Elektrische Leitfähigkeit (ElLeit) 2 Versuchsgrundlagen zur Leitfähigkeit in Metallen



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TU Ilmenau Ausgabe: Oktober 2015 Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik Dr. Fro, Dr. Tipp, DI Hop Institut für Werkstofftechnik 1 Versuchsziel Elektrische Leitfähigkeit (ElLeit) Kennenlernen des zerstörungsfreien Tastspulen-Wirbelstromverfahrens zur Ermittlung der elektrischen Leitfähigkeit und daraus ableitbarer Eigenschaften von Metallen. 2 Versuchsgrundlagen zur Leitfähigkeit in Metallen 2.1 Die elektrische Leitfähigkeit in Metallen In Metallen und deren Legierungen sind aufgrund der metallischen Bindung freie Elektronen (ca. 10 22 cm 3 ) vorhanden. Beim Anlegen eines elektrischen Potentials überlagert sich der ungerichteten thermischen Bewegung der Leitungselektronen eine zusätzliche gerichtete Driftbewegung. Die mittlere Driftgeschwindigkeit ist der elektrischen Feldstärke E proportional. Der Quotient aus beiden Größen ist als Elektronenbeweglichkeit µ definiert. Für die elektrische Leitfähigkeit κ gilt: κ = e n µ (1) e: Elementarladung; n: Elektronenkonzentration. Der elektrische Widerstand eines Metalls läßt sich aus der Streuung seiner Leitungselektronen an Störstellen des Kristallgitters und an Gitterschwingungen (Phononen) verstehen. Der spezifische elektrische Widerstand ϱ eines metallischen Leiters setzt sich dabei aus zwei Anteilen zusammen: einem temperaturunabhängigen spezifischen Restwiderstand ϱ 0 (Störstellenanteil) und einem temperaturabhängigen Anteil ϱ(t) (Phononenanteil): ϱ = ϱ 0 + ϱ(t ) (2) Der temperaturunabhängige Restwiderstand ϱ 0 ist folglich ein Maß für die Störstellenkonzentration im Metallgitter. Die Störstellen können dabei ganz verschiedener Natur sein: Fremdatome auf Gitter- oder Zwischengitterplätzen (feste Lösungen); physikalische Gitterfehler wie Leerstellen, Versetzungen und Korngrenzen, die Streuzentren bilden. /5/ In einfachen Fällen nimmt ϱ 0 mit der Konzentration an Störstellen zu. Am genauesten prüft man dieses Verhalten durch Messung von ϱ 0 bei tiefen Temperaturen. Es gilt: lim ϱ(t ) = 0 (3) T 0 Für nicht zu große Störstellenkonzentration gilt jedoch die Matthiessche Regel, die besagt, daß ϱ(t) unabhängig vom Störstellengehalt ist. In diesen Fällen kann man den spezifischen elektrischen TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 1

Widerstand bei Raumtemperatur messen, denn Änderungen des Widerstandes bei Raumtemperatur sind dann allein auf die Änderungen des Restwiderstandes zurückzuführen. Der Widerstand hängt von der Temperatur T des Körpers wie folgt ab: ϱ T = ϱ 20 o C (1 + α 20 o C T ) (4) α 20 o C: Temperaturkoeffizient bei 20 o C; T : Temperaturdifferenz T 20 o C Hierbei gibt der Temperaturkoeffizient α 20 o C die prozentuale Änderung des spezifischen elektrischen Widerstandes bei einer von 20 o C abweichenden Temperatur an. Seine Temperaturabhängigkeit macht sich erst bei Temperaturänderungen von mehr als 100 o C bemerkbar. Wird der Temperaturkoeffizient ohne Indizes angegeben, so ist immer der α 20 o C - Wert gemeint. Die elektrische Leitfähigkeit κ entspricht dem Kehrwert des spezifischen elektrischen Widerstandes: κ = 1 ϱ (5) Die Dimension von κ ist entweder MS/m oder % IACS (International Annealed Copper Standard), wobei folgende Umrechnung gilt: 100 % IACS = 58 MS/m Der spezifische elektrische Widerstand ϱ ist mit der Wärmeleitfähigkeit