Wirtschaftsstandort Zürich Struktur und Perspektiven

Ähnliche Dokumente
Referat anlässlich der Stiftungsratssitzung des Wirtschaftsforums Graubünden vom 15. April 2002

Welche Bildung braucht der Arbeitsmarkt?

Rohstoff. Steuerausschöpfungsindex Datum: 4. Dezember Der Index in Kürze

Leicht abweichende kantonale Wachstumsentwicklungen bis auf eine Ausnahme

Wirtschaftskrise Die Chance für Graubünden

Der Kanton Thurgau Struktur und Perspektiven

Steuerstatistik 2015 AUF EINEN BLICK. Juli Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra

Nationaler Austausch Statistik 2017

Steuerstatistik 2017 AUF EINEN BLICK. Juli Eidgenössisches Finanzdepartement EFD Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV

Steuerstatistik Ausgewählte Diagramme und Karten

Medienmitteilung. 13 Soziale Sicherheit Nr Seit 2013 unveränderte Sozialhilfequote

Spitallandschaft Schweiz

Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone der Schweiz Die Zahl der Personen im Rentenalter nimmt stark zu

Wirtschaftskraft der Agglomeration Bern

Herausforderungen im Immobilienmarkt der Agglomeration Basel. Vorstadtgespräch, Ludwig + Partner AG 22. September 2017

Die Steuerprogression in der Schweiz

Rohstoff. Steuerausschöpfungsindex Datum 6. Dezember Konzept und Aussagekraft 1

Steuerliche Aspekte von Kapitalanlage- Liegenschaften für juristische Personen in der Schweiz

Wohneigentum in Zahlen. Ausgabe 2011

Die Schweizerische Sozialhilfestatistik im Kanton Glarus. Im Kanton Glarus sind ältere Personen zunehmend auf Sozialhilfe angewiesen

Swiss Issues Regionen Die Kantone Thurgau und Schaffhausen Struktur und Perspektiven

Wirtschaft, nationaler Finanzausgleich und öffentliche Finanzen in den Ostschweizer Kantonen

November 2009 Der Finanzplatz Schweiz und seine Bedeutung

NAB Regionalstudie Aargau 2012

Rohstoff. Steuerausschöpfungsindex Datum: 1. Dezember Konzept und Aussagekraft

Weniger Aufwandbesteuerte aber höhere Erträge in den Kantonen

Überlegungen zum neu gestalteten Finanzausgleich. Marius Brülhart Ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre, Universität Lausanne

Zahlungsmoral in der Schweiz (1. Halbjahr 2018)

Sozialhilfestatistik 2014

Ist der Immobilienmarkt AR noch wettbewerbsfähig?

Erhöhung der Kinder- und/oder Ausbildungszulagen in folgenden Kantonen: Freiburg Basel-Stadt Graubünden Waadt Neuenburg Jura

HERZLICH WILLKOMMEN. Studienreise ZBV

Der Pikettdienst in den Wasserversorgungen

Die Fakten zum demografischen Wandel

Nachhaltigkeit der Finanzpolitik 2014

Der AM Suisse und seine Branchen in Zahlen. Metallbau Landtechnik Hufschmiede

Bevölkerung nach höchstem beruflichen Bildungsabschluss und Migrationshintergrund 2012 in % nach Altersgruppen (20-30 Jahre und Jahre)

Regionalwirtschaftliche Kennzahlen

Öffentliche Statistik Gebäude- und Wohnungsstatistik (Erhebung GWS) Jahr 2014 Zusammenfassung. KASF - Mai 2016

Steuerstatistische Grundlagen der Unternehmensbesteuerung

Wanderungsanalyse Ausgabe 2018

Künftige Standortstrategie Zug

Swiss Issues Regionen Das Knonaueramt auf einen Blick

Qualitatives Wachstum und seine politische Umsetzung. Heinz Tännler, Baudirektor

Quellensteuertabellen aus Internet einlesen 1

bonus.ch zum Thema Krankenkassenprämien 2016: mit einer durchschnittlichen Erhöhung von 6.5% bestätigt sich der Trend

Steuerertragsentwicklung im Kanton Luzern und in den Luzerner Gemeinden

Zusammenfassung: 2. Panel-Befragung zur KMU- Finanzierung in der Schweiz

Industriekanton Aargau bewährte Rezepte und Zukunftstrends

NAB Regionalstudie Aargau 2004

Interkantonale Steuerbefreiung und Abzugsmöglichkeiten bei Spenden an die TIR. der Steuerbefreiung im Kanton Bern finden Sie hier.

KONKURSE UND GRÜNDUNGEN

01 Bevölkerung. Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone Neuchâtel 2016

01 Bevölkerung. Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone Neuchâtel 2016

Inputreferat zum Workshop

Umfassende Untersuchung zur wirtschaftlichen Situation von IV-Rentnern

Steuerreform und AHV- Finanzierung: Worum geht es?

Freiburger Statistik aktuell

Regierungsrat Andreas Rickenbacher, Volkswirtschaftsdirektor

STATISTIKEN ZUR SOZIALEN SICHERHEIT

Steuern im Kanton Zürich: Wie weiter? Regierungsrat Ernst Stocker, Finanzdirektor Herbstanlass Flughafenregion, Fisibach AG, 18.

Wirtschaftspolitik statt Clusterpolitik

Politische Arbeitsgruppe der Kantone «Finanzausgleich» Anhang zum Schlussbericht

Swiss Issues Regionen Der Standort Uster auf einen Blick

Test Fitness bei der Rekrutierung (TFR)

Vollkostenrechnung der kantonalen Berufsbildung 2009

Ein Drittel der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund

Aktuelle Entwicklungstendenzen im Wirtschaftsraum Zürich Mit Fokus auf Winterthur. Thomas Rühl, Credit Suisse Economic Research

Mit Spenden Steuern sparen

Einkommensschere: Individualisierte Lohnpolitik und Steuerpolitik im Dienst der Oberschicht

Die Löhne der kantonalen Verwaltungen und ihrer Lehrkräfte

Modell zur Berechnung des verfügbaren Einkommens

Kontaktliste der Ärztenetze mit einer vertraglichen Zusammenarbeit mit der Helsana-Gruppe

Direktinvestitionen der international tätigen Unternehmen als Schlüsselfaktor für Wachstum und Wohlstand in der Schweiz

Graubünden im Thesen zu Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung. Peder Plaz, Geschäftsführer

Unter Spardruck: Kantonale Prämienverbilligungen

Einkommen unter Bundesdurchschnitt

Vorarlberg - Bevölkerungsstand Dezember 2015

WIRTSCHAFTSRAUM BERN Analysen, Hintergründe, Aussichten

Über geschützte Baudenkmäler in der Schweiz

BIO SUISSE 2013/14 ABBILDUNGEN A BETRIEBSZÄHLUNG NACH ANZAHL BETRIEBEN UND FLÄCHE IM JAHR 2013

Test Fitness bei der Rekrutierung (TFR)

Vollkostenrechnung der kantonalen Berufsbildung 2014

Perspektiven 2015 für die Wirtschaft der Zentralschweiz. Martin Eichler Chefökonom

REGIERUNGSRAT. Aarau, Juni 2014 HINTERGRUNDINFORMATION. Schlanke und effiziente Verwaltung im Kanton Aargau. 1. Zusammenfassung

Stationierungskonzept Weiterentwicklung der Armee

2014 wurden 42'478 neue Unternehmen gegründet

BIO SUISSE 2010/11 ABBILDUNGEN A ÜBERBLICK ÜBER DIE ANZAHL BETRIEBE UND FLÄCHE

Reale und nominale Lohnentwicklung

Strukturelle Unterscheide der Migration

Volkswirtschaftliche Bedeutung des Spitalwesens in der Schweiz

Vollkostenrechnung der kantonalen Berufsbildung 2013

Vorarlberg - Bevölkerungsstand März 2012

BIO SUISSE 2011/12 ABBILDUNGEN A BETRIEBSZÄHLUNG NACH ANZAHL BETRIEBEN UND FLÄCHE IM JAHR 2011

Gesetz über die Strassenverkehrsabgaben. Gesetz über die Strassenverkehrsabgaben

Fortschreibung der Berechnung zur Regional- und gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Hamburger Hafens für das Jahr 2012

Drei Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung beanspruchen Leistungen von Spitex-Organisationen

Individuelle Prämienverbilligung 2013 im Wallis

Stagnation des Stipendienbetrags, weniger Ausgaben für Darlehen

Transkript:

Economic & Policy Consulting Wirtschaftsstandort Zürich Struktur und Perspektiven Juni 2004

