Raufeld Medien Kapitel 9 Das zweite Vorstellungsgespräch
Das zweite Vorstellungsgespräch Manche Unternehmen laden nach dem ersten Vorstellungsgespräch noch zu einem zweiten ein. Wenn Sie zu dem erlauchten Kreis gehören, der in diese Runde vordringt, ist das ein guter Grund für Optimismus. Allzu viele Mitbewerber sind jetzt nämlich nicht mehr im Rennen. Doch die Auslese wird jetzt umso strenger. Grundsätzlich gilt hier alles, was auch für das erste Gespräch zu beachten war. Allerdings ist die Gewichtung der Themen jetzt eine andere. Im Normalfall wird Ihr Gesprächspartner jetzt noch viel genauer darauf achten, wie gut Sie zum Unternehmen passen. Aber keine Sorge, Sie sind ja gut vorbereitet. Zusätzlich haben Sie sicher aus dem ersten Gespräch schon einige Hinweise darauf erhalten, worauf das Unternehmen besonderes Augenmerk legt. Es geht also um die Firmenphilosophie, Ihre Arbeitsmotivation, die Einsatzbereitschaft und die Arbeitsweise, die in der Firma gepflegt wird. Dass man Sie grundsätzlich für geeignet hält, steht bereits fest. Deshalb geht es im zweiten Gespräch meist auch um das Aushandeln des Arbeitsvertrags, um das Gehalt oder den Lohn und weitere Leistungen. Gehalt/Lohn und weitere Leistungen Wie viel können Sie verlangen, ohne zu übertreiben und den potenziellen Arbeitgeber zu verprellen? Wie viel müssen Sie verlangen, um sich nicht unter Wert zu verkaufen? Was ist überhaupt üblich in der Branche und in dem speziellen Job? Wenn Sie bereits in einer ähnlichen Position gearbeitet haben, sollte Ihr bisheriges Gehalt die Grundlage für die jetzigen Gehaltsverhandlungen bilden. Bei einem Arbeitsplatzwechsel sollte üblicherweise eine Steigerung von zehn bis 20 Prozent drin sein. Denn wer einen Job aufgibt, und einen anderen annimmt, der tut dies meistens, um mehr zu verdienen als vorher. Aber es gibt natürlich auch einige nichtmaterielle Faktoren, die Ihre Entscheidung, einen anderen Job anzunehmen, beeinflussen können. Viele Menschen sind sicherlich bereit, eine Tätigkeit zu übernehmen, die zwar kein höheres Gehalt bedeutet, dafür aber sehr viel befriedigender ist als Raufeld Medien
die bisherige. Ein Ingenieur wird es sicher sinnvoller finden, selbstständig einen neuen Energiesparmotor entwickeln zu dürfen, als nach genauen Vorgaben irgendwelche Standardmotoren zusammenzusetzen. Aber was Sie genau wollen, und ob Sie bereit sind, zu Gunsten einer neuen Herausforderung auf mehr Geld zu verzichten, müssen Sie schon selbst entscheiden. Berufseinsteiger sollten sich zunächst mal darüber klar sein, wie viel Geld sie eigentlich zum Leben brauchen. Wenn Sie dann in konkrete Gehaltsverhandlungen eintreten, müssen Sie außerdem so genau wie möglich darüber informiert sein, welche Gehälter in Ihrer Branche für die Stelle üblich sind. Außerdem sollten Sie auch wissen, wie die entsprechende Firma ihre Mitarbeiter entlohnt. Doch wie finden Sie das heraus? Der einfachste Weg, den Gehaltsrahmen in Erfahrung zu bringen, ist das genaue Studium der Stellenanzeige. Manchmal findet sich nämlich dort schon der Betrag, den das Unternehmen zu zahlen bereit ist. Ein bisschen Spielraum nach oben und nach unten gibt es möglicherweise, vielleicht steht das Gehalt aber auch schon fest. Bei Berufsanfängern ist das meist der Fall. Halten Sie sich für besser qualifiziert als für den Job erforderlich, und können Sie diese Qualifikation in einen Mehrwert für das Unternehmen ummünzen, so haben Sie die Möglichkeit, etwas mehr zu verlangen, als