durch das Wiedemann- Franz-Lorenzsche Gesetz verknüpft, das besagt, dass das Verhältnis von Wärmeleitfähigkeit λ und elektrischer Leitfähigkeit bei einer bestimmten Temperatur T eine Konstante ist: γ : Wiedemann-Franz-Lorenzsche Zahl, γ = 2.44 10 8 V 2 /K 2 λ κ = γ T (6) 2.2 Verfahrenstechnische Grundlagen Die Bestimmung des Absolutwertes der elektrischen Leitfähigkeit erfolgt im Labor üblicherweise über eine Strom-Spannungs-Messung. Soll an einem Bauteil vor Ort die Leitfähigkeit ermittelt werden, kommt u.a. das schnell und zerstörungsfrei messende Wirbelstromverfahren zum Einsatz. Bei den Wirbelstromprüfverfahren wird je nach Anordnung der Prüfspulen noch einmal in solche mit Durchlaufspule, mit Gabelspule und mit Tastspule (Bild 1) unterschieden. Generator ~ Erregerspule Mess signal Aufbe reitung Meßspule Mess signal Berech nung Meßwertanzeige 1 4 7 3 Abfall der Wirbelstrom amplitude Meßgegenstand Permeabilität µ = 1 Bild 1: prinzipieller Aufbau eines Wirbelstrom-Leitfähigkeitsmeßgerätes mit Tastspule TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 2

Es handelt sich immer um eine vergleichende Meßmethode, bei der der am Bauteil erhaltene Meßwert mit dem eines Referenzstandards, dessen Leitfähigkeit bekannt ist, verglichen wird. Die auf den Meßgegenstand aufzusetzende Sonde wird von einem Generator mit einem Wechselstrom i 1 einer bestimmten Frequenz gespeist. Durch das von der Erregerspule erzeugte magnetische Wechselfeld H 1 werden im Material Wirbelströme i 2 induziert, deren Stärke und Eindringtiefe auch von dessen elektrischer Leitfähigkeit abhängen. Die zur Erzeugung dieser Ströme erforderliche Energie liefert des Magnetfeld, das mit größer werdendem Abstand von der Oberfläche in seiner Intensität abnimmt. Das von den Wirbelströmen i 2 nach der Lenzschen Regel erzeugte Magnetfeld H 2 überlagert sich dem Urspungsfeld H 1. Das resultierende Magnetfeld wird über die Änderungen der Messspuleneigenschaften erfasst. Die Spule besitzt ohne Prüfteil als sogenannten Leerwert einen ohmschen oder Wirkwiderstand R, der, vektoriell mit dem Blindwiderstand 2πf L = ωl addiert, Bild 2, den Scheinwiderstand R ergibt. Befindet sich ein Prüfobjekt im Magnetfeld der Spule, kommt es in ihm zur Wirbelstromausbildung, Bild 3. Dabei ändern sich die Spuleneigenschaften, speziell der Wirk- und auch der Blindwiderstand. Der Endpunkt P o des Vektors R für den Leerwert wandert nach dem Punkt P 1 des neuen Vektors R 1 entsprechend der Differenz der Spulenparameter. Der Scheinwiderstand wird so von seinem Absolutbetrag her und in seiner Phasenlage nach Φ 1 verschoben, Bild 2. P o P 1 L ( L) 1 Imaginärteil R R 1 1 R R o Realteil R 1 Bild 2: Komplexe Scheinwiderstandsebene einer Selbstinduktivität H 1 i 1 H 2 Probe i 2 Bild 3: Wirkungsschema des Tastspul-Wirbelstromverfahrens TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 3

Die induzierte Spannung und der Übergang der Spulenparameter von P 0 nach P 1 ist damit eine Funktion der elektrischen Leitfähigkeit κ des Messgegenstandes, der relativen Permeabilität µ r (bei Beschränkung auf nichtferromagnetische Stoffe ist µ r = 1), der Probendicke d (Einfluß nur vorhanden, wenn Eindringtiefe des Magnetfeldes in der Probe größer als Probendicke d), der flächenhaften Ausdehnung der Probe (bei Unterschreitung einer Mindestfläche), dem Abstand der Tastspule von der Probe der Messfrequenz f, den geometrischen und elektrischen