Inhalt Einleitung 2 1 Der Wirtschaftsstandort Zürich im schweizerischen Vergleich 3 2 Konjunktur 6 3 Standortqualität 9 4 Mobilität 14 5 Bevölkerungsstruktur und -entwicklung 18 6 Branchenstruktur und Wertschöpfung 25 7 Immobilienmarkt 37 Schlussbetrachtungen 43 IMPRESSUM Herausgeber CREDIT SUISSE, Economic & Policy Consulting Postfach 100, 8070 Zürich Autoren Dr. Sara Carnazzi Weber (01 333 58 82), Sylvie Golay (01 333 72 65) Mitwirkung Redaktionsschluss 7. Juni 2004 Titelbild Disclaimer Ulrich Braun (01 333 89 17), André Pantzer (01 333 72 68), Thomas Veraguth (01 333 95 83) swisspanoramas.ch / Web-Connection GmbH Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Die darin vertretenen Ansichten sind diejenigen des Economic & Policy Consulting der CREDIT SUISSE zum Zeitpunkt der Drucklegung (Änderungen bleiben vorbehalten). Copyright Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden. Copyright 2004, CREDIT SUISSE. 1

Einleitung Die Schweizer Wirtschaft hat zum Wachstum zurückgefunden. Die Erholung der Weltwirtschaft, getragen durch eine deutliche Expansion in den Vereinigten Staaten und Teilen Asiens, hat auch in der Schweiz zu einer Aufhellung des Konjunkturhimmels geführt. Der aktuelle Wirtschaftsaufschwung macht sich auch auf regionaler Ebene bemerkbar. Ob die wirtschaftliche Entwicklung einer Region nun stärker oder weniger stark von einer Konjunkturerholung profitiert, hängt von deren Rahmenbedingungen und Strukturen ab. Eine gute Standortqualität, eine dynamische Bevölkerungsentwicklung, welche die Einkommensbasis stärkt, sowie eine wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur mit wertschöpfungsintensiven und wachstumsträchtigen Branchen bedeuten für eine Region günstige Voraussetzungen, um erfolgreich eine Periode wirtschaftlicher Stagnation zu meistern und von einer Wachstumsphase zu profitieren. Die vorliegende Studie untersucht die Faktoren, welche den Wirtschaftsstandort Zürich prägen, und dessen zukünftige Entwicklung. Dabei werden der Kanton Zürich sowie die umliegenden Gebiete aus den Kantonen Aargau, Schaffhausen, Thurgau, Zug, Schwyz und St. Gallen analysiert, welche heute den grössten Metropolitanraum der Schweiz bilden. Nach einleitenden Betrachtungen über die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Zürich im schweizerischen Vergleich widmet sich die Studie im zweiten Kapitel der nationalen und regionalen Konjunkturlage. Nach einer Diskussion der Standortqualität werden im vierten Kapitel Pendler- und Migrationsbewegungen untersucht. Gegenstand des fünften Kapitels bildet eine Analyse der Bevölkerungsstruktur, ihrer Entwicklung und ihres Einflusses auf das Wachstum des Haushaltseinkommens. Eine Untersuchung der Branchenstruktur, der regionalen Spezialisierung und der Beschäftigungsentwicklung gibt im sechsten Kapitel weitere Anhaltspunkte für eine Beurteilung des Wachstumspotentials der Wertschöpfung. Im siebten Kapitel wird der Immobilienmarkt analysiert. Den Abschluss der Studie bildet eine Beurteilung der Chancen und Risiken des Wirtschaftsstandortes Zürich: Wird die Position dieses Standortes als Motor der Schweiz verstärkt oder durch seine Konkurrenten geschwächt? Werden die Wachstumsimpulse von der Stadt, vom Kanton oder von den umliegenden Regionen der Metropole Zürich ausgelöst oder, anders gesagt, wo liegt das Wachstumspotential des Metropolitanraumes Zürich? Wir werden im folgenden versuchen, einige Antworten auf diese Fragen zu geben. 2

1 Der Wirtschaftsstandort Zürich im schweizerischen Vergleich Zürich als Wirtschaftsmotor der Schweiz Ein kantonsübergreifender Metropolitanraum Metropolitanräume im Vergleich Unterschiede in der Wirtschaftskraft Mit einer Fläche von 1 728 Quadratkilometern ist Zürich lediglich der siebtgrösste Kanton der Schweiz, mit rund 1.25 Mio. Einwohnern jedoch der bevölkerungsreichste. Auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Gewichts liegt dieser Kanton an der Spitze. Mit einem Anteil von 17% an der Bevölkerung, von 20% an der Beschäftigung und von rund 22% an der Wertschöpfung der Schweiz ist Zürich unbestritten der Wirtschaftsmotor im Land. Der Einfluss und die Wahrnehmung des Wirtschaftsstandorts Zürich beschränken sich aber schon lange nicht mehr auf die Kernstadt oder den Kanton selbst. Im Zuge der zunehmenden Mobilität hat sich die wirtschaftliche Basis des Standorts über das traditionelle Zentrum und die kantonalen Grenzen hinaus auf ein Netzwerk von Regionen erweitert, die sich über einen sogenannten Metropolitanraum oder sogar über einen noch breiter gefassten Wirtschaftsraum erstrecken. Zum Metropolitanraum Zürich zählen heute neben der Agglomeration Zürich selbst auch diejenigen von Winterthur, Baden/Brugg, Lenzburg, Wohlen, Rapperswil/Jona/Rüti, Wetzikon/Pfäffikon, Lachen, Zug, Schaffhausen, Frauenfeld sowie die Einzelstadt Einsiedeln. Dieser Raum umfasst damit auch Gebiete aus den Nachbarkantonen Aargau, Schaffhausen, Thurgau, Zug, Schwyz und St. Gallen. In Abbildung 1 wird die Ausdehnung dieses Metropolitanraumes auf der Ebene von sogenannten Wirtschaftsregionen veranschaulicht. Letztere haben wir in Anlehnung an die MS- Regionen (Mobilité Spatiale) des Bundesamts für Statistik (BFS) definiert, mit dem Zweck, miteinander vergleichbare Regionen zu bilden und gleichzeitig den wirtschaftlichen Phänomenen, der räumlichen Struktur und den beobachteten Mobilitätsmustern möglichst gut zu entsprechen. Um die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts Zürich zu erfassen, haben wir den Metropolitanraum Zürich anderen vergleichbaren Metropolitanräumen der Schweiz gegenübergestellt. Es sind dies Basel 1, Bern 2, Genf/Lausanne 3 und das Tessin 4. Tabelle 1 fasst die wichtigsten Indikatoren dieser Metropolitanräume zusammen. Die Werte in der Tabelle lassen allerdings die Beiträge der ausländischen Gemeinden unberücksichtigt, was sich insbesondere auf die grenzüberschreitenden Metropolitanräume Basel, Genf/Lausanne und Tessin auswirkt. Mit einem Anteil von 20% an der Bevölkerung und mehr als 30% an der Wertschöpfung der Schweiz nimmt der Metropolitanraum Zürich unbestritten eine herausragende Stellung ein. Mit der Generierung von rund 15% der Schweizer Wertschöpfung liegt der Metropolitanraum Genf/Lausanne an zweiter Position. Dank seiner Grösse steht der Metropolitanraum Bern in Bezug auf die gesamte Wertschöpfung an dritter, der Metropolitanraum Basel an vierter Stelle. Das Tessin ist mit weniger als 5% der Schweizer Wertschöpfung der Metropolitanraum mit dem geringsten Gewicht. Hinsichtlich der Anzahl Beschäftigten ist die gleiche Reihenfolge zu beobachten. Im Gegensatz dazu besitzt der Metropolitanraum Genf/Lausanne die höchste Wertschöpfung pro Beschäftigten. Mit einem Wert von 133 353 CHF stellt das am Genfersee gelegene Gebiet die wertschöpfungsintensivste Region der Schweiz dar, gefolgt von Zürich und Basel. Welche Faktoren beeinflussen die Unterschiede in der Wirtschaftskraft der Schweizer Metropolitanräume? Einerseits spielt die Abgrenzung der Region eine wichtige Rolle und andererseits deren Branchenstruktur. Wird eine Region grossräumig abgegrenzt, verändert sich das Gewicht des Umlandes im Vergleich zum Zentrum und dadurch das Ergebnis der Region. Dieser Flächeneffekt tritt bei der Konzentration von Firmen und Beschäftigten besonders deutlich hervor. Hinsichtlich der Wertschöpfung kann dies wie folgt zusammengefasst werden: je grösser die Entfernung vom Zentrum, desto geringer in der Regel die 1 Agglomeration Basel inkl. Nachbargebiete im Elsass und in Südbaden. 2 Agglomerationen Bern, Thun, Burgdorf, Fribourg, Biel und die Einzelstadt Lyss. 3 Agglomerationen Genève, Lausanne, Vevey/Montreux, Yverdon-les-Bains und Thonon/Evian in Hochsavoyen. 4 Agglomerationen Lugano, Locarno, Bellinzona und Chiasso/Mendrisio/Como. 3

