondylookuläre Osteopenie v.a. der Wirbelsäule Cole-Carpenter- AD 182250 Oligodontie, Aortenstenose, arterielle Verkalkungen AR 231070 Kleinwuchs, vorzeitige Alterung, Cutis laxa, Hängebacken Sp 259750 Knochenschmerzen, Gehbehinderung Brüche Generalisierte Osteopenie, breite Phalangen Osteopenie, Schaltknochen, Frakturen AR 605882 Netzhautablösung, Katarakt, Rumpfbetonte Osteopenie ähnlich idiopathischer Osteoporose Sp 112240 Kraniosynostose, blaue Skleren, Proptose, Knochenbrüche Kraniosynostose, Schaltknochen, Osteopenie Chromosom 17p12 Chromosom 3q23 q24 24. Angeborene Mineralisationsdefekte Hypophosphatasie a AR 241500 Weicher Schädel, Mikromelie, blaue Skleren AD 146300 O-Beine, Frakturen, Vorzeitiger Zahnverlust Wirbelkörper nicht ossifiziert, metaphysäre Knorpelzungen,»fehlende«Knochen Ausgestanzte metaphysäre Ossifikationsdefekte TNSALP Gewebsunspezifische alkalische Phosphatase Häufig letal

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1625. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen Hypophosphatämische Rachitis Neonataler Hyperparathyreodismus XLD 307800 Mäßiger Kleinwuchs, O-Beine, aufgetriebene Gelenke, Dentindefekte, Zahnabszesse Unscharf begrenzte, gekehlte Metaphysen, verbreiterte Physen, Osteomalazie PHEX Membranprotease AD 193100 FGF23 Fibroblastenwachstumsfaktor AR 239200 Gedeihstörung, Polydipsie, Polyurie Irreguläre Metaphysen, Osteomalazie, Frakturen 25. Lysosomale Speicherkrankheiten mit Dysostosis multiplex 7 Kap. 34 CASR Ca-sensing receptor 26. Osteolysen Multizentrische karpotarsale Osteolyse AD 166300 Schmerzen, Verformung von Mittelhand/-fuß, mit oder ohne Nephropathie Hajdu-Cheney-Syndrom AD 102500 Grobe Gesichszüge, Mikrognathie, Hörverlust, Kleinwuchs Progrediente Osteolyse der Endphalangen, Schaltknochen Torg-Winchester-Syndrom Familiäre expansile Osteolyse Infantile systemische Hyalinose Mandibuloakrale A Progerie Hutchinson- Gilford Mandibuloakrale B 27. n mit lokaler Tumorbildung Multiple kartilaginäre Exostosen a AR 259600277950 Progrediente Verunstaltung der Akren, Kontrakturen, Hornhauttrübung AD 174810 Schmerzhaft verformte Gliedmaßen, Brüche, Hörverlust, Zahnverlust AR 236490 Knotige Hautveränderungen, Kontrakturen, Gedeihstörung AR 248370 Mikrogenie, Gelenkkontrakturen, Hautatrophie, Haarverlust (Jungen) AD 176670 Vorzeitige Vergreisung, Mikrogenie, Alopezie AR 166300 Ähnlich Typ A, kleine Nase, kleiner Mund, Proptose AD 166260 133700 Knöcherne Vorwölbung, evtl. lokal gestörtes Wachstum Enchondromatose Sp 166000 Umschriebene Tumorbildung, evtl. Ollier a lokal gestörtes Wachstum, evtl. Hämangiome (Maffucci-Syndrom) Spondyloenchondrodysplasie AR 27155 Kleinwuchs, Wirbelsäulendeformität, Genua valga oder vara Genochondromatose AD 137360 Mediale Schwellung der Schlüsselbeine Progrediente Zerstörung der Carpalia, Tarsalia, proximale Metakarpal/-tarsal-Enden Osteolyse von Carpalia und kurzen Röhrenknochen Progrediente strukturarme Aufweitung der Diaphysen Generalisierte Osteopenie mit metaphysären Osteolysen Progrediente Akroosteolyse der Klavikel und Akren Ähnlich Mandibuloakrale Typ A Ähnlich Typ A Exostosen Asymmetrisch verteilte Enchondrome, Wirbelsäule nicht betroffen Flache, irregulär verkalkte Wirbelkörper, metaphysäre Defekte, evtl verkalkte Basalganglien Fokale Aufhellungen in Metaphysen und Kavikeln Metachondromatose AD 156250 Unverschiebliche Fingertumoren Enchondrome kombiniert mit Exostosen Generalisierte Enchondromatosen epiphysealis hemimelica (Trevor) Skoliose, Kleinwuchs, aufgetriebene Rippenenden, Handknochen Symmetrisch verteilte Enchondrome, Wirbelsäule betroffen Sp Gelenknaher Tumor Irregulärer, paraepiphysärer Kalzifikationsherd MMP2 M-Metalloprotein 2 TNRFRSF 11A RANK CMG2 Kapilläres morphogenes β-gen 2 LMNA Lamin A/C ZMPSTE24 Matrixmetalloproteinase 2 EXT1 Exostosin 1 EXT2 Exostosin 2 = Juvenile hyaline Fibromatose Heterogen? Heterogen

1626 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Tab. 236.2. Fortsetzung Krankheit OMIM Klinik Röntgen Gen Erbgang Bemerkungen Fibröse einschl. McCune-Albright- Syndrom Progrediente ossäre Heteroplasie Fibrodysplasia ossificans progressiva Sp 174800 Spontanfrakturen, kraniofaziale Verunstaltung, Pigmentnaevi, endokrine Ausfälle Mono- oder polyostotisch irregulär-expansive zystische Strukturen, Frakturen AD 166350 Subkutane Tumoren, Pigmentnaevi Subkutan ektopische Knochenherde AD 135300 Subkutane Tumoren, verkürzte, valgisierte Großzehen Cherubismus AD 118400 Tumorbedingte Auftreibung von Ober- und Unterkiefer, Oligodontie Gnathodiaphysäre AD 166260 Rezidivierende Unterkieferabszesse, vermehrte Knochenbrüchigkeit Subkutan ektopische Knochenherde, Hypoplasie der Zehengrundphalanx Zystische Auftreibung von Ober- und Unterkiefer Generalisierte Osteopenie, Skleroseherde in Mandibula und Maxilla GNAS1 Guaninnukleotidbindendes SH3PB2 SH3-bindendes TMEM16E Transmembranprotein 16E 28. Kleidokraniale n Dysostosis cleidocranialis a AD 119600 A-/hypoplastische Schlüsselbeine, verzögerte Dentition, kurze Finger CDAG-Syndrom AR 603116 A-/hypoplastische Schlüsselbeine, Kraniosynostose, Analstenose, Porokeratose Clavicula-A-/Hypoplasie, schmale Beckenschaufeln, kurze Endphalangen RUNX2 Runt-Transkriptionsfaktor 2 a In diesem Kapitel ausführlicher beschrieben. AD autosomal-dominant, AR autosomal-rezessiv, XLD X-chromosomal-dominant, XLR X-chromosomal-rezessiv, Sp sporadisch, DD Differenzialdiagnose. Therapie. Eine kausale Therapie der Osteochondrodysplasien gibt es nicht. Die Betreuung der Kinder konzentriert sich auf die Verhütung von Komplikationen. Komplikationen sind Deformitäten, die aus der fehlerhaften Anlage des Skeletts und anderer mesenchymaler Strukturen folgen. Beispiele sind