Dr. Brigitte Leneke Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Postfach 4120 39016 Magdeburg email: leneke@ovgu.de Aufgaben variieren produktiv Mathematik erfinden und erleben B. Leneke Wien Istron 2009 1 Gliederung 1. Unterrichtsgestaltung zur Aufgabenvariation 2. Inhaltliche und didaktisch-methodische Aspekte 3. Einige erprobte Unterrichtsbeispiele 4. Fazit und Ausblick - Literatur B. Leneke Wien Istron 2009 2
1.Unterrichtsgestaltung zur Aufgabenvariation Vorgabe der Einstiegsaufgabe (Initialaufgabe) Lösen dieser Aufgabe, nach Möglichkeit auf mehreren Wegen (Einzel-/Partnerarbeit) Aufforderung zum Variieren (im Unterrichtsgespräch, ggf. Hinweise zu Strategien zum Variieren Sammeln der Vorschläge ohne Kommentierung von Seiten des Lehrers (Mindmap, Kartenabfrage) Ordnen, Strukturieren, Bewerten der Vorschläge im Plenum (Mindmap, Cluster bilden) B. Leneke Wien Istron 2009 3 Lösen ausgewählter Vorschläge, (Einzel- /Partnerarbeit oder Gruppenarbeit, dabei Begründungen und Ergebnisse schriftlich festhalten, z. B. auf Karten oder leeren Folien) Vorstellen der Lösungen und ihrer Begründungen (Präsentation und Diskussion im Plenum) B. Leneke Wien Istron 2009 4
Initialaufgabe Vergrößert man die Seitenlänge eines Quadrats um 3 cm, so beträgt sein Flächeninhalt 361 cm². Welchen Inhalt hatte das ursprüngliche Quadrat? B. Leneke Wien Istron 2009 5 1. Wie groß ist die Diagonale vom ursprünglichen Quadrat? Vergrößert man die Länge der Diagonalen eines Quadrats um 3cm, so... 2. Wenn man die Seitenlänge a eines Rechtecks um 2 cm und die Seitenlänge b um 3 cm verkleinert, wie groß ist dann der Flächeninhalt des ursprünglichen Rechtecks, wenn das verkleinerte Rechteck 252 cm 2 groß ist? 3. Vergrößert (verdoppelt, verdreifacht...) man die Seitenlänge eines Quadrats um 5 cm, (4 cm, 2 cm...)... 4. Wie groß ist der Rauminhalt eines Würfels, wenn die Seitenlänge des ursprünglichen Quadrates gegeben ist? Wie ändert sich der Rauminhalt des Würfels, wenn die Seitenlänge variiert wird? 5. Wie ändert sich der Raum- und Oberflächeninhalt eines Quaders, wenn seine Seitenlängen verändert werden?
6. Wie lang wären die Seiten eines (allgemeinen, gleichseitigen, rechtwinkligen...) Dreiecks, wenn sein Flächeninhalt 256 cm 2 beträgt? 7. Wenn man in einem Quadrat die Länge der Diagonalen, die Seitenlänge oder den Flächeninhalt verkleinert, wie ändern sich dann andere Größen dieser Figur? 8. Wie ändern sich in allgemeinen Vierecken (außer Rechteck und Quadrat) Größen, wenn gegebene Größen verändert werden (z.b. Variation der Seitenlänge in einer Raute)? 9.a) Wie groß ist der Radius eines Kreises, wenn sein Flächeninhalt 361 cm 2 beträgt? b) Vergrößert man den Radius eines Kreises um 3 cm, so beträgt sein Flächeninhalt 400 cm 2. Welchen Inhalt hatte der ursprüngliche Kreis? 10. a) Vergrößert man die Seitenlänge eines Quadrates um 3 cm, so beträgt sein Umfang 344 cm 2. Welchen Umfang hatte das ursprüngliche Quadrat? b) Vergrößert man den Umfang eines Quadrats um 4 cm, so beträgt sein Flächeninhalt 361 cm 2. Welchen Inhalt hatte das ursprüngliche Quadrat? 11. In einer würfelförmigen Verpackung befindet sich eine Schokoladenkugel. a) Die Kugel hat einen Radius von 3,6 cm. Wie groß muss die Schachtel sein? b) Wie muss sich die Verpackung ändern, wenn die Schokoladenkugel größer wird? c) Wie groß ist der Oberflächeninhalt des Würfels, wenn sein Volumen 281 cm 3 beträgt?