Wertschöpfung pro Beschäftigten, weil die wertschöpfungsintensiven Branchen wie zum Beispiel die Unternehmensdienstleistungen oder das Kreditgewerbe sich auf Zentren konzentrieren und im Gegensatz dazu sich die Industrie wegen höheren Flächenbedarfs und anderer Zielgruppen am Rand der Stadt etabliert. Der breit gefasste Metropolitanraum Zürich umfasst im Unterschied etwa zur Region Genf/Lausanne auch Gebiete mit einer weniger wertschöpfungsstarken Wirtschaftsstruktur. Der Effekt der Branchenspezialisierung lässt sich am Beispiel von Bern verdeutlichen. Dass Bern kein Wirtschaftszentrum von internationaler Bedeutung ist und die Branchenstruktur stark durch den öffentlichen Sektor geprägt ist, drückt sich in einer unterdurchschnittlichen Wertschöpfung pro Beschäftigten aus. Abbildung 1: Metropolitanraum Zürich Wirtschaftsregionen im Überblick Ausländische Gebiete unberücksichtigt Sfh Aar BgZ Bad Mut Fmt Frt Lmt Kno Unl LoE Glt Zh Pfs Zmb Brg Wnl WtS Esd WtL ObO ObW MaH Thu Lth Kanton Zürich Kanton Aargau Kanton Schwyz Furttal = Frt Aarau = Aar Einsiedeln = Esd Glattal = Glt Baden = Bad March/Höfe = MaH Knonaueramt = Kno Brugg/Zurzach = BgZ Limmattal = Lmt Freiamt = Fmt Kanton Thurgau Oberland-Ost = ObO Mutschellen = Mut Oberland-West = ObW Thurtal = Thu Pfannenstiel = Pfs Kanton Schaffhausen Unterland = Unl Kanton Zug Weinland = Wnl Schaffhausen = Sfh Winterthur-Land = WtL Berggemeinden = Brg Winterthur-Stadt = WtS Kanton St. Gallen Lorzenebene/Ennetsee = LoE Zimmerberg = Zmb Zürich-Stadt = Zh Linthgebiet = Lth Quelle: CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting; GEOSTAT 4

Tabelle 1: Schweizer Metropolitanräume im Vergleich Metropolitanraum Wohnbevölkerung Anteil an Wertschöpfung pro Anzahl Wachstum Konzentrations- Schweizer Beschäftigten 1) Beschäftigte 1) Beschäftigung 1) Index 2) Schweiz Ausland Wertschöpfung 2002 2000 2000 2000 2001 1998-2001 2001 Zürich 1'668'234 10'055 32.4% 131'744 981'750 7.8% 2822 Genf/Lausanne 891'088 165'623 15.4% 133'353 472'644 7.7% 2691 Bern 652'161-12.7% 121'384 385'500 5.4% 489 Basel 482'584 212'298 8.5% 131'289 287'560 4.0% 3445 Tessin 270'339 217'141 4.7% 130'028 145'493 5.4% 1155 Schweiz 7'317'873 605'117 100.0% 123'912 3'141'778 5.7% 100 Die Wertschöpfung der Metropolitanräume wird nicht auf Gemeindeebene berechnet, sondern auf Ebene der entsprechenden Wirtschaftsregionen 1) Vollzeitäquivalent 2) Anzahl Arbeitsstätte und Beschäftigte pro Hektar Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS); CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting Zürich und Genf stärker konjunkturabhängig Betrachtet man die Entwicklung der Beschäftigung zwischen 1998 und 2001, so ist diese in Zürich und Genf/Lausanne besser ausgefallen als in Basel. Nach unseren kantonalen Schätzungen der Beschäftigung am aktuellen Rand erlebten diese Metropolitanräume in den letzten zwei Jahren hingegen einen stärkeren Beschäftigungsrückgang, während sich Basel durch einen stabilen Verlauf auszeichnete. Zürich und Genf/Lausanne konnten in der Aufschwungsphase dank ihrer Branchenspezialisierung von wachstumsträchtigen, aber zum Teil volatilen Dienstleistungsbranchen profitieren, wurden aber in der Abschwungsperiode stärker getroffen, wie dies beim Platzen der Blase der New Economy beobachtet wurde. Dank der stabileren Entwicklung in der Pharmabranche konnte sich der Metropolitanraum Basel hingegen dieser Volatilität entziehen. 5

2 Konjunktur 2.1 Das nationale und internationale Konjunkturumfeld Positives internationales Konjunkturumfeld Aufhellung der Konjunktur in der Schweiz Konsolidierung im Jahresverlauf Nach zwei Jahren der Wachstumsschwäche hat die internationale Konjunktur deutlich an Fahrt gewonnen. Die Erholung der Weltwirtschaft wird von der deutlichen Expansion der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten in den Vereinigten Staaten und in Teilen Asiens getragen. Die Konjunkturbelebung in Europa hat hingegen später eingesetzt und verläuft nach wie vor mit niederen Drehzahlen. Der Aufschwung ist stark auf eine Belebung des Welthandels zurückzuführen und hat in erster Linie die Exportaktivitäten beflügelt. Auch die Investitionstätigkeit ist wieder erwacht, und es macht sich Nachholbedarf bei den Ersatzinvestitionen bemerkbar, die durch das niedrige Zinsniveau begünstigt werden. Die beschriebenen Impulse haben auch in der Schweiz zu einer ersten Aufhellung des Konjunkturhimmels geführt. Die Endnachfrage, die sich aus Konsumausgaben und Bruttoanlageinvestitionen zusammensetzt, verzeichnet inzwischen erste Fortschritte, getragen in erster Linie von einem hohen Zuwachs bei den Ausrüstungsinvestitionen und von einem erstaunlich robusten privaten Konsum. Konjunkturelles Zugpferd stellt aber vor allem die Exporttätigkeit dar, welche weiten Teilen der Industrie zugute kommt und sich in einer deutlichen Verbesserung des Geschäftsganges widerspiegelt. Die Zeichen stehen derzeit gut, dass sich die Schweizer Wirtschaft weiterhin robust entwickeln wird. Dafür spricht insbesondere das ungebrochene Wachstum der Weltwirtschaft, wovon die exportorientierte Schweiz stark profitiert. Gegen Jahresende erwarten wir eine leichte Konsolidierungsphase; das Wachstum dürfte dann aber nur geringfügig an Dynamik einbüssen. Ob dies nur vorübergehend sein wird, hängt von der Nachhaltigkeit des Aufschwungs ab. Denn in den Vereinigten Staaten dürften die Impulse von Seiten der Finanz- und Geldpolitik im Jahresverlauf abnehmen und somit für eine Verflachung des Wachstumstrends sorgen. Dadurch wird für die Weltwirtschaft die dominierende Zugkraft wegfallen, und die Erholung der Eurozone ist vorderhand noch zu schwach, um die sich abzeichnende Lücke der Vereinigten Staaten vollends schliessen zu können. Geopolitische Unwägbarkeiten, ein Wiedererwachen der Inflation, welche ein Ende der Tiefzinsphase einläuten dürfte, sowie das anhaltende Ungleichgewicht in der Leistungsbilanz der Vereinigten Staaten sind zusätzliche Faktoren, die den globalen Konjunkturverlauf negativ beeinträchtigen könnten. 2.2 Regionale Konjunkturentwicklung Ein Barometer zur Abbildung der regionalen Konjunktur Da keine aktuellen offiziellen Daten über das kantonale Bruttoinlandprodukt vorliegen, muss die Beurteilung der regionalen Konjunktur auf indirektem Weg erfolgen. Dazu haben wir für die Schweizer Kantone ein vierteljährliches Konjunkturbarometer entwickelt. Es handelt sich dabei um einen synthetischen Indikator, der auf folgenden Grössen beruht: gemeldete offene Stellen, Neuzulassungen von Fahrzeugen, Importe, Exporte, Logiernächte sowie Baubewilligungen und Baugesuche im Hochbau. Dieses Konjunkturbarometer widerspiegelt recht gut Tendenz und Wendepunkte der wirtschaftlichen Aktivität. Es ermöglicht jedoch nicht, Schlüsse über das Niveau der Wirtschaftstätigkeit zu ziehen oder genaue Prognosen zu erstellen. Demnach signalisiert eine Zunahme des Indikators eine Wachstumsbeschleunigung der Wirtschaft und eine Abnahme eine Wachstumsverlangsamung, aber nicht zwangsläufig eine Rezession. Den aktuellen Rand des Konjunkturbarometers bildet das erste Quartal 2004. Da dieses 6

