Moderne Therapieoptionen beim Ovarialkarzinom

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Transkript:

UPDATE: OVARIALKARZINOM 41 Moderne Therapieoptionen beim Ovarialkarzinom Sven Mahner 1, Fabian Trillsch 1, Philipp Harter 2, Felix Hilpert 3, Jacobus Pfisterer 4, Andreas du Bois 2, Uwe Wagner 5, 1 Klinik und Poliklinik für Gynäkologie; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, 2 Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie; Kliniken Essen Mitte, Huyssen-Stiftung/Knappschaft GmbH, Essen, 3Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe Universitätsklinikum Schleswig Holstein Campus Kiel, Kiel, 4 Zentrum für Gynäkologische Onkologie, Kiel, 5 Universitätsfrauenklinik Marburg Für Frauen mit primärem Ovarialkarzinom stehen heute nach Abschluss der operativen Behandlung neben der klassischen weitere Therapieoptionen mit zielgerichteten Substanzen zur Verfügung. Auch in der Rezidivsituation werden diese neuen Optionen immer bedeutsamer, doch viele Fragestellungen auch die nach der Bedeutung der Operation beim Rezidiv werden erst in klinischen Studien geklärt werden können. Der Beitrag fasst den aktuellen Stand des Wissen zusammen. Mit einer Inzidenz von ca. 7.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist das Ovarialkarzinom die sechsthäufigste Krebserkrankung der Frau in Deutschland. Obwohl es die höchste Mortalität aller gynäkologischen Malignome aufweist, hat die Primärtherapie in der Regel trotz fortgeschrittener Erkrankung noch einen kurativen Ansatz. Hierbei ist eine optimale multimodale Therapie in einem spezialisierten Zentrum von entscheidender Bedeutung. Bezüglich der operativen Therapie wird vor allem die Indikation zur Rezidivchirurgie kontrovers diskutiert, während sich durch Studienergebnisse zu zielgerichteten Therapieansätzen in der nahen Vergangenheit die medikamentösen Therapieoptionen sowohl in der Primär- als auch der Rezidivsituation erweitert haben. Das primäre Ovarialkarzinom Operative Therapie: Die Primärtherapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms besteht aus der Kombination von zytoreduktiver Chirurgie und anschließender systemischer Therapie (Abb. 1, S. 43). Die Prognose wird dabei wesentlich durch das Ausmaß der operativen Resektion in der Primäroperation bestimmt, so dass die operative Therapie in einem spezialisierten, gynäkologisch-onkologischen Zentrum durchgeführt werden sollte. Während in der Vergangenheit ein Operationsergebnis von Tumorrest Quelle: SPL_SciencePhotoLibraryRF Your Photo Today 05/2013 ONKOLOGIE heute

42 UPDATE: OVARIALKARZINOM <1 cm bereits als optimal angesehen wurde, hat eine Metanalyse an mehr als 3.000 Patientinnen, die mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom in klinischen Phase-III-Studien behandelt wurden, einen klaren Prognosevorteil fast ausschließlich für Patientinnen mit makroskopischer Komplettresektion gezeigt [1]. Patientinnen mit postoperativem Resttumor 1 cm zeigten zwar auch einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber Patientinnen mit Resttumor >1 cm (36,2 vs. 27,4 Monate medianes Gesamtüberleben (OS)); dieser erscheint gegenüber Patientinnen mit makroskopischer Komplettresektion (99,1 Monate medianes OS ) jedoch gering. Der OP-Zugang erfolgt durch einen medianen Längsschnitt von der Symphyse bis zum Xiphoid, um eine optimale Übersicht zu gewährleisten. Bei der Entfernung der Adnextumore ist vor allem bei Infiltration des Rektosigmoids die en-bloc-resektion von Uterus, Adnexen und Colon sigmoideum anzustreben. Zudem erfolgt obligatorisch die infragastrische Omentektomie, die Resektion