Gesundheitsgefahren durch ultrafeine Partikeln

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Transkript:

Gesundheitsgefahren durch ultrafeine Partikeln Prof. Dr. med. Norbert Krug Ärztlicher Direktor Hannover

Übersicht Was sind ultrafeine Partikeln? Wie gelangen ultrafeine Partikeln in den Körper? Toxikologische Mechanismen ultrafeiner Partikeln -Lunge -Herz-Kreislauf Epidemiologische Studien Klinische Studien

Verschiedene Feinstäube: Ultrafein - fein - grob 0.1 µm 2.5 µm 10 µm Ultrafeine Partikeln: 1 % der Masse des Umweltstaubs 70% der Gesamtzahl der Partikeln

Größeneinteilung verschiedener Partikeln Ultrafein < 0.1 µm PM 2.5 < 2.5 µm PM 10 < 10 µm TSP* < 30 µm *Total suspended particulates

Trimodale Größenverteilung urbaner Partikeln Ultrafein EPA 1996

Verlauf der Partikelkonzentration in Erfurt PM 2.5 Ultrafeine Partikeln Umweltmed Forsch Prax 2003; 8: 257

Welche Stäube gelangen in die Lunge? Nase, obere Atemwege (> 10 µm) Luftröhre, große Bronchien (< 10 µm) Kleine Bronchien, Lungenbläschen (< 2.5 µm)

Welche Stäube gelangen in die Lunge? < 10 µm < 2.5 µm < 0.1 µm

Translokation von ultrafeinen Partikeln Radioactivity after intratracheal administration of 99m Tc-albumin particles (hamster) Blood Various organs Nemmar et al. AJRCCM 2001;164:1665

Translokation von ultrafeinen Partikeln ins Gehirn *** * ** ** Lung Olfactory Cerebellum Cerebrum Days after inhalation exposure of 13 C particles (36 nm) Oberdörster et al. Inhal Toxicol 2004; 16: 437

Translokation von ultrafeinen Partikeln ins Gehirn Trigeminal nerves Olfactory Afferent vagal nerves Oberdörster et al. Inhal Toxicol 2004; 16: 437

Mechanismen pulmonaler Toxizität: Oberfläche - Entzündung Neutrophile in der BAL PMN in BAL (x 10 6 ) Latexpartikel Particle diameter (nm) Surface area instilled (cm 2 ) Brown et al. Toxicol Appl Pharmacol 2001; 175: 191

Mechanismen pulmonaler Toxizität: Oberfläche - oxidativer Stress Reaktive Sauerstoffspezies Brown et al. Toxicol Appl Pharmacol 2001; 175: 191

Mechanismen pulmonaler Toxizität: Oberfläche - oxidativer Stress Oxidative potential (Oxidation of methionin) Cellular oxidative stress (8-isoprostane) Beck-Speier et al. Free Radic Biol Med. 2005;38:1080

Pulmonale Toxizität Oxidativer Stress Ultrafeine Partikel (Oberfläche, Chinone, Metalle) Pulmonale Zellen Makrophagen, Epithelzellen Superoxidanionen, Wasserstoffperoxid NFkB, AP-1 Inflammation

Thrombusbildung nach trachealer Instillation von Dieselpartikeln Femoral vein Nemmar et al. Circulation 2003;107:1202

Kardiovaskuläre Toxizität Inhalation von ultrafeinen Partikeln Neurale Mechanismen (autonomes Nervensystem) Herz Insuffizienz Rhythmusstörungen Blutgefäße Endotheliale Dysfunktion, Plaque-Ruptur Pulmonale Inflammation Systemische Inflammation Leber Prothromb. Faktoren Hyperkoagulabilität Kardiovaskuläre Mortalität Arterielle Thrombose mod. nach Schulz et al. J Aerosol Med 2005; 18: 1-22

Epidemiologische Studien Die Anzahl der ultrafeinen Partikeln ist assoziiert mit... erniedrigten Peak-flow Messwerten bei Asthmatikern Symptomen und Medikamenteneinnahme bei Asthmatiker ST-Segment Suppression beim Belastungs-EKG von KHK-Patienten erhöhter Mortalität von ca. 4% Wichmann et al. Res Rep Health Eff Inst. 2000:5 Peters et al. AJRCCM 1997; 155; 1376 Penttinen et al. ERJ 2001; 17: 428 von Klot et al. ERJ 2002; 20: 691 Pekkanen et al. Circulation 2002; 106: 933

Kontrollierte klinische Inhalationsstudien mit ultrafeinen Partikeln Dieselpartikeln Ultrafeine Modellpartikeln (Carbon black) Gesunde, Asthmatiker Gesunde, Asthmatiker