Barometer einen Vorlauf von einem Quartal besitzt, sind Prognosen bis zum zweiten Quartal 2004 möglich und somit eine aktuelle Beurteilung der konjunkturellen Situation in einer Region. In Abbildung 2 ist die Entwicklung des Konjunkturbarometers für den Kanton Zürich dargestellt. In den beiden vergangenen Jahren erlebte dieser Kanton ausgeprägtere Phasen der Wachstumsbeschleunigung und -verlangsamung als im schweizerischen Mittel. Insbesondere im Jahr 2002 verzeichnete die Zürcher Wirtschaft einen kräftigeren Wachstumsschub, der aber wie auf nationaler Ebene kein Vorbote einer nachhaltigen Konjunkturerholung war und sich bereits Anfang 2003 abrupt erschöpfte. Seit Mitte 2003 beobachtet man nun wieder einen steigenden Verlauf des Konjunkturbarometers im Einklang mit der Entwicklung auf nationaler Ebene. Abbildung 2: Regionales Konjunkturbarometer Synthetischer Indikator 4 3 ZH CH 2 1 0-1 -2-3 -4-5 1996 I 1997 I 1998 I 1999 I 2000 I 2001 I 2002 I 2003 I 2004 I Quelle: CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting Breite Abstützung der Konjunkturerholung Starke Zunahme der Arbeitslosigkeit Die Entwicklung der einzelnen Datenreihen des Konjunkturbarometers, die in Tabelle 2 für den Kanton Zürich zusammengefasst sind, zeigt, auf welche Faktoren der Verlauf der wirtschaftlichen Tätigkeit konkret zurückzuführen ist. Die konjunkturelle Belebung im Kanton ist relativ breit abgestützt. Das Wachstum der Weltwirtschaft hat auch in Zürich zu einer Erholung im Aussenhandel geführt. Die Exportzahlen blieben zwar auch im ersten Quartal 2004 rückläufig, der Rückgang hat sich aber seit Mitte des vergangenen Jahres kontinuierlich abgeschwächt. Die Verbesserung bei den Importen deutet vor dem Hintergrund eines weiterhin verhaltenen Konsumklimas ebenfalls auf eine Belebung im Industriesektor hin. Die Bautätigkeit expandiert weiter; die Dynamik fällt allerdings etwas schwächer aus als im Schweizer Durchschnitt. Die schwache Konjunktur der beiden letzten Jahre hat im Kanton Zürich zu einer bedeutenden Verschlechterung des Arbeitsmarktes geführt. Die Arbeitslosigkeit hat im ersten Quartal 2004 ein Niveau von 5.0% erreicht. Nach den Kantonen Genf, Waadt und Jura weist Zürich zurzeit die höchste Arbeitslosenquote in der Schweiz auf. Diese Entwicklung kann einerseits auf eine überdurchschnittliche Vertretung an Branchen zurückgeführt werden, die zwar in den vergangenen Jahren sehr stark gewachsen sind, sich jedoch auch als etwas schnelllebig und volatil erwiesen haben, wie die IT-Branche. Der beobachtete Personalabbau widerspiegelt aber auch eine gewisse Strukturbereinigung, welche die während der Boomzeit der New Economy aufgebauten 7

Überkapazitäten im Finanz-, Versicherungs- und Beratungsbereich korrigiert hat. Nicht zuletzt profitiert der Kanton Zürich in geringerem Ausmass von der ausgleichenden Wirkung konjunkturstabilisierender Branchen aus dem öffentlichen Sektor, da diese im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt untervertreten sind. Tabelle 2: Konjunkturindikatoren für den Kanton Zürich Wachstumsrate zur Vorjahresperiode in Prozent, geglättete Werte, reale Grössen; Arbeitslosenquote in Prozent Offene Stellen Exporte von Waren Importe von Waren Baubewilligungen Hochbau ZH Schweiz ZH Schweiz ZH Schweiz ZH Schweiz 2003 I -33.4% -23.4% 3.9% 1.1% -4.7% 0.6% 2.6% 5.4% 2003 II -24.6% -20.3% 0.9% -0.3% -5.7% -1.6% 8.6% 10.4% 2003 III -15.3% -16.7% -2.8% -0.8% -7.0% -1.7% 12.5% 12.6% 2003 IV 8.9% -10.2% -9.0% -0.4% -7.3% -0.5% 12.7% 14.2% 2004 I 30.0% -1.3% -4.2% 2.2% -4.1% -0.1% 4.8% 11.3% Baugesuche Hochbau Logiernächte in der Hotellerie Neuzulassungen von Fahrzeugen Arbeitslosenquote 1) ZH Schweiz ZH Schweiz ZH Schweiz ZH Schweiz 2003 I 7.1% 6.9% -4.5% -4.1% -13.7% -14.3% 4.6% 3.9% 2003 II 10.1% 9.6% -5.4% -3.2% -13.8% -13.6% 4.6% 3.7% 2003 III 12.2% 11.5% -3.7% -2.0% -14.0% -12.6% 4.6% 3.6% 2003 IV 9.6% 12.5% -2.9% -2.3% -12.8% -12.2% 4.8% 4.0% 2004 I 9.2% 14.4% n.v. n.v. -1.8% -1.7% 5.0% 4.2% 1) Werte ab dem 2. Quartal 2003 beruhen auf der revidierten Arbeitslosenquote nach Umstellung auf die Volkszählung 2000 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS); Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco); Schweizer Baublatt; Eidgenössische Zollverwaltung Positive Aussichten für das laufende Jahr Für das laufende Jahr erwarten wir im Kanton Zürich analog zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eine weitere Erholung der wirtschaftlichen Tätigkeit. Auch auf dem Arbeitsmarkt ist die Trendwende absehbar, worauf bereits die verbesserte Entwicklung der Anzahl offener Stellen im ersten Quartal 2004 hindeutet. 8

3 Standortqualität Länder, Regionen oder gar Kommunen konkurrieren in einem stärker werdenden Standortwettbewerb um Einkommenssteuern und Konsumausgaben der privaten Haushalte sowie um Investoren, Arbeitsplätze und entsprechendes Steueraufkommen. Die Pflege der Standortfaktoren gewinnt aufgrund der zunehmenden Mobilität der Produktionsfaktoren und der dadurch gestiegenen Konkurrenz zwischen den Regionen an Bedeutung. 3.1 Standortqualität der Schweizer Kantone Fünf Faktoren zur Beurteilung der Standortqualität Zürich hinter Zug an zweiter Stelle Um die Standortqualität der verschiedenen Kantone und Regionen zu messen und miteinander vergleichen zu können, haben wir einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Dieser beruht auf fünf harten Standortfaktoren: der Steuerbelastung sowohl von natürlichen als auch juristischen Personen, dem Ausbildungsstand der Bevölkerung, der Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften sowie der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Qualitative Standortfaktoren gewinnen zwar auch an Bedeutung, sind aber nicht oder nur schwer zu quantifizieren und unterliegen zumeist einem Werturteil, was deren Vergleichbarkeit erschwert. Anhand von statistischen Tests konnten wir darüber hinaus nachweisen, dass die berücksichtigten Faktoren einen entscheidenden Einfluss auf die langfristige wirtschaftliche Entwicklung von Regionen haben. Für die Steuerbelastung der natürlichen Personen werden sowohl das Niveau wie auch die Progression der Einkommens- und Vermögenssteuern berücksichtigt. Die Steuerbelastung von juristischen Personen beruht auf einer Auswertung der Reingewinn- und Kapitalsteuern. Der Ausbildungsstand der Bevölkerung wird durch den Anteil der Personen an der Bevölkerung im Alter zwischen 19 und 69 Jahren gemessen, welche mindestens eine abgeschlossene Berufslehre aufweisen. Für die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften wird der Anteil der Bevölkerung zwischen 25 und 69 Jahren berücksichtigt, die über eine Ausbildung auf Tertiärstufe verfügt. Die verkehrstechnische Erreichbarkeit wird für den motorisierten Individualverkehr und für den öffentlichen Verkehr berechnet. Die daraus resultierende Bewertung kann als Summe der Vorteile verstanden werden, die sich aus der Nähe zu Ballungsräumen ergeben. Beim SQI handelt es sich um einen relativen Index, bei dem der Wert für die ganze Schweiz bei Null liegt. Positive Werte weisen auf eine höhere, negative Werte auf eine tiefere Standortqualität im Vergleich zum gesamtschweizerischen Durchschnitt hin. Abbildung 3 veranschaulicht den SQI der 26 Schweizer Kantone. Mit einem Wert von 1,8 nimmt der Kanton Zürich nach Zug den zweiten Platz in der Rangliste ein. Dieser Kanton weist sein bestes Ergebnis im Teilindikator der verkehrstechnischen Erreichbarkeit auf, wo er im schweizerischen Vergleich den ersten Rang einnimmt. Eine gute Note bekommt Zürich auch für die Standortfaktoren Ausbildungsstand der Bevölkerung, Verfügbarkeit von Hochqualifizierten und Steuerbelastung der natürlichen Personen. Hinsichtlich Ausbildungsstand der Bevölkerung positioniert sich Zürich direkt nach dem Spitzenkandidaten Zug, bei der Verfügbarkeit von Hochqualifizierten hinter Genf, Zug und Basel-Stadt an vierter Stelle. Die gleiche Rangierung ergibt sich für Zürich hinsichtlich Steuerbelastung der natürlichen Personen, nach den steuergünstigsten Kantonen Zug, Schwyz und Nidwalden. Sein schlechtestes Resultat erzielt Zürich bei der Steuerbelastung der juristischen Personen, welche jedoch immer noch im Schweizer Durchschnitt liegt. 9

