Analytische Aussagen Wichtigste Art von analytischen Aussagen: Definitionen Definitionen Sind Sprachregelungen Quasi eine Gleichung in sprachlicher Form Beispiel: Prämienlohn = Grundlohn plus leistungsabhängiges Entgelt entspricht der ausformulierten Definition: Von Prämienlohn wird gesprochen, wenn zu einem vereinbarten Grundlohn ein zusätzliches Entgelt (Prämie) bezahlt wird, das im Zusammenhang mit einer Leistungsgröße steht. (Weber/Mayrhofer/Nienhüser 1993: S. 226) sind nicht (empirisch) wahr oder falsch (höchstens logisch inkonsistent) Kriterium zur Beurteilung: zweckmäßig und sinnhaft 1 Empirische Aussagen Können durch Beobachtung überprüft werden Empirisch wahr oder falsch Zwei Hauptarten: Deskriptive (singuläre) Aussagen und Gesetzesaussagen Deskriptive (singuläre) Aussagen Beschreiben einzelne Sachverhalte Beispiel: Es regnet gerade jetzt draußen Empirisch überprüfbar 2
Empirische Aussagen (Forts.) Gesetzesaussagen (auch: theoretische Aussagen) Umfassender als deskriptive Aussagen Geltung raum-zeitlich (weitgehend) unbeschränkt Beispiel: Wenn Verhalten verstärkt wird, tritt es künftig häufiger auf Empirisch überprüfbar Theoretische Aussagen sind Bestandteil einer Theorie, d. h. eines Systems von Hypothesen 3 Normative Aussagen Aussagen über was sein soll oder nicht sein soll z. B. Empfehlungen bzgl. Handlungen oder Bewertungen (gut/schlecht) von Sachverhalten Können nicht mit Hilfe von Beobachtungen als wahr oder falsch eingestuft werden Beispiel: In Deutschland sollte das Arbeitsrecht flexibilisiert werden, um ein höheres Wirtschaftswachstum zu ermöglichen Prüfung von normativen Aussagen möglich hinsichtlich Akzeptabilität der Ziele Akzeptabilität der Mittel Akzeptabilität von ggf. eintretenden Nebenwirkungen empirische Relevanz des behaupteten Mittel-Wirkungs-Zusammenhangs 4
Normative Aussagen Teil der Wissenschaft? Max Weber (1864 1920) stellt fest, dass eine empirische Wissenschaft niemanden zu lehren [vermag], was er soll, sondern nur was er kann und unter Umständen was er will (Weber zitiert nach Schanz in Bea/Friedl/Schweitzer 103) Aus rein empirischen Aussagen normative ableiten zu wollen ist der sogenannte normative Fehlschluss Normative Aussagen können immer nur korrekt abgeleitet werden, wenn zuvor schon Normen gesetzt wurden In der Praxis sind viele wissenschaftliche Handlungsempfehlungen als normative Aussagen formuliert, ohne dass die zugrunde gelegten Normen explizit gemacht werden Normative Aussagen Teil einer Handlungswissenschaft wie BWL Aber wichtig, implizite Normen zu identifizieren s. a. Albert (1991) 5 Zusammengesetzte Aussagen Erklärungen Prognosen Gestaltungsaussagen 6
Erklärungen Zusammengesetzt aus deskriptiven Aussagen und Gesetzesaussagen Erklären heißt: Ableiten eines Sachverhalts aus mindestens einer Gesetzesaussage (Gesetzmäßigkeit) und einer Aussage, die man als Randbedingung bezeichnet Beispiel: Gesetz: Je höher die Unzufriedenheit, desto höher die Fehlzeiten. Randbedingung: In Firma A sind die Arbeitnehmer unzufriedener als in Firma B. Zu Erklärendes: Bei A sind die Fehlzeiten höher als bei B. 7 Prognosen Vorhersagen Zumeist in die Zukunft gerichtet Zusammengesetzt aus deskriptiven Aussagen und Gesetzesaussagen Beispiel Gesetzesaussage: Je höher die Leistung, desto höher die Zufriedenheit Information: die Leistung von Müller ist gestiegen Prognose: die Zufriedenheit von Müller ist auch gestiegen 8
Gestaltungsaussagen Handlungsempfehlungen, Bewertungen Zusammengesetzt aus Gesetzesaussagen, deskriptiven Aussagen und normativen Aussagen Beispiel Gesetzesaussage: Gruppenarbeit erhöht die durchschnittliche Leistung der Arbeitnehmer Normative Prämisse: Höhere Leistung ist besser Gestaltungsaussage: Gruppenarbeit sollte eingeführt werden Oder präziser: Gestaltungsaussage: Wenn das Ziel besteht, die Leistung der Arbeitnehmer zu erhöhen, sollte Gruppenarbeit eingeführt werden 9 Einordnung der BWL in das Wissenschaftssystem 10