Eigenschaften der Prüfspule. Demzufolge wird die Wirbelstrommessmethode überall dort eingesetzt, wo es um die Bestimmung jener Probeneigenschaften geht, die in einem Zusammenhang zu o.g. Einflussgrößen stehen oder für die die elektrische Leitfähigkeit als Indikator für die Eigenschaftsänderungen dient: Bestimmen der Härte von kaltaushärtbaren Leichtmetall-Legierungen Bestimmen der Wärmeleitfähigkeit eines Metalls Erkennen von Hitzeschäden bei Al-Legierungen (bei Flugzeugwartung) Verwechslungsprüfung von Legierungen und Metallen Reinheitsgradbestimmung an Metallen Kontrolle der Homogenität an Metallen Bestimmung der Aushärtung an Duraluminium Schrottsortierung Kontrolle von Festigkeit und Härte Überwachung von Ausscheidungsvorgängen z.b. bei Cu-Cr-Legierungen. Die in der Praxis hauptsächlich verwendete Prüffrequenz liegt bei 60 khz. In Abhängigkeit von der Prüffrequenz ergibt sich damit eine Mindesteindringtiefe der Wirbelströme und indirekt eine Mindeststärke des Meßgegenstandes (Gleichung 7). Durch eine geeignete Wahl der Meßfrequenz kann die Probendicke variiert werden. f: Meßfrequenz in Hz; κ: elektr. Leitfähigkeit in m/(ωmm 2 ); δ: Eindringtiefe in mm δ = 503 f κ [mm] (7) δ krit = 1.7 δ (8) δ krit : kritische Eindringtiefe, ab der sich Dicke des Materials auf Messergebnisse auswirkt. Neben der Dicke des Messgegenstandes können weitere Faktoren zu einer Verfälschung der Messwerte führen: der Sondenabstand zur Oberfläche die Größe der Meßfläche (Randeffekte) die Krümmung der Meßfläche. Der Sondenabstand von der Messfläche wird bis zu 0.5 mm vom SIGMATEST-Gerät kompensiert, eventuelle Oberflächenkrümmungen und Randeffekte kann man durch Korrekturfaktoren oder entsprechende Kalibrierungen berücksichtigen. TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 4

2.3 Anwendungsbeispiele für den Einsatz der Wirbelstromprüfung Über die elektrische Leitfähigkeit lassen sich in der Praxis u.a. auch Aussagen zu mechanischen Eigenschaften eines Bauteils ableiten. Ein Beispiel dafür wäre die Prüfung von Aluminium Knetlegierungen in der Luftfahrt, speziell in der Flugzeugproduktion und -wartung. Logischerweise bestehen hier mit die schärfsten Vorschriften bei der Messdurchführung. Bild 4 zeigt am Beispiel den Zusammenhang zwischen Zugfestigkeit, Härte, und Leitfähigkeit bei einer aushärtbaren Al-Legierung für den Flugzeugbau. Unkorrekte Wärmebehandlung oder Überhitzung im Flugbetrieb kann zu Festigkeitsverlusten führen. Bei der im Beispiel gezeigten Al- Legierung ändert sich die Leitfähigkeit im kritischen Bereich des Festigkeitsabfalls um 3-4 MS/m. Bild 4: Zusammenhang zwischen elektrischer Leitfähigkeit (Kurve a), Härte (b) und Zugfestigkeit (c) bei einer Al-Knetlegierung Bei Metallen für Stromleitungszwecke wird eine hohe Leitfähigkeit gefordert. Im Herstellungsprozeß (z.b. beim Gießen von Kupfer) wird κ jedoch stark von Verunreinigungen der Schmelze bestimmt. So nimmt die Leitfähigkeit bei Kupfer linear mit dem Phosphorgehalt ab. Besonders empfindlich reagiert die elektrische Leitfähigkeit auf die Gefügeausbildung von Metallen. Bei Gußaluminium werden zur Verfeinerung Sr- oder Ti-Zusätze in die Schmelze gegeben. Die feinere Kornstruktur verursacht Leitfähigkeitsreduzierungen, die unter 1 MS/m liegen und mit einem empfindlichen Messgerät nachgewiesen werden können. Auch bei Aluminium, das beim Anodisieren Verwendung findet, spielt die Leitfähigkeit eine große Rolle. Befindet sich z.b. in einem Anodisierbad ein Teil aus einer falschen Legierung mit abweichender Leitfähigkeit, so läuft der Anodisierprozess wegen ungleicher Stromaufteilung nicht korrekt ab. Vorausgehende Leitfähigkeitsuntersuchungen helfen dabei, Schaden zu verhindern. 