Zusammenfassung Kap. 1.4.3, 3400, KE1. Phänomen Phänomenbeschreibung propositionale Einstellung



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Transkript:

Zusammenfassung Kap. 1.4.3, 3400, KE1 Phänomen Phänomenbeschreibung propositionale Einstellung Erkenntnistheoretische Aspekte /Phänomen, Phänomenbeschreibung, propositionale Einstellung, Innen-Außen-Unterscheidung, Introspektion) beziehen sich in erster Linie auf das ERLEBEN als Gegenstand der Psychologie. Eine wichtige methodische Forderung besteht darin, das Phänomen selber von dessen Beschreibung / Beurteilung (Erkenntnis) zu trennen. Ich sehe einen Tisch. (Wahrnehmungsurteil!) Im Alltag beschreibt man häufig kein Phänomen, sondern eine Erkenntnis: Ich sehe einen Tisch. Beschreibt kein Phänomen, sondern man bringt Wahrnehmungserlebnisse urteilend unter den Begriff (Semiotische Kompetenz, Wissen) kein Sehen, sondern ein Erkennen im Modus des Sehens Wahrnehmung Jede Wahrnehmung erfasst nur einen Teil des Ganzen, d. h. einen Ausschnitt z. B. Hören: man kann eine Rede nicht auf einmal hören z. B. Tasten: vieles Betastbare passt nicht in eine Hand, kann nicht mit einem Griff begriffen werden Wahrnehmungsurteil (=Erkenntnis) Ein Wahrnehmungsurteil beschreibt keine Wahrnehmung, sondern eine Erkenntnis, d. h. eine abschließende Interpretation einer Wahrnehmungsepisode. Die abschließende Erkenntnis kommt durch die Verbindung der Wahrnehmungsepisode mit unserem Wissen und unserer semiotischen Kompetenz zustande, Begriffe und Zeichen zu bilden, zu verknüpfen und anzuwenden. Phänomen Etwas sehen im Hier-und-Jetzt Bewusste Wahrnehmung 1

Zielgerichtetes Wahrnehmen (Sehen, Hören, Tasten etc.), um Informationen über das Objekt (jetzt Phänomen) zu erhalten Erscheinung Vorfinden, Antreffen, Vergegenwärtigen, Bemerken, Einfallen bezeichnen bestimmte Weisen des phänomenalen Gegebenseins, die unterschiedlich erlebt werden können. Qualia Bezeichnung in der Philosophie für die Phänomene Wie es ist X zu haben, oder X zu sein. = der subjektive Erlebnisgehalt mentaler Zustände, wie es sich anfühlt, in einem bestimmten mentalen Zustand zu sein Qualia als Argument gegen bzw. Prüfstein für reduktionistische Erklärungen des Mentalen, wie sie von einigen Neurowissenschaftlern vertreten werden. Thomas Nagel (1974): What it is like to be a bat? Mary-Gedanken-Experiment (Jackson) Phänomenales Bewusstsein/subjektives Erleben kann durch eine objektive Außenperspektive gar nicht erfasst werden Erklärungslückenargument (Levine): Erleben als Eigenschaft mentaler Zustände kann noch nicht vollständig erklärt, d. h. auf Materialistisches reduziert werden. Phänomenbeschreibung z. B. Ernst Machs Analyse der Empfindungen (Darstellung im Medium eines Bildes) das, was gegeben ist, möglichst genau beschreiben, ohne zu beurteilen Phänomenales Bewusstsein = Phänomenale Welt Umfasst die bewusste Wahrnehmung eines Phänomens sowie das Wahrnehmungsurteil als abschließende Interpretation der Wahrnehmungsepisode in Verknüpfung mit unserem Wissen und unserer semiotischen Kompetenz. Die phänomenale Welt besteht aus der Reizaufnahme und dem Erleben dieser Reize. "Am Anfang steht ein Objekt, welches in Form eines Umweltreizes auf den Menschen einwirkt. Dieses Phänomen (bewusst Wahrgenommener Reiz) wird innerlich verarbeitet und man kommt zu einer Erkenntnis (Wahrnehmungsurteil) über das Objekt." 2

