. Photochemie und Reaktionskinetik.1 Allgemeine Grundlagen In Molekülen sind Atome durch chemische Kräfte gebunden. Manche Moleküle sind reaktiver (z.b. Stickoxide) als andere (z.b. Kohlendioxid). Welche chemischen Reaktionen sind möglich und wie schnell können diese ablaufen? Einteilung der Reaktionsprozesse in der Atmosphäre Thermische bzw. Photolyse Reaktionen Phase der beteiligten Substanzen Abgabe/Aufnahme von Wärmeenergie während der Reaktion Anzahl der beteiligten Moleküle (Molekularität)
Phase der beteiligten Substanzen Reaktionen sind homogen oder heterogen + + alle reagierenden Substanzen (Reaktanden) befinden sich in der gleichen Phase in der Atmosphäre generell reine Gasphasenchemie Reaktionen von Stoffen unterschiedlicher Phase; Gase + flüssig/fest z.b. Wolkenchemie, Reaktionen an berflächen von polaren stratosphärischen Wolken (PSC)
Thermische und Photolyse Reaktionen Bei thermischen Reaktionen wird die Reaktion durch Kollision oder Intervall der Molekülvibrationen verursacht Dekomposition: aus einer Spezies werden zwei Kombination: aus zwei Spezien wird eine Disproportion: aus zwei Spezien werden zwei andere In photochemische Reaktionen wird die für die Reaktion nötige Energie durch Absorption eines Photons erzielt. Nach Absorption eines Photons kann es zu verschiedenen Prozessen kommen: Kollisionsdeaktivierung: angeregtes Molekül wird bei Kollision mit einem anderen deaktiviert Photodissoziation: Spezies "vibriert" auseinander Direkte Reaktion: angeregte Spezies reagiert direkt mit anderem Molekül...
Abgabe/Aufnahme von Wärmeenergie Q während der Reaktion Reaktionen sind endotherm oder exotherm Q>0 Q<0 Bei jeder chemischen Reaktion wird Energie in Form von Wärme aufgenommen oder freigesetzt. Einige Reaktionen verlaufen exotherm, was bedeutet, dass sie Energie abgeben und durch Abkühlung zu beschleunigen sind. Andere Reaktionen verlaufen endotherm, was bedeutet, dass sie Energie verbrauchen und durch Erhitzen beschleunigt werden können. Q = ΔH R = ΣΔH f (Produkte) - ΣΔH f (Edukte)
Bildungsenthalpie H Bildungsenthalpie (ΔH f ) oder Wärmeinhalt einer chemischen Verbindung bezeichnet die Energie, die für ihre Entstehung aus den Grundkonstitutionen (z.b. N,, S,..) bei gegebenen Druck und Temperatur aufgewendet wird. Die Reaktionsentalpie (ΔH R ) ist die Differenz aus der Bildungsenthalpie (ΔH f ) der Produkte (Endstoffe) und der Bildungsenthalpie der Edukte (Ausgangsstoffe). Beispiel: zonkombination + M + + M Q = ΔH R = ΣΔH f (Produkte) - ΣΔH f (Edukte) Zum Aufbrechen der Bindung durch Photolyse werden ca. 500 kj/mol benötigt ΔH A + B exotherm Q = ΔH + ΔH M - ΔH ΔH C ΔH M 14 50 0 C + D -Q = -107 kj/mol A + B C + D Edukte Produkte Reaktionsweg
Methan-Abstraktion Beispiel: Abgabe eines Methan- Wasserstoffatoms an das Hydroxyl-Radikal CH 4 + H CH + H Q = ΔH R = ΣΔH f (Produkte) - ΣΔH f (Edukte) Q = ΔH CH + ΔH H ΔH CH4 ΔH H 145.8-4. -75 +9 = -60.4 kj/mol Abstraktion Trennung des Wasserstoffatoms einer wasserhaltigen Substanz Radikale besitzen eine ungerade Anzahl von Elektronen und sind daher sehr reaktiv, werden oft mit gekennzeichnet Propagation - Initiierung einer Kettenreaktion, da CH -Radikal (Methylradikal) weitere Reaktionsschritte verursacht Disproportionierung freie Radikale reagieren miteinander und bilden zwei Moleküle, z.b. H & + & + H H Rekombination freie Radikale bilden ein einziges Produkt, z.b. H & N& + M HN + + M
Temperaturabhängigkeit der Bildungsenthalpie Bildungenthalpien ΔH o liegen für die Standardwerte von Temperatur (98.15 K) und Druck (101 hpa) tabelliert vor. Temperaturkorrektur entsprechend der Wärmekapazität C p bei konstantem Druck ΔH T = ΔH o 98.15K + T C p 98.15K dt Korrektur i.a. klein für den atmosphärischen Temperaturbereich, so dass meistens die tabellierten Werte ohne Korrektur übernommen werden können.