3 Vorbereitungsaufgaben 1. Erklären Sie den Begriff Eindringtiefe! Geben Sie den funktionellen Zusammenhang zwischen Eindringtiefe, Frequenz, elektrischer Leitfähigkeit und relativer Permeabilität an! 2. Berechnen Sie die kritische Eindringtiefe für Aluminium und Zinn für die Frequenzen 60 khz, TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 5

120 khz, 240 khz und 480 khz! Die Leitfähigkeitswerte der reinen Elemente sind der Literatur zu entnehmen! 3. Wie beinflussen Luftspalte in der Probe senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des Magnetfeldes das Messergebnis des Sigmatest-Gerätes? 4. Erklären Sie über die Kornstruktur, warum die elektrische Leitfähigkeit so empfindlich auf die Gefügeausbildung von Metallen reagiert! 5. Zeigen Sie anhand von Skizzen, wie sich die elektrische Leitfähigkeit in Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung a) bei Mischkristallegierungen bzw. b) bei Kristallgemischen ändert! Erklären Sie eventuelle Abweichungen vom Idealverlauf der Kurven! 4 Praktikumsaufgaben 1. Inbetriebnahme des SIGMATEST D2.068 gemäß ausliegender Bedienungsanleitung! 2. Bestimmen Sie experimentell die Frequenzabhängigkeit der kritischen Eindringtiefe d krit der Wirbelströme für verschiedene Materialien und vergleichen Sie die Werte mit den theoretisch errechneten aus Vorbereitungsaufgabe 2. 3. Weisen Sie experimentell den Zusammenhang zwischen dem spez. elektr. Leitfähigkeit und dem linearen Kaltverformungsgrad anhand der ausliegenden Proben nach! 4. Es ist experimentell die Abhängigkeit des spezifischen elektrischen Widerstandes ϱ von der prozentualen Zusammensetzung einer Nichteisen-Metall-Legierung (Zweistoffsystem) nachzuweisen und zu begründen. 5. Ermitteln Sie für die vorliegenden Proben die Wärmeleitfähigkeit λ und vergleichen Sie die erhaltenen Werte mit den in der Literatur angegebenen Werten. 6. Für das in der Aufgabe 4 gegebene Legierungssystem ist die Änderung der Wärmeleitfähigkeit λ in Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis der einzelnen Komponenten bei Raumtemperatur nachzuweisen! Literaturliste Eine detaillierte Aufgabenstellung liegt am Versuchsplatz im Meitnerbau, G.-Kirchhoff-Str. 5, Raum 3.2.309 aus! [1] Neumaier, P. ; Materialprüfung, Sonderdruck (Hrsg.): Hochpräzise Messung der elektrischen Leitfähigkeit von Nichteisen-Metallen nach dem Wirbelstromverfahren. Carl Hanser Verlag, liegt am Praktikumsplatz aus, 1990 [2] Blumenauer, H.: Werkstoffprüfung. 6. korr. Auflage. Weinheim : VCH-Verlagsgesellschaft, 1994. 426 S. ISBN 978 3342005476 [3] Nitzsche, K.: Schichtmeßtechnik. 1. Auflage. Würzburg : Vogel Buch -Verlag, 1996. 502 S. ISBN 3 8083 1530 8 [4] Sigmatest D2.068 - Bedienungsanleitung, Firmenschrift Institut Dr. Förster. Reutlingen, liegt am Praktikumsplatz aus [5] Schatt, W. ; Pompe, W. ; Worch, H.: Werkstoffwissenschaft. 10. Auflage. Weinheim : Wiley-VCH Verlag, 2011. 592 S. ISBN 978 3527323234 [6] Macherauch, E. ; Zoch, H.-W.: Praktikum in Werkstoffkunde. 11. Auflage. Wiesbaden : Vieweg+Teubner Verlag, 2011. 602 S. ISBN 978 3 8348 0343 6 TU Ilmenau, Institut für Werkstofftechnik, FG Werkstoff der Elektrotechnik 6