Abbildung 3: Standortqualitätsindikator für die Schweizer Kantone 2004 Synthetischer Indikator, CH = 0 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5 0.0-0.5-1.0-1.5 ZG ZH NW GE SZ AG BS AR BL AI TG SH OW VD SO BE LU SG TI GL FR GR NE VS UR JU Quelle: CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting Standortqualität weiter pflegen Zürich schneidet insgesamt deutlich besser ab als die anderen Schweizer Grosszentren Genf und Basel, welche vor allem aufgrund ihrer ungünstigen Steuerpolitik die Spitze verfehlen. Unter den Nachbarkantonen erreichen neben Zug einzig Schwyz und Aargau eine überdurchschnittliche Standortqualität. Bereits weit distanziert folgen die Kantone Thurgau, Schaffhausen und St. Gallen, welche sich im Schweizer Mittel positionieren. Auch wenn Zürich einen komfortablen Vorsprung gegenüber seinen Konkurrenten aufweist, sollte der Kanton die Pflege bzw. Verbesserung seiner Standortqualität nicht vernachlässigen, um mit dem zunehmenden Wettbewerb Schritt zu halten, sowohl innerhalb der Schweiz als auch international. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Erhaltung des finanziellen Spielraums für die zukünftige Standortpolitik. Auf den Standort Zürich kommen diesbezüglich einige Herausforderungen zu. Die steigende Verkehrsüberlastung erfordert Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, Unwägbarkeiten hinsichtlich der Schweizer Luftfahrt belasten den Flughafenstandort, das Wachstum der Agglomerationen verschärft die Problematik der Abgeltung von Zentrumslasten, und im Zuge des kürzlich beschlossenen Sanierungsprogramms für den kantonalen Haushalt war bereits von einer Steuererhöhung die Rede. 3.2 Standortqualität im Metropolitanraum Zürich Hohe Standortqualität im Metropolitanraum Grundsätzlich stellt die kantonale Ebene eine suboptimale Einheit dar, um die Standortqualität und deren Komponenten zu bemessen. Für kleinere Kantone mag diese Gliederung ein gutes Abbild geben; sie verliert aber für grössere Kantone an Aussagekraft, da durch die Aggregation von stärkeren und schwächeren Gebieten ein Informationsverlust auftritt. Die Gliederung nach Wirtschaftsregionen, welche unabhängig von hoheitsrechtlichen Grenzen bestimmt werden, veranschaulicht die funktionalen Unterschiede Wohnund Arbeitsort bzw. Zentrum/Peripherie im Metropolitanraum am besten. Abbildung 4 stellt die SQI-Werte für die betrachteten Wirtschaftsregionen dar. Der höchste Wert wird wiederum von einer Zuger Region dem Gebiet Lorzenebene/Ennetsee aufgewiesen. Knapp dahinter rangiert die Zürcher Region Pfannenstiel, welche lediglich bei der Steuerbelastung der juristischen Personen eine schlechtere Note als ihr Konkurrent bekommt. Es folgen das Glattal, das Limmattal und die Stadt Zürich, welche die beste verkehrstechnische Erreichbarkeit aufweisen, sowie die Regionen Zuger Berggemeinden und Zimmer- 10

berg. Einzig vier Regionen im Metropolitanraum weisen lediglich eine durchschnittliche Standortqualität auf. Es sind dies das Thurtal, das Linthgebiet sowie die Regionen Einsiedeln und Schaffhausen. Abbildung 4: Standortqualitätsindikator für den Metropolitanraum Zürich 2004 Synthetischer Indikator, CH = 0 SQI 2004 2.5-2.9 2.0 2.5 1.6-2.0 1.0-1.6 0.4-1.0-0.2-0.4 Quelle: CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting; GEOSTAT Unterschiede im Einsatz der Steuerpolitik Bekanntlich stellt die Steuerbelastung einen wichtigen Faktor bei einem unternehmerischen Standortentscheid dar. Infolge der zunehmenden Mobilität und der damit einhergehenden Trennung zwischen Arbeits- und Wohnort wird die steuerliche Attraktivität auch für natürliche Personen immer wichtiger, insbesondere im Fall mobiler, wohlhabender Individuen. Um diese Steuerzahler anzuziehen, ist nicht nur das Steuerniveau, sondern auch die Steuerprogression entscheidend. Abbildung 5 zeigt die Positionierung der betrachteten Wirtschaftsregionen im Bereich Steuerpolitik, welche erwartungsgemäss kantonale Muster verfolgt, die anhand von Ringen abgebildet werden. Im ersten Quadranten liegen die Steuern sowohl für die natürlichen als auch für die juristischen Personen über dem Landesdurchschnitt. Das Gegenteilige gilt für den dritten Quadranten, in welchem die steuergünstigsten Kantone anzutreffen sind. Im zweiten und vierten Quadranten finden sich diejenigen Regionen, welche mit einer mehr oder weniger asymmetrischen Belastung gezielte Steuerpolitik betreiben. Die zwei Zuger Wirtschaftsregionen sowie das Gebiet March/Höfe verfolgen eine aggressive Steuerpolitik sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen. Deutlich weniger ausgeprägt ist der Steuervorteil in der Region Einsiedeln, insbesondere für juristische Personen. Die Aargauer Regionen weisen bei der Personenbesteuerung einen ähnlichen Vorteil auf wie bei derjenigen der juristischen Personen und verfolgen damit eine ausgewogene Steuerpolitik. Trotz Disparitäten liegen alle Zürcher Regionen hinsichtlich der Steuerbelastung der natürlichen Personen unter dem Schweizer Mittel. Hingegen sind bei der Unternehmensbesteuerung lediglich drei Zürcher Regionen günstiger als der nationale Durchschnitt. Die Stadt Zürich, wo viele Unternehmen angesiedelt sind, weist zum Beispiel eine überdurchschnittliche Steuerbelastung der juristischen Personen auf, profitiert aber von anderen Vorteilen (z. B. gute Verkehrsverbindungen, Kundenpotential, Netzwerke), die eine Konzentration von Unternehmen auf ihrem Gebiet rechtfertigen bzw. unerlässlich machen. Schliesslich liegen die Thurgauer, St. Galler und Schaffhauser Regionen 11

