Elternworkshop zu Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörungen. Samstag, 17.Januar.2009



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Transkript:

Elternworkshop zu Aktivitätsund Aufmerksamkeitsstörungen Samstag, 17.Januar.2009

Dozenten Claudia Daniels, Fachapothekerin für Klinische Pharmazie, Domapotheke Essen Dr. med. Brigitte Zimmermann Regina Meckelburg, Psychologin, B. Sc.

Das ist sicher! Die Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung ist keine Mode- Krankheit. Sie ist auch nicht erfunden worden, um verschiedene Therapien unters Volk zu bringen. 1845 Hoffmann: Der Struwwelpeter 1881 Scherpf: Das impulsive Irresein als häufigste kindliche Seelenstörung 1902 Still: Erforschung von Kindern mit Defects in Moral Control 1917 Czerny: über Schwererziehbare Kinder 1937 Bradley: Erstbeschreibung der Wirkung von Stimulanzien

Klassifikation DSM IV 1980 fasste man im angloamerikanischen Forschungsraum die früheren Diagnosen: frühkindlicher Hirnschaden, minimale cerebrale Dysfunktion und psychoorganisches Syndrom unter dem Konzept der Aufmerksamkeitsstörungen zusammen 9 Symptome bilden die Unaufmerksamkeit, Impulsivität und motorische Unruhe - oder Hyperaktivität genannt - ab

ICD Klassifikation WHO F90 Hyperkinetische Störungen Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom mit Hyperaktivität ( ADHS) Zappelphilipp, früher auch HKS F90.0 Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens F90.8 Sonstige hyperkinetische Störungen F90.9 Hyperkinetische Störung, nicht näher bezeichnet F98.8 Sonstige näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend, darunter Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität ->Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom ( ADS) Hans-Guck in die Luft, der fliegende Robert, Träumer

Vorkommen häufigste Verhaltensstörung bei Kindern im Grundschulalter ICD-10 im Mittel 1,19 %,DSM IV 3,58% 4-9 mal häufiger bei Jungen als bei Mädchen häufig überdauernd und teilweise ungünstiger Verlauf, besonders an sogenannten Schnittstellen der Entwicklung (Entwicklungsgefährdung) Im Vorschulalter Diagnose noch zurückhaltend verwenden, eher als Arbeitshypothese und regelmäßig zu überprüfen

Erscheinungsbild Unaufmerksamkeit = mangelnde Aufmerksamkeit und Zielgerichtetheit des Verhaltens Flüchtigkeitsfehler, Vergeßlichkeit, Ablenkbarkeit durch äußere Reize Hyperaktivität = motorische Unruhe der Kinder Herumzappeln, v. a. in unpassenden Situationen, Schwierigkeiten sich mit einer Sache in Ruhe zu beschäftigen Impulsivität = vorschnelles und unbedachtes Verhalten Unterbrechen von Spielen und Gesprächen

Probleme Ständige Konflikte mit Bezugspersonen Erziehungsschwierigkeiten Problematischer Umgang mit Gleichaltrigen Schlechte Schulleistungen Negatives Selbstbild Erhöhte Gefahr der Sucht- und/oder dissozialen Entwicklung

Weitere Probleme Allgemeine Aufmerksamkeitsschwierigkeiten motorische Unruhe bei 16%, Unkonzentriertheit bei 19%, motorisch-perzeptive Sprachdefizite (Fein-+ Grobmotorik, Wahrnehmung, Sprache) Komorbidität Störungen des Sozialverhaltens (ca. 60 %) oppositionelles Verhalten (ca. 40 %) Depressionen (ca. 30 %) Angst (ca.30 %) Lernstörungen (ca. 11 %) Ticstörung, einschließlich Tourette-Syndrom Autismus, im Vor- Grundschulalter

Entwicklungsgefährdungen/Langzeitentwicklung keine sogenannten Entwicklungsaufgaben (Z.B. Schulabschluss) keine soziale Kompetenz (z.b. Konfliktbewältigung) Ausschluß von förderlichen Sozialkontakten (z.b. Freundschaften) Selektionsmaßnahmen (z.b. Wiederholen einer Klasse)

Grundsätze Jedem Kind soll eine angemessene Teilhabe am Unterricht und am Sozialleben der Klasse möglich sein Nicht jede Verhaltensauffälligkeit ist eine Krankheit ADS/HKS ist keine Entschuldigung, es ermöglicht nur ein besseres Verständnis der Situation

Erklärungsansätze Nahrungsmittelzusätze (nicht belegt) Hirnschädigung (?) Störungen des Neurotransmitter-Stoffwechsels genetische Disposition Störungen der Selbstregulation Ungünstige Bedingungen in der Umwelt

Hirnentwicklung-Zeitverläufe Embryo + Fetus Neurogenese + Migration + Axogenese Fetus + Säugling- Synaptogenese Säugling+ Kindheit bis ins Erwachsenenalter Myelinisierung + Nervenzellelimination + Synapsenelimination +Synapsenfestigung

Neurotransmitter sind heterogene biochemische Stoffe, welche die Informationen zwischen Nervenzellen= Neuronen über Kontaktstellen oder Synapsen weitergeben. Ziel einer medikamentösen Therapie ist die Optimierung dieser Signalübertragung. Die Konzentration ausgeschüttteter Neurotransmitter im synaptischen Spalt wird durch die Psychopharmaka erhöht. Dadurch verbessert sich die Signalübertragung im verantwortlichen Netzwerk 1.) Methylphenidat (schnell- oder verzögert wirksam/ retardiert ) verzögert den Dopaminabbau. 2.) Atomoxetin (Strattera) ist ein hochselektiver Noradrenalinwiederaufnahmehemmer oder NSRI ( Noradrenalin-Re-Uptake- Inhibitor)

Studie: MTA (Multimodal-Treatment-Approach) seit 1999 Evaluation der wichtigsten Therapieansätze bei ADHS * Vergleich verschiedener Behandlungsmethoden * Reine Verhaltenstherapie Medikamentöse Behandlung mit Methylphenidat * * * * * * Medikamentöse Behandlung mit Methylphenidat, zusätzlich: Verhaltenstherapie

Psychopharmaka zur Verminderung hyperkinetischer und Verträumtheits- Symptome in der Schule (im Kindergarten), in der Familie oder in anderen Umgebungen. Das Kind ist als aktiver Teilnehmer in diesen Prozess einzubinden.

Pharmakotherapie Wirksamkeit bei ca. 60 % Verlaufskontrolle! Symptome der Aufmerksamkeitsstörung, Impulsivität und Hyperaktivität Schulische Leistungen und schulisches Verhalten Beziehungen zu Gleichaltrigen Freizeitaktivitäten

Eher schwache Therapieeffekte sind zu erwarten... bei begleitenden Verhaltens- und Lernstörungen ab einem bestimmten Schweregrad der Beeinträchtigung niedrigerer Intelligenz uneinheitlichem und nur autoritärem Erziehungsstil seelischen Erkrankungen der Eltern Mangelnde Wärme in den familiären Beziehungen Spezifische Bewältigungsstrategien der Eltern in Konfliktsituationen Störungskonzepte der Eltern, ihre Therapieerwartungen und ihre Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit Medienkonsum

Strukturen schaffen... keine Diskussionen klare Vorschriften nonverbale Kommunikation