des befallenen Peritoneums und bei Tumorbefall oder muzinöser Histologie die Appendektomie. Neben Darmeingriffen in über der Hälfte der Operationen können auch multiviszerale Eingriffe (z.b. Splenektomie, Resektion von Leber(kapsel)-Metastasen) nötig und sinnvoll sein, wenn dadurch Tumorfreiheit erzielt werden kann. Grenzen der Radikalität sind z.b. gegeben bei ausgeprägtem Befall von Dünndarmwand oder Mesenterium mit Infiltration der Mesenterialwurzel [2]. Bisher ist es nicht möglich, die Operabilität der Erkrankung präoperativ sicher abzuschätzen. Sowohl bildgebende, serologische oder laparoskopische Ansätze ermöglichen hierbei keine verlässliche Vorhersage, so dass primär regelhaft ein offener Operationszugang gewählt werden sollte [3]. Aktuell wird auch die pelvine und para-aortale Lymphonodektomie bei der leitliniengemäßen Therapie des Ovarialkarzinoms nach Erreichen einer makroskopischen Komplettresektion durchgeführt, obwohl hierzu bisher nur retrospektive Hinweise vorliegen. Ein Vorteil durch die Lymphonodektomie wird vor allem bei Patientinnen mit intraabdominal kompletter Tumorresektion erwartet und in der internationalen randomisierten AGO LION-Studie untersucht [2]. Im Jahr 2010 wurde mit der Publikation einer multinationalen Studie zur neoadjuvanten Therapie des Ovarialkarzinoms die Diskussion zur optimalen Sequenz einzelner Therapieformen im multimodalen Therapiekonzept erneut geführt [4]. In dieser Studie wurden insgesamt 670 Patientinnen mit fortgeschrittenen Ovarial-, Tuben- oder Peritonealkarzinomen in zwei Therapiearme randomisiert entweder in den Standardarm mit primärer Debulking-OP, gefolgt von 6 Zyklen platinhaltiger, oder in den experimentellen Arm mit neoadjuvanter, bestehend aus 6 Zyklen platinhaltiger mit Intervall- OP nach dem dritten Zyklus. Primäres Studienziel war es, eine Nicht-Unterlegenheit im OS nachzuweisen. Eingeschlossen wurden Patientinnen mit FIGO-Stadium IIIC oder IV und einer klinisch-radiologisch nachweisbaren Metastase 2cm außerhalb des kleinen Beckens. Obwohl in der Gruppe der Patientinnen mit neoadjuvanter die Rate an makroskopischer Komplettresektion signifikant höher war (57,1 vs. 19,4 %), unterschied sich das OS zwischen beiden Armen nicht (30 vs. 29 Monate). Subgruppenanalysen zeigten, dass makroskopische Tumorfreiheit nach Primär-OP mit einem deutlich längeren medianen OS verbunden war als nach Intervall- Operation (45 vs. 38 Monate) [4]. Aufgrund des deutlichen Selektionsbias in dieser Studie, zusätzlichen Studiendaten mit Vorteilen für die primäre Debulking-OP sowie der fehlenden Möglichkeit, den Operationserfolg präoperativ vorauszusagen, sollte eine Intervall-OP nur bei Kontraindikationen gegenüber einer primären Debulking-OP erwogen werden, etwa wenn Patientinnen wegen einer frischen Lungenembolie nicht narkosefähig erscheinen. Ein Mangel an operativer Erfahrung oder Infrastruktur ist keine Indikation für die Durchführung einer präoperativen, sondern muss zur Überweisung der Patientin an ein spezialisiertes Zentrum führen. Medikamentöse Therapie: Zusätzlich zur operativen Therapie sollte in jedem Fall eines fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms eine systemische Therapie erfolgen. Hier besteht seit 2003 die Empfehlung zur Standard- aus der Kombination von Carboplatin AUC 5 und Paclitaxel 175 mg/m 2 dreiwöchentlich für 6 Zyklen [5-7]. Seitdem wurde in zahlreichen Phase-III-Studien versucht, diese Therapie durch Hinzunahme weiterer, nicht kreuzresistenter Chemotherapeutika (z.b. Epirubicin, pegyliertes liposomales Doxorubicin, Gemcitabin und Topotecan) in verschiedenen