bezüglich Steuerbelastung der natürlichen Personen um dem Schweizer Mittel, sind aber bei den Unternehmenssteuern weniger gut positioniert. Abbildung 5: Steuerbelastung für Unternehmen und Personen Index, CH = 0 2 IV I Index der Steuerbelastung für natürliche Personen 1 0-1 -2-3 -4-5 III March/Höfe Zuger Berggemeinden Lorzenebene/Ennetsee Aarau Freiamt Brugg/Zurzach Baden Mutschellen Einsiedeln Pfannenstiel Glattal Linthgebiet Schaffhausen Thurtal Zimmerberg Unterland Limmattal Winterthur-Stadt Furttal Zürich-Stadt Oberland-Ost Weinland Oberland-West Knonaueramt -5-4 -3-2 -1 0 1 2 3 Index der Steuerbelastung für juristische Personen II Aufgrund beieinander liegenden Bewertungen sind für die fünf Aargauer Regionen lediglich drei Punkte sichtbar Quelle: CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting Schlüsselfaktor Humankapital Hohes Qualifikationsniveau im Metropolitanraum Im Zuge des Wandels zu einer wissensbasierten Wirtschaft kommt dem Humankapital eine Schlüsselrolle zu. Für eine Dienstleistungsregion wie den Metropolitanraum Zürich ist dieser Standortfaktor von erheblicher Bedeutung. Eine Neuansiedlung in wertschöpfungsstarken Branchen kommt nämlich nur dann in Frage, wenn die Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften nicht zum Engpassfaktor wird. Für die Standortqualität ist aber nicht nur die Verfügbarkeit von Hochqualifizierten ausschlaggebend. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen sind auf eine Arbeitnehmerschaft mit breiten und guten Berufsqualifikationen angewiesen. Mit Berücksichtigung des allgemeinen Ausbildungsstandes der Bevölkerung wird auch dem Stellenwert des dualen Berufsausbildungssystems, das sich im internationalen Wettbewerb als ein nachhaltiger Standortvorteil erwiesen hat, Rechnung getragen. Abbildung 6 stellt die beiden Ausbildungsfaktoren für die Wirtschaftsregionen des Metropolitanraumes Zürich dem Schweizer Mittel gegenüber. Lediglich vier Regionen im Metropolitanraum Zürich weisen einen klar unterdurchschnittlichen Ausbildungsstand der Bevölkerung auf. Dies unterstreicht das hohe Qualifikationsniveau dieses Raumes, welcher stark von hochwertigen Dienstleistungsbranchen wo besonders hohe Qualifikationsanforderungen gestellt werden geprägt ist. An der Spitze der Ausbildungsrangliste steht die Region Pfannenstiel, die einen stark überdurchschnittlichen Anteil sowohl an Hochqualifizierten als auch an gut Qualifizierten besitzt. Ein gutes Bild weisen auch die Regionen Knonaueramt und Zimmerberg auf. Dies kann durch ihre Funktion als Wohnregion für gut qualifizierte Arbeitskräfte aus der Stadt Zürich erklärt werden. Insgesamt spielt die Steuerbelastung für die Sogwirkung auf Hochqualifizierte am Rand der Stadt eine wichtige Rolle. Ein besonderes Muster stellen hingegen die Städte Zürich und Winterthur dar, welche einerseits einen hohen Anteil an Hochqualifizierten und andererseits einen tiefen Ausbildungsstand der Gesamtbevölkerung aufweisen. In Zentren konzentrieren sich wertschöpfungsstarke Branchen des tertiären Sektors und damit hochausgebildete Arbeitskräfte, aber auch tiefere Einkommensschichten, zum Teil ausländischer Herkunft, die öfter nicht einmal über eine Berufslehre verfügen. Die Regionen im 12

dritten Quadranten zeigen schliesslich wegen ihrer zum Teil weiten Entfernung von grösseren Zentren bzw. ihrer noch stark industriellen Prägung ein unterdurchschnittliches Ausbildungsniveau der Bevölkerung sowie eine schwächere Vertretung von Hochqualifizierten. Abbildung 6: Ausbildungsstand und Verfügbarkeit von Hochqualifizierten Index, CH = 0 2.2 IV I 1.8 Pfannenstiel Verfügbarkeit von Hochqualifizierten 1.4 1.0 0.6 0.2-0.2-0.6 III Einsiedeln Winterthur-Stadt March/Höfe Aarau Linthgebiet Zürich-Stadt Lorzenebene/Ennetsee Knonaueramt Zuger Berggemeinden Baden Zimmerberg Glattal Mutschellen Limmattal Oberland-West Winterthur-Land Brugg/Zurzach Furttal Unterland Weinland Schaffhausen Thurtal Freiamt Oberland-Ost II -1.0-1.0-0.8-0.6-0.4-0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 Ausbildungsstand der Bevölkerung Quelle: CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting Ausgezeichnete Verkehrserschliessung Zunehmende Bedeutung der Regionen rund um die Stadt Der höchste Wert der verkehrstechnischen Erreichbarkeit ist nicht überraschend in der Stadt Zürich zu finden, gefolgt von den umliegenden Regionen. Die hohe Erreichbarkeit des gesamten Metropolitanraumes spiegelt sich auf regionaler Ebene in durchgehend überdurchschnittlichen Bewertungen wider. Einzige Ausnahmen bilden die Regionen Einsiedeln und Schaffhausen, welche sich im Schweizer Mittel positionieren. Insgesamt weniger stark von den Vorteilen des Ballungsraums Zürich profitieren auch die Zuger Berggemeinden, das Thurtal, das Linthgebiet, das östliche Zürcher Oberland sowie die Regionen Weinland und March/Höfe. Einen wichtigen Beitrag zum guten Ergebnis hinsichtlich Erreichbarkeit im Metropolitanraum leistet das gut ausgebaute S-Bahn-Netz, das in der Schweiz als Paradebeispiel für die Bewältigung von Pendlerströmen gilt. Die zunehmende Verkehrsüberlastung auf der Strasse könnte jedoch je länger, je mehr zu Engpässen führen. Es wird sich zeigen, ob die gegenwärtigen Infrastrukturverbesserungen bzw. -projekte etwa die Erweiterung des Baregg-Tunnels, die Westumfahrung der Stadt, die N4 durch das Knonaueramt oder die Umfahrungsautobahn im mittleren Glattal einen Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme leisten werden. Aus Sicht der Standortqualitätsfaktoren liegt das Wachstumspotential des Standorts Zürich nicht nur in der Stärke der Stadt, sondern zunehmend auch in ihren angrenzenden Gebieten. Dank den dynamischen Regionen aus den umliegenden Kantonen kann sich im schweizerischen Vergleich nicht nur der Kanton, sondern der gesamte Metropolitanraum sehr gut positionieren und damit ein höheres Potential erreichen als die Metropolitanräume Genf/Lausanne und Basel. 13

4 Mobilität 4.1 Pendlerbewegungen Ausdehnung der städtischen Gebiete Zürich als Beschäftigungsmagnet Heute leben in der Schweiz rund drei Viertel der Bevölkerung in städtischen Gebieten. Im vergangenen Jahrzehnt ist der Verstädterungsprozess weiter fortgeschritten und umfasst heute ungefähr 1000 Gemeinden mit über 5.4 Mio. Einwohnern oder 73% der Bevölkerung. Im Jahr 1990 waren es 68.8% und 1980 deren 61.6%. Dieser Prozess manifestiert sich in der Ausdehnung der Agglomerationen bzw. in der Bildung von Metropolitanräumen. Ein wichtiger Katalysator dieser Entwicklung ist die zunehmende Entflechtung von Wohn- und Arbeitsort. Während 1970 nur jeder dritte Erwerbstätige pendelte, war es 1990 bereits jeder zweite. Heute beträgt der Wegpendleranteil fast 60%. Im Zuge dieses Prozesses positionieren sich einige Gebiete zunehmend als Wohnregion, andere übernehmen die Funktion von regionalen oder überregionalen Arbeitsmärkten. Rund 95% der Bevölkerung im Kanton Zürich lebt heute im städtischen Gebiet. Rund um die Stadt Zürich beobachtet man seit Jahrzehnten eine Tendenz zur Ausbreitung in die Peripherie, welche durch pendlergerechte Verkehrsverbindungen, vor allem über das stark ausgebaute S-Bahn-Netz, gefördert wurde. Diese Entwicklung widerspiegelt neben gesamtschweizerischen Tendenzen die enorme Anziehungskraft des Wirtschaftszentrums Zürich bzw. dessen Agglomeration auf weite Kreise von Erwerbstätigen. Beinahe jeder zehnte Arbeitsplatz der Schweiz befindet sich in der Stadt Zürich, sogar jeder fünfte in der Agglomeration. Die Stadt Zürich empfängt täglich Pendler aus über der Hälfte der Schweizer Gemeinden, insgesamt deren 180 000. Abbildung 7: Einflussbereich der Stadt Zürich und Pendlerbilanz 2000 Wegpendlerüberschuss gegenüber Zürich-Stadt in % der Erwerbstätigen am Wohnort 2-8 8-14 14-20 20-26 26-32 Pendlersaldo in % der Erwerbstätigen am Wohnort 80 40 8-8 -40-80 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Volkszählung; GEOSTAT 14

