Fachhochschule Köln Cologne University of Applied Sciences Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften Prof. Tom Becker Prof. Frauke Schade tom.becker@fh-koeln.de frauke.schade@haw-hamburg.de Köln, Oktober 2012 Sachbuchportfolioanalyse Hamburger und Münchner Modell im Vergleich Liebe KollegInnen in den Bibliotheken, in einem kooperativen Projekt zwischen der FH Köln und der HAW Hamburg stellen Studierende der FH Köln in erster Linie für die Lektoratskooperation aus :ekz, BIB und vdb zwei verschiedene Modelle der Sachbuchportfolio-Analyse gegenüber. Hauptziel ist es, zu erkennen, ob sich in den untersuchten - also Ihren - Bibliotheken mit unterschiedlichen Etats und unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen (Stichwort: Informationslogistische Rollen) bei den einzelnen Sachgruppen systematikübergreifend gleiche oder zumindest ähnliche Portfolioplatzierungen finden lassen und welche Konsequenzen für das Bestandsmanagement im Sachbuchbereich bibliotheksübergreifend daraus ggf. abgeleitet werden können. Daneben werden zudem Handlungsempfehlungen für die einzelnen Bibliotheken, die die Daten zur Verfügung stellen, durch die Studierenden erarbeitet bzw. die entspr. Portfolios zur selbständigen Analyse Ihnen zugestellt. In diesem Forschungsprojekt soll des Weiteren verglichen werden, ob und inwieweit Unterschiede nach dem Hamburger respektive dem Münchner Modell zu Tage treten und welche Konsequenz in Analyse und Maßnahmenableitung aus den Unterschieden bzw. den Gemeinsamkeiten gefolgert werden können. Dabei gilt es auch ein Augenmerk darauf zu legen welches Modell - das Münchner Modell (auf der Basis von Primärentleihungen) und oder das Hamburger Modell (auf der Grundlage der Umsatz- Kennzahl) das signifikantere Modell ist, d.h. validere Ergebnisse für die Etatverteilung und Profilierung von Bibliotheken liefert Teile der Ergebnisse werden bereits auf dem kommenden Bibliothekskongress in Leipzig im Rahmen der Leko-Veranstaltung präsentiert und diskutiert, die Ergebnisse sollen dieser auch eine Hilfestellung bei der Festlegung der Quoten (zu welchen Anteilen Sachbücher in der Lektoratskooperation besprochen werden) im Besten Falle geben. Umseitig wird das Projekt ausführlicher beschrieben. Herzlichen Dank für Ihre Kooperation und liebe Grüße aus Hamburg und Köln senden auch im Namen der LeKo Prof Tom Becker FH Köln Prof. Frauke Schade HAW Hamburg
Seite 2 Die Portfolio-Analyse als Methode zur Profilierung von Bibliotheksbeständen 1 Hamburger und Münchner Modell im Vergleich Kennzahlen aus dem Bestandsmanagement lassen sich für die Einschätzung von Erfolgspotentialen im Rahmen des Bestandsmanagements nutzen, um über die rein subjektive Einschätzung und visuelle Darstellung des Bestandsportfolios hinaus eine berechenbare und verlässliche Grundlage für die strategische Entwicklung von Bibliotheksbeständen bieten zu können. Für die Darstellung des relativen Marktanteils der Bestandssegmente Öffentlicher Bibliotheken bietet sich der Effizienzquotient an, der das Verhältnis von Angebot und Nachfrage innerhalb des Bibliothekssystems ausdrückt: Effizienz = (Primär)Ausleihanteil Bestandsanteil (Primär)- Ausleihanteil = (Primär)Ausleihen einer Bestandsgruppe (Primär)Ausleihen insgesamt Bestandsanteil = Bestand einer Bestandsgruppe Gesamtbestand (Gesamt)Ausleihen zählen die getätigten Verlängerungen mit, während Primärausleihen diese nicht berücksichtigen. Beide Ansätze haben Vor- und Nachteile: Während die Gesamtausleihe die maximale Absenz abbildet, unabhängig vom tatsächlichen Bedarf, und damit die reale Medienabsenz treffender aufnimmt, konzentriert sich die Primärausleihe auf den einzelnen Kunden und aber da gehen die Meinungen der ExpertInnen auseinander bildet so objektiver die kundenbezogene Nutzung ab, da die Verlängerungen nicht mitgewertet werden. Beide Aspekte klammern eine mögliche Präsenznutzung des Ausleihbestandes aus und liefern somit immanent lediglich eine annähernde Abbildung der Wirklichkeit. Zur Effizienz sei angemerkt: Die Effizienz 1 ist der Zielwert, auf den die Bestandsentwicklung ständig auszurichten und dynamisch zu korrigieren ist. Je näher die Effizienz am Wert 1 liegt, desto besser hat die Bibliothek ihre Angebotsstrukturen auf die Nachfragestrukturen abgestimmt. Empfehlenswert sind Effizienzwerte zwischen 0.7 und 1.316. Eine Effizienz, die deutlich über 1 liegt, zeigt an, dass die entsprechende Bestands- 1 Die Anleitung basiert in großen Teilen auf einer Vorlage erstellt von Prof. Frauke Schade, HAW Hamburg, und wurde leicht modifiziert, insbes. in Bezug auf die Umsatz- und Effizienzberechnung mit Primärentleihungen sowie um die Ergänzung des Achsenwertes der Horizontalen bei 1 oder 0,7. 1 entspricht dem Optimalverhältnis, im Sachliteraturbereich der generell nicht als ausleihstark angesehen werden kann, können und so begründet sich die 0,7 als wirklich unterdurchschnittlich in der Effizienz Gruppen mit einem Quotienten von kleiner als 0,7 gelten.