Therapieschemata (Triplets, sequentielle Doubletten) zu verbessern. Dies ging jedoch nicht mit einer Prognoseverbesserung einher; stattdessen zeigte sich eine gesteigerte Toxizität im Vergleich zum Therapiestandard. Im Gegensatz dazu haben Daten einer japanischen Phase-III-Studie für Aufsehen gesorgt, in der Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom FIGO II IV entweder zu Carboplatin AUC 6/Paclitaxel 180 mg/m 2 für 6 bis 9 Zyklen dreiwöchentlich oder zu Carboplatin AUC 6 dreiwöchentlich/paclitaxel 80 mg/m 2 Tag 1,8,15 dreiwöchentlich für 6 bis 9 Zyklen randomisiert wurden [8]. Es zeigte sich ein signifikanter Vorteil im progressionsfreien Überleben (PFS) zugunsten des dosisdichten Armes (17,5 vs. 28,2 Monate, Hazard Ratio [HR] 0,76, 95% Konfidenzintervall [CI] 0,62 0,91) und ebenso für das OS (median 62,2 Monate vs. Median nicht er- ONKOLOGIE heute 05/2013

UPDATE: OVARIALKARZINOM 43 reicht, 5 Jahres-Überleben 51,1 vs. 58,7 %, HR 0,79, 95 % CI 0,63-0,99). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der experimentelle Arm nicht nur dosisdicht, sondern auch dosisintensiviert (1 x 180 mg/m 2 vs. 3 x 80 mg/m 2 pro Zyklus) verabreicht wurde. Bis auf eine höhere Inzidenz von Anämie Grad 3 und 4 (44 vs. 69 %) gab es keine Unterschiede zwischen den Therapiearmen hinsichtlich der Toxizität, doch kam es im experimentellen Arm häufiger zu Behandlungsverzögerungen [8]. Da diese Studie ausschließlich mit japanischen Patientinnen durchgeführt wurde und bisher vorliegende Studien zu Dosissteigerungen/-intensivierungen für Paclitaxel wöchentlich bei kaukasischen Patientinnen keinen Vorteil gezeigt haben, können diese Studienergebnisse jedoch noch nicht in eine allgemeine Therapieempfehlung umgesetzt werden. Als weiterer Beleg dafür, dass sich die Wirkung von Medikamenten in asiatischen und kaukasischen Populationen unterscheidet, wurden kürzlich Daten der italienischen multizentrischen Phase-III-Studie MITO-7 präsentiert: Hier konnte ein positiver prognostischer Effekt einer dosisdichten Therapie nicht bestätigt werden [9]. Ein weiterer Ansatz wurde im Rahmen der 2006 publizierten GOG-172- Studie mit der intraperitonealen verfolgt, bei der 429 Patientinnen mit Ovarialkarzinom FIGO- Stadium III und Resttumor <1 cm in folgende Therapiearme randomisiert wurden: die Kombination Paclitaxel 135 mg/m 2 über 24 Stunden gefolgt von Cisplatin 75 mg/m 2 i.v. dreiwöchentlich verglichen mit Paclitaxel 135 mg/m 2 über 24 Stunden i.v. gefolgt von Cisplatin 100 mg/m 2 i.p. am Tag 2 und Paclitaxel 60 mg/m 2 i.p. am Tag 8 in dreiwöchentlichen Abständen [10]. Geplant war die Applikation von insgesamt 6 Zyklen. Das mediane OS war im i.p.-arm mit 65,6 vs. 49,7 Monaten im i.v.-arm verlängert (p=0,03), während sich das PFS nicht signifikant unterschied. Die Toxizität Primär-OP erscheint möglich Fortgeschrittenes Ovarialkarzinom Kontraindikationen gegen Primär-OP (z.b. frische LAE) NICHT: Mangel operativer Expertise/Infrastruktur Zytoreduktive Operation (Debulking) OP-Ziel: makroskopische Tumorfreiheit Neoadjuvante 3 Zyklen +/- Bevacizumab? FIGO-Stadium IIIB-IV FIGO-Stadium IIIA oder Kontraindikation gegen Bevacizumab Intervall- Debulking OP-Ziel: makroskopische Tumorfreiheit Postoperative 6 Zyklen + Bevacizumab (über insg. 15 Monate) Postoperative 6 Zyklen Postoperative 3 Zyklen +/- Bevacizumab? Abb. 1: Therapiealgorithmus beim primären fortgeschrittenen Ovarialkarzinom war im i.p.