Grundzustände Tabellierte Werte
Energiezustände von Atomen und Molekülen ( P) H H + H + Q = ΔH H + ΔH H - ΔH P - ΔH H 9. 9. 59.5-57.8 = 16.9 kcal/mol endotherm 1 ( D) H H + H + 1 kcal = 4.184 kj Q = ΔH H + ΔH H - ΔH 1D - ΔH H 9. 9. 104.8-57.8 = -8. kcal/mol exotherm Auch Absorption eines Photons kann eine endotherme Reaktion in eine exotherme Reaktion Konvertieren
Spontanität einer Reaktion alle Systeme streben den Zustand niedrigster Energie an alle Systeme den Zustand maximaler Entropie an - die Unordnung nimmt spontan zu Bei gegebener Temperatur T und konstantem Druck läuft ein Prozess nur dann spontan ab, wenn die freie Energie G dabei erniedrigt wird, dg < 0. Dies kann auch entweder durch Enthalpieerniedrigung (dh < 0, Wärme wird freigesetzt), durch Entropieerhöhung (ds >0) oder Kombination erreicht werde.. ds dq T TdS dq = dh Aus Thermodynamik für p=const. Definition der Gibbs Energie ΔG = ΔH TΔdS ΔG R = ΣΔG f (Produkte) - ΣΔG f (Reaktanden) Wenn ΔG R <0 kann Reaktion spontan ablaufen In der Atmosphäre ist ΔS generell recht klein, so dass es meist vernachlässigt werden kann
Molekularität einer Reaktion Anzahl der beteiligten Moleküle unimolekular AB A + B bimolekular A + B C + D trimolekular A + B + M AB + M Beispiele N + 5 N N Cl + Cl + N N + M N + + 5 M Stoßpartner M ist unreaktiv (N, ) Trimolekulare Reaktionen kommen besonders häufig vor, da stabiles Reaktionsprodukt nur entsteht, wenn freiwerdende Energie abgeführt wird (durch Bewegungsenergie des Stoßpartners) Trimolekulare Reaktionen sind schneller bei niedrigen Temperaturen, da so langsamere Annäherung der Reaktionspartner stabilerer Übergang zu M
Struktur photochemischer Bilanzgleichungen Chemische Kinetik gibt Antwort auf die Frage, wie schnell eine Reaktion abläuft. Aus den Reaktionen lassen sich Bilanzgleichungen erstellen, die Aufschluss über die zeitliche Änderung der Konzentration der beteiligten Komponenten geben. [A] Teilchenzahldichte von A [Teilchen cm - ] A + B R = k C + D [ A][ B] R Reaktionsrate [Anzahl cm - s -1 ] k Reaktionsratenkonstante [cm s -1 ] Die Reaktionsgeschwindigkeit R, oder auch Reaktionsrate genannt, ist die Anzahl der Reaktionen pro Volumen- und Zeiteinheit für bimolekulare Reaktion Die Reaktionsratenkonstante k, oder Ratenkoeffizient beschreibt die Änderung der Konzentration [A] in Teilchen pro Volumen als: d[ A] R = dt d[ B] = = dt d[ C] = dt d[ D] dt
rdnung einer Reaktion xa +yb Produkte R=[A] x [B] y x rdnung von A y rdnung von y x+y rdnung der Reaktion unimolekular AB A + B bimolekular A + B C + D trimolekular A + B + M AB + M Reaktion 1. rdnung Reaktion. rdnung Reaktion. rdnung k [s -1 ] k [cm s -1 ] k [cm 6 s -1 ]
Reaktion 1. rdnung AB A + B d[ AB] d[ A] d[ B] R = = = = dt dt dt k[ AB] d[ AB] [ AB] = k dt k Reaktionsratenkonstante [s -1 ] τ chemische Lebensdauer Integration über die Zeit [AB] [ AB] = [ ABo ] exp ( kt) [AB o ] Die Zeit, die es dauert bis [AB] auf 1/e seiner ursprünglichen Konzentration [AB 0 ] gefallen ist, daher ist τ=1/k chemische Lebensdauer von A. 0.7 τ t