Dislokationen, Skoliose, Gelenkfehlstellungen, Verbiegungen (. Übersicht). Bei pleiotropen Krankheitsbildern liegen Begleitfehlbildungen vor wie Zahndefekte, Gaumenspalten, angeborene Herzfehler, Nierenzysten, Immundefekte. Psychosozialen Schwierigkeiten, die bis zur Adoleszenz selten, aber bei Erwachsenen gehäuft auftreten, ist am ehesten durch die Stützung intakter Familienstrukturen zu begegnen. Selbsthilfeorganisationen für kleinwüchsige Kinder und ihre Eltern sind kompetent und hilfreich. Versuche, die Körpergröße mit Wachstumshormon zu beeinflussen, beschleunigen gelegentlich die Wachstumsgeschwindigkeit ohne nachgewiesenen Effekt auf die Endgröße. Sie sind bestenfalls im Rahmen kontrollierter therapeutischer Versuche gerechtfertigt. Die operative Beinverlängerung ist bei einseitiger Beinverkürzung indiziert. Eine beidseitige Beinverlängerung kommt bei Kleinwuchsformen mit normaler Gelenkentwicklung in Frage und kann Größenzuwächse von 10 25 cm erzielen. Sie wird häufig in die Adoleszenz verschoben, um den Jugendlichen ein Mitspracherecht bei dem langwierigen und überwiegend psychosozial begründeten Eingriff zu ermöglichen. Häufigere Komplikationen bei Osteochondrodysplasien Skelett: Atlantookzipitale Instabilität Spinalstenose Skoliosen und andere Wirbelsäulenfehlstellungen Dislokationen Kontrakturen Frakturen Extremitätenfehlstellungen Fußdeformitäten Prämature Arthrosen Extraskelettär: Ophthalmologische Komplikationen (Myopie, Netzhautablösung u. a.) Schwerhörigkeit Neurologische Ausfälle (Rückenmarkkompression, Hydrozephalie, Apnoen) Nephropathien Malabsorption Immundefekte Rezidivierende Luftwegsinfekte Prophylaxe. Bei familiärer Belastung ist eine primäre Prävention durch genetische Beratung möglich. Osteochondrodysplasien mit bekanntem molekularem oder defekt können pränatal aus Chorionzotten und Amnionzellen diagnostiziert werden. Bei der Geburt deutlich manifeste Kleinwuchsformen lassen sich etwa ab der 18. SSW sonographisch vermuten. Die für die vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft wichtige Unterscheidung zwischen letalen und nicht letalen Osteochondrodysplasien hat in ungeübten Händen eine hohe Fehlerquote.

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1627 Phänokopien hereditärer Osteochondrodysplasien sind z. B. eine Chondrodysplasia punctata durch Antikoagulanzien, Vitamin-K-Mangel oder Alkohol und eine epiphysäre bei Hypothyreose. Ihnen ist durch entsprechende Karenz oder Substitution zu begegnen. Achondroplasie Die Achondroplasie ist die häufigste Osteochondrodysplasie mit einer Frequenz um 1:20.000. Sie ist bedingt durch einen Defekt des Knorpelzellrezeptors für Fibroblastenwachstumsfaktor 3, der die Zellteilungsrate in enchondralen Knorpelzellsäulen beeinflusst. Sie wird autosomal-dominant vererbt. Klinische Symptome und Verlauf. Bei der Geburt fallen kurze Extremitäten auf. Die Körpergröße liegt im unteren, der Kopfumfang im oberen Normbereich. Der Kopfumfang nimmt im Laufe der ersten beiden Lebensjahre überproportional zu und verlässt Ende des 1. Lebensjahres den normalen Perzentilenbereich. Im weiteren Verlauf flacht die Schädelumfangskurve jedoch spontan ab und entwickelt sich parallel zur normalen 97%-Perzentile weiter. Die Dysproportionierung nimmt im Lauf der Entwicklung zu. Es resultiert ein charakteristischer kurzgliedriger Kleinwuchs (. Abb. 236.1) mit einer Endgröße um 131 cm (118 143 cm) bei Männern und 125 cm (112 138 cm) bei Frauen. Säuglinge mit Achondroplasie sind hypoton. Schwer betroffene Säuglinge, besonders solche mit ausgeprägter Muskelhypotonie, sind durch zentrale und obstruktive Apnoen gefährdet und können plötzlich versterben. Auch leichter betroffene Säuglinge lernen aufgrund ihrer Muskelhypotonie verspätet zu sitzen und zu laufen. Die Prognose ist hier jedoch gut: Die Hypotonie verschwindet im Laufe der ersten Lebensjahre spontan und mit ihr meist eine hypotoniebedingte und aufgrund ihres Spontanverlaufs nicht behandlungsbedürftige Sitzkyphose. Sie weicht einer lumbalen Hyperlordose, welche die später häufigen Kreuzschmerzen der Patienten erklärt und nur operativ (durch Anteversionsosteotomie der Femora) beeinflussbar ist. Ganz vereinzelt nimmt die frühkindliche Kyphose mit anteriorer Abflachung einzelner Wirbelkörper und Einengung des Spinalkanals zu. Häufig entwickeln sich Crura vara. Die Stabilität der Kniegelenke ist ohne Funktionsverlust vermindert. Für die Entwicklung der Kinder entscheidend ist das verminderte Wachstum von Schädelbasis und Spinalkanal. Die Schädelbasis ist zu kurz, der Nasopharyngealraum eingeengt. Dies äußert sich in häufigen Infektionen der oberen Luftwege mit rezidivierenden Otitiden, chronischen Mittelohrergüssen und Schallleitungsschwerhörigkeit. Sie kann die Entwicklung des Sprachverständnisses und dadurch formale Intelligenztests der geistig normalen Kinder beeinträchtigen. Durch die Wachstumsstörung der Schädelbasis bleiben die venösen Ausflusskanäle und das Foramen occipitale zu eng. Folge ist eine Behinderung des venösen Abflusses und der Liquorzirkulation in den Spinalkanal. Der Schädelinnendruck nimmt zu. Es bildet sich ein Hydrocephalus internus, häufig auch externus aus, der (entsprechend der Kopfumfangskurve) zunächst dynamisch, dann jedoch stationär ist, i. Allg. keine Symptome verursacht und keine Ausfälle hinterlässt. Die Einengung des Spinalkanals kann zur Rückenmarkkompression und entsprechenden neurologischen Ausfällen führen. Diagnose. Die diagnostisch wesentliche Aufnahme ist das Babygramm des Neugeborenen (. Abb. 236.2). Wichtigste Röntgenmerkmale beim älteren Kind sind sagittal verkürzte Wirbelkörper (. Abb. 236.3), niedere, breite Beckenschaufeln mit horizontalen