-arm signifikant höher, die Lebensqualität signifikant schlechter [10]. Zudem weist diese Studie methodische und statistische Schwierigkeiten auf und es wurden mehrere Variablen gleichzeitig vermischt untersucht. Neben nicht veröffentlichten Details zur Secondline-Therapie stehen weiterführende Studien aus, bevor Patientinnen außerhalb von Studien die Durchführung einer i.p.-therapie empfohlen werden kann. Insbesondere muss von der Durchführung einer HIPEC (Hypertherme intraperitoneale ) abgeraten werden, die von einzelnen deutschen Kliniken angeboten wird. Die präklinische Rationale basiert auf Untersuchungen, die eine gesteigerte Zytotoxizität von Cisplatin und anderen Zytostatika in humanen Zelllinien und Tiermodellen berichtet haben und bei denen durch Temperaturerhöhung ein zusätzliches Potenzial zum Durchbrechen einer Cisplatinresistenz vermutet wurde [11]. Bisher existieren drei publizierte randomisierte klinische Studien zur HIPEC beim fortgeschrittenen Kolonund Magenkarzinom, in denen sich vor allem Vorteile bzgl. des krankheitsspezifischen Überlebens zeigten [12-14]. Da systemtherapeutische Möglichkeiten bei peritoneal metastasierten gastrointestinalen Tumoren limitiert sind, scheint die HIPEC hier eine Option zu sein, doch werden in Empfehlungen stets die erhöhten postoperativen Komplikationen wie z.b. Infektionen kritisch erwähnt. Beim Ovarialkarzinom gibt es bisher weder im Rahmen der Primärnoch der Rezidiv-OP randomisierte Studien zur HIPEC. Es liegen nur retrospektive Daten einzelner Zentren und einige Phase-I/II-Studien ohne systematische Dosisfindungsstudien vor. Bei z.t. deutlich erhöhten Komplikationsraten konnte keine der Studien einen OS-Vorteil aufzeigen. Es besteht somit die Gefahr, dass Erkrankten etablierte Standardverfahren mit erwiesener Effektivität vorenthalten werden. Daher wurde auch eine klare Empfehlung gegen den Einsatz der HIPEC in der aktuellen S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Ovarialkarzinoms im interdisziplinären Konsensus formuliert. Deutlich weiter sind dagegen Therapiekonzepte mit dem Fokus auf zielgerichtete Substanzen ( targeted therapies ) zur Ergänzung der etablierten [15] (Abb. 1). Hierzu sind bisher mehrere Phase-III- Studien durchgeführt worden, bei denen die Mehrzahl die Hemmung der Angiogenese mit unterschiedlichen Wirkstoffen (z.b. Bevacizumab, Nintedanib, Pazopanib, Trebananib) und verschiedenen Wirkmechanismen untersucht. Für die am weitesten 05/2013 ONKOLOGIE heute

44 UPDATE: OVARIALKARZINOM entwickelte Substanz, den VEGF-Antikörper Bevacizumab, liegen die Ergebnisse zweier prospektiv randomisierter Phase-III-Studien vor [16,17]. In der plazebokontrollierten amerikanischen GOG-218-Studie konnte ein Vorteil für die Kombination Carboplatin AUC 6 und Paclitaxel 175 mg/m 2 dreiwöchentlich plus Bevacizumab 15mg/kg parallel zur und als dreiwöchentliche Erhaltungstherapie nach Abschluss der für insgesamt 15 Monate gegenüber dem Standardarm Carboplatin AUC 6 und Paclitaxel 175 mg/m 2 dreiwöchentlich gezeigt werden [17]. Das mediane PFS der Patientinnen mit Bevacizumab-Erhaltungstherapie war mit 14,1 Monaten signifikant länger als im Standardarm (10,3 Monate, HR 0,72; 95% CI 0,63-0,82). Der in einem dritten Arm untersuchte Einsatz von Bevacizumab während der ohne Erhaltungstherapie führte mit 11,2 Monaten nur zu einer nicht signifikanten PFS-Verlängerung. Im OS fand sich mit 43,8 vs. 40,6 Monaten ein nicht signifikanter Vorteil (HR 0,87, 95% CI 0,74-1,03) für die Bevacizumab-Therapie. Im Erhaltungstherapie-Arm war die Rate an Hypertonie Grad 2 signifikant höher als im Standardarm (23 vs. 7 %). Bei den übrigen Parametern zeigten sich nur marginal höhere Toxizitätsraten. Die Analyse der Lebensqualität ergab, dass die antiangiogene Therapie während