in der Stellenausschreibung angegeben. Im konkreten Gespräch wird man Sie häufig nach Ihrer Zielvorstellung fragen. Der Betrag, den Sie hier nennen, sollte also nicht das Einstiegsgehalt sein. Diese Frage zielt vielmehr darauf ab, zu erfahren, wo Sie einmal hinwollen. Denn natürlich sind Sie nach einem Jahr Berufserfahrung für das Unternehmen mehr wert als in den ersten sechs Monaten. Steht in der Stellenanzeige keine Summe, müssen Sie andere Kanäle nutzen. Die üblichen Löhne erfahren Sie recht unkompliziert bei den Gewerkschaften oder bei Berufsverbänden, doch bezahlen nicht alle Unternehmen ihre Mitarbeiter auch wirklich nach Tarif. Auch ist die Zuordnung zu einem bestimmten Tarif nicht immer ganz unproblematisch. Erste Anhaltspunkte bietet die im vorliegenden Buch enthaltene Gehalt-/Lohntabelle. Grundsätzlich
ist zu unterscheiden zwischen Brutto- und Nettoeinkommen. Das erste bezeichnet das Einkommen ohne Abzug von Steuern und Sozialabgaben, das zweite hingegen das nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen verbleibende Einkommen. Eine weitere gute Anlaufstelle, um etwas über die Entlohnung zu erfahren, ist das Internet. Häufig werden Sie über die Suchabfrage Gehälter in Verbindung mit dem jeweiligen Berufsfeld, also etwa Bauingenieur, schon eine einschlägige Internetseite finden. Achten Sie aber auf die Seriosität der Quelle. Auch Fachpublikationen helfen meist weiter. Viele führen nämlich in gewissen Abständen Umfragen bei Unternehmen durch und errechnen Durchschnittsgehälter für die entsprechenden Jobs. Meist werden die Ergebnisse auch noch nach Kriterien wie Berufserfahrung oder Zusatzqualifikationen aufgeschlüsselt. So verdienen beispielsweise Ingenieure mit Doktortitel mehr als ihre Kollegen ohne. Außerdem wirken sich Betriebszugehörigkeit und Alter des Arbeitnehmers auf das Gehalt aus. Klar, dass Berufseinsteiger am wenigsten verdienen. Und auch der Bereich, in dem ein Arbeitnehmer tätig ist, gibt meist Aufschluss darüber, wie viel er verdient. Glücklich kann sich schätzen, wer gute Kontakte in die Firma hat und so herausfinden kann, was in einer vergleichbaren Position wie der angestrebten bezahlt wird. Von Ihrem Gesprächspartner werden Sie aus nachvollziehbaren Gründen nur sehr wenig Hilfe bei der Bestimmung Ihres Wunschgehalts bekommen. Sie bewegen sich also auf einem schmalen Grat. Sicher wollen Sie nicht unverschämt erscheinen ebenso wenig wie Sie sich unter Wert verkaufen wollen und sollten. Klar ist, dass dem Arbeitgeber daran gelegen ist, eine möglichst billige Arbeitskraft einzustellen. Klar ist aber auch, dass Sie mit einer zu geringen Gehaltsforderung die Preise in der Branche kaputt machen. Selbst wenn Sie persönlich mit relativ wenig zufrieden sind, werden es Ihnen alle anderen Arbeitnehmer danken, wenn Sie keinen Dumpinglohn akzeptieren. Das ist auch gesamtvolkswirtschaftlich wünschenswert. Neben dem Grundgehalt spielen häufig noch andere Faktoren eine Rolle für die tatsächliche Vergütung. So werden viele Arbeit- Raufeld Medien