Die phänomenale Welt fängt dort an, wo uns etwas bewusst wird - ohne Bewusst-Sein, kein Phänomen. Ein Umweltreiz (oder ein innerer Reiz), den man nicht wahrnimmt, gehört also nicht zur phänomenalen Welt - und wie wir alle aus der Erfahrung wissen, kann man seiner Umwelt manchmal "phänomenal" blind und taub gegenüber stehen. Ihr Beispiel mit der Musik, die erst nach einiger Zeit in unser Bewusstsein rieselt (obwohl sie die ganze Zeit schon da war), verdeutlicht das sehr schön. Die Phänomene, die man erfährt und die man hat, die zusammen die phänomenale Welt ausmachen, sind Ausgangspunkt aller und Ziel vieler psychologischer Untersuchungen. Wahrnehmungsurteil = Erkenntnis = propositionale Einstellung = abschließende Interpretation der durch Wahrnehmung gewonnenen Informationen Wahrnehmungsurteil, Erkenntnis bzw. propositionale Einstellung Beschreibt nicht die Wahrnehmung selbst, sondern die Erkenntnis darüber, was wahrgenommen wird. Etwas als Bestimmtes sehen. Erkennen = Wahrnehmungsurteil als abschließende Interpretation eines Wahrnehmungserlebnisses Urteilen, Erinnern, Einordnen, Assoziieren als kognitive Vorgänge Basis: Verknüpfen mentaler Repräsentationen (z. B. Klassenbildung) als Wissensbestand mit dem Wahrnehmungserlebnis unter Nutzen semiotischer Kompetenz propositionale Einstellung Erkenntnis/Wahrnehmungsurteil lässt sich auch als propositionale Einstellung formulieren, d. h. was analytisch passiert, wenn man sagt Ich sehe einen Tisch. Beziehung zwischen objektivem Phänomen (roter Fleck) + phänomenalem Erleben (Bemerken des Fleckes) + mentaler Repräsentation (Wissen, dass der andere gerade Rotwein trinkt) der urteilenden Person Ich denke (EPP + Einstellung), dass dies ein Rotweinfleck auf Deinem Hemd ist (DPP + Proposition bzw. Sachverhalt). Hauptsatz: Versprachlichung der EPP, d. h. Subjekt Ich + Verb, dass die mentale Einstellung ausdrückt, die als Modus der Bezugnahme zu verstehen ist, z. B. sehen, glauben, hoffen, erwarten 3

Einstellung hier im Sinne von Einstellungsprädikat, darunter psychologische Verben wie glauben, erwarten, denken, die it einem Nebensatz (ass-satz) verknüpft sind. Nebensatz: dass-satz Proposition, d. h. der Gedanke, der einen Sachverhalt bezeichnet dass p (der Fall ist). Ich sehe einen Tisch. = Ich sehe, dass das hier vor mir ein Tisch ist. Hauptsatz Subjekt Ich + Verb Nebensatz/Proposition Gedanke, der einen SV bezeichnet In einer propositionalen Einstellung wird eine bestimmte Beziehung zwischen der urteilend Bezug nehmenden Person, ihrem Wissen und einem davon zu unterscheidenden Sachverhalt ausgedrückt. Das, was durch ein Einstellungsverb bezeichnet wird, z. B. ein mentaler oder epistemischer Zustand: Ich glaube/erwarte/hoffe/denke/sehe/begehre, dass p (der Fall ist). Flow-Zustand Beispiel aus motivationspsychologischen Studien für den ungebrochenen Ich-Welt-Zusammenhang Vollständiges Aufgehen in der Tätigkeit, z. B. Extremklettern, Klavierspielen, Programmieren am PC; reflexionsfrei optimale Balance zwischen den Umweltanforderungen und den Ressourcen/Fähigkeiten einer Person Ich-Welt-Zusammenhang z. B. im Flow-Zustand: kein Nachdenken über das, was passiert, Erfahrungen nicht mit Sprache belegen, optimale Balance, reflexionsfrei, vollständiges Aufgehen in der Tätigkeit Problem der Sprache, da Sprache schon Kategorie Phänomenologische Psychologie Betont, dass Phänomene nur dort zu finden sind, wo der Ich-Welt-Zusammenhang ungebrochen bleibt. 4

Phänomene in der Psychologie Für die Psychologie ist es schwer, die Phänomene von ihrer sprachlichen, begrifflichen und urteilenden Interpretation zu trennen. Flow-Zustand als Beispiel aus motivationspsychologischen Studien für den ungebrochenen Ich-Welt- Zusammenhang wie in der Phänomenologischen Psychologie betont wird. Weitere Möglichkeit: Phänomene unter experimentelle Kontrolle bringen, mit dem Ziel, die EPP, die Erlebnisse und Handlungen der Person P1 mit der DPP zu verknüpfen. Beobachtungen werden darauf orientiert, wie P1 in bestimmter Weise auf manipulierte Phänomene reagiert und diese beurteilt. P1 zeigte im Experiment E beim Phänomen S die Reaktion R. (Urteile, Fehler, Vergleich zu P2) Aber: Experimente sind Interaktionen, d. h. Menschen versuchen, guten Eindruck zu machen und bilden Annahmen darüber, was von Ihnen erwartet wird. Dies muss bei der Versuchsplanung berücksichtigt werden, da sonst Versuchsartefakte vorliegen. s. auch Kurs 3401, welche weiteren Faktoren ein experimentelles Vorhaben beeinflussen können. 5