Strategien geringfügig ändern ( wackeln ) Analogisieren ( ersetzen ) Verallgemeinern ( weglassen ) Spezialisieren ( hinzufügen ) Lücken beheben ( dicht machen ) Zerlegen ( trennen ) Kombinieren ( zusammenlegen ) Umzentrieren ( Blick wechseln ) Umkehren ( Richtung wechseln ) Kontext ändern ( Rahmen wechseln ) Iterieren ( weitermachen ) Anders bewerten ( interessant machen ) 2. Warum sollte man - weit mehr als bisher - eigene Problemstellungen der Schülerinnen und Schüler fördern? Heraus aus der bloßen Reaktion Wider ein einseitiges Bild von Mathematik Vernetztes Denken Stärkere Motivation Variation als Lösungsstrategie Einsicht durch Weiterdenken Stärkung des Schüler-Ichs Sich öffnende Probleme als Weg zu einem offenen Unterricht B. Leneke Wien Istron 2009 10
Methodische Aspekte a) Niemand ist ausgeschlossen. b) Kein Inhalt und keine Methode sind ausgeschlossen. c) Der Computer bietet weitere Chancen. d) Hilfen sind möglich. e) Es gibt unterschiedliche Einstiege in die Thematik. f) Man sollte sich günstige Gelegenheiten zunutze machen. g) Man muss über Aufgabenvariation reflektieren. h) Es bieten sich unterschiedliche Sozialformen an. i) Aufgabenvariation erfordert Tugenden und macht sie frei. j) Sie ist mathematisch wesentlich. k) Variieren ist kein Selbstzweck. 3. Initialaufgabe Die Karte zeigt den Grundriss einer 196 ha großen, quadratischen Parkanlage. a) Berechne die dazugehörige Seitenlänge des Parks und bestimme anschließend den Maßstab der Zeichnung. b) Ein Jogger läuft die durch die Buchstaben A bis K gekennzeichnete Strecke. - Wie viele Kilometer legt er dabei zurück? - Schafft er die gesamte Strecke in 20 ½ Minuten, wenn er mit einer konstanten Geschwindigkeit von 16,3 km/h läuft? - Wie viel Zeit benötigt er genau? B. Leneke Wien Istron 2009 12
Mögliche Variationen 1. Andere Flächengröße vorgeben. Die Karte zeigt den Grundriss einer... großen, quadratischen Parkanlage. 2. Statt Vorgabe des Flächeninhalts, den Umfang der Parkanlage geben. Die Karte zeigt den Grundriss einer quadratischen Parkanlage mit einem Umfang von.... 3. Den Maßstab vorgeben und damit dann die Seitenlänge, den Flächeninhalt und den Umfang des Parks bestimmen. Die Karte zeigt den Grundriss einer quadratischen Parkanlage, die im Maßstab 1:... abgebildet ist. Berechne die entsprechende Seitenlänge, den Umfang und den Flächeninhalt des Parks. 4. Finden und berechen anderer Laufrouten mit gleichen Anfangsund Endpunkt. 5. kürzeste/ längste Wege zwischen 2 Standorten bestimmen 6. andere Laufgeschwindigkeiten wählen
7. Nährungsweises Bestimmen der Seeflächen - zum Beispiel durch Zerlegung der Flächen in Teilstücke, die sie mit den bisherigen Kenntnissen bestimmen können oder - Auszählen der Fläche mit Hilfe von Einheitsquadraten - In welchem Verhältnis stehen die beiden Seeflächen zueinander? 8. Flächenbestimmung zum Beispiel zwecks Begrünung 9. Anlegen von bestimmten Dingen Ein rechteckiger Spielplatz mit den Seitenlängen 25 m und 20 m soll im Park angelegt werden. - Reicht der vorhandene Platz im Teilstück...? - An welchen Stellen kann dieser Spielplatz überall angelegt werden? Welche Dinge kann man noch in Parkanlagen finden? Überlegt Euch, wie viel Platz diese benötigen (oder ermittelt dies praktisch) und stellt fest, ob man sie in der vorgegebenen Parkanlage integrieren kann? 10. Kostenberechnung für anzulegende Dinge
4. Ausblick Bewertung/Kontrolle/Zensierung von Aufgabenvariation (als Problemlösemethode und strategie) Welche Chancen bietet der Computer? Welche Einstiege sind im Unterricht möglich? B. Leneke Wien Istron 2009 29
Literatur 1. Schupp, Hans : Thema mit Variationen Aufgabenvariation im Mathematikunterricht Verlag Franzbecker, Hildesheim, 2002 2. Der Mathematikunterricht - Variationen über ein mathematisches Thema Jahrgang 49, Heft 5/2003 3. Henning, H.; Leneke, B.: Aufgabenvariation als Unterrichtsgegenstand Technical Report Nr. 1, 2000 Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Fakultät für Mathematik B. Leneke Wien Istron 2009 30 4. Leneke, B.: Aufgabenvariation im Mathematikunterricht (Teile 2 und 3) Technical Report Nr.3, 2003 und Technical Report Nr. 2, 2007 Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Fakultät für Mathematik Auch unter: www.math.uni-magdeburg.de/reports/2003/leneke-0303.pdf www.math.uni-magdeburg.de/reports/2007/techreportleneke2007.pdf 5. Leneke, B.: Aufgaben variieren Mathematik erfinden und erleben In: MATHEMAGISCHE MOMENTE, Cornelsen Verlag, Berlin, 2009 B. Leneke Wien Istron 2009 31