der phase eine geringe, aber signifikante Verschlechterung der Lebensqualität hervorrief, diese in der anschließenden Erhaltungstherapie jedoch gleich war [17]. Das PFS im Standardarm (10,3 Monate) war gegenüber den sonst bei Phase-III-Studien zur Firstline-Therapie des Ovarialkarzinoms für beobachteten 16 bis 17 Monaten relativ gering,was die Patientinnenselektion der GOG- 218-Studie widerspiegelt. Nur Patientinnen mit postoperativem Tumorrest und entsprechend eingeschränkter Prognose waren eingeschlossen. In der zweiten Studie (AGO-OVAR 11/ICON 7) wurde die geringere Dosis von 7,5 mg/kg Bevacizumab parallel zur mit Carboplatin AUC 5 oder 6/Paclitaxel 175 mg/m 2 und als Erhaltungstherapie für 12 Zyklen über insgesamt 12 Monate eingesetzt [16]. Eingeschlossen wurden auch Patientinnen mit optimalem Operationsergebnis (makroskopisch tumorfrei) und 10 % Patientinnen mit "high risk" frühem Ovarialkarzinom. Auch hier wurde eine signifikante PFS-Verlängerung im experimentellen (19,8 Monate) vs. Standardarm (17,4 Monate) beobachtet (HR 0,87, 95 % CI 0,77-0,99). Im Bevacizumab- Arm war die Rate an Hypertonie Grad 2 mit 18 % gegenüber 2 % signifikant erhöht. Auch die Rate an thromboembolischen Ereignissen war höher, bei den übrigen Parametern (inkl. gastrointestinalen Perforationen) waren die Toxizitätsraten nicht signifikant unterschiedlich [16]. Während belastbare Überlebensdaten wegen der kurzen Nachbeobachtungsdauer in dieser Studie frühestens im Herbst 2013 erwartet werden, wurde eine durch die Zulassungsbehörden geforderte Interim- Analyse des OS der sog. Hochrisikopatientinnen mit Stadium FIGO III und Tumorrest >1 cm sowie FIGO IV durchgeführt. In dieser großen Subgruppe von 465 Patientinnen war das mediane OS signifikant von 28,8 auf 36,6 Monate (HR 0,64; 95% CI 0,48-0,85) verlängert. Es stehen somit die Daten zweier prospektiv randomisierter Phase-III- Studien mit ca. 3.400 Patientinnen zum Stellenwert von Bevacizumab in der Primärtherapie des (fortgeschrittenen) Ovarialkarzinoms zur Verfügung [16,17]. Beide Studien haben eine Verbesserung des PFS erreicht, in einer relevanten Subgruppe finden sich Anzeichen für eine Lebensverlängerung; das Prinzip der Antiangiogenese ist somit beim Ovarialkarzinom effektiv. Die Daten zeigen aber auch, dass noch Fragen zu beantworten sind, um das optimale Regime für den Klinikalltag zu entwickeln. Diese beziehen sich auf die Selektion der geeignetsten Patientinnen sowie auf Dosierung und Therapiedauer. Zur Klärung wird von der AGO-Studiengruppe ein Phase-III-Studie zur verlängerten Erhaltungstherapie mit Bevacizumab durchgeführt (AGO-OVAR 17, Bevacizumab 15mg/kg 15 vs. 30 Monate Gesamttherapie). Die Rekrutierungsphase ist beendet; die Daten werden für 2015 erwartet. Auf Basis der vorliegenden Daten wurde jedoch bereits im Dezember 2011 in Deutschland die Zulassung von Bevacizumab in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel und als Erhaltungstherapie für insgesamt 15 Monate in der Dosierung 15 mg/kg bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom in den FIGO-Stadien IIIB bis IV ausgesprochen. Dadurch hat die erste zielgerichtete Therapie Einzug in den Alltag der Firstline-Behandlung des Ovarialkarzinoms gehalten. Kürzlich wurden zudem Studiendaten zur Frage der reinen antiangiogen Erhaltungstherapie präsentiert. In einer plazebokontrollierten Phase- III-Studie (AGO OVAR16) wurde der Einsatz des oralen Multikinasehemmers Pazopanib im Anschluss an die (6 Zyklen ) untersucht. Es zeigte sich eine signifikante PFS-Verlängerung um 5,6 Monate für die Patientinnen unter Pazopanib (median 17,9 vs. 12,3 Monate, HR 0,766, 95 % CI 0,64-0,91, p=0,0021) [18]. Eine höhere Rate an Nebenwirkungen unter Pazopanib muss berücksichtigt werden, doch liefert die Studie weitere wichtige Erkenntnisse zur zukünftigen Optimierung der medikamentösen Therapie. Das rezidivierte Ovarialkarzinom Mit der Diagnose des Rezidivs eines Ovarialkarzinoms ändert sich die therapeutische Intention im Rahmen des multimodalen onkologischen Managements und es handelt sich per Definition um eine nicht mehr heilbare Er- ONKOLOGIE heute 05/2013