Negative Pendlerbilanz in den meisten Regionen des Metropolitanraumes Hohes Qualifikationsniveau der Zupendler Eine Analyse der Pendlerbewegungen auf regionaler Ebene verdeutlicht die Rolle der Stadt Zürich als Beschäftigungsmagnet innerhalb des Metropolitanraumes. Abbildung 7 stellt anhand der Grösse und Farbe der Kreise den Pendlersaldo der verschiedenen Wirtschaftsregionen relativ zu deren Anzahl an Erwerbstätigen dar. Die Abstufung der Farbe liefert Informationen über den Einfluss des Wirtschaftszentrums Zürich, indem der Wegpendlerüberschuss gegenüber der Stadt aufgezeigt wird. Die Sogwirkung der Limmatstadt führt in den meisten Regionen zu einem insgesamt negativen Pendlersaldo. Allerdings können vereinzelt auch positive Werte erkannt werden. Das Glattal, das Gebiet Lorzenebene/Ennetsee als Kern des Zuger Wirtschaftslebens und die Stadt Winterthur sind die einzigen Regionen des Metropolitanraums, die neben der Stadt Zürich einen bedeutenden Arbeitsmarkt besitzen und daher keinen Nettoverlust an Arbeitskräften erleiden. Abbildung 8 fokussiert auf die Pendlerbewegungen der Stadt Zürich. Die meisten Zupendler kommen aus den Wohnregionen des Kantons Zürich oder aus den Nachbarkantonen Zug, Schwyz, Aargau, Thurgau und St. Gallen. Steuerliche Aspekte, Immobilienpreise und Verfügbarkeit von Wohnraum sind dabei die wesentlichen Faktoren, welche den Wohnorts- und damit den Pendelnsentscheid beeinflussen. Rund 80% der Wegpendler aus der Limmatstadt haben ihren Arbeitsplatz im Kanton Zürich, fast die Hälfte konzentriert sich auf die Regionen Glattal und Limmattal. Welche Art von Pendlern zieht nun die Stadt Zürich an? Untersucht man den Ausbildungsstand der Zupendler, geht deutlich hervor, dass der Arbeitsmarkt der Limmatstadt hauptsächlich Hochqualifizierte anzieht. Der Anteil der Zupendler mit einem Abschluss auf Tertiärstufe ist mit rund 40% überdurchschnittlich hoch, was auf die starke Vertretung von Branchen wie Finanz- und Unternehmensdienstleistungen zurückzuführen ist. Die beiden anderen wichtigen Arbeitsmärkte im Kanton Zürich, das Glattal und die Stadt Winterthur, weisen mit rund 30% einen geringeren Anteil hochqualifizierter Zupendler auf. Interessant ist auch zu sehen, dass der Ausbildungsstand der Zupendler im allgemeinen höher ist als derjenige der in den Arbeitsmarktregionen wohnhaften Erwerbstätigen. Dies deutet auf eine geringere Pendlerneigung der weniger gut ausgebildeten Arbeitskräfte hin bzw. auf eine stärkere Standortarbitrage der Hochqualifizierten bei der Wahl des Wohnortes. Abbildung 8: Pendlerbewegungen Zürich-Stadt 2000 Anteil am Total der Zu- und Wegpendler in Prozent (von links nach rechts) SG 3% AG 13% ZG TG SZ 2% 2% 3% Rest ZH 15% Übrige 7% Oberland West 6% Glattal 13% Unterland 6% Limmattal 9% Zimmerberg 12% Pfannenstiel 9% AG 6% LU 3% Rest ZH 7% Oberland West 4% Winterthur Stadt 4% ZG 3% Furttal 4% SG 2% BE BS 1% 1% Pfannenstiel 7% Übrige 5% Zimmerberg 8% Limmattal 12% Glattal 33% Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Volkszählung Hohe interregionale Pendlerverflechtung Wichtig für die Planung der Verkehrsverbindungen oder für die generelle Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Regionen ist die Erfassung der interregionalen Pendlerbewegungen. Beispielsweise verlieren die Regionen Pfannenstiel, Knonaueramt, Zimmerberg und Limmattal netto bis 30% ihrer Erwerbstätigen gegenüber der Stadt Zürich. Gegenüber dem Glattal büssen am meisten das Winterthurer Umland und das Unterland mit einem Nettopendlerverlust von 10% bzw. 16% ihrer Erwerbsbevölkerung ein. Der grösste Erwerbstätigenabfluss gegenüber dem Limmattal besitzt die Region Mutschellen (7%). Die Region Zimmerberg erzielt einen Pendlerüberschuss gegenüber den Schwyzer Regionen Einsiedeln und March/Höfe (je 6%) sowie gegenüber dem Zürcher Oberland (16%). 15

Schliesslich ist die Stadt Winterthur Nettoempfänger von Pendlern hauptsächlich aus den Regionen Winterthur-Land (16%) und Weinland (11%). 4.2 Migrationsbewegungen Mobilität drückt sich nicht nur in Pendlerströmen aus, sondern schlägt sich auch in einer höheren Bereitschaft zur Migration nieder. Ausmass und räumliche Verteilung der Wanderungsströme beeinflussen in entscheidendem Ausmass das regionale Wachstumspotential und können sowohl auf standortbezogene Faktoren der Herkunfts- und Zielregion als auch auf soziodemographische Eigenschaften der Zu- und Wegzüger zurückgeführt werden. Vor einer detaillierten Betrachtung dieser Faktoren veranschaulicht Abbildung 9 den Migrationssaldo der einzelnen Wirtschaftsregionen des Zürcher Metropolitanraumes. Da Wanderungsbewegungen stark volatil sind, werden zum Zweck einer mittelfristigen Analyse durchschnittliche Migrationssaldi seit 1990 betrachtet. Zuwanderung im Umfeld der grossen Zentren Beobachtbar ist die hohe Nettozuwanderung in Regionen, die am Rand eines Wirtschaftszentrums liegen, ein mildes Steuerklima und/oder einen attraktiven Immobilienmarkt besitzen und sich entsprechend als Wohnregion positionieren. Beispiele dafür sind die Regionen Pfannenstiel und Mutschellen vor der Stadt Zürich sowie die Regionen Weinland, Winterthur-Land und Oberland-Ost in der Peripherie der Städte Schaffhausen und Winterthur. Dank ihrer ausserordentlich günstigen Steuerbelastung ziehen die Zuger und Schwyzer Regionen viele neue Einwohner an. Dagegen weisen die Städte Zürich und Winterthur eine schwache Nettozuwanderung auf. Abbildung 9: Migrationssaldi im Metropolitanraum Zürich 1990 2002 Durchschnittlicher Saldo pro 1000 Einwohner Migrationssaldo 10.2-14.4 8.7-10.2 7.2-8.7 4.7-7.2 2.7-4.7 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS) Starke Zuwanderung aus dem Ausland Betrachtet man die Migrationsbewegungen auf Ebene der Wirtschaftsregionen, vermag die Stadt Zürich am meisten Einwohner aus dem Ausland anzuziehen. Lässt man Kinder unter 5 Jahren unberücksichtigt, machen die ausländischen Einwanderer praktisch die Hälfte der Zuwanderung aus. Der hohe Anteil an Kindern deutet seinerseits auf den Zuzug von jungen Familien hin, der in gewissem Ausmass aus der ausländischen Einwanderung stam- 16

men dürfte. Rund 25% der neuen Einwohner kommen aus anderen Regionen des Kantons Zürich. Diese sind ihrerseits Ziel für rund 70% der Wegzüger aus der Limmatstadt. Negativer Saldo gegenüber steuergünstigen Kantonen Bestimmungsfaktoren der Wanderungsströme Auf Kantonsebene verliert der Kanton Zürich Einwohner lediglich zugunsten der Kantone Schwyz, Zug und Nidwalden, die aus steuerlichen Gründen besonders attraktiv sind. Hingegen gewinnt Zürich besonders viele Zuwanderer aus den Nachbarkantonen Aargau, St. Gallen und Thurgau, die in Zürich ein urbaneres Leben, ein breiteres Stellenangebot und eine allgemein stärkere Dynamik finden können. Neben Ausmass und räumlicher Verteilung der Wanderungsströme sind deren Bestimmungsfaktoren von besonderem Interesse. Zusätzlich zu Aspekten der Standortqualität wie Steuerniveau, Verkehrserschliessung, Verfügbarkeit von Wohnraum oder von attraktiven Arbeitsplätzen beeinflussen spezifische individuelle Merkmale das Migrationsverhalten. Tabelle 3 zeigt die relative Wahrscheinlichkeit eines Zuzugs in eine der betrachteten Regionen für ausgewählte soziodemographische Merkmale der Zuzüger. Diese Kennzahl zeigt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für den Zuzug in eine Region ist gegeben, ein bestimmtes Merkmal trifft zu im Verhältnis zur gleichen Wahrscheinlichkeit für den Fall, dass dieses Merkmal nicht zutrifft. Zur Veranschaulichung betrachte man das Beispiel des Ausbildungsniveaus. Gegeben, eine Person hat einen Universitätsabschluss, ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person in die Stadt Zürich zuzieht, im Durchschnitt zweimal höher als bei einer Person, welche die Universitätsstufe nicht erreicht hat. Tabelle 3: Soziodemographische Merkmale der Zuzüger 2000 Relatives Wahrscheinlichkeitsmass in Prozent Erwerbsstatus Höchste abgeschlossene Ausbildung Haushaltstyp Selbständig Arbeitnehmer in leitender Funktion Arbeitnehmer ohne Vorgesetztenfunktion Sekundarstufe I Tertiärstufe Universität Einpersonenhaushalt Paar ohne Kinder Paar mit Kindern Zürich-Stadt 0.90 1.08 1.04 0.96 1.46 2.15 1.92 1.06 0.52 Glattal 0.95 1.45 1.16 0.78 1.18 1.01 1.07 1.25 0.85 Furttal 0.99 1.23 1.16 0.79 0.88 0.63 0.81 1.12 1.09 Limmattal 0.97 1.25 1.11 0.91 0.94 0.77 1.06 1.24 0.88 Knonaueramt 1.23 1.74 0.97 0.70 1.20 1.03 0.72 1.00 1.26 Zimmerberg 1.06 1.86 0.95 0.74 1.37 1.34 1.06 1.22 0.88 Pfannenstiel 1.30 2.22 0.81 0.60 1.85 2.23 1.02 1.18 0.90 Oberland-Ost 1.23 1.03 0.96 0.81 0.92 0.53 0.68 0.87 1.35 Oberland-West 0.98 1.01 1.09 0.84 1.00 0.74 0.85 1.04 1.07 Winterthur-Stadt 0.64 0.80 1.12 0.93 1.05 1.02 1.19 1.12 0.82 Winterthur-Land 1.08 1.23 1.04 0.76 1.07 0.73 0.73 1.18 1.15 Weinland 1.48 1.01 0.91 0.79 0.98 0.61 0.68 1.08 1.28 Unterland 0.97 1.16 1.11 0.77 0.94 0.72 0.74 1.07 1.19 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS), Volkszählung; CREDIT SUISSE Economic & Policy Consulting Erwerbsstatus, Ausbildung und Haushaltstyp beeinflussen Wanderungsmuster Der durchschnittliche Zuzüger in die Stadt Zürich hat einen Universitätsabschluss und wohnt in einem Einpersonen- oder Zweipersonenhaushalt ohne Kinder. Dass die Stadt Personen mit einem Universitätsabschluss, aber tendenziell ohne leitende Funktion anzieht, deutet auf das junge Alter der Zuzüger in Zürich hin. Dagegen ist der typische Zuzüger in die Regionen Pfannenstiel und Zimmerberg ein Arbeitnehmer in leitender Funktion und besitzt einen Abschluss auf Tertiär- bzw. Universitätsstufe. Das Profil der Zuzüger in die Regionen Oberland-Ost, Weinland, Unterland, Winterthur-Land und Knonaueramt ist hingegen stärker familienorientiert. Zusammenfassend ziehen in grosse Städte eher junge, hochqualifizierte Arbeitskräfte und in steuergünstige Wohnregionen eher Arbeitskräfte mit leitender Funktion zu. Familien bevorzugen tendenziell Wohnregionen mit einem breiten Angebot an erschwinglichem Wohnraum. 17

5 Bevölkerungsstruktur und -entwicklung Struktur und Dynamik der Bevölkerung bestimmen auf vielfältige Weise die Entwicklung einer Region. Das Einkommen der Wohnbevölkerung hängt grösstenteils von deren Altersstruktur und Wachstum ab. Aus der Bevölkerungsentwicklung kann ferner auch auf Nachfragetrends in verschiedenen Sektoren, vom Detailhandel bis zum Bau- und Immobiliengewerbe, geschlossen werden. Demographische Gegebenheiten liefern letztlich auch Hinweise für das potentielle Steueraufkommen und die Verfügbarkeit von Arbeitskräften in einer Region. 5.1 Bevölkerungsentwicklung Zürich unter den wachstumsstarken Kantonen der Schweiz Der Kanton Zürich verzeichnete im vergangenen Jahrzehnt mit einer Zunahme von jährlich 0.7% ein Bevölkerungswachstum im guten Schweizer Durchschnitt. Nach einer relativ schwachen Bevölkerungsdynamik in der ersten Hälfte der neunziger Jahre erlebte der Kanton ab 1997 eine markante Wachstumsbeschleunigung, wie aus Abbildung 10 ersichtlich ist. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von über 1% gehört Zürich heute zu den am stärksten wachsenden Kantonen der Schweiz. Abbildung 10: Bevölkerungsdynamik im Kanton Zürich 1990 2002 Wachstum zum Vorjahr in Prozent, Anzahl Personen nach Herkunfts- bzw. Zielgebiet 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0-2000 -4000 Migrationssaldo interkantonal Migrationssaldo international Bevölkerungswachstum (rechte Skala) 1.6% 1.4% 1.2% 1.0% 0.8% 0.6% 0.4% 0.2% -6000 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 0.0% Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS) Zuwanderung als Triebkraft Eine vergleichbare Entwicklung über eine längere Periode verzeichnete man letztmals Ende der sechziger Jahre. Im Unterschied zu jener Zeit geht die starke Bevölkerungszunahme der Gegenwart jedoch in erster Linie auf Zuwanderung zurück. Der Beitrag des Geburtenüberschusses ist im Zuge abnehmender Geburtenraten immer geringer geworden. Der Kanton Zürich profitiert zurzeit von einer Nettozuwanderung sowohl aus dem Ausland als auch aus anderen Schweizer Kantonen. Die zunehmende Bevölkerungsdynamik der letzten Jahre drückt daher neben der Magnetfunktion des Wirtschaftszentrums Zürich auf Zuzüger aus dem Ausland auch eine wachsende Attraktivität mancher Zürcher Gebiete als Wohn- 18

region in der Schweiz aus. Demgegenüber wurde das Bevölkerungswachstum in der ersten Hälfte der neunziger Jahre vor allem durch eine Nettozuwanderung aus dem Ausland gestützt. Trennung von Wohn- und Arbeitsort als Katalysator des Agglomerationswachstums Hinter der kantonalen Entwicklung verbergen sich unterschiedliche regionale Trends. Diese sind zum grossen Teil Ausdruck der Entflechtung zwischen Wohn- und Arbeitsort. Im Zuge dieser Sub- und Periurbanisierung hat sich die Agglomeration Zürich nach fast allen Richtungen weit über die Kantonsgrenzen ausgedehnt und bildet heute mit rund 1.7 Mio. Einwohnern die grösste Metropolitanregion der Schweiz. Die Entwicklung der Bevölkerung auf regionaler Ebene, die in Abbildung 11 veranschaulicht ist, verdeutlicht dieses Phänomen. Man erkennt einen Gürtel besonders dynamischer Regionen, der sich vom Zürcher Weinland und Unterland über das Furttal, das Knonaueramt, die Aargauer Regionen Mutschellen und Freiamt bis zu den Zuger und Schwyzer Gebieten erstreckt. Überdurchschnittlich stark gewachsen sind auch das Zürcher Oberland und das Winterthurer Umland. Insgesamt handelt es sich bei diesen dynamischen Regionen vor allem um attraktive, gut erschlossene Wohngebiete im Umfeld der grossen Arbeitsmarktzentren, die, wie in Abschnitt 4.2 gesehen, massgeblich von einem positiven Wanderungssaldo sowohl aus den Nachbarregionen als auch aus dem Ausland geprägt sind. In der Optik der Agglomerationsentwicklung drückt sich dies in einer Verlagerung des Bevölkerungswachstums in den äussersten Gürtel und darüber hinaus in andere Gebiete der Metropolitanregion aus. Abbildung 11: Bevölkerungsdynamik im Metropolitanraum Zürich 1990 2002 Jährliches Wachstum in Prozent Bevölkerungswachstum 1.4-1.9 1.1-1.4 0.8-1.1 0.5-0.8 0.0-0.5 Quelle: Bundesamt für Statistik (BFS); GEOSTAT Im Unterschied zu den dynamischen Wohnregionen verzeichnen die grossen Arbeitsplatzzentren bzw. Arbeitsmarktregionen ein schwaches bis negatives Bevölkerungswachstum, wie die Beispiele der Städte Zürich und Winterthur, aber auch von Schaffhausen und Baden verdeutlichen. 19