nehmer mittlerweile teilweise nach Erfolg bezahlt, also in Form einer Umsatz- oder Gewinnbeteiligung. Das kann der persönliche Erfolg sein, aber auch der Erfolg des Unternehmens, bei dem Sie angestellt sind. Wie sehr die Dicke der Lohntüte allerdings im Einzelnen schwankt, hängt maßgeblich von dem Beruf ab, den Sie ergreifen. So werden Verkäufer oft zu einem überwiegenden Teil klar erfolgsbezogen entlohnt. In Jobs, bei denen sich Ihre Arbeitsleistung nicht unmittelbar in der Unternehmens-Bilanz niederschlägt, sieht das natürlich anders aus. Und auch Zusatzleistungen müssen verhandelt werden. Das klassische Beispiel ist der Firmenwagen. Auf das Gehalt sollte der allerdings nur Auswirkungen haben, wenn Sie ihn auch privat nutzen dürfen. Dann stellt er also einen ganz ordentlichen Vorteil dar, der sich im Gehalt niederschlägt. Dass dem so ist, sehen Sie schon daran, dass er als geldwerte Leistung versteuert werden muss. Auf welche Summe vom Nettogehalt Sie dafür bereit sind zu verzichten, sollten Sie zum einen davon abhängig machen, wie wichtig ein Auto für Sie ist, und zum anderen davon, wie viel Sie jährlich dadurch sparen, dass Sie kein eigenes Auto anschaffen und unterhalten müssen. Sehr viel Geld sparen Sie auch, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen einen Teil oder sogar die ganze Miete, etwa bei einer Werkswohnung, zahlt. Strategisch gehen Sie bei den Gehaltsverhandlungen am besten so vor, dass Sie zunächst abklären, welche Leistungen Sie neben dem Grundgehalt bekommen. Fragen Sie einfach danach. Möglicherweise wird der Arbeitgeber hier auch Dinge wie Essenszuschüsse, vermögenswirksame Leistungen oder andere Dinge anführen. Erstere sind zwar nett, sollten sich aber nicht wirklich auf Ihre Forderung auswirken. Und vermögenswirksame Leistungen gehören eigentlich zum Standard, so dass Sie sie deswegen auch vom Gehalt abziehen sollten. Rechnen Sie sich bei allem, was Ihr Gesprächspartner vorschlägt aus, was Sie tatsächlich sparen und legen Sie das um auf das Jahresgehalt. Bei einmaligen Leistungen (z.b. Ersatz der Umzugskosten), müssen Sie den Vorteil sogar auf eine längere Betriebszugehörigkeit umrechnen. Manchmal bleibt
dann nicht mehr viel übrig, was die Summe, die Sie hinterher monatlich erhalten wollen schmälern sollte. Irgendwann wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als einen konkreten Betrag zu nennen. Jetzt gilt es, ganz genau die Reaktion des Gesprächspartners zu beobachten und einzuschätzen. Entgleisen dem sämtliche Gesichtszüge, haben Sie erheblich überzogen. Allerdings ist es bei Ihrer Vorbereitung unwahrscheinlich, dass Sie allzu weit daneben liegen. Außerdem gibt es ja auch noch andere Gründe, warum Sie ausgerechnet bei diesem Unternehmen arbeiten wollen. Die sollten Sie ohnehin dem Verhandlungspartner gegenüber in den Vordergrund rücken. Der hört es natürlich auch gerne, wenn Ihnen in erster Linie daran gelegen ist, einer befriedigenden Aufgabe in einem angenehmen Arbeitsumfeld nachzugehen. Geld sollte also natürlich in einem angemessenen Rahmen eher zweitrangig erscheinen. Und letztendlich ist es das auch. Denn was nützt schon der toll bezahlte Job, wenn Ihnen die Tätigkeit an sich überhaupt keinen Spaß macht, und Sie sich jeden Morgen zur Arbeit quälen müssen. Liegen Ihre und die Vorstellungen des Arbeitgebers aber zu weit auseinander, sollten Sie sich besser nach etwas anderem umsehen. Niemand muss sich ausbeuten lassen. Sind Sie aber wirklich und aufrichtig an der Stelle interessiert, und bietet Ihnen der Arbeitgeber dennoch zu wenig, muss das nicht zwangsläufig das Ende sein. Es besteht ja auch die Möglichkeit, nur vorübergehend, etwa in der Probezeit, für ein geringeres Gehalt zu arbeiten. Die entsprechende Gehaltssteigerung nach der Probezeit und/oder eine weitere Staffelung muss dann aber genau im Arbeitsvertrag festgehalten werden, damit Sie später keine unliebsamen Überraschungen erleben. Raufeld Medien