Azetabulardächern, verkürzte und verbreiterte Röhrenknochen mit normal geformten Epiphysen und etwas unregelmäßig begrenztem Metaphysenabschluss. Im Schädel-CT ist der Durchmesser des Foramen occipitale vermindert, Ventrikel und häufig auch die äußeren Liquorräume sind erweitert. Die Magnetresonanztomographie des Schädels kann druckbedingte Zeichen der Kompression der Medulla oblongata aufweisen. Eine molekulargenetische Diagnostik ist möglich, jedoch teuer und angesichts der eindeutigen radiologischen Befunde überflüssig. Differenzialdiagnose. Die Hypochondroplasie verläuft leichter, die thanatophore schwerer als die Achondroplasie. Die Pseudoachondroplasie ähnelt der Achondroplasie klinisch, hat röntgenologisch jedoch epiphysäre Veränderungen. Der Schädel ist normal. Therapie. In den ersten beiden Lebensjahren sind zur Verhütung myelinärer Schäden am kraniozervikalen Übergang engmaschige pädiatrisch-neurologische Kontrollen erforderlich, evtl. mit wiederholtem MRT. Danach sollten Kinder mit Achondroplasie möglichst wie normalwüchsige Kinder behandelt werden, mit üblichen Vorsorgemaßnahmen, normaler Einschulung und möglichst geringer ärztlicher Intervention. Shuntableitungen und spezielle Krankengymnastik sind trotz Hydrozephalus und Muskelhypotonie aufgrund der guten. Abb. 236.1. 12 Jahre alter Junge mit Achondroplasie

1628 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Abb. 236.2. Achondroplasie (Neugeborenes). Niedere, breite Beckenschaufeln mit charakteristischem mediokaudalem Sporn, kurze Röhrenknochen mit mit relativ längerer Fibula, charakteristische Eichelform des proximalen Femur, aufgetriebene Metaphysen Spontanprognose nur selten indiziert. Obstruktive Apnoen sind nicht selten durch adenoide Vegetationen bedingt. Sie sind auch mehrfach zu beseitigen. Nächtliche CPAP-Beatmung ist nur selten erforderlich. Die neurologische und audiologische Entwicklung ist sehr sorgfältig zu verfolgen. Die wichtigsten speziellen Betreuungsmaßnahmen finden sich in. Tab. 236.3. Hypochondroplasie Die Hypochondroplasie beruht auf einer allelen Mutation des für die Achondroplasie verantwortlichen FGFR3-Gens und wird ebenfalls autosomal-dominant vererbt. Die Mutation ist nicht bei allen Patienten nachweisbar. Die Häufigkeit der Hypochondroplasie ist aufgrund der schwierigen Abgrenzung vom konstitutionellen Kleinwuchs schwer einzuschätzen. Klinische Symptome. Das Erscheinungsbild ähnelt der Achondroplasie, ist jedoch weniger ausgeprägt. Die Extremitäten sind relativ kurz, der Rumpf relativ lang. Die Schädel kann normal oder leicht vergrößert sein. Die Erwachsenengröße liegt zwischen 132 und 147 cm. Diagnose. Hauptmerkmale sind die a.-p.-verkürzung mit dorsaler Konkavität der Wirbelkörper, der kraniokaudal abnehmende Interpedikularabstand lumbal, verkürzte Schenkelhälse, eine relative Verkürzung der Tibien gegenüber den Fibulae (. Abb. 236.4), verkürzte Handknochen. Diese Veränderungen sind nicht immer vollständig vorhanden. Die Abgrenzung von Normalbefunden kann schwierig sein. Die molekulargenetische Diagnostik ist in Zweifelsfällen angezeigt. Ein negativer Befund schließt die Diagnose nicht aus. Differenzialdiagnose. In schwerer Ausprägung ist die Hypochondroplasie kaum von der Achondroplasie, in leichter Form. Abb. 236.3. Achondroplasie (6 Jahre). Anterior-posterior verkürzte Wirbelkörper mit verstärkter dorsaler Konkavität, enger Wirbelkanal, anterioir aufgetriebene Rippenenden. Noch leichte lumbodorsale Kyphose schwer vom familiär-konstitutionellen Kleinwuchs abzugrenzen. Therapie. Einziges Problem ist die Körperlänge. Therapeutisch kommt die operative Beinverlängerung in Frage. Thanatophore Zwei spezifische Mutationen des FGFR3-Gens führen zu 2 Formen der letalen thanatophoren. Typ II weist häufiger einen Kleeblattschädel auf als Typ I. Die pränatal schwierige, nach der Geburt radiologisch jedoch sofort mögliche Diagnose (. Abb. 236.5) ist für die postnatale Versorgung wichtig. Am Beatmungsgerät können Kinder mit thanatophorer jahrelang überleben. Sie bleiben psychomotorisch schwerst behindert und kleinwüchsig mit einer Körpergröße um 80 cm. Das genetische Wiederholungsrisiko liegt für Eltern mit einem betroffenen Kind in der Größenordnung von weniger als 1:10.000. Die beiden thanatophoren n sind nur 2 von zahlreichen letalen Osteochondrodysplasien (. Tab. 236.2), die röntgenologisch eindeutig, pränatal-sonographisch jedoch nur schwer unterscheidbar sind. Diastrophische Die autosomal-rezessiv vererbte Krankheit ist verursacht durch den Defekt eines für den transmembranösen Transport von

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1629. Tab. 236.3. Auswahl spezieller Betreuungsmaßnahmen bei Achondroplasie 1. Lebensjahr 2. Lebensjahr 4. Lebensjahr 6. Lebensjahr Pubertät Anamnese Spezielle klinische Untersuchungen Labor Konsilien Familie, Apnoen, psychomotorische Entwicklung Infektionen Perzentilen Neurologie a Röntgendiagnosesicherung, Schlaflabor, MRT b SEP c HNO d Neurochirurgie e Entwicklung Sprache Infektionen Perzentilen Neurologie a SEP MRT HNO d Neurochirurgie e Entwicklung Sprache Infektionen Perzentilen Neurologie a HNO d Neurochirurgie e Orthopädie f Entwicklung Sprache Hören Einschulung Perzentilen Neurologie a Psychologie Orthopädie f Kieferorthopädie g Soziale Integration Perzentilen Neurologie a Orthopädie f Psychologie a Asymmetrische Bewegungen? Reflexdifferenzen? Pyramidenzeichen? Exzessive Muskelhypotonie? b Insbesondere bei schwerer Hypotonie, zentralen Apnoen, pathologischem Schlaflabor, pathologischem SEP. c Somatisch evozierte Potenziale mit spezieller Ableitetechnik. d Paukenerguss? Adenoide? Audiogramm. e Bei auffälligem MRT Frage der okzipitalen Dekompression oder Laminektomie. f Tibia vara? In der Adoleszenz evtl. Beinverlängerung? g Häufig Zahnfehlstellung.. Abb. 236.4. Hypochondroplasie (5 Jahre). etwas verkürzte, verplumpte Femora und Tibien; abgeflachte Knieepiphysen Sulfationen wichtigen Peptids. Aufgrund des intrazellulären Sulfatmangels bleiben Proteoglykane untersulfatiert. Klinische Symptome und Verlauf. Schwer betroffene Patienten werden mit kurzen Extremitäten und Klumpfüßen geboren. 