Voraussetzung für bimolekulare Reaktion Moleküle A und B müssen miteinander kollidieren nur ein geringer Anteil der Kollisionen unter den Molekülen führt zu einer Reaktion, da während der kurzen Reaktionszeit von ca. 10-1 s die alten molekularen Bindungen aufgebrochen und neue gebildet werden müssen während der gegenseitigen Annäherung gehen die anfänglich unabhängigen Reaktanden in einen Zwischenzustand über, in dem sie chemisch wechselwirken. Dieser Übergangszustand wird nur erreicht, falls die Reaktanden genügend Energie besitzen, um die Aktivierungsschwelle zu überwinden Die benötigte Energie nennt man Aktivierungs- oder Anregungsenergie E A. Mit fortschreitender Reaktion gibt das System Energie ab. Der Unterschied zwischen den Bildungsenthalpien der Reaktanden und der Produkte entspricht der Reaktionsenthalpie ΔH R. A + ABC BC * ABC A + * BC
E AR Aktivierungsenergie E A Die Ratenkoeffizienten und somit auch die Reaktionen sind temperaturabhängig. Entsprechend dem schwedischen Chemiker Swante Arrhenius gilt die Arrhenius-Formel k E = A A exp RT ( T ) A präexponentieller Faktor R Gaskonstante - Kollisionsrate ist Maximalwert für A - Beschränkung durch Molekülausrichtung, Rotations- und Schwingungszustände E AR Aktivierungsenergie in Rückwärtsrichtung
Einige Beispiele k( T ) E = A A exp RT k E = A A exp RT ( T ) A präexponentieller Faktor R Gaskonstante
zonkonzentration in der Troposphäre + + + N + N + hν M l 1 k 1 k J 1 N N + M * + + + l 1 k k = 6. 10 1 = 5.0 10 = 5.0 10 4 14 14 00 T T T [ cm 6 s 1 ] 100 exp T 100 exp T [ cm [ cm s s 1 1 ] ] J 1 Photodissoziationskoeffizient [s -1 ] d[ dt ] = + l [ ][ 1 1 k [ ][ M ] ][ N] k [ ][ N] J 1 [ ] Quellen Senken Zur Berechnung des Gleichgewichts muss Differentialgleichung gelöst werden, siehe.4
. Photochemische Reaktionen - Strahlung und Bindungsenergien- Wirkung solarer Strahlung auf atmosphärische Bestandteile Anregung "excitation" Elektronen auf höheres Energieniveau, Erhöhung der Vibrationsenergie E N Ahc = N Ahν = λ 11965 = [ kj / mol] λ mit λ in [nm] Aufspaltung (Photolyse) Ionen (geladene Teilchen Atome (ungeladen gerade Elektronenzahl) Radikale, molekulare Bruchstücke mit ein oder mehreren ungesättigten Elektronenpaaren + hν + Q = ΔH ΔH hc/λ x 49 0 = 498 kj/mol - 11965/λ λ<40 nm hν Energie eines Photons [J] N A hν Energie zur Spaltung eines Mols [J mol -1 ] N A = 6.0 10 mol -1 Avogadro-Konstante h= 6.6 10 4 J s -1 Planck Wirkungsquantum c= 10 8 m s -1 Lichtgeschwindigkeit
Phototodissoziation E N Ahc = N Ahν = λ 11965 = [ kj / mol] λ h + + ν Q = ΔH + ΔH ΔH -hc/λ 49 0-14 = 107 kj/mol - 11965/λ λ 11965 < = 107 110 nm Name Wellenlänge [nm] E [kj/mol] VIS Rot range Gelb Grün Blau Violett Nahes Ultraviolett Fernes Ultraviolet C : H : : : 700 60 580 50 470 40 λ < 165 nm λ < 180 nm λ < 40 nm λ < 110 nm 170 190 10 0 50 80 400-00 00-600 00-50 600-400
Phototodissoziation in der Atmosphäre C : H : : : λ < 165 nm λ < 180 nm λ < 40 nm λ < 110 nm kürzeste Wellenlänge für Photochemie der Troposphäre ist 90 nm