UPDATE: OVARIALKARZINOM 45 krankung. Je nach Ansprechen auf die platinhaltige Primärtherapie werden traditionell zwei Hauptgruppen unterschieden: das platinsensible und platinresistente Rezidiv. Dabei hat die Gruppe der Patientinnen mit platinsensiblem Rezidiv definitionsgemäß auf eine platinhaltige Therapie angesprochen (mindestens partielle Remission) und erleidet einen Rückfall nach 6 Monaten zur letzten platinhaltigen Therapiegabe, während das platinresistente Rezidiv schon binnen 6 Monaten nach Abschluss oder sogar unter der platinhaltigen Therapie auftritt (platinrefraktäre Situation). Platinsensibles Rezidiv: Für Patientinnen dieser Gruppe steht die Prognoseverbesserung (hinsichtlich PFS und OS) im Vordergrund. Da keine prospektiven Studiendaten zur operativen Therapie vorliegen, wird der Stellenwert der Rezidivchirurgie kontrovers diskutiert. Bisher publizierte, retrospektive Untersuchungen liefern zahlreiche überzeugende Hinweise auf einen möglichen klinischen Nutzen für Patientinnen, bei denen im Rahmen der Rezidiv-Operation makroskopische Tumorfreiheit erzielt werden kann [19-21]. Da der positive Effekt bei Patientinnen mit postoperativem Tumorrest nicht beobachtet wird, erscheint eine genaue Selektion platinsensibel (Rez. >6 Monate nach letzter Chemo) Rezidiv Ovarialkarzinom platinresistent (Rez. <6 Monate nach letzter Chemo) intermediär platinsensibel (6-12 Monate nach letzter Chemo) platinsensibel (>6 Monate nach letzter Chemo) platinrefraktär (während letzter Chemo) platinresistent (<6 Monate nach letzter Chemo) der Patientinnen von großer Bedeutung, um unnötige Morbidität zu vermeiden [22]. Der im Rahmen der DESKTOP-II-Studie prospektiv evaluierte AGO-Score kann hier als ein Hilfsmittel angesehen werden [23]. Der Score ist positiv für Patientinnen, die sich präoperativ in gutem Gesundheitszustand befinden (ECOG 0), bei denen in der Primär-OP makroskopische Tumorfreiheit erzielt werden konnte und die in der präoperativen Evaluation keinen Hinweis auf Aszites bieten. Für diesen Fall kann bei Patientinnen mit einer Wahrscheinlichkeit von 76 % das operative Ziel der makroskopischen Tumorfreiheit nach Rezidiv-OP erzielt werden [23]. In spezialisierten Zentren kann allerdings auch bei AGO-Score-negativen Patientinnen in über 50 % der Fälle eine makroskopische Komplettresektion des Rezidivs erreicht werden. Die Wertigkeit der Rezidiv-OP wird in der DESKTOP-III-Studie gegenwärtig prospektiv randomisiert untersucht. Die systemische Therapie besteht primär aus einer platinhaltigen Kombinationstherapie (Abb. 2). Hierbei stehen im Wesentlichen drei Kombinationen zur Verfügung, die im Rahmen prospektiv randomisierter Phase-III-Studien einen Vorteil gegenüber dem jeweils gültigen Therapiestandard erbracht haben: Neben der ggf. platinfreie Therapie (z.b. Trabectedin/PLD) Prüfung OP-Indikation (u.a. AGO-Score, Prüfung Einschluss DESKTOP-III-Studie) keine sinnvolle OP-Indikation Abb. 2: Therapiealgorithmus beim Ovarialkarzinom-Rezidiv Kombinationstherapie -Carbopl./Gemcitabin/ Bevacizumab (erstes Rezidiv, falls keine