o Bedeutung kommt der Sozialwirtschaft zu?



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Transkript:

Martin Ehrlich Sozial oder Wirtschaft? t Welche ec e ökonomische o Bedeutung kommt der Sozialwirtschaft zu? Auszüge aus dem Sozialwirtschaftsbericht Thüringen Bank für Sozialwirtschaft, Berlin, 27.03.2012

Die beschäftigungspolitische Bedeutung der Thüringer Sozialwirtschaft

Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik 2011, Eigene Berechnung

Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik 2011, Eigene Berechnung

Quelle: Thüringer Landesamt für Statistik 2011, Eigene Berechnung Altenpfleger, Krankenschwester / -pfleger, Krankenhelfer, Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Sozialpfleger, Heimleiter, Kindergärtner /-innen,

1. 2. 3. 4. Konjunkturunabhängiger Beschäftigungssektor Nachfrage nach Sozial- und dgesundheitsdienstleistungen di i nur geringfügig i von konjunktureller Entwicklung abhängig. Zukunftsorientierter Beschäftigungssektor Aufgrund der demografischen Entwicklung zukünftig stark steigende Nachfrage nach Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen Arbeitsintensive personennahe Dienstleistungen, die bisher kaum durch Wissen oder Kapital substituiert werden. Beschäftigungssektor, welcher auch am Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen integriert Überdurchschnittlich viele Beschäftigungsoptionen für am Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen (Geringqualifizierte, Ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, Langzeitarbeitslose). Beschäftigungssektor in ländlichen/strukturschwachen Regionen Die Sozialwirtschaft schafft Arbeitsplatze und tätigt Investitionen an Standorten, an denen andere Branchen kaum noch investieren.

Die volkswirtschaftliche h und regionalökonomische Bedeutung der Thüringer Sozialwirtschaft i

Quelle: Eigene Erhebung 2011 Ertrags- und Kostenstrukturen

Quelle: Eigene Erhebung 2011 Ertrags- und Kostenstrukturen

Transfermodell: Sozialwirtschaft Thüringen Sozialleistungsträger / Staat Leistungsentgelte/öffentlicher Zuschuss Rückfluss: 39% Ertrag Kosten Abgaben Umsatz = 100 Kosten = 100 SV-Beiträge: 19,54 Davon Entgelte/öffentl. Zuschuss: 75 Davon Personal: 66 Sachkosten/DL: 25 Lohnsteuer: 443 4,43 Umsatz-Steuer: 4,69 div. Steuern: 0,33 28,99 Soziale Einrichtungen Quelle: Berechnung Schellberg 2011 auf Basis der Daten der eigenen Erhebung

Bruttowertschöpfung Nach herkömmlicher h Berechnung beträgt t die Bruttowertschöpfung t innerhalb der Sozialwirtschaft rund 2 Mrd. Euro. Das entspricht 4,7% der Bruttowertschöpfung Thüringens. Quelle: *Eigene Erhebung 2011, Thüringer Landesamt für Statistik

Der Beitrag ehrenamtlicher Arbeit zur Bruttowertschöpfung 1. Berechnung der Arbeitsstunden ~132 Stunden im Jahr je Ehrenamtlichen Beschäftigten (Quelle: eigene Erhebung 2011) ~25.000 Ehrenamtliche in der Thüringer Sozialwirtschaft ~ 3,3 Mio. Stunden Arbeitszeit im Jahr 2. Berechnung der (fiktiven) Personalkosten über Arbeitskostensatz t t pro Stunde ehrenamtliche Arbeit = überwiegend Zusatzdienste (vorlesen, einkaufen ) gleichzusetzen mit Hilfstätigkeiten (Krankenpflegehelfer/in, Kinderpflegehelfer/in) Arbeitskostensatz pro Stunde 11,40 ~ 37,62 Mio. Euro (fiktive) Personalkosten die (fiktive) Bruttowertschöpfung durch Ehrenamtliche betrug 2010 42 Mio. Euro Quelle: Eigene Erhebung, Schmitt/Lembcke 2002, Feslmeier/Massouh/Schmid 2004

Die regionalökonomische Bedeutung sozialer Einrichtungen Regionale Beschäftigungseffekte Soziale Einrichtungen sind ein wichtiger regionaler Arbeitgeber 98% der SV-Beschäftigten stammen aus der Region (~20 km Umkreis) Soziale Einrichtungen sind in der Regel nicht von Standortverlagerungen bedroht Regionale Bindung Soziale Einrichtungen tragen zum Erhalt von Lebensqualität bei und wirken so der Abwanderung und der demografischen Entwicklung entgegen Regionale Wertschöpfungsketten 77% der 2010 entstandenen Sachkosten gingen an regionale Anbieter 79% der 2010 bezogenen Dienstleistungen gingen an regionale Anbieter 68% der getätigten Investitionen gingen an regionale Anbieter Quelle: Eigene Erhebung,

Quelle: Schellberg 2009, eigene Darstellung

Die regionalökonomische Analyse 45 Unternehmen mit 1.434 Beschäftigten, 66.3 Mio. Umsatz, davon 51.3 Mio. öffentl. Mittel Durch 1 Euro öffentliche Mittel wird eine Nachfrage in Höhe von 77 Cent in der Region erzeugt Durch 1 Euro öffentliche Mittel wird ein Einkommen in Höhe von 1,11 Euro in der Region erzeugt Quelle: Berechnung Schellberg 2011 auf Basis der Daten der eigenen Erhebung

Die gesamtwirtschaftliche Analyse (~58.000 Beschäftigte) Quelle: Berechnung Schellberg 2011 auf Basis der Daten der eigenen Erhebung

Fazit Die Sozialwirtschaft ist nicht nur Kosten- sondern auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die innerhalb der Branche erzielte Wertschöpfung wird vielfach unterschätzt, vor allem in Hinblick auf die regionalökonomischen Ausstrahlungseffekte. Unberücksichtigt bleibt häufig, dass ein großer Teil (39%) der eingesetzten öffentlichen Mittel über Steuern an die öffentliche Hand zurückfließt. Werden noch weitere Effekte, wie beispielsweise die in anderen Wirtschaftszweigen erzeugte Beschäftigung berücksichtigt, summiert sich die Rückflussquote sogar auf 73%. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Sozialwirtschaft lässt sich nur unter Berücksichtigung der sozialpolitischen und der regionalökonomischen Bedeutung branchenadäquat bemessen. Die beschäftigungspolitische Bedeutung lässt sich nur unter Berücksichtigung der arbeitspolitischen Bedeutung bemessen.

Quelle: Eigene Erhebung 2011 Was ist noch sozial an der Sozialwirtschaft?

Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Nachfragen? Martin.Ehrlich@uni-jena.de