30% haben eine Gaumenspalte. Im 1. Lebensmonat entwickeln sich zystische Gebilde im Ohrknorpel, die später eine blumenkohlartige Ohrdeformität hinterlassen. Charakteristisch ist der nach proximal versetzte, abgespreizte Daumen (hitchhiker thumb). Weichteilbedingte Gelenkkontrakturen nehmen im Verlauf der Entwicklung eher zu. Gleichzeitig bildet sich eine kontrakte Kyphoskoliose aus. Die mittlere. Abb. 236.5. Thanatophore Dyplasie I. Schmaler Thorax; U-förmige Wirbelkörper; verkürzte und verkrümmte Femora mit aufgehelltem proximalem Ende; kurze, breite Tibien und Femora: übrige Röhrenknochen verkürzt; Beckenschaufeln nieder und breit Erwachsenengröße liegt bei 132 cm für Männer und 125 cm für Frauen. Diagnose. Röntgenologisch sind die Röhrenknochen verkürzt mit metaphysären, später mit charakteristischen epiphysären Veränderungen. Metacarpalia und Phalangen sind häufig von unregelmäßiger Form und Länge (. Abb. 236.6). Das besonders kurze Os metacarpale I erklärt den proximal gesetzten und abgespreizten Daumen. Die Wirbelkörper sind meist normal geformt. Gelegentlich entwickelt sich in den ers-

1630 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes ten Lebensjahren eine zervikale Kyphose mit der Gefahr der Rückenmarkkompression. Sie kann sich spontan bessern. Eine molekulargenetische Diagnostik ist möglich, aber angesichts der charakteristischen Röntgenbefunde nur selten indiziert. Differenzialdiagnose. Leichtere Verlaufsformen sind bekannt und imponieren als besondere Form der epiphysären (Typ IV). Abhängig von der spezifischen Mutation kann selten ein Patient eine fast normale Körpergröße erreichen. Klumpfüße können das einzige Symptom sein. Schwerste Formen des Sulfattransporterdefekts verlaufen dagegen letal. Abhängig von den röntgenologischen Skelettveränderungen werden sie als Achondrogenesis IB oder Atelosteogenesis II diagnostiziert (. Tab. 236.2). Therapie. Die Klumpfüße bedürfen der orthopädischen Behandlung, erweisen sich aber als rebellisch. Das gleiche gilt für Skoliose und Kontrakturen. Eine Gaumenspalte ist wie üblich zu behandeln. Ob operative Bemühungen zur Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit und der Skoliose überhaupt effektiv sind, d. h. ob operativ behandelte Patienten bessere Funktionen und Lebensqualität haben als unbehandelte, ist unbewiesen. Ein neurochirurgischer Eingriff an der Halswirbelsäule ist wegen der Möglichkeit der Spontanbesserung nur bei rasch progredienter oder besonders schwerer Kyphosierung sowie bei zunehmenden neurologischen Ausfällen nach MR-Evaluierung des Myelons indiziert. Dysplasia spondyloepiphysaria congenita Die autosomal-dominante Dysplasia spondyloepiphysaria congenita ist die häufigste Form eines breiten Spektrums von Krankheiten durch fehlerhafte Produktion von Typ-II- (Knorpel-)Kollagen. Andere Typ-II-Kollagenopathien sind die Achondrogenesis II, Hypochondrogenesis, Morbus Kniest und Morbus Stickler I (. Tab. 236.2). Klinische Symptome und Verlauf. Die Patienten werden zu klein geboren. 30% haben eine Gaumenspalte. Im Laufe der Entwicklung bildet sich ein kurzrumpfiger Kleinwuchs aus mit einer Endgröße zwischen 120 und 140 cm. Mehr als die Hälfte der Patienten haben eine progrediente Myopie mit der Gefahr der Netzhautablösung. Schwerhörigkeit findet sich insbesondere bei Patienten mit Gaumenspalte. Diagnose. Radiologische Hauptmerkmale sind beim Neugeborenen abgeflachte, ovoid geformte Wirbelkörper sowie fehlende Ossifikation der Ossa pubis und Kniegelenkepiphysen (. Abb. 236.7). Die Ossifikation der Wirbelkörper und proximalen Femora bleibt verzögert, metaphysäre Strukturveränderungen können bei schweren Fällen hinzutreten. Hand- und Fußknochen bleiben weitgehend normal geformt. Differenzialdiagnose. Abzugrenzen sind andere spondyloepiphysäre n, z. B. die X-chromosomal-dominant vererbte Dysplasia spondyloepiphysaria tarda (. Tab. 236.2). Charakteristisch für die Typ-II-Kollagenopathien ist die Kombination von Skelett- und Augenveränderungen. Zusammen mit Gaumenspalten findet sie sich u. a. bei der schwer verlaufenden Kniest- und der leichter verlaufenden Stickler-Arthroophthalmopathie. Schwerste Formen der Typ-II- Kollagenopathien Achondrogenesis II und Hypochondrogenesis verlaufen letal. Therapie. Visus und Augenhintergrund sind jährlich, die Hörfähigkeit bei Verdacht auf Schwerhörigkeit zu kontrollie-. Abb. 236.6. Diastrophische (13 Jahre). Unregelmäßig verkürzte und verplumpte Röhrenknochen: besonders kurzes, fast dreieckiges Metacarpale I; flache, dysplastische, teilweise zapfenförmige Epiphysenkerne. Abb. 236.7. Dysplasia spondyloepiphysaria congenita (Neugeborenes). Abgeflachte Wirbelkörper; fehlende Ossifikation der Ossa pubis und Kniegelenkepiphysen