antiangiogene Vortherapie) -Carbopl./PLD -Carbopl./Gemcitabin -Carbopl./Paclitaxel Kombination aus Carboplatin AUC 5 und Paclitaxel 175 mg/m² und dem taxanfreien Regime Carboplatin AUC 4 / Gemcitabin 1000 mg Tag 1 und 8 dreiwöchentlich weist die Kombination von Carboplatin AUC 5 und pegyliertem, liposomalem Doxorubicin (PLD) 30 mg/m² KOF vierwöchentlich den besten therapeutischen Index und die Tendenz einer PFS-Verbesserung auf und wurde so zu der bevorzugt eingesetzten Kombinationschemotherapie beim platinsensiblen Rezidiv [24]. Eine weitere randomisierte Phase- III-Studie verglich die Kombination aus Trabectedin 1,1 mg/m² und PLD 30 mg/m² vierwöchentlich mit einer PLD-Monotherapie mit 50 mg/m² vierwöchentlich. Ein positiver Effekt bezüglich des PFS der Kombination zeigte sich insbesondere in der Subgruppe der Patientinnen mit Rezidiv zwischen 6 und 12 Monaten nach Abschluss der Primärtherapie (9,2 vs. 7,5 Monate; p=0,017) [25]. Diese Beobachtung führte u.a. für die Gruppe der partiell platinsensiblen Rezidive (Rezidiv nach 6-12 Monaten) zur der Hypothese, dass durch die Verlängerung des platinfreien Intervalls mittels Zwischenschalten einer platinfreien Therapie im weiteren Verlauf möglicherweise erhöhte Platinsensitivität erzielt werden kann. Dies ist derzeit Gegenstand laufender Studien (z.b. MITO 8/AGO-OVAR 2.16). Durch Publikation der Phase-III-Daten zur Therapie des platinsensiblen Rezidivs mit Bevacizumab (OCEANS- Studie) im Jahr 2012 hat sich auch in der Rezidivsituation das Spektrum der Therapieoptionen durch Hemmung der Angiogenese zusätzlich erweitert (Abb. 2). In dieser Studie konnte durch die Hinzunahme von Bevacizumab 15 mg/m² zu der Kombination aus Carboplatin AUC 4 und Gemcitabin 1000 mg/m 2 Tag 1 und 8 bis zum Progress die Effektivität einer antiangiogenen Therapie auch beim platinsensiblen Rezidiv gezeigt werden. Bevacizumab führte zu einer Steigerung des PFS (12,4 vs. 8,4 Mona- Mono- -PLD -Paclitaxel -Topotecan -Gemcitabin Best Supportive Care 05/2013 ONKOLOGIE heute

46 UPDATE: OVARIALKARZINOM te, HR 0,48, 95% CI 0,38-0,60) bei tolerabler Toxizität [26]. Im November 2012 erfolgte daher die Zulassung für das erste platinsensible Rezidiv bei Patientinnen ohne vorherige anti-vegf- Therapie. Zudem wird aufgrund dieser positiven Ergebnisse die Effektivität antiangiogener Substanzen in laufenden Studien weiter untersucht hinsichtlich alternativer Kombinationspartner für die (z.b. Phase-III-Studie der AGO-Studiengruppe zum Vergleich von Carboplatin/Gemcitabin/Bevacizumab mit Carboplatin/PLD/Bevacizumab) sowie antiangiogener Substanzen mit anderen Wirkmechanismen. Platinresistentes/-refraktäres Rezidiv: Bei Patientinnen dieser Gruppe ist die Prognose stark eingeschränkt, so dass Symptomkontrolle und Lebensqualität primäre Therapieziele sind. Viele Patientinnen leiden aufgrund der geringen Zeitspanne zur Primärtherapie noch unter deren Nebenwirkungen (z.b. persistierende Polyneuropathie oder Fatigue). Zudem zählen zu dieser Gruppe vor allem Patientinnen mit suboptimalem Operationsergebnis in der Primär-OP, so dass häufiger Symptome wie Schmerz, Verdauungsprobleme und Übelkeit durch die persistierende Tumorlast bestehen. Kombinationschemotherapien sind hier lediglich mit höherer Toxizität ohne Effektivitätssteigerung assoziiert und deshalb nicht indiziert [27]. In einigen Fällen kann die alleinige best supportive care beste Option sein. Abhängig vom Wunsch der Patientinnen stehen meist jedoch Tumorkontrolle mit Verbesserung/Erhaltung der Lebensqualität im Fokus der Therapie. Es sollten verschiedene Optionen mit den Patientinnen besprochen