Seite 3 gruppe zu klein ist: mit einem relativ geringen Bestand werden überdurchschnittlich viele Entleihungen erzielt. Der Bestand dieser Gruppe sollte durch verstärkte Erwerbungen vergrößert werden. Liegt die Effizienz deutlich unter 1, so ist der Bestand dieser Sachgruppe im Verhältnis zur Nachfrage zu groß; die veralteten, verschlissenen und vor allem die mangelhaft ausgeliehenen Medieneinheiten sollten ausgesondert werden. Neben Bestandsüberalterung könnten weitere Ursachen für eine zu geringe Effizienz ein ungünstiger Standort der Bestandsgruppe innerhalb der Bibliothek oder besondere Bedingungen sein, denen die Bestandsgruppe zum Zeitpunkt der Effektivitätsmessung unterlag (Ausstellungen, Bestandsrenovierung, Sondersammelgebiet). 2 Für die Darstellung des Marktwachstums der Bestandssegmente Öffentlicher Bibliotheken kann die Umsatzkennzahl im Vergleich zum Vorjahr respektive zum Bezugsjahr angewendet werden, da hier die Nachfrage eines Bestandssegments errechnet wird. Sie wird weiter entwickelt zur Kennzahl Umsatzentwicklung und zeigt die steigende bzw. sinkende Nachfrage in einem Bestandssegment im Vergleich zum Vorjahr auf. Formeln zur umsatzbezogenen Bestandsportfolioanalyse (Hamburger Modell) Umsatz = Ausleihen im Jahr Bestand Umsatz der Bestandsgruppe Umsatzentwicklung in % = [ Betrachtungsjahr Umsatz der Bestandsgruppe - 1 ] x 100 Vergleichs- bzw. Vorjahr Prof. Frauke Schade hat diesen Ansatz in mehreren praktischen Analysen bereits empirisch untersucht und auf diesem Wege auch den praktischen Nutzen dieser umsatzbezogenen Bestandsportfolioanalyse entsprechend belegt. In der Münchner Stadtbibliothek hat man da die umsatzbezogene Bestandsportfolioanalyse nicht die gewünschten Ergebnisse erbrachte für die Darstellung des Marktwachstums den Vergleich zwischen den Primärentleihungen in den einzelnen Sachgruppen im Vergleich zum Vorjahr respektive zum Bezugsjahr gewählt. Dieser Ansatz der primärentleihungenbezogenen Bestandsportfolioanalyse ist bisher nicht empirisch untersucht worden, soll aber im Rahmen des vorliegenden Projektes vergleichend angewandt werden. 2 aus: Burkard Rosenberger: Analyse und Vergleich ausgewählter mathematischer Modelle zur Bestandskalkulation in Öffentlichen Bibliotheken (Köln 1996, S. 51ff.) URL: http://miami.unimuenster.de/servlets/derivateservlet/derivate-1526/bestandskalkulation.pdf
Seite 4 Formeln zur primärentleihungenbezogenen Bestandsportfolioanalyse (Münchner Modell) Primärentleihungen der Bestandsgruppe Be- Primärentleihungsentwicklung in % = [ trachtungsjahr Primärentleihungen der Bestandsgruppe - 1 ] x 100 Vergleichs- bzw. Vorjahr Beide Analyseansätze sollten in ihrer Evaluation die Erneuerungsquote als weiteren Indikator mit einbeziehen. Hier werden bestandsgruppenbezogene Entwicklungen über die Anzahl neuerworbener Exemplare im laufenden Betrachtungsjahr inkl. der getätigten Bestandsbereinigungen verzeichnet. Die Neuerwerbungsquote spiegelt somit die getätigten operativen Maßnahmen bzgl. der Bestandsquantität wieder qualitative Aussagen (bestandsbreite, Staffelexemplare, Preisniveau) werden so allerdings nicht erfasst. Erstellung einer Portfolio-Analyse mit Microsoft Excel Mit Hilfe von Microsoft Excel lässt sich eine Portfolio-Matrix erstellen. Zuerst müssen alle Daten, die benötigt werden, in die Datei übertragen werden (entweder manuell oder die Datensätze werden kopiert und über Inhalte einfügen / nur Werte übertragen). Danach können aus den Datensätzen die Portfolio-Matrizen erstellt werden und intellektuell in den Kontext zu den ebenfalls erzeugten Grafen bzgl. der Erneuerungsquote nach Sachgruppe gesetzt werden. Bibliotheksbezogenen Besonderheiten gilt es dabei in der Datenerfassung zu verschriftlichen, sie sind unverzichtbar für die Analyse. Folgende potentielle Störfaktoren sind dabei zu erfragen: Änderungen der Öffnungszeiten im Untersuchungszeitraum längere außergewöhnliche Schließungen Haushaltssperre im Untersuchungszeitraum / Etateinschnitte Systematische Strukturveränderungen bei der Sachliteratur gegeben Ebenso lohnenswert kann ein Blick auf die Homepage oder ein Anfordern des Bestandsprofils mit den Zielsetzungen sein.
Seite 5 Folgende Kennzahlen benötigen Sie: Gesamtausleihen sowie Primärausleihen jeder Sachbuch-Bestandsgruppe der Jahre 2005 bis 2011. Gesamtausleihen sowie Primärausleihen im Sachbuchsegment gesamt der Jahre 2005 bis 2011. Den Bestand jeder Sachbuch-Bestandsgruppe der Jahre 2005 bis 2011. Den Bestand im Sachbuchsegment gesamt der Jahre 2005 bis 2011. Den Zugang jeder Sachbuch-Bestandsgruppe der Jahre 2005 bis 2011, um Aktualisierungsgrad / Erneuerungsquote zu berechnen.