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1631 ren. Orthopädisch werden subtrochantere Valgisierungsosteotomien zur Korrektur einer progredienten Coxa vara orthopädisch angeboten. Ob die Operation Gelenkfunktion und Lebensqualität nachhaltig verbessert, ist unbewiesen. Ähnliches gilt für die Behandlung der Kyphoskoliose. Vor Operationen ist eine atlantoaxiale Instabilität auszuschließen. Normale Einschulung ist anzustreben unter Freistellung vom üblichen Schulsport. Geeignete Sportarten sind Schwimmen und Fahrradfahren. Sitzende Berufe sind vorzuziehen. Multiple epiphysäre n, autosomal-dominante Formen Die durch fehlerhafte Produktion verschiedener Typ-IX-Kollagen-Ketten, Cartilage-oligomeric- (COMP) oder Matrilin bedingte Krankheit wird autosomal-dominant vererbt. Klinische Symptome. Die Krankheit manifestiert sich meist zwischen dem 2. und 10. Lebensjahr mit Hinken, Watschelgang, Hüft- oder Knieschmerzen. Leichte Formen werden erst beim Erwachsenen als»prämature Osteoarthrose«erkannt. Die Körpergröße ist leicht vermindert oder normal. Diagnose. Radiologisch sind viele Epiphysenkerne vorzugsweise der Hüft- und Kniegelenke klein, abgeflacht, gelegentlich fragmentiert (. Abb. 236.8). Die Handwurzelkerne sind unregelmäßig geformt. Befall nur einzelner Gelenke, v. a. der Hüften, kommt vor. Eine molekulargenetische Diagnostik ist wenig sinnvoll, da die Diagnose radiologisch möglich ist. Differenzialdiagnose. Die Pseudoachondroplasie ist durch schwerere Veränderungen an Wirbelsäule und Epiphysen charakterisiert. Beim beidseitigen Morbus Perthes sind die Hüftkopfe primär normal und zerfallen sekundär. Die durch DTDST-Mutationen bedingte autosomal-rezessive Form der multiplen epiphysären zeigt radiologisch flache Epiphysen, doppelschichtige Patellae und andere charakteristische Merkmale. Die juvenile rheumatoide Arthritis ist klinisch zu differenzieren. Eine Hypothyreose ist v. a. bei Hüftbefall auszuschließen. Therapie. Sportarten mit statischer Belastung der unteren Extremitäten sind nicht zu empfehlen. Geeignet sind Schwimmen, Fahrradfahren, Reiten, evtl. Rudern. Sitzende Berufe sind vorzuziehen. Im höheren Alter kann evtl. eine prosthetische Versorgung schwer osteoarthrotischer Gelenke erfolgen. Chondrodysplasia punctata Röntgenologisch nachweisbare, spritzerartige neonatale Kalzifikationen sind unspezifisch. Sie sind Hauptmerkmal verschiedener Formen der Chondrodysplasia punctata (. Tab. 236.4). Klinisch haben Neugeborene mit diesen klassischen Formen häufig eine ausgeprägt eingesunkene Nasenwurzel. Warfarin (Marcumar) induziert eine von der X-chromosomal-dominanten Chondrodysplasia punctata klinisch und röntgenologisch nicht unterscheidbare Phänokopie. Neonatale Kalzifikationen kommen weniger ausgeprägt bei anderen hereditären Krankheiten vor und werden durch verschiedene Noxen induziert (. Tab. 236.4). Dyschondrosteose Die Dyschondrosteose ist eine nicht ganz seltene, autosomal-dominant vererbte Krankheit, charakterisiert durch eine Madelung-Deformität und mesomel dysproportionierten Kleinwuchs. Ursache sind Mutationen oder Deletionen des sog. SHOX-Gens in der pseudoautosomalen Region des X- Chromosoms. Dysplasia cleidocranialis Die autosomal-dominant vererbte kleidokraniale ist verursacht durch Mutationen des CBFA1-Gens (core-binding factor A1), das einen für die Determinierung mesenchymaler Stammzellen zu Osteoblasten verantwortlichen Transkriptionsfaktor codiert. Klinische Symptome. Hauptmerkmale sind die Aplasie oder Hypoplasie der Schlüsselbeine mit einer abnormen Schulterbeweglichkeit nach vorn, verzögerte Dentition und Zahnstellungsanomalien, kurze Finger und mäßiger Kleinwuchs. Diagnose. Die Schlüssselbeine können ganz oder teilweise fehlen. Fontanelle und Schädelnähte schließen sich verspätet später finden sich zahlreiche Schaltknochen in den Nähten. Die Ossifikation der Ossa pubis ist verzögert, die Beckenschaufeln sind schmal (. Abb. 236.9). Die Endphalangen sind kurz, ihre Epiphysenkerne eher breit.. Abb. 236.8. Multiple epiphysäre (7 Jahre). Kleine, dsyplastische Epiphysenkerne Differenzialdiagnose. Die Ossifikationsdefekte der Schlüsselbeine können mit Frakturen verwechselt werden. Isolierte Pseudarthrosen der Schlüsselbeine kommen vor, überwiegend rechts. Kongenitale klavikulare Defekte finden sich beim

1632 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes. Tab. 236.4. Wichtigste genetische Formen der Chondrodysplasia punctata und symptomatische neonatale Kalzifikationen Bezeichnung Merkmale Prognose Ursache Erbgang Conradi-Hünermann- Syndrom Brachytelephalangeale Form Rhizomele Form Brachymetakarpalmesomele Form Greenberg- CHILD-Syndrom Weitere Krankheiten mit neonatalen Kalzifikationen (Puncta) Asymmetrischer Kleinwuchs, Skoliose, Katarakt, normale geistige Entwicklung, Ichthyose, Alopezie Röntgen: diffus verteilte Kalzifikationen, später asymmetrische Epipyphsen- und Wirbelkörperdefekte Kleinwuchs, kurze Finger Röntgen: kurze Endphalangen Nachbargendefekt bei Deletion Xp232.32: Ichthyose, Anosmie, Hypogonadismus, geistige Behinderung Rhizomeler Kleinwuchs, Kontrakturen, Katarakt, schwere psychomotorische Behinderung, Tetraspastik. Röntgen: Symmetrisch-kurze Humeri und Femora, Wirbelkörperspalten Irregulär verkürzte Mittelhandknochen, kurze Tibiae und Fibulae, Kleinwuchs Hydrops fetalis, Mittelgesichtshypoplasie, kurze Extremitäten Röntgen: Nichtossifzierte Schädelkalotte, fragmentiert ossifizierte Röhrenknochen Einseitig verkürzte Gliedmaβen, ichhyosiformes Erythroderma Röntgen: Einseitige Hypoplasie oder Aplasie einzelner Röhrenknochen, puncta beim Neugeborenen Normale geistige Entwicklung; Kleinwuchs; Skoliose Gut quoad vitam, Kleinwuchs Meist letal. Tod vor dem 10. Lebensjahr Gut quoad vitam, Kleinwuchs Letal Gut quoad vitam, einseitiger Minderwuchs ARSE-Mutation Arylsulfatase E 1. PEX7-Mutation Peroxisomaler PTS2-Rezeptor 2. DHPAT-Mutation Dihydroxyaceton-P-Acyltransferase 3. AGPS-Mutation Alkylglyzeron-P-Synthase Besondere Manifestation des Conradi-Hünermann-Syndroms? LBR-Mutation Lamin-Rezeptor-β-Hydroxysterol-δ(14)-Reduktase 1. NSDHL-Mutation NAD(P)H-Steroid-Dehydrogenase-ähnliches 2. EBP-Mutation Emopamil-bindendes