werden. Ein erneutes operatives Vorgehen muss äußerst zurückhaltend betrachtet werden. Abgesehen davon, dass das Konzept der Primärtherapie nur eingeschränkt effektiv war, bestehen aufgrund des geringen Zeitintervalls zur Primär-OP häufig noch körperliche Beeinträchtigungen, die gegen eine weitere Operation sprechen. Hinsichtlich einer systemischen Therapie gibt es zahlreiche Studien, die einen nur geringen, aber signifikanten Einfluss einer auf das PFS und die lokale Tumorkontrolle zeigen ohne eindeutigen Einfluss auf das OS. Mit PLD 40 mg/m² KOF, vierwöchentlich), Topotecan (1,25-1,5 mg/m² Tag 1-5, dreiwöchentlich), Gemcitabin (1000 mg/m² Tag 1 und 8, dreiwöchentlich oder 1000 mg/m² Tag 1, 8 und 15, vierwöchentlich) und Paclitaxel (80mg/m² KOF, wöchentlich) stehen prinzipiell 4 Substanzen zur Verfügung, die in verschiedenen Phase-III-Studien jeweils ein vergleichbares Effektivitätsprofil gezeigt haben [28]. Die Substanzwahl kann daher anhand des Toxizitätsprofils der jeweiligen Substanz unter Berücksichtigung noch bestehender Toxizitäten aus der Primärtherapie und anhand des Therapieplans erfolgen. Nun liegen auch die Ergebnisse der Phase-III-Studie AURELIA vor, bei der für das platinresistente Rezidiv die Gabe von Bevacizumab zusätzlich zur untersucht wurde [29]. 361 Patientinnen mit platinresistentem Rezidiv wurden zu einer Monochemotherapie mit Paclitaxel 80 mg/m 2 Tag 1, 8, 15 und 22 vierwöchentlich, Topotecan 4 mg/m 2 Tag 1, 8 und 15 vierwöchentlich (oder 1,25 mg/m 2 Tag 1- bis 5-wöchentlich) oder PLD 40 mg/m 2 Tag 1 vierwöchentlich alleine oder in Kombination mit Bevacizumab 15 mg/kg dreiwöchentlich bis zum Progress randomisiert. Von Seiten der Toxizität fanden sich keine Nebenwirkungen, die über die bereits aus der Primärtherapie bekannten hinausgingen. Die Rate an Darmperforationen bzw. Fisteln/Abszessen lag bei je 2,2 % (vs. 0 % unter ). Es wurde eine Verbesserung des medianen PFS (primäres Studienziel) von 3,4 ( alleine) auf 6,7 Monate ( plus Bevacizumab) erreicht, korrespondierend zu einer HR von 0,48 (95% CI 0,38-0,60) [29]. Zusätzlich ergab eine prospektiv geplante Auswertung der Lebensqualitätsdaten einen signifikanten Vorteil für die plus Bevacizumab hinsichtlich abdominaler und gastrointestinaler Symptome. Diese Tatsache ist unter den palliativen Therapieaspekten beim platinresistenten Ovarialkarzinom besonders hervorzuheben. Bisher liegt noch keine Zulassung dieses Therapieregimes vor. Neben weiteren antiangiogenen Substanzen werden aktuell auch andere zielgerichtete Therapieansätze (z.b. mtor-inhibitoren, Pertuzumab) für das platinresistente Ovarialkarzinomrezidiv in aktuellen Studien untersucht, um die Prognose dieser Patientengruppe in Zukunft hoffentlich weiter verbessern zu können. Fazit: Nach Abschluss der operativen Therapie des primären Ovarialkarzinoms zeigen sich durch positive Phase-III-Studienergebnisse weitere Therapieoptionen mit zielgerichteten Substanzen (z.b. antiangiogene Therapie mit Bevacizumab) neben der Standard-. Diese gewinnen auch in der Rezidivsituation zunehmend an Bedeutung und werden in Studien weiter untersucht. Gleiches gilt für die Frage nach dem Stellenwert der operativen Therapie beim Ovarialkarzinom-Rezidiv. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden entscheidend dafür sein, dass in Zukunft Therapieempfehlungen evidenzbasiert abgesichert und weiterentwickelt werden können. Literatur: www-onkologie-heute.info PD Dr. med. Sven Mahner Klinik und Poliklinik für Gynäkologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf s.mahner@uke.unihamburg.de ONKOLOGIE heute 05/2013