Inhalation von Dieselpartikeln Sandstrom et al., University of Umea, Schweden Expositionsraum für Inhalationsstudien Bronchoskopie und Gewinnung von Zellen aus der Lunge (Biopsie, Sputum)

Inhalation von Dieselpartikeln - Gesunde 300 µg/m 3 für 1 h: Atemwegsentzündung in den Gewebeproben Verminderter Blutfluss nach Gabe von gefäßerweiternden Substanzen Verminderte Freisetzung von Anti-Gerinnungsfaktor (Tissue plasminogen activator) Vermehrte Gerinnungsneigung ex vivo (Badimon Kammer) Salvi et al. AJRCCM 1999; 159: 702 Pourazar et al. Respir Med. 2004;98:821 Pourazar et al. AJP Lung. 2005;289:L724 Mills et al. Circulation. 2005;112:3930

Inhalation von Dieselpartikeln - Gesunde 200 µg/m 3 für 2 h: Erhöhter Atemwegswiderstand Atemwegsentzündung in den Gewebeproben 100 µg/m 3 für 2 h: Atemwegsentzündung in den Gewebeproben Erhöhte Konzentrationen von Antioxidantien Salvi et al. AJRCCM 2000; 161: 550 Nightingale et al. AJRCCM 2000; 162; 161 Behndig et al. ERJ 2006; 27: 359

Inhalation von Dieselpartikeln - Asthmatiker 100 µg/m 3 für 2 h: Erhöhter Atemwegswiderstand Erhöhte Hyperreagibilität Keine Atemwegsentzündung Nordenhall et al. ERJ 2001; 17: 909 Stenfors et al. ERJ 2004; 23: 82

Inhalation von Dieselpartikeln Lungenfunktion Lungenspülung Blutgefäße Gerinnung Gewebeproben Diesel Atemwegswiderstand Hyperreagibilität Neutrophile Mastzellen Lymphozyten Zytokine Antioxidantien Blutfluß TPA

Inhalation von ultrafeinen Modellpartikeln Inhalation von ultrafeinen Modellpartikeln (Carbonblack 26 ± 1.6 nm) über 2 h - 10 µg/m 3 vs. Reinluft bei 12 Gesunden - 10 µg/m 3 und 25 µg/m 3 vs. Reinluft bei 12 Gesunden unter Belastung - 50 µg /m 3 vs. Reinluft bei 12 Gesunden unter Belastung - 10 µg/m 3 vs. Reinluft bei 16 leichten Asthmatikern Inhalative Belastung ca. 10-100 fach höher als übliche urbane Belastung Deposition: 65% bei Gesunden, 76% bei Asthmatikern, 85% unter körperlicher Belastung Frampton et al. Res Rep Health Eff Inst. 2004 (126);1-63 Pietropaoli et al. Inhalation Toxicol 2004; 16 (suppl.): 59 Chalupa et al. EHP 2004; 112: 879

Inhalation von ultrafeinen Modellpartikeln Lungenfunktion Sputum, Exhaliertes NO EKG Gerinnung Ultrafein Einschränkung kleine Atemwege, Diffusion bei 50µg/m 3 Kein Effekt Kein konsistenter Effekt Kein konsistenter Effekt Frampton et al. Res Rep Health Eff Inst. 2004 (126);1-63 Pietropaoli et al. Inhalation Toxicol 2004; 16 (suppl.): 59 Chalupa et al. EHP 2004; 112: 879

Allergie und ultrafeine Modellpartikeln - Expositionsraum Partikel Generator (Kohlenstoff 50µg/m 2 ) Partikel Messungen - Konzentration - Grössenverteilung

Allergie und ultrafeine Modellpartikeln - Studiendesign 16 Patienten mit leichtem Asthma; doppel-blind, cross-over 2 h Inhalation von Kohlenstoffpartikeln oder Reinluft im Expositonsraum 1. Bronchoskopie (Allergenprovokation) 2. Bronchoskopie (Lungenspülung) Allergen Lavage NaCl Lavage 0 h 18h 42h

Allergie und ultrafeine Modellpartikeln - Studiendesign Periode 1 30 Tage Periode 2 Kohlenstoffpartikel vs. Reinluft

Allergie und ultrafeine Modellpartikeln - Ergebnis 0,002 0,002 0,007 Ultrafine particles Clean air 1 2 Periode

Allergie und ultrafeine Modellpartikeln - Ergebnis 0,005 0,001 0,01 Ultrafine particles Clean air 1 2 Periode

Zusammenfassung Ultrafeine Partikeln haben bezüglich der Anzahl nicht abgenommen und prozentual zugenommen bewirken in der Lunge eine Entzündung über oxidativen Stress (Oberfläche) können sich nach inhalativer Aufnahme rasch in weitere Organe verteilen verschlechtern die Lungenfunktion, verändern die Durchblutung und das Gerinnungssystem können die allergische Entzündung verstärken