Vitamin-K-Mangel, Warfarin- (Marcumar-)Exposition, Vitamin-K-Epoxid-Reduktase-Defekt, Alkoholembryopathie, Hydantoin-Exposition, mütterlicher Diabetes mellitus, mütterlicher Lupus erythematosus, Phenacetin-Exposition, Rötelninfektion, Akrodysostose, Binder-Syndrom, De-Barsy-Syndrom, De-Lange-Syndrom, Galaktosialidose, G M1 -Gangliosidose, Keutel-Syndrom, Mukolipidose II, Smith-Lemli-Opitz-Syndrom, Turner-Syndrom, Trisomie 18, Trisomie 21, Zellweger-Syndrom XLD XLR AR AR XLD XLD X-chromosomal-dominant, XLR X-chromosomal-rezessiv, AR autosomal-rezessiv. Yunis-Yaron-Syndrom (autosomal-rezessiv erblich mit Daumenaplasie und Mikrogenie) und der mandibuloakralen (progeroides Aussehen, Akroosteolyse). Therapie. Beschwerden sind selten. Die Zahnstellungsanomalien sind kieferorthopädisch zu betreuen. Das enge Becken kann zu Geburtsschwierigkeiten führen. Kampomele Ein durch SOX9 codierter Transkriptionsfaktor beeinflusst die Entwicklung von Knochen und Testes. Mutationen des SOX9- Gens äußern sich in der kampomelen. Die Krankheit ist heterozygot (autosomal-dominant) manifest. Klinische Symptome und Verlauf. Hauptmerkmale der bei der Geburt manifesten Krankheit sind Gaumenspalte, Mikrogenie, verkrümmte Beine und Klumpfüße. Hypoplastische Trachealknorpel, Muskelhypotonie und hypoplastischer Thorax erschweren die Spontanatmung und prädestinieren zu Atemwegsinfekten. Die meisten Patienten sterben im frühen Säuglingsalter. Chromosomal männliche Patienten haben meist ein intersexuelles Genitale oder einen komplett weiblichen Phänotyp.. Abb. 236.9. Dysplasia cleidocranialis (8 Jahre). Schmale, hohe Beckenschaufeln, fehlende Ossifikation der medialen Abschnitte von Sitzund Schambeinknochen. Große, runde Epiphysenkerne der proximalen Femora

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1633 Diagnose. In wechselnder Vollständigkeit finden sich hypoplastische Schulterblätter, 11 Rippenpaare, hypoplastische Brustwirbelkörper, bilateral dislozierte Hüftgelenke, verkrümmte Femora und Tibien und hypoplastische Fibulae (. Abb. 236.10). Die Verkrümmung kann fehlen (akampomeles kampomeles Syndrom). Differenzialdiagnose. Auszuschließen sind andere, häufigere Ursachen einer Beinverkrümmung, z. B. Osteogenesis imperfecta oder Hypophosphatasie. Isolierte bowed legs kommen auch als Folge von intrauteriner Lagenanomalie oder aus ungeklärter Ursache vor. Therapie. Mit intensivmedizinischer Unterstützung können die Patienten überleben. Spätere Entwöhnung vom Beatmungsgerät ist möglich. Leichter betroffene Patienten überleben spontan, bleiben in wechselndem Ausmaß zu klein mit mäßiggradiger geistiger Behinderung. Hypophosphatasie Der Begriff»Hypophosphatasie«umfasst ein Spektrum von Krankheiten durch erniedrigte Aktivität der gewebsunspezifischen alkalischen Phosphatase. Multiple allele Mutationen und Homoyzgotie vs. Heteroyzgotie des ALPL-Gens erklären die Manifestationsbreite des meist homozygot (rezessiv), seltener heterozygot (dominant) manifesten Leidens. Klinische Symptome und Verlauf. Die kongenitale, schwere Form ist nicht mit dem Leben vereinbar. Patienten mit der infantilen Form gedeihen schlecht, haben weit offene Fontanellen, verkrümmte Knochen mit aufgetriebenen Enden, Hyperkalzämie, Hyperkalziurie und Nephrokalzinose. Patienten mit der Spätform fallen häufig nur durch vorzeitigen Zahnverlust auf. Diagnose. Die alkalische Serumphosphatase ist erniedrigt, die Urinausscheidung von Phosphoäthanolamin erhöht. Röntgenologisch sind bei der infantilen Form Schädeldach, Rippenund Knochenenden nicht oder ungenügend ossifiziert. Leichtere Formen äußern sich in metaphysären Ossifikationsdefekten und/oder Osteopenie. Differenzialdiagnose. Vor allem bei der Geburt manifeste Formen werden mit der Osteogenesis imperfecta verwechselt. Therapie. Die Hyperkalzämie der schweren infantilen Form wurde mit Kalzitonin, die Hyperkalziurie mit Chlorothiazid erfolgreich behandelt. Osteopetrose (Marmorknochenkrankheit) Genetische Defekte der Bildung oder Funktion von Osteoklasten beeinträchtigen die Knochenresorption und führen zu einer Vielzahl von Krankheiten mit generalisierter oder lokaler Vermehrung von Knochengewebe. Die wichtigsten generalisierten Formen sind die autosomal-rezessiv vererbte infantile und die überwiegend autosomal-dominant vererbte juvenile Osteopetrose. Klinische Symptome und Verlauf. Die frühmanifeste Form äußert sich im Säuglingsalter mit Anämie, häufig Leukopenie, Thrombozytämie, Hepatosplenomegalie. Die Kinder haben häufige bakterielle Infektionen, erblinden infolge einer ossär bedingten Optikusatrophie und versterben im Kleinkindalter. Die leichtere Form äußert sich bei Kindern oder Erwachsenen mit Hirnnervenausfällen, Frakturen, maxillären dentogenen Infektionen. Asymptomatische Merkmalsträger werden zufällig aufgrund von Röntgenaufnahmen entdeckt. Diagnose. Röntgenologisches Hauptmerkmal ist die erhöhte Knochendichte aller Skelettabschnitte (. Abb. 236.11). Die Enden der Röhrenknochen sind aufgrund der verminderten metaphysären Knochenresorption aufgetrieben. Bei Säuglingen mit schwerer Osteopetrose finden sich radiologisch wie biochemisch häufig zusätzliche rachitische Veränderungen. Differenzialdiagnose. Die durch einen Carboanhydrase-II- Defekt bedingte»osteopetrose mit renaler tubulärer Acidose«geht mit entsprechenden Serumelektrolytveränderungen und einer mittelschweren Osteosklerose einher. Andere Osteosklerosen (s. auch. Tab. 236.2) werden aufgrund ihrer radiologischen Besonderheiten und molekulargenetischen Defekte diagnostiziert. Therapie. Die frühinfantile Form der Osteopetrose ist mit einer Überlebenschance von ca. 50% durch Knochenmarktransplantation heilbar. Bei älteren Patienten ist gelegentlich eine Dekompression kranialer Nerven erforderlich.. Abb. 236.10. Kampomele (Neugeborenes). Verkrümmung von Femora und Tibien; fehlende Fibulae; hypoplastische Scapulae, dysplastische Halswirbelkörper

1634 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes Enchondromatose (Morbus Ollier) Die nichthereditäre Krankheit ist charakterisiert durch multiple, asymmetrisch verteilte Enchondrome von Röhrenknochen, Rippen und Becken. Schädel und Wirbelsäule sind nicht betroffen. Klinische Symptome und Verlauf. Es finden sich derbe, gegen Knochen unverschiebliche Tumoren v. a. an den Fingern. Beschwerden bestehen nicht. Die betroffenen Röhrenknochen können im Wachstum zurückbleiben. Pathologische Frakturen kommen vor. Diagnose. Röntgenologisch sieht man charakteristische, von den Metaphysen ausgehende, häufig longitudinale Aufhellungen, teilweise aber voluminös-tumorartige Gebilde (. Abb. 236.13), die mit dem Wachstum diaphysenwärts wandern. Schwer betroffene Röhrenknochen bleiben zu kurz. Differenzialdiagnose. Die Assoziation von Enchondromen und Hämangiomen wird als Maffuci-Syndrom bezeichnet. Diese nicht erbliche Krankheit birgt ein hohes Malignitätsrisiko. Darüber hinaus gibt es zahlreiche erbliche Formen der generalisierten Enchondromatose mit vorwiegend symmetrischem Befall der Röhrenknochen, häufig in Kombination mit dysplastischen Wirbelkörpern (. Tab. 236.2).. Abb. 236.11. Osteopetrose (Neugeborenes). Generalisiert erhöhte Knochendichte Multiple kartilaginäre Exostosen Die autosomal-dominant vererbte Krankheit wird durch Mutationen in mindestens 3 verschiedenen Genloci hervorgerufen. Die Gene EXT1 auf Chromosom 8 und EXT2 auf Chromosom 11 codieren Glykosyltransferasen, die zur Synthese von Heparansulfat benötigt werden. Sie gehören zu einer Familie von Tumorsuppressionsgenen. Klinische Symptome und Verlauf. Die Exostosen sind als harte, nicht verschiebliche Tumoren an Knochenenden tastbar. Bei schwerer Ausprägung beeinträchtigen sie das longitudinale Wachstum von Röhrenknochen und führen zu asymmetrischer Bein- oder Armverkürzung. Therapie und Verlauf. Mit Abschluss des Wachstums stagnieren die Läsionen oder bilden sich zurück. Chirurgische Maßnahmen beschränken sich auf die Korrektur von Deformierungen und operativen Längenausgleich. Sarkomatöse Degeneration beim Erwachsenen äußert sich in raschem erneutem Wachstum einer Läsion. Sie ist selten. Fibröse Die Läsionen der fibrösen entstehen durch mosaikartig verteilte somatische Mutationen des die α-untereinheit des G-s codierenden GNAS1-Gens. Die Mutationen aktivieren die Signalübermittlung zur Bildung von zyklischem AMP. Die Krankheit ist nicht erblich, da Embryonen mit mutiertem GNAS1 in allen Zellen nicht lebensfähig sind. Inak- Diagnose. Röntgenologisch finden sich charakteristische knöcherne Auswüchse an Röhrenknochen, Rippen, Skapulae und Becken (. Abb. 236.12), praktisch nie an Wirbelkörpern und Schädel. Differenzialdiagnose. Multiple Exostosen kommen zusammen mit spärlichem Haar und Birnennase sowie geistiger Behinderung beim trichorhinophalangealen Syndrom II (Langer-Giedion) und zusammen mit Enchondromen bei der Metachondromatose vor. Therapie. Exostosen werden nur bei funktioneller Behinderung oder ungewöhnlich raschem Wachstum mit Verdacht auf maligne Degeneration chirurgisch entfernt. Maligne Degeneration kommt bei 5 10% der Erwachsenen vor.. Abb. 236.12. Multiple kartilaginäre Exostosen. Nach medial vorspringende Exostose des Femurhalses links

236 Angeborene Entwicklungsstörungen des Skeletts 1635 Schädelläsionen zeigen sich in asymmetrischen Schwellungen, gelegentlich Proptose. Rippenläsionen werden meist zufällig entdeckt. Die polyostotische Form manifestiert sich ähnlich, zeigt jedoch meist erst radiologisch multiple Läsionen. Assoziiert mit Pigmentanomalien der Haut, Pubertas präcox und anderen Endokrinopathien bilden sie das McCune-Albright- Syndrom (7 Kap. 72.3). Schwerste Verlaufsformen manifestieren sich im Säuglingsalter mit Endokrinopathien, evtl. cholestatischer Hepatopathie und osteomyelitisähnlichen Knochenveränderungen. Diagnose. Im Röntgenbild findet man lytische Läsionen, die metaphysär mit umschriebenen mattglasartigen Aufhellungen beginnen und von kräftigen Trabekeln durchzogen werden (. Abb. 236.14a,b). Im weiteren Verlauf expandieren sie und erodieren die Kortex von innen. Vor allem am Schädel assoziieren sich sklerotische Bereiche.. Abb. 236.13. Enchondromatose (Morbus Ollier). Multiple Enchondrome in den proximalen und distalen Abschnitten des linken Oberschenkels tivierende Mutationen des GNAS1-Gens führen zum Krankheitsbild der»progredienten ossären Heteroplasie«, charakterisiert durch die Entwicklung subkutaner Knocheninseln nach minimalen Traumen. Die ganz ähnliche Fibrodysplasia ossificans progressiva unterscheidet sich durch die konnatal verkürzt-dysplastischen Großzehen. Sie scheint nicht durch GNAS1-Mutationen bedingt zu sein. Klinische Symptome und Verlauf. Die Einzelherde der monostotischen Form äußern sich in der Adoleszenz mit lokalen Schmerzen, Auftreibungen, evtl. pathologischen Frakturen. Differenzialdiagnose. Monostotische Fibrome sind von anderen isolierten Knochentumoren zu differenzieren (7 Kap. 241). Cherubismus ist eine autosomal-dominant erbliche, expansivfibröse Läsion der Kieferknochen. Therapie und Verlauf. Mit Abschluss des Wachstums können die Läsionen zur Ruhe kommen. In anderen Fällen expandieren sie, manchmal mit beträchtlicher Verunstaltung, v. a. im Bereich von Schädel und Gesicht. Neue Herde können auftreten. Maligne Degeneration wurde bei ca. 0,4% der Patienten beschrieben, v. a. nach Röntgenbestrahlung. Frakturen und Deformierung sind chirurgisch zu behandeln. Curettage beseitigt die Läsionen i. Allg. nicht. Bei ausgedehnt lytischen Läsionen ist eine intravenöse Pamidronat-Therapie erfolgversprechend.. Abb. 236.14a,b. Fibröse. a Vorwiegend lytische Herde im linken Oberschenkel. Sklerotischer Herd im linken Os pubis. b Zystische Strukturen, regellose Knochenbälkchen, Kalkherde in den aufgetriebenen Unterschenkeln a b

1636 XXIII Krankheiten des Stütz- und Bindegewebes Literatur Kornak U, Mundlos S (2003) Genetic disorders of the skeleton: a developmental approach. Am J Hum Genet 73: 447 474 Spranger J, Brill P, Poznanski A (2002) Bone dysplasias, 2nd edn. Urban & Fischer, München Superti-Furga A, Bonafé L, Rimoin DL (2002) Molecular-pathogenetic classification of genetic disorders of the skeleton. Am J Med Genet 106: 282 293 Superti-Furga A, Unger S (2007) Nosology and classification of genetic skeletal disorders. Am J Gent 143 A1 18 Taybi H, Lachman RS (2007) Radiology of syndromes, metabolic disorders, and skeletal dysplasias. Mosby, St Louis 236.2 Dysostosen A. Superti-Furga Definition und Klassifikation. Dysostosen sind Fehlbildungen einzelner Knochen oder Knochengruppen. Sie sind das Ergebnis einer gestörten Morphogenese in der frühen Embryonalzeit (7 Kap. 236.1). Im Unterschied zu n ist die pathologische Entwicklung bereits vor der Geburt abgeschlossen, und die fehlgebildeten Organe sind histologisch normal. Dysostose und können kombiniert auftreten, wenn ein Gen sowohl die pränatale Morphogenese wie postnatal Entwicklung und Wachstum steuert. Ein Beispiel ist die Fibrodysplasia ossificans progressiva, die sich bei der Geburt mit einer Hypoplasie der Großzehen, oft auch des Daumens, und postnatal mit ektopischer Knochenbildung in Muskel und Bindegewebe manifestiert. Mesenchymale Skelettanlagen entwickeln sich unter einer intensiven Wechselwirkung mit anderen mesodermalen und ektodermalen Strukturen. Abhängig von der räumlichen und zeitlichen Expressionsbreite der beteiligten Signalgene oder aber von exogenen Ursachen kommen Dysostosen isoliert oder in Kombination mit Fehlbildungen an anderen Geweben oder Organen vor. Vielzahl und Komplexität der an der Entwicklung beteiligten Gene und Steuerungsprozesse lassen eine pathogenetische Klassifikation erst nur teilweise zu; deswegen werden die Dysostosen immer noch auch nach anatomischen Gesichtspunkten geordnet. Ätiologie. Primäre Dysostosen entstehen durch Mutationen von Entwicklungsgenen. Sekundäre Dysostosen sind seltener und entstehen durch Einwirkung exogener Faktoren, die nur in Einzelfällen erkannt werden können (z. B. Thalidomid, fetale Varizellen, vaskuläre Disruptionen). Die relative Bedeutung exogener und genetischer Faktoren ist noch unklar, weil genetische Faktoren in der Vergangenheit unterschätzt, exogene Faktoren hingegen überschätzt wurden. Es ist zu erwarten, dass bei sporadisch auftretenden und bislang exogenen Faktoren zugeschriebene Formen eine genetische Grundlage, auch in Form somatischer Mutationen, nachgewiesen wird. Schädel Kraniosynostosen Definition. Der Begriff»Kraniosynostose«bezeichnet den vorzeitigen Verschluss einer Schädelnaht,»Kraniostenose«die Einengung des Schädelinnenraums als Folge einer Kraniosynostose. Der angloamerikanische Sprachgebrauch kennt diese Unterscheidung nicht und verwendet beide Begriffe synonym für vorzeitigen Nahtverschluss. Physiologie. Das randständige Wachstum der desmalen Knochenschuppen wird ähnlich wie bei anderen Wachstumsfugen durch Signalproteine wie transforming growth factor β1 (TGFβ1) oder fibroblast growth factors (FGF) und deren Rezeptoren (wie die ubiquitär vorkommenden, vielfältigen FGF-Rezeptoren, FGFR) gesteuert, aber auch durch die Zugspannung, die durch den Wachstumsdruck des Gehirns entsteht. Mutationen in den für die Signalkaskaden codierenden Gene führen zu charakteristischen genetischen Kraniosynostosen (. Tab. 236.5 und. Abb. 236.15). Der molekulare Mechanismus des Wachstums und des Verschlusses der Schädelnähte ist weitgehend unbekannt, muss aber auf der Interaktion der Faktoren Nahtspannung, Wachstum der Knochenschuppe und Ossifikation beruhen. Weisen die genetischen Kraniosynostosen auf die Einflüsse lokal exprimierter Genprodukte, so bestimmen auch zahlreiche andere Faktoren wie der Kalzium-Phosphat-Stoffwechsel den Zeitpunkt des Nahtverschlusses. Der vorzeitige allgemeine Nahtverschluss bei Mikroenzephalie und die durch externe Kompression entstehenden Synostosen (. Übersicht) weisen auf die Bedeutung physikalischer Faktoren auf Nahtwachstum und -verschluss. Ätiologie und Klassifikation. Die Kraniosynostose ist ein multikausales Symptom, keine Krankheitseinheit. Primäre Kraniosynostosen entstehen durch endogene Störungen des Wachstums der Nähte. Beispiele sind Mutationen von Genen, die unmittelbar das Knorpel-Knochen-Wachstum beeinflussen (. Tab. 236.5). Sekundäre Kraniosynostosen entstehen durch Einwirkung von Faktoren, die indirekt über mechanische, hormonelle, metabolische Auswirkungen in das Schädelwachstum eingreifen (Beispiele in der folgenden. Übersicht). Ursachen sekundärer Kraniosynostosen Intrauterine Kompression des Nahtbereichs»Physiologisch«: Druck des Kopfes gegen mütterliches Os pubis Zwillingsschwangerschaft Uterusdeformität, Uterustumor Fetal bedingte Dysmotilität mit chronischer Fehlstellung Primär zerebrale Fehlentwicklung Mikroenzephalie Holoprosenzephalie Enzephalozele Shuntüberdrainage Metabolische Ursachen Hyperthyreose Rachitis (besonders unter/nach Behandlung) Mukopolysaccharidosen Hämatologische Ursachen Thalassämie Sichelzellanämie Polycythaemia vera Teratogene Ursachen Diphenylhydantoin Retinoide Valproinsäure Fluconazol Cyclophosphamid Isolierte Kraniosynostosen sind vorzeitige Verschlüsse einzelner Nähe ohne sonstige morphologische oder funktionelle