Lernkultur in der beruflichen und betrieblichen Bildung Prof. Dr. Andreas Diettrich, Universität Rostock. Gefördert durch Berlin 16.11.2011
Argumentationsgang Mögliche Zugänge zur "Lernkultur" Definition und Abgrenzung von "Lernkultur" Gestaltungsperspektiven von "Lernkultur"
Historische Zugänge zum Begriff der Lernkultur ab ca. 1900 ab ca. 1920 ab. ca. 1930 Pariarchalisch-humanitäre Maßnahmen mit sozialpolitischer Intention "Arbeitserziehung" Emprische Analyse von Arbeitstätigkeit und -gestaltung "Arbeitswissenschaft" Wertorientierung, Betriebsgemeinschaft, funktionale Erziehung, "normative Betriebspädagogik" Betrieb als Lernort - Kompetenzorientierung und Harmonisierung "Neue Betriebspädagogik?" Neue Lernkonzepte und Management- Strategien - Lernende Organisation "Managementlehre" Humanisierung der Arbeit und sozialverträgliche Technikgestaltung "Arbeitszoziologie" ab ca. 1990 ab ca. 1980 ab ca. 1970
Lernkultur als Handlungsfeld von... Erkenntnisgewinnung und Gestaltung betrieblichen Lernens (Berufs-)Bildungsforschung Lernkultur Perspektive der Aushandlung, Entwicklung und Implementation (Berufs-)Bildungspolitik (Berufs-)Bildungspraxis Standortsicherung, sozialer Ausgleich, Ressourcensicherung Unternehmenserfolg und -sicherung, Arbeitszufriedenheit, Zielharmonie
Definition und Abgrenzung Def. 1: "Chiffre der Selbststeuerung von Lernprozessen... als Ausdruck einer neuen Lernkultur" (Schiersmann 2007) Def. 2: "Konstruierte Rahmung, die sich durch Lehr-, Lern- sowie Bildungs-, Kooperations- und Kommunikationsprozesse auszeichnet, und das Ziel verfolgt, den Beteiligten spezifische Entwicklungen und Entfaltungen zu ermöglichen" (Felbinger 2008) Def. 3: "Gesamtheit der Wertvorstellungen, Denkmuster, Handlungsweisen und Rahmenbedingungen einer Organisation und ihrer Mitglieder hinsichtlich der Förderung von Lernen und Entwicklung von Kompetenzen (QUEM 2007) Lernkultur als kooperativ gestaltbarer Prozess mit offenem Ausgang Lernkultur als Element der Unternehmenskultur - Werte, Normen, Einstellungen und Erwartungen als konstituierende Elemente
Konsequenzen des Lernkultur-Ansatzes Lernkultur als "Alltagstheorie" in Gesellschaft und Betrieben bedingt... ein neues Verhältnis von "Lehren" und "Lernen" und Orientierung an "Kompetenzen" eine Ermöglichung individuellen, selbstgesteuerten und sozialen Lernens unter Mitbestimmung von "Lernzielen" (Selbst-)Lernkompetenz und Methodenkompetenz zumindest partielle Zielharmonie von Unternehmensleitung, Fühungskräften und Beschäftigten eine das Lernen fördernde und unterstützende Unternehmenskultur sowie u. U. eine sozialpartnerschaftliche Vereinbarung bezüglich Aus-, Fort- und Weiterbildung, der Förderung non-formalen und informellen Lernens und der Ausweisung erworbener Kompetenzen
Lernergebnisse werden besser, wenn...... die Lernprozesse aus der eigenen Initiative der Lernenden resultieren,... sie an die spezifischen Bedeutungskontexte der Teilnehmenden anknüpfen,... wenn die Lernenden im Mittelpunkt des Lerngeschehens verortet werden,... wenn sie ihre Vorstellungen und Lernbedürfnisse in den Lernprozess einbringen dürfen,... wenn sie bei der Ausgestaltung der Inhalte beteiligt sind und diese selbstständig bearbeiten können Quelle: Kraft 1999
Betriebliche Bildungsarbeit, PE und OE integrieren! Personalplanung Berufs- und Betriebs- Pädagogik Organisationsplanung Personalentwicklung Unternehmensund Lernkultur Organisationsentwicklung Betriebliche Bildungsarbeit HRD Planung und Sicherung der erforderlichen Personalstruktur Anpassung und Flexibilität der Personalstruktur Kompetenzentwicklung/ reflexive Handlungsfähigkeit der Mitarbeiter Anpassung und Flexibilität der Organisationsstruktur Planung und Sicherung der Organisationsstruktur Quelle: in Anlehnung an Arnold 1997, 63
PE-Blick erweitern und neu orientieren! Früher Defizit- und Anpassungsorientierung Konsekutive, reaktive Ausrichtung Qualifikationslernen & Wissensvermittlung Organisationsentwicklung Institutionalisierung Differenzierung Integration Heute Ganzheitlichkeit & Gestaltungsorientierung Potentialorientierte & reaktive Ausrichtung Kompetenzentwicklung & - management Organisationslernen Dezentralisierung & Selbstverantwortung Lehren & Führen Systemorientierung: Moderation betrieblicher Selbstorganisation Strategie- und kooperationsorientierte Personalentwicklung Quelle: Arnold/Bloh 2001, 9
Konsequenzen "Lernkultur" als Leitidee und Orientierung, nicht als klar definiertes und "einfach nachahmbares" Konzept Lernkultur muss betriebsspezifisch und partizipativ gedeutet, entwickelt, implementiert, evaluiert und weiterentwickelt werden Verantwortung für diesen Prozess tragen alle Statusgruppen im Betrieb, z. T. mit neuem Rollenverständnis Lernkulturen werden auch durch neue Rahmenbedingungen und Lernmöglichkeiten bestimmt, z. B. web 2.0 für die konkrete Bildungsarbeit im Betrieb sind allerdings andere Begriffe besser geeignet, da sie leichter zu deuten und zu operationalisieren sind, z. B. Lernumgebung und Lernort, selbstgesteuertes Lernen, Lernbegleitung, Kompetenzorientierung
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Kontakt: andreas.diettrich@uni-rostock.de