Betriebswissenschaftliche Wissenschaftsprogramme - Wegbereiter Eugen Schmalenbach (1873-1955) Leitideen: BWL als Kunstlehre Wirtschaftlichkeit als möglichst sparsame Mittelverwendung Wissenschaftsziel: Gestaltung 11 Betriebswissenschaftliche Wissenschaftsprogramme - Wegbereiter Wilhelm Rieger (1878-1971) Leitideen: BWL als reine Wissenschaft Rentabilität als Kriterium Wissenschaftsziel: Beschreibung Erklärung keine Gestaltungsaussagen in Form von Ratschlägen 12
Betriebswissenschaftliche Wissenschaftsprogramme - Wegbereiter Heinrich Nicklisch (1876-1946) Leitideen: Mensch als geistiges Wesen Idee der Betriebsgemeinschaft Wissenschaftsziel: normative Gestaltungsaussagen 13 Neuere Programme - Produktionsfaktor-Ansatz (Erich Gutenberg 1897-1984) Leitidee: BWL als Wissenschaft von der Produktivitätsbeziehung Zusammenführen der Bereiche Produktion, Absatz, Finanzierung unter dem Gesichtspunkt der Produktivitäts-Beziehungen Wissenschaftsziel: Erklärungen bzw. Aussagen über Handlungsmöglichkeiten (z.b. Entwicklung von Aussagen über Faktorkombinationsprozess (Produktionsfunktion)) und über Kostenverläufe (Kostenfunktionen); Methodik: Logische Ableitung von optimalen Vorgehensweisen bei Unterstellung der Zielfunktion der Gewinnmaximierung 14
Neuere Programme - Produktionsfaktor-Ansatz (Erich Gutenberg 1897-1984) Kritik Positiv: sehr systematisch und integrativ Orientierung an (bewährten) Modellen der VWL formalisiert und damit intersubjektiv (logisch, z. T. empirisch) prüfbar Negativ: Menschliches Verhalten wird weitgehend ausgeblendet bzw. es wird von unrealistischen Annahmen ausgegangen daher fehlende Integration von Wissenschaftsbereichen, in denen Verhalten relevant ist (z.b. Organisation, Personal, Marketing) 15 Neuere Programme Entscheidungs-Ansatz (Edmund Heinen 1919-1996) Leitideee Reale Entscheidungen als Kernproblem Wissenschaftsziele Erklärung und Gestaltung Methodik Verwendung sozialwissenschaftlicher Methoden Erklärung aus Gesetzmäßigkeiten Ableitung von Entscheidungsmodellen Kritik BWL als praktisch-normative Wissenschaft, gleichzeitig wertfrei problematische Verkürzung 16
Neuere Programme Verhaltenswissenschaftlicher Ansatz (Günther Schanz *1943) Leitidee Auf der Basis vom Gesetzmäßigkeiten auf Individualebene soziale Institutionen gestalten Wissenschaftsziel Erklärung und Gestaltung Methodik Erklärung aus Gesetzmäßigkeiten Daraus Gestaltungsmodelle abgeleitet Kritik Erklärung sozialer Phänomene nur aus der Individualperspektive teilweise schwierig ( Methodologischer Individualismus ) 17 Neuere Programme Systemansatz (Hans Ulrich 1919-1997) Leitidee Unternehmen als produktives und soziales System Anwendung von Methoden der Kybernetik (Systemwissenschaft) Wissenschaftsziel Gestaltung Methodik Gestaltungsaussagen auf der Basis von Beobachtungen über Input- Output-Beziehungen Betriebsprozess als Black Box Kritik Black Box- bzw. Input-Output-Betrachtung reicht oft nicht aus 18
Neuere Programme ökologische verpflichtete BWL (Eberhard Seidel, *1941) Leitidee Einbeziehung von ökologischen Aspekten in die BWL Wissenschaftsziel Gestaltung Methodik Ökologische Probleme als nicht-intendierte Handlungskonsequenzen Ökologieorientiertes Controlling Ökologische Produktlebenszyklus Kritik Teilweise einseitige Betonung von ökologischen Aspekten 19 Neuere Programme Institutionenökonomik (insb. Transaktionskostenansatz) (Oliver E. Williamson *1932) Leitidee Märkte funktionieren nicht kostenlos Institutionen wie z. B. Unternehmen entstehen (statt Märkten), weil dadurch Transaktionskosten gespart werden können Wissenschaftsziel Erklärung, z. T. Gestaltung Methodik Erklärungen aus Gesetzmäßigkeiten z. T. Modellierung Kritik Zu starke Rationalitätsannahmen sehr starker Fokus auf (Transaktions-)Kostenminimierung 20
Transaktionskostentheorie 21 Beispiel: Eigenfertigung versus Fremdbezug Entscheidungsregel: Bevorzuge diejenige Alternative, bei der die Summe aus Produktionskosten (PK) und Transaktionskosten (TAK) minimal ist! Bei gleichen PK (und gleicher Häufigkeit der Transaktion) gilt: Eigenfertigung 22
Ergänzender Überblick über Wissenschaftsprogramme der BWL (1) 23 Ergänzender Überblick über